Archiv für 2013

Wenn Juristen Juristen beschäftigen – dann werden Probleme bekannt, die sonst niemand hätte (wenn das die Mandanten wüssten)

Samstag, 22. Juni 2013
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Ein Streit, besonders vor Gericht, hat häufig skurrile Züge. Besonders skurril werden die Züge aber oft immer dann, wenn Juristen gegeneinander antreten. So bedurfte es erst der Entscheidung des BGH vom 8. April 2013 (Anwaltsblatt 6/2013, 466), um zu wissen, dass die Pflicht, eine bestimmte Anzahl von Fortbildungsstunden nachzuweisen, nicht mit dem Nachweis, dass diese Pflicht auch tatsächlich erfüllt worden ist, verwechselt werden darf. Ah ja.

Was war geschehen? Die Rechtsanwaltskammer Celle hatte einen Fachanwalt aufgefordert, den Nachweis zu erbringen, dass er die nach der Berufsordnung vorgeschriebenen insgesamt 10 Stunden Fortbildung p.a. absolviert hatte. Der Rechtsanwalt wies darauf hin, dass er die 10 Stunden Fortbildung erbracht habe, er reichte aber hartnäckig die Nachweise dafür nicht ein. Die Anwaltskammer wiederrief die Zulassung des Anwalts als Fachanwalt. Dagegen wendete sich der Kollege bei dem Anwaltsgerichtshof. Dort reichte er auch die Nachweise über die Fortbildung ein.

Damit wäre das Thema eigentlich erledigt gewesen, eigentlich. Wenn da nicht die Kammer nochmal eins drauf gesetzt hätte. Sie sah das anders und bliebe bei dem Widerruf der Zulassung als Fachanwalt. Denn der Anwalt habe zwar die Fortbildung nachgewiesen, das aber nicht rechtzeitig.

Dagegen wehrte sich der Kollege bei dem BGH. Der gab dem Kollegen recht. Sehr scharfsinnig differenzierte der B GH zwischen der Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Stunden für die Fortbildung pro Jahr abzuleisten davon, die Erfüllung dieser Pflicht auch nachgewiesen zu haben. Wenn die Fortbildungspflicht erfüllt worden sei, komme ein Widerruf der Zulassung mit der Begründung des fehlenden Nachweises nicht in Betracht.  

Es bedurfte also einer Entscheidung des BGH, damit dem Kollegen der Titel eines Fachanwaltes erhalten blieb. Wenn man sich jetzt fragt, ob das Ganze nicht auch wesentlich einfacher – ohne der BGH – hätte erledigt werden können, kommt man relativ einfach zu der Frage, warum die Rechtsanwaltskammer die Zulassung des Widerrufs noch aufrecht erhalten hatte, nachdem der Kollege die Nachweise eingereicht hatte. Geht man dann noch weiter ins Detail, fragt man sich aber auch schon vorgelagert, warum es dem Kollegen trotz mehrfacher Aufforderung durch die Rechtsanwaltskammer nicht möglich gewesen ist, die von ihm erbetenen Nachweise der Rechtsanwaltskammer gegenüber zu (einigermaßen) rechtzeitig zu erbringen.

Lange Rede kurzer Sinn: ein unsinniger, aber lehrreiche Rechtsstreit.

Fazit: das dürften die Mandanten des Kollegen besser nicht wissen, und wir alle sollten hoffen, dass diese Anwaltskammer und allen anderen Anwaltskammern auch demnächst – nicht nur in solchen Fragen – deutlich souveräner und entspannter bleiben.

ws

random coil setzt für Mandanten vor dem Finanzgericht Münster Aufhebung eines Feststellungsbescheides aus verfahrensrechtlichen Gründen durch; Steuer entfällt damit endgültig.

