Die letzten Benefizien des Steuerrechts verkommen zur Lachnummer: der Erbschaftsteuer-Freibetrag für Pflegeleistungen

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Für die Pflege eines nahen Verwandten wird zu Lebzeiten des Pflegebedürftigen ein Pflegegeld gewährt. Nach dem Tod des Pflegebedürftigen sieht das Steuerrecht für die Erbschaftssteuer im § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG einen Freibetrag von bis zu 20.000€ als kleine Anerkennung für erbrachte Pflegeleistungen vor. Dies gilt, wenn das Erbe bei demjenigen anfällt, der den Erblasser zuvor unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt gepflegt hat und auch nur dann, wenn das Erbe oder das Vermächtnis als angemessenes Entgelt für die vorangegangene Pflege zu sehen ist. Soll dieser Freibetrag vom Staat anerkannt werden, muss der Erblasser einen entsprechenden Vermerk in seinem Testament anbringen. Frage an Radio Eriwan: wer denkt daran? im Prinzip niemand. Und das ist auch gut so, denn dann läuft die Regelung ins Leere. Der Pflegende selbst muss darlegen, dass er für seine Leistungen keinen oder nur einen sehr geringen Betrag als Entlohnung erhalten hat. War der Pflegende dagegen ohnehin zur Pflege oder zum Unterhalt verpflichtet, kann ein Freibetrag in der Regel nicht geltend gemacht werden, da gerade die freiwillige Pflegeleistung begünstigt werden soll.

Die obersten Finanzbehörden der Länder haben sich mit der Frage beschäftigt, ob Kindern, die ihre Eltern gepflegt haben, im Erbfall der oben beschriebene Freibetrag gewährt werden kann. Die Kinder sind ihren Eltern gegenüber gesetzlich zwar nicht zur Pflege, aber zum Unterhalt verpflichtet. Als Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Unterhaltsleistungen und damit für die Aufwendungen von Pflegeleistungen gilt die Bedürftigkeit (i. S. d. § 1602 BGB) der zu pflegenden Person. Der Pflegebedürftige muss vermögenslos sein oder zumindest nicht für die Pflegeaufwendungen ausreichend eigenes Einkommen haben. Laut den Finanzbehörden reicht das aus, um den Kindern die Freibeträge zu verweigern – Interessant, dass diese Erblasser ein entsprechend hohes Erbe haben, wenn man bedenkt, dass sie vor ihrem Tod „bedürftig“ waren.

Etwas anderes gilt, wenn der Erblasser nicht bedürftig is, .wenn er also genug Geld gehabt hätte, um sich pflegen zu lassen. Die Unterhaltspflicht der Erben wäre so nicht zum Tragen gekommen . Ein Anspruch auf den Freibetrag aus § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG wäre gegeben.

Um dem ganzen „Hüh und Hott“ Herr zu werden, sollten Pflegebedürftige ihr Testament entsprechend gestalten. Und pflegende Erben müssen genau darlegen können, dass sie keinen Unterhalt an den Erblasser zahlen und auch nicht zahlen müssten. Ergebnis: dieser Freibetrag ist gut gemeint, bewirkt aber, wie vieles, das gut gemeint ist, das genaue Gegenteil.

ws / jb

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