Archiv für die Kategorie 'Staat und Politik'

Der Staat kann es einfach nicht: wer schützt die Steuerzahler und die Bürger vor Dilettanten? Der Flughafen Berlin – Brandenburg ist nur die Spitze des Eisberges

Donnerstag, 10. Januar 2013
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Man muss nicht lange im internet suchen, um Dokumentationen zu erhalten, die eindrucksvoll belegen, dass insbesondere staatliche Großprojekte im Regelfall völlig aus dem Ruder laufen und häufig mehr als doppelt so teuer als ursprünglich geplant werden. Dazu reicht schon ein Blick in „Spiegel online“. Der Flughafen Berlin-Brandenburg ist daher beileibe kein Einzelfall, sondern nur das derzeit letzte Projekt, das so negativ in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt ist.

Für einen Juristen sind die die Begriffe „Pflichten, Pflichtverletzungen und Schadensersatz“ sehr eng miteinander verknüpft. Wer Pflichten verletzt, ist regelmäßig und selbstverständlich zum Ersatz des angerichteten Schadens verpflichtet. In der freien Wirtschaft und bei Dienstleistern hätten derart aus dem Ruder gelaufene Projekte schon bei wesentlich kleineren Beträgen zu ganz massiven Konsequenzen geführt. Die Steuerzahler und die Bürger unseres Landes können daher nur mit größtem Erstaunen verfolgen, wie unbeschwert die Verantwortlichen weiterhin öffentlich auftreten und jede Schuld von sich weisen.

Aus all diesen Vorfällen kann man nur den Schluss ziehen, dass Politiker nicht in der Lage sind, wie Unternehmer zu handeln und zu denken. Das ist ja eigentlich auch nicht ihre Aufgabe. Umso erstaunlicher ist es, dass Politiker meinen, sie könnten auch wie (oder sogar noch besser als) Unternehmer handeln und so erfolgreich (oder noch erfolgreicher) sein. Der Pferdefuß dabei: Politiker müssen offensichtlich höchst selten persönlich für das einstehen, was sie an Unsinn veranstaltet haben. Vergleicht man einmal, wie die verantwortlichen Politiker im Zusammenhang mit dem Flughafen Berlin-Brandenburg in die Kritik geraten sind, mit der Kritik, die der frühere Bundespräsident Wulf über sich ergehen lassen musste, dann stellt man eine erstaunliche Diskrepanz fest. Die im Verhältnis zu den Verfehlungen in Berlin geradezu lächerlichen Dinge, die man Herrn Wulf vorwirft, stehen in gar keinem Verhältnis zu dem Medienecho, das die „geile“ Presse daraus veranstaltet, mag man über Herrn Wulf denken, was man will. Die eklatanten Pannen und Dummheiten im Zusammenhang mit dem Flughafen dagegen nehmen die meisten nur mit Achselzucken zur Kenntnis („was kann ich da schon tun“), um sich Sekunden später darüber diebisch zu freuen, dass Herr Wulf nicht nur tief gefallen, sondern dass ihm auch noch die Frau weggelaufen ist. Amt weg, Macht weg, Frau weg. Kann ja sein, aber Schadenfreude und Neid sind, wie wir sehen, urdeutsche Eigenschaften, für die ich mich schäme.

Wenn man bedenkt, dass Großprojekte wie der Flughafen Berlin-Brandenburg oder Stuttgart 21 nur ein kleiner Teil der Projekte sind, die Politiker in Bund, Ländern und Kommunen verantwortlich betreuen, dann kann einem in der Tat schon Angst und Bange werden. Werden bei Unternehmen der Privatwirtschaft schon bei dem geringsten Verdacht von Schmiergeldzahlungen auch kleinerer Höhe sofort Strafverfahren eröffnet, sind Strafverfahren gegen Politiker im Zusammenhang mit Pflichtverletzungen bei öffentlichen Projekten, bei denen wir über weit größere Schadenssummen sprechen, nach unserer Recherche deutlich seltener. Bedenkt man, dass bei Steuerhinterziehungen ab 100 TEUR regelmäßig eine Freiheitstrafe verhängt werden soll, und würden diese Maßstäbe auch für Politiker gelten, dann müssten einige Damen und Herren für den Rest des Lebens hinter Gittern. Wir meinen, dass die Politik sich aus dem Unternehmertum heraushalten sollte.