Freitag, 14. Juni 2013
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random coil hat einen mittelständischen Mandanten erfolgreich vor dem Finanzgericht Münster vertreten. In dem Klageverfahren vor dem Finanzgericht zu Az. 6 K 41/10 F haben wir uns mit unserer Auffassung, dass ein Irrtum über den Verfahrensweg kein Irrtum im Sinne von § 174 Abs. 4 AO darstellt, durchgesetzt. Das Finanzgericht folgte der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, nach dem die Vorschrift des § 174 Abs. 4 immer nur innerhalb des gleichen Verfahrens gelte. So könnten die Konsequenzen bei Aufhebung eines Einkommensteuerbescheides nur durch Erlass eines anderen Einkommensteuerbescheides, nicht aber durch Erlass eines Feststellungsbescheides gezogen werden. So war es im Streitfall. Das Finanzamt Gütersloh wollte, nachdem wir für den Mandanten vor Finanzgericht und BFH einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1994 erfolgreich angefochten hatten, für das Jahr 1993 eine nach Auffassung des BFH notwendige Feststellung nachholen. Dabei war dem Finanzamt Gütersloh bereits eine Feststellung gegenüber weiteren Miterben, die ebenfalls an den Einkünften beteiligt waren, verwehrt, weil bei ihnen bereits Verjährung eingetreten war.

Der dritte verbliebene Miterbe sollte aber über einen Feststellungsbescheid für das Jahr 1993 noch zur Steuer herangezogen werden. Dem erteilte jetzt das Finanzgericht Münster in dem Verfahren 6 K 41/10 F eine Absage. Es vertrat, unserer Argumentation folgend, die Auffassung, dass es für den Erlass des Feststellungsbescheides für 1993 keine Rechtsgrundlage gäbe. In der Konsequenz bedeutet das Urteil, dass der unseren Mandanten belastende Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 aufzuheben ist.
ws

EuErbVO – Wortungetüm mit großer praktischer Bedeutung – Europäische VO zum Internationalen Erb- und Erbverfahrensrecht vereinfacht künftig die Erbfolge

Montag, 10. Juni 2013
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Die Europäische VO zum Internationalen Erb- und Erbverfahrensrecht (VO (EU) Nr. 650/2012, ABL EU 27.07.2012, L 201, 107) ist am 16. August 2012 in Kraft getreten. Sie gilt nach einer Übergangsfrist von drei Jahren in den Mitgliedsstaaten  der VO (sie gilt nicht in Großbritannien), also für Erbfälle ab dem 17. August 2015. Vereinfacht gesagt kann man dann abweichend von dem Aufenthaltsrecht als Erblasser das Heimatrecht wählen. Es ist also schon jetzt für Deutsche mit Wohnsitz im EU – Ausland möglich, für den Erbfall ab dem 17. August 2015 deutsches Erbrecht zu wählen. Tritt der Erbfall vor dem genannten Zeitpunkt ein, bleibt es bei dem bisherigen Recht.

Künftig wird das Vererben also deutlich einfacher, weil sich viele Testierende in dem ihnen bekannten Recht bewegen können. Schon jetzt gilt es, das neue Recht in relevanten Fällen im Interesse der Mandanten zu beachten.
ws

FHDW Forum „Steuern im Bermuda-Dreieck“ am 06.06.2013 – Dr. Wolfgang Sturm trägt zur Selbstanzeige vor

Montag, 03. Juni 2013
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Dr. Wolfgang Sturm trägt im Rahmen des FHDW – Forums „Steuern im Bermuda-Dreieck“ zur Selbstanzeige und zu den dabei zu beachtenden Fallstricken und aktuellen Entwicklungen vor. Einige wenige Plätze sind bei der Veranstaltung noch frei. Anmeldungen dazu am 6. Juni 2013 sind über uns oder über die FHDW möglich. Dr. Sturm ist seit 2012 Dozent der FHDW und trägt dort auch im Wirtschaftsrecht vor.

Unfassbar, aber wahr: das Wahndelikt im Steuerrecht: BFH-Urteil vom 4. Dezember 2012: Steuerpflichtiger macht alles richtig, meint aber, er habe Steuern hinterzogen

Sonntag, 19. Mai 2013
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Jeder Jurist hat zu Beginn seines Studiums im Strafrecht den Begriff „Wahndelikt“ gehört. Damit beschreibt man einen Lebenssachverhalt, bei dem der „Täter“ ein Verhalten irrtümlich für strafbar hält, obwohl es nicht strafbar ist. Die dazu den Studenten vorgetragenen „Fälle“ wirkten immer sehr konstruiert. In der Ausbildung sah man sich mit dem Wahndelikt dann auch allenfalls bei der Frage der Abgrenzung vom untauglichen Versuch konfrontiert. In der Praxis gehen viele Juristen davon aus, dass das Wahndelikt keine praktische Bedeutung hat. Das ist insbesondere für beratende Juristen ein Fehler, weil dieses Rechtsfigur ebenso wie andere doch häufiger auftritt als man annehmen sollte. Von einem nicht zu unterschätzenden praktischen Wert ist in diesem Zusammenhang auch der Tatbestandsirrtum im Steuerrecht, der zur Straflosigkeit führt. Zwar muss der Täter in diesem Fall nicht die Steuergesetze genau kennen (dann könnte man niemandem der Steuerhinterziehung bezichtigten), es reicht aus, wenn ihm im Rahmen einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ das Steuerrecht bekannt war.

