BFH gegen Gesetzgeber: weitere Vorlage an das BVerfG wegen „treaty override“: § 50d Abs. 10 EStG

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91010_WS schwarz weißMißliebige Steuerrechtsfolgen werden in unserem Land nicht nur mit Erlassen, sondern auch Gesetzen „bekämpt“. Dass der Gesetzgeber sich dabei auf dünnem Eis bewegt und dabei Gefahr läuft, das Völkerrecht zu missachten, zeigt die weitere Vorlage des BFH vom 11. Dezember 2013 (I R 4/13) an das BVerfG zu § 50d Abs. 10 EStG. Allein die lit. d) zu der Norm des § 50 EStG zeigt, dass diese Vorschrift in die Abteilung „Flickwerk“ und nicht zum Urgestein des Steuerrechts gehört.

Worum geht es in der Sache? Im Streitfall geht es um einen in Italien wohnenden Gesellschafter einer deutschen KG, der seiner KG ein Darlehen gewährt hatte. Die dafür erhaltenen  Zinsen wollte er nach dem DBA Deutschland – Italien in Italien versteuern. Das Finanzamt führte dagegen § 50d Abs. 10 EStG ins Feld und besteuerte die Zinsen hier.

Was regelt § 50d Abs. 10 EStG ? § 50d Abs. 10 unterwirft Sondervergütungen, die im Ausland ansässige Gesellschafter einer inländischen Personengesellschaft von der Gesellschaft erhalten, der deutschen Besteuerung, während diese Vergütungen nach den DBA nicht hier, sondern (nur) im Ausland besteuert werden dürfen. Die Besonderheit der Konkurrenz zwischen dem EStG und den DBA: die DBA sind zwar in nationales Recht transformiert worden, sie basieren aber auf Abkommen, die Deutschland mit anderen Staaten geschlossen hat, im Kern also auf Völerrecht. Drastischer formuliert. Deutschland schließt Abkommen, an die es sich mit seinem nationalen deutschen EStG nicht hält. Das nennt man treffend „treaty override“. Der BFH hält das ebenso wie viele Stimmen in der Literatur für unzulässig.

Schon mit Vorlagebeschluss I R 66/09 hat der BFH klar erklärt, dass dies nicht mit der verfassungsmäßigen Ordnung zu vereinbaren sei. Deutschland setze sich damit einseitig über die völkerrechtlich vereinbarte Qualifikation bestimmter Einkünfte hinweg. Damit wird Völkerrecht verletzt. Der BFH sieht mit Sorge, dass der deutsche Gesetzgeber neuerdings in erheblichem Maße von dem seit langem umstrittenen Mittel des Treaty overriding Gebrauch gemacht hat. Es bleibt zu hoffen, dass auch das BVerfG dies do deutlich sieht wie der BFH.
ws

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