SPD legt „Entwurf eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Vermögensteuer und Änderung des Bewertungsgesetzes und anderer Gesetze“ vor

Mittwoch, 18. Juli 2012
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Die SPD-geführten Länder möchten ab dem Jahr 2014 die Vermögensteuer wieder einführen. Die Steuer soll 1 Prozent des steuerpflichtigen Vermögens p.a. betragen. Erfasst werden Steuerpflichtige, deren Vermögen vor Abzug von Schulden und Lasten und persönlicher Freibeträge 2 Mio. EUR, bei Zusammenveranlagung von Ehegatten 4 Mio. EUR, übersteigt.

Unter Experten regt sich bereits Widerstand gegen das populistische Gesetz. Die Experten gehen davon aus, dass etwa eine Million natürliche und juristische Personen eine Vermögensteuererklärung abzugeben hätten. Sie bezweifeln auch, dass der mit dem Vollzug des Gesetzes verbundene Aufwand in einem Verhältnis zu den Steuereinnahmen stehen wird. Das war schließlich auch der Grund, warum der Gesetzgeber die Vermögensteuer abgeschafft hatte.

Eingabe „der teppich dirk niebel“ ergibt ca. 272.000 Ergebnisse in google am 09.06.2012 um 17:35 Uhr

Samstag, 09. Juni 2012
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Viele wissen vermutlich erst jetzt, dass der freundliche unscheinbare Herr Niebel einer unserer Minister ist. Nein, er ist kein Teppichändler, Teppichluder wäre auch der falsche Begriff. Aber ein faible für Teppiche muss er schon haben. Sonst hätte er nicht so einen Aufwand mit dem Teppich betrieben (wenn man den Berichten Glauben schenken darf. Ein Teppich und kein Zoll, was soll die Aufregung? ich würde mal die Prognose wagen, dass nicht wenige Bürger unseres Landes aus dem im Ausland verbrachten Urlaub illegal Plagiate, zuviele Zigaretten und andere verbotene Mitbringsel einführen, und sich so ebenso strafwürdig verhalten haben wie unser Herr Minister. Soweit also nicht so ein Drama, dass man die Gazetten füllen müsste. Ich gehe auch davon aus, dass der Teppich nocht so ein edles Stück ist, dass der Minister einen ansehnlichen Betrag Zoll hinterzogen hätte. Monetär also sicher kein Problem. Für viel becdenklicher halte ich es aber, dass ein im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehender Poltiker und Minister, der unser Land und damit uns regiert, wegen einer solchen Sache ein so schlechtes Beispiel abgibt. Da haben wir es wirklich besser verdient. In einem blog mit dem Namen „Volkszorn“ hieß es dann auch, nicht der Teppich, sondern Niebel müsse fliegen.

Wer soll das bezahlen? das (Steuer)Rad nicht überdrehen; das Gleichnis zum Steuerzahlen

Samstag, 21. April 2012
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Wer sich anschaut, wie sich das Einkommensteueraufkommen getrennt nach Zahlern prozentual zusammensetzt, der kommt schnell zu dem Schluss, dass das Verhältnis ungesund is. Die Hauptlast tragen viel zu wenige. Viel zu viele zahlen nichts. Das führt in den Köpfen vieler Menschen dazu, den Staat als „Anspruchsgegner“ zu betrachten, von dem immer nur zu fordern ist (denn man hat ja einen Anspruch). Dabei gerät schnell in den Hintergrund, was man denn selbst ganz persönlich zum Staat als Gemeinwesen beiträgt.