Unkenntnis von Beratern in diesem Bereich kann für Mandanten fatale Folgen und unnötige Verfahren zur Folge haben, wie das Urteil des BFH vom 4. Dezember 2012 (VIII R 50/10, juris) zeigt. In dem Urteil wird eine Paradefall eines Wahndelikts beschrieben. Was war geschehen? der Steuerpflichtige gab alle Steuererklärungen korrekt ab. In einem Jahr machte aber das Finanzamt aus positiven Einkünften Verluste und stellte diese zum Jahresende mit Feststellungsbescheid fest. Dieses Verluste verrechnete das Finanzamt im Folgejahre mit den positiven Einkünften des Steuerpflichtigen. Im Rahmen einer Außenprüfung offenbarte sich der Steuerpflichtige und gab eine Erklärung ab, die strafbefreiend sein sollte, und bezichtigte sich der Steuerhinterziehung.

Das Finanzgericht und ihm folgend der BFH sahen das anders. Nach ihnen lag schon keine Steuerhinterziehung vor. Denn der Steuerpflichtige hatte keine unrichtigen Angaben gemacht. Das Finanzamt hatte seine richtigen Angaben nur falsch behandelt. Zwar sieht § 153 AO eine Pflicht der Steuerpflichtigen vor, unrichtige Steuererklärungen nach Abgabe zu korrigieren. Das heißt aber nicht (ständige Rechtsprechung), dass der Steuerpflichtige verpflichtet ist, das Finanzamt auf Fehler aufmerksam zu machen, die das Finanzamt gemacht hat.

Der Entscheidung ist nicht zu entnehmen, ob der Steuerpflichtige all das freiwillig gemacht hat, oder ob er im Rahmen der Prüfung in diese Richtung gedrängt worden ist, eine entsprechende  Erklärung anzugeben. Das Urteil aber zeigt, dass es immer besser ist, den Sachverhalt genau zu prüfen und erst dann zu handeln.

ws

Uli Hoeneß und das Steuergeheimnis, das so recht keines ist: Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet – FAZ vom 12. Mai 2013 – Seite 26 links unten ganz klein

Freitag, 17. Mai 2013
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Wir hatten schon kurz nach dem Bekantwerden der Causa Hoeneß die Frage aufgeworfen, wie trotz Steuergeheimnis die Selbstanzeige von Uli Hoeneß in die Öffentlichkeit gelangen konnte, so dass es zu den absehbaren Kampagnen gegen Hoeneß kam. In der FAZ war am 12. Mai 2013 auf Seite 26 im Sporttteil auf der letzten Seite fast schon versteckt in einem sehr kleinen Beitrag zu lesen, dass die Anwälte von Hoeneß Strafanzeige gegen Unbekant erstattet haben. In der Tat scheint es mit dem über § 30 AO strafrechtlich geschützten Datenschutz in dem sensiblen Bereich der Steuern nicht sehr weit her zu sein. Ob das Methode hat, um Exempel zu statuieren, oder ob die Exekutive und die zu ihnen gehörenden Strafverfolgungsbehörden, die darauf zu achten haben, dass der Datenschutz eingehalten wird, dieses Thema einfach nicht in den Griff bekommen, wird jetzt von den Strafverfolgungsbehörden aufzuklären sein. Wir sind gespannt, mit welcher Intensität dieses Verfahren geführt werden wird. Der Kreis der Personen, die von den Ereignissen um die Selbstanzeige wussten, wird übersichtlich sein.Wir sind auch gespannt, wie groß die Meldung sein wird.

ws

Auf auf zum fröhlichen Jagen: OLG Hamm hat am 15. Januar 2013 zu den Informationspflichten vor einer Treibjagd entschieden – wichtig zu wissen für Reiter

Donnerstag, 16. Mai 2013
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Jagden, auch Treibjagden, gehören in vielen Teilen Deutschlands in die Landschaft. Worüber aber muss ein Veranstalter informieren? Das OLG Hamm hat dazu am 15. Januar 2013 (I-9 U 84/12, juris) entschieden, dass der Veranstalter die Eigentümer und Pächter der nahe zum Jagdgebiet gelegenen Grundstücke nicht ohne Anlaß über die bevorstehende Jagd unterrichten muss. Das Urteil ist insbesondere für Reiter von erheblichem Interesse.

nach juris: Der Kläger aus Hamm hielt auf in der Nähe von Ahlen gepachteten Weideflächen mehrere Pferde. Er hatte vom beklagten Arzt aus Ahlen Schadensersatz aus Anlass einer Treibjagd vom 04.10.2004 verlangt. Diese Jagd hatte der Beklagte in einem von den gepachteten Weideflächen ca. 100 m entfernt liegenden Waldgebiet veranstaltet. Nach der Behauptung des Klägers soll das Jagdgeschehen – insbesondere durch die von ihm ausgehenden Schussgeräusche – drei seiner Pferde auf der Weide in Panik versetzt haben. Hierdurch hätten sich die Tiere erhebliche Verletzungen zugezogen, eines habe notgetötet werden müssen. Für den hierdurch entstandenen Schaden in Höhe von ca. 23.500 Euro habe der Beklagte, so der Kläger, aufzukommen, weil weder er noch der Grundstückeigentümer von der bevorstehenden Jagd unterrichtet worden seien. Insoweit habe der Beklagte ihm obliegende Verkehrssiche-rungspflichten verletzt. Das LG Münster hatte die Klage abgewiesen.

Das OLG Hamm hat sich der Auffassung des Klägers nicht angeschlossen und die Klage als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung des OLG ist der Beklagte als Veranstalter der Jagd zwar grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu schaffen, um eine Schädigung anderer durch das Jagdgeschehen zu verhindern. Der Beklagte sei deswegen aber nicht verpflichtet gewesen, den Kläger als anliegenden Pächter über die bevorstehende Treibjagd zu unterrichten. Auf die mit einer Jagd verbundenen Schussgeräusche habe nicht hingewiesen werden müssen. Schussgeräusche gehörten für sich genommen zu einer waldtypischen Geräuschkulisse und seien insoweit als Lärmbeeinträchtigungen hinzunehmen. Sie seien nur unter besonderen Umständen schadensträchtig, etwa wenn ein Schuss in unmittelbarer Nähe eines Reiters abgegeben werde. Derartige Umstände seien im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Die vom Kläger gepachtete Weide habe außerhalb des bejagten Waldgebietes gelegen, ohne unmittelbar an dieses anzugrenzen. Nach dem Jagdkonzept des Beklagten hätten auch keine Schüsse in unmittelbarer Nähe der Pferde abgegeben werden sollen. Selbst wenn sich einzelne Jagdteilnehmer hieran nicht gehalten hätten, was der Kläger bereits nicht dargelegt habe, sei der Beklagte für ein solches vom Jagdkonzept abweichendes Verhalten nicht einstandspflichtig, weil es für ihn nicht vorhersehbar gewesen sei.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig  und beim BGH unter dem Az. VI ZR 91/13 anhängig.
ws

„Ich hau Dir vor die Fresse“ rechtfertigt nach LAG Düsseldorf auch bei rauhem Umgangston fristlose Kündigung durch Arbeitgeber

Sonntag, 12. Mai 2013
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Gewalt, auch die „nur“ angedrohte, ist – zum Glück – nicht der Standard, den wir und den Gerichte sich für die Kommunikation wünschen.Vor dem LAG Düsseldorf (7 Sa 1821/12) endete ein Rechtsstreit  (ArbG Mönchengladbach, 6 Ca 1749/12, Urteil vom 07.11.2012) mit einem Vergleich. Ein bereits abgemahmter Arbeiter hatte seinen Arbeitgeber mit den Worten  „Ich hau dir vor die Fresse…“ bedroht. Zur Rechtfertigung verwies der daraufhin fristlos Gekündigte auf einen ohnehin rauhen Umgangston. Das ArbG hielt die fristlose Kündigung für rechtens. Vor dem LAG verglichen sich die Parteien, die fristlose wurde zu einer ordentlichen Kündigung. Die 3.000,00 EUR Abfindung dürften aber nur kurz zur Freude des Arbeiters beitragen.