Es fängt im Kindergarten an, der für viele Eltern ganz selbstverständlich vorhanden und kostenlos ist. Dass noch niemand auf die Idee gekommen ist, den Eintritt in ein Freibad  oder ein Theater ebenfalls gestaffelt nach Einkommen zu berechnen und die Eintrittskarten nur gegen Vorlage des letzten Steuerbescheides zu verkaufen, ist schon fast ein Wunder. Da erstaunen auch nicht die bei vielen Menschen auf den fruchtbaren Boden des Neids fallenden Rufe nach einem höheren Spitzensteuersatz: wer reich ist, hat viel und soll viel zahlen. Dabei wird gerne vergessen, dass das schon heute geschieht: denn auch 45 % Steuern von 2,0 Mio. zu versteuerndem Einkommen sind 900 TEUR. Wohin es führen kann, wenn man die Steuerschraube allzu fest dreht, zeigt das folgende Gleichnis, dessen Urheber ich nicht kenne, so dass ich ihn hier leider nicht nennen kann.

„Es waren 10 Freunde, die gingen jeden Tag miteinander zum Essen. Stets betrug ihre Rechnung zusammen 100,00 €. Sie zahlten ihre Anteile an dieser Gesamtrechnung etwa so, wie wir Steuern zahlen, nämlich:

4 Gäste (die Ärmsten) zahlten – nichts
5. Gast – 1 €
6. Gast – 3 €
7. Gast – 7 €
8. Gast – 12 €
9. Gast – 18 €
10. Gast – 59 €

Das ging eine ganze Weile gut. Bis der 10. Gast den 9 anderen Gästen vorschlug, in ein anderes Restaurant für ihre 100,00 € zu gehen, wo sie mehr und bessere Essen bekämen.
Das hörte der Wirt und bestand darauf, ihnen Rabatt zu gewähren, weil sie in seinem Restaurant so gute Umsätze machten, und das auch noch jeden Tag. Die Rechnung sollte von da nur noch 80,00 € betragen. Für dasselbe Essen.

Die 10 Gäste freute das, und sie blieben. Sie wollten diese 20 € Ersparnis sogleich auf alle sechs Zahler aufteilen. Also rechneten sie: 20,00€ geteilt durch 6 Zahler ergibt 3,33 € für jeden Zahler. Das hieße aber, dass der Fünfte und der Sechste noch Geld herausbekämen dafür, dass sie zum Essen gehen! Das wollten die anderen 8 Gäste dann auch nicht. Sie überlegten weiter.

Der Wirt, der die 10 Gäste halten wollte, schlug folgendes vor: Jeder solle doch von nun an prozentual so viel weniger zahlen, wie er anteilig zur Rechnung beisteuerte. Das ließ sich hören. Die 10 Gäste ließen den Wirt das ausrechnen, rundeten das Ergebnis auf ganze € und heraus kam folgendes:
4 Gäste – zahlten nichts
5. Gast – 0 € anstatt 1 € (ca. 100 % Ersparnis)
6. Gast – 2 € anstatt 3 € (ca. 33 % Ersparnis)
7. Gast – 5 € anstatt 7 € (ca. 28 % Ersparnis)
8. Gast – 9 € anstatt 12 € (ca. 12 % Ersparnis)
9. Gast – 14 € anstatt 18 € (ca. 22 % Ersparnis)
10. Gast 49 € anstatt 59 € (ca. 16 % Ersparnis.)

Also jeder der sechs vorher Zahlenden kam günstiger weg als vorher, und die vier Ärmsten aßen immer noch kostenlos. Nicht schlecht!
Sie überlegten noch eine Weile weiter, dann sagte der 5. Gast aber: „Ich hab nur 1 € von den 20.00€ bekommen!“ er zeigte auf den 10. Gast und fuhr fort: „Der da kriegt aber 10,00 € von den 20.00€!“ „Stimmt!“ rief der 6. Gast. „Auch ich hab nur 1 € gespart, und der da erspart sich 10-mal so viel wie ich!“

“Wie wahr!“ rief der 7. Gast. „Warum kriegt der da 10 € zurück und ich nur 2 €!? Alles kriegen mal wieder die Reichen!“
„Was sollen wir da erst sagen“, riefen die ersten 4 wie aus einem Munde. „Wir haben von dem Rabatt überhaupt nichts bekommen. Das System beutet die Ärmsten aus!“
So ging das noch lange weiter – bis schließlich alle 9 Gäste auf den 10. Gast losgingen und ihn verprügelten. Der erschien am nächsten Tag nicht wieder zum Essen. Also setzten sich die 9 Gäste ohne ihn zusammen und begannen, ohne ihn zu essen. Während des Essens kam der Wirt mit der 80,00 €-Rechnung. Da stellten sie plötzlich etwas ganz Außerordentliches fest: Sie alle 9 brachten nicht einmal genügend Geld auf, um wenigstens die Hälfte der Rechnung zahlen zu können, geschweige denn, die ganze.

Die neun Gäste staunten nicht schlecht, als ihnen der 10. Gast am nächsten Tag mitteilte, dass er ab sofot nicht mehr am gemeinsamen Essen teilnehmen werde.“

Die Bundesjustizministerin im Interview in der ZRP 2012 zur Sprache der Juristen; Anwälte kommen nicht vor, dafür aber ein „Redaktionsstab Rechtssprache“

Samstag, 14. April 2012
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In der ZRP 2012, 93 f. findet sich ein interessantes Interview mit unserer Bundesjustizministerin, Frau Leutheusser-Schnarrenberger. Der nicht so kundige Thebaner wie ich erfährt schon zu Beginn des Artikels, dass es einen „Redaktionsstab Rechtssprache“ gibt; Aha, das ist doch eine gute Sache. Wenn man dann aber das Interview zu Ende liest, fragt man sich – als Anwalt erst recht, was dort eigentlich passiert, welche Maßstäbe gelten, wer diese festgelegt hat, und wem das nützen soll. Dazu erfährt man in dem Interview leider nicht viel. 

Doch zurück zum Thema: nach dem Untertitel des Beitrags in der ZRP gilt für die Sprache der Juristen: „Genauigkeit geht vor Allgemeinverständlichkeit„. Das kann man auch als Anwalt nur bejahen. Genaue Verträge schützen vor Streit. Bei dem Untertitel hat man aber die Anwälte als Zielgruppe völlig aus den Augen verloren. In dem Interview geht es um den Gesetzgeber, die Gerichte und die Bürger. Anwälte kommen nicht vor.

Und dann beschleicht mich als Anwalt doch ein mulmiges Gefühl, wenn die Ministerin für die These „Genauigkeit vor Allgemeinverständlichkeit“ folgendes sagt:  „Denken Sie etwa an die juristisch wichtigen Unterschiede zwischen Einwilligung, Zustimmung und Genehmigung.“  Ja Donnerwetter, das ist ja ein ganz tolles Beispiel ! gibt es da keine besseren ? Ich habe jedenfalls im 1. Semester gelernt, dass Zustimmung der Obergriff für Einwilligung und Genehmigung ist, insoweit kann also von einem juristisch wichtigen Unterschied nicht die Rede sein. Und aus der Praxis des Anwalts: ich werde mich hüten, einen Mandanten über den Unterschied zwischen Einwilligung und Genehmigung zu belehren. Solche Belehrungen kommen bei Mandanten nicht gut an. Man kann die Unterschiede besser ein wenig augenzwinkernd erläutern („das sind für Juristen wichtige Dinge„). In Verträgen, die ja die Mandanten als Adressaten verstehen und leben sollen, muss man dennoch als Anwalt auf die Genauigkeit auch nicht verzichten. Man definiert den Begriff einfach: „dazu bedarf des der vorherigen Zustimmung („Einwilligung“). Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn…“

Verständlichkeit und Genauigkeit schließen sich also nicht aus. Verträge sind Handlungsanweidungen und Richtschnüre für Mandanten und ihre Partner, nicht nur für Juristen. Das im Interview angesprochene Thema hat seine Facetten noch auf zwei anderen Gebieten: die Genauigkeit fängt bereits bei der Formulierung an. Wer sich schon dabei keine Mühe gibt, wird Schiffbruch erleiden. Und klare Strukturen der Gedanken erkennt man an der klaren Struktur des Textes. Ein Wirrkopf wird nicht nur wirr denken, er wird auch so schreiben. Als Anwalt kann man das jeden Tag beobachten, wenn man Schriftsätze liest, bei denen man sich fragt, wie der Verfasser zwei Staatsexamen betehen konnte. 

Und dass Anwälte in der Welt unserer Ministerin in dem Interview nicht vorkommen, ist auch ein trauriger Befund, zugleich aber auch eine Offenbarung.

Schweizer Haftbefehle gegen deutsche Steuerfahnder – was denken eigentlich die Schweizer darüber – Presseschau

Montag, 09. April 2012
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Was denken eigentlich die Schweizer über die Haftbefehle und die Reaktionen deutscher Politiker darauf? Hier Auszüge aus der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) und aus der Basler Zeitung: 

Am 2. April 2012 wies die NZZ auf einen in Deutschland wenig beachteten Umstand hin:

Der Entscheid der Bundesanwaltschaft, im Fall einer Steuer-CD mit Bankdaten von mutmasslichen Steuerbetrügern auch gegen deutsche Steuerfahnder vorzugehen, hatte sich bereits Mitte Dezember an der Gerichtsverhandlung gegen den verantwortlichen CS-Mitarbeiter abgezeichnet. Carlo Bulletti, der für den Fall zuständige Leitende Staatsanwalt des Bundes, verwies damals am Bundesstrafgericht in Bellinzona gegenüber Medienvertretern auf einen Entscheid des deutschen Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe…. Dieses hatte im November 2010 im Fall Heinrich Kieber/LGT zwar entschieden, strafbar erlangte Beweismittel seien grundsätzlich verwertbar. Es wies damit die Beschwerde eines Ehepaars ab, das sich gegen eine Hausdurchsuchung zur Wehr gesetzt hatte, die aufgrund von Kiebers Steuer-CD erfolgt war. Staatsanwalt Bulletti verwies aber auf einen weiteren Passus im betreffenden Entscheid. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hielt nämlich auch fest, es sei davon ausgegangen, dass die fraglichen Daten lediglich entgegengenommen wurden, dass die Behörden aber nicht ihre Herstellung oder Erfassung veranlasst hätten, sondern sich der Informant von sich aus an die Behörde gewandt habe (2 BvR 2101/09)….. Im Fall der Steuer-CD mit rund 2000 Kundendaten der CS, um die es im vorliegenden Fall geht, spricht die Bundesanwaltschaft aber von einer massgeschneiderten Datensammlung. Diese sei auf mehrfache Bestellung der Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen entstanden. Mittelsmann war jeweils ein in der Schweiz wohnhafter Österreicher, der nach seiner Verhaftung Suizid beging. Der Österreicher hatte über einen längeren Zeitraum die «Bestellungen» der Steuerbehörde Nordrhein-Westfalens entgegengenommen. Gemäss Anklageschrift der Bundesanwaltschaft ging es bei diesen Aufträgen neben den Informationen zu Bankkunden auch um eine Powerpoint-Präsentation, mit der die CS ihren Mitarbeitern den Umgang mit Offshore-Kunden erläuterte.

Also „Datenklau“ auf Bestellung?

Ebenfalls am 2. April 2012 war in der NZZ zu lesen:

Politiker in Deutschland haben geharnischt auf die Nachricht reagiert, dass die Schweizer Justiz Haftbefehle gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen erlassen hat. In Nordrhein-Westfalen, wo Mitte Mai der Landtag neu bestellt wird, wurde der Disput sofort zum Wahlkampfthema….. Ähnlich wie Kraft äusserten sich SPD-Parteichef Gabriel und der raktionschef der Grünen im Bundestag, Trittin…..  Die Schweiz wolle offensichtlich im Kampf gegen Steuerhinterziehung nicht mit Rechtsstaaten zusammenarbeiten. Wenn von einer Schweiz gesprochen wird, die «nicht mit Rechtsstaaten zusammenarbeiten» wolle, lässt das nur eine Interpretation zu: Die Schweiz ist kein Rechtsstaat. Damit ist zumindest ein Teil der deutschen Politikerkaste wieder im Reich jener Klischees angelangt, in dem man sich so gerne tummelte, als der damalige Finanzminister Steinbrück seine Sottisen über Kavallerie und Indianer in die Welt setzte. Steinbrück, der gerne SPD-Kanzlerkandidat würde, war am Wochenende natürlich auch gleich wieder zur Stelle und versuchte, den begriffsstutzigen Schweizern klarzumachen, dass sie Ursache und Wirkung verwechselten. Was die nordrhein-westfälischen Steuerfahnder getan hätten, sei nur eine Wirkung davon, dass die Schweiz zum Steuerbetrug einlade. «Das ist der Skandal.»…  Erstaunlich an diesem gesamthaft doch recht durchsichtigen Wahlkampfgetöse ist das Fehlen selbst minimaler rational geleiteter Empathie für das Verhalten der Schweizer Bundesanwaltschaft. Man trompetet im Namen einer sehr deutsch empfundenen «Gerechtigkeit», die immer und ausschliesslich als Verteilungsgerechtigkeit definiert wird, seine «Entrüstung» hinaus, immer natürlich auf den Wähler schielend, der die Schweiz in den Medien des Mittelmasses meist als moralisch minderwertiges Steuerparadies kennenlernt, das seinen Wohlstand nicht Fleiss, industrieller Exzellenz und demokratischer Ordnung, sondern der Hehlerei verdankt. Einer der ganz wenigen Politiker, die mit Bedacht reagierten, war Finanzminister Schäuble. In Kopenhagen sagte er am Rande eines Treffens von EU-Ressortkollegen, die Schweiz sei ein Rechtsstaat, ebenso wie Deutschland. Justiz und Strafverfolgungsbehörden seien unabhängig, genau wie in Deutschland. Das Schweizer Strafrecht belege die Verletzung des Bankgeheimnisses mit Strafe, wovon im übrigen auch ehemalige Bundesräte nicht ausgenommen seien. Für ihn, Schäuble, gebe es deshalb keinen Zusammenhang zwischen den Haftbefehlen und dem anvisierten Steuerabkommen.“

Die Basler Zeitung weist am 7. April 2012 auf die Ursachen im deutschen Steuersystem hin:

Unterstützung erhält die Schweiz dagegen vom Staatsoberhaupt Liechtensteins: In der «SonntagsZeitung» bezeichnet er die Steuersysteme in Deutschland und in der EU als ungerecht, denn wer sich den besten Steueranwalt leisten könne, zahle am wenigsten. Diese Länder müssten das Steuersystem vereinfachen und die Steuern senken – dann wären die Bürger auch ehrlicher, so der Erbprinz.

In der Schweiz planen derweil die Chefs der Bewegung «Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz» (Auns) das Referendum gegen das Steuerabkommen. Gegenüber dem «SonntagsBlick» sagt der Auns-Präsident und Schwyzer SVP-Nationalrat Pirmin Schwander, der Staatsvertrag sei ein massiver Eingriff in die Schweizer Neutralität und schalte die Rechtsordnung aus. Die Auns-Mitglieder wollen gemäss Schwander am 28. April an ihrer jährlichen Versammlung darüber abstimmen.“

Fazit: Fernab des politschen Geschäfts wird aus rechtlicher Sicht wohl die Diskussion erneut aufkommen, wie weit Behörden bei der Strafverfolgung gehen dürfen und ob der Zweck jedes Mittel heiligt.

Die geplante Pferdesteuer auf dem Prüfstand – Gier frißt Hirn auf

Freitag, 06. April 2012
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Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, wenn es um das Erfinden neuer Steuern geht. Die Hundesteuer ist bestens bekant. Was liegt da also näher, als nach dem Motto „copy paste“ nach dem gleichen Strickmuster schnell eine Pferdesteuer zu erfinden und schwupps, bei einem Steuersatz von 200 € je Pferd und Jahr zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: die Einnahmen erhöhen sich dauerhaft, und der für die Hundesteuer zuständige Bearbeiter ist ausgelastet.

Dabei wird es in der Praxis für die Gemeinden zur Nagelprobe kommen, wenn die ersten Bescheide versandt worden sind. Wir haben es uns auf die Fahne geschrieben, in jedem Fall die Satzungen der Gemeinden, die die Grundlage für die Pferdesteuer bilden, vor den Verwaltungsgerichten zu Fall zu bringen.

Es ist der völlig falsche Ansatz, die Einnahmen zu erhöhen. Viel sinnvoller ist es, bei den Ausgaben anzusetzen. Aber da kämen vermutlich unerfreuliche Wahrheiten an das Licht, die aus politischen Gründen nicht öffentlich werden sollen. Bisher wurde in Deutschland leider noch jedes Problem mit Geld gelöst, selbst wenn man es sich leihen musste. Dass dies nicht zur Verantwortung erzieht, liegt auf der Hand. Dass dies auch kein Zukunftsmodell ist, wusste bisher schon jeder, der denken konnte. Wer hatte schon ernsthaft daran geglaubt, dass die Rente sicher ist, wie man es uns weismachen wollte ? Vielleicht der freundliche dreinblickende kleine Herr Blüm, der es sicher nicht böse gemeint hatte. Er konnte vermutlich einfach nicht rechnen. Wenn wir uns jetzt aber an großen Rettungsaktionen beteiligen, dann wird uns auch eine Pferdesteuer nicht mehr helfen.    

Der Deutsche Pferderechtstag hat daher Ende März 2012 eine einstimmige Resolution beschlossen, der Pferdesteuer mit ganzem Engagement entgegenzutreten.

Der räuberische Staat – Umsatzsteuer auf Pferde steigt ab 1. Juli 2012 von 7 auf 19 %

Freitag, 06. April 2012
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Vorgaben der EU setzen Staaten dann besonders gerne um, wenn sie Geld in die Kassen spülen. Da kommt eine Empfehlung der EU, die Umsatzsteuer für Pferde von 7 auf 19 % zu erhöhen, gerade recht. Wer da meint, die Erhöhung sei sinnvoll, weil systemgerecht, der mag mir das jetzige System einmal erläutern. Lebensmittel werden mit 7 % belegt, der Verzehr derselben „an Ort und Stelle“ kostet aber 19 %. Grund für die Differenzierung ? Und der Verwaltungsaufwand, um das im Einzelfall zu prüfen ? völlig unverhältnismäßig.

Es ist zu fürchten, dass diese Steuererhöhung nur eine von vielen ist, die in diesem räuberischen Staat noch kommen werden. Am Ende wird der Steuerzahler merken, dass er es ist, der die falschen Entscheidung der Politiker, gleich welcher Couleur, zu zahlen hat.

Bundespräsident Wulf – eine tragische Figur – zum Pech kommt Unvermögen

Freitag, 06. Januar 2012
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Es gibt in der Geschichte viele tragische Figuren. Christian Wulf hat gute Chancen, die nächste Person zu sein, die tragisch aus hohem Amt tief stürzen wird. Allerdings werden in diesem Zusammenhang viel zu wenig die Medien und ihre Rolle dabei beachtet. Wer die letzten Wochen die Medien kritisch begleitet hat, der wird mit Erschrecken feststellen, wie Medien es in unserer freien Gesellschaft schaffen, Personen auf perfide Weise ins Aus zu stellen und es sich dabei nicht nehmen lassen, auf so niedere Instinkte wie den Neid der Menschen zu setzen.

Erinnern wir uns zurück, worin der konkrete