Fazit: „strenge Rechnung, gute Freundschaft“ ist ok, „rauh aber herzlich“ nicht immer.
ws

 

random coil setzt für Mandanten im Rahmen einer Bp den Abzug von Zahlungen in Höhe von rd. 1,0 Mio. EUR als Betriebsausgaben durch

Sonntag, 12. Mai 2013
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random coil hat im Rahmen einer Bp für einen Mandanten den lange streitigen Abzug von Zahlungen als Betriebsausgaben durchgesetzt. Der Mandant führte in der  EU ein Bauvorhaben aus. Da er in dem Land weder die Strukturen kannte noch über Netzwerke verfügte, die zur vertragsgerechten Ausführung der Aufträge notwendig waren, engagierte der Mandant einen Berater, dessen Vergütung pauschal nach der Bausumme bemessen war. Die Bp akzeptierte den Abzug der Kosten als Betriebsausgaben nicht. Dabei mag relevant gewesen sein, dass der Berater nicht in Deutschland steuerpflichtig war, sondern seinen Wohnsitz in Monaco hatte.

Mit eidesstattlichen Versicherungen, mehreren Besprechungen und Schriftsätzen gelang es, die Finanzverwaltung von dem wirtschaftlichen Hintergrund zu überzeugen, so dass die Kosten jetzt nach längerer Zeit und ohne Rechtsstreit als Betriebsausgaben anerkannt wurden.
ws

OLG Hamm vom 28. Februar 2013: Pflichtteilsstrafklausel schützt vor Zugriff des Trägers der Sozialhilfe, kann aber auch nachteilig sein

Freitag, 10. Mai 2013
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Pflichtteilstrafklauseln sind ein beliebtes Instrument in Testamenten, um dem Willen des Erblassers Geltung zu verschaffen. Vereinfacht gesagt bewirken sie, dass ein Pflichtteilsberechtigter, meist Kinder, der nach dem Tode des Erstversterbenden von Ehegatten seinen Pflichtteil geltend gemacht hat, nach dem Tode des überlebenden Ehegatten auch nur den Pflichtteil erhält. Die Klausel muss aber mit Bedacht eingesetzt werden. Es kommt immer darauf an, welches Ziel die Ehegatten verfolgen, wie ein Urteil des OLG Hamm jetzt wieder einmal zeigt.

Am 28. Februar 2013 hat das OLG Hamm (I-10 U 71/12) entschieden, dass eine solche Pflichtteilsstrafklausel in einem Ehegattentestament von dem überlebenden Ehegatten nicht mehr „ausgehebelt“ werden kann und daher auch dann eingreift, wenn ein Träger der Sozialhilfe beim Tode des Erstversterbenden aus übergegangenem Recht für eines der Kinder den Pflichtteil verlangt hat.

In dem von dem OLG Hamm entschiedenen Fall hatte ein Landschaftsverband als Träger der Sozialhilfe nach dem Tode des Vaters aus übergegangenem Recht für die jüngste Tochter den Pflichtteilsanspruch gegen die überlebende Mutter erfolgreich geltend gemacht. Die Mutter setzte in einem späteren Testament alle ihre vier Töchter zu gleichen Teilen als Erben ein. Im Hinblick auf die jüngste, behinderte Tochter ordnete sie eine Vorerbschaft an, wobei ihre Schwestern Nacherben sein sollten. Damit sollte ein weiterer Zugriff des Landschaftsverbandes auf das Erbe der behinderten jüngsten Tochter bei Versterben der Mutter verhindert werden. Nach dem Tode der Mutter im Jahr 2010 verlangte der Landschaftsverband aus übergegangenem Recht für die jüngste Tochte von den drei weiteren Schwestern erneut den Pflichtteil. Die Schwestern verweigerten dies unter Hinweis auf die Vorerbschaft.

Das OLG Hamm gab dem Kläger recht. Es kam zu dem Schluss, dass die Pflichtsstrafklausel aus dem Berliner Testament der Eltern eingriff. Sinnvoller wäre es hier wohl gewesen, schon für den ersten Todesfall des zuerst Versterbenden der Ehegatten für das jüngste Kind eine Vor-und Nacherbfolge anzuordnen. Ob diese Erbschaft hätte ausgeschlagen werden können, war aus dem Sachverhalt nicht zu erkennen.
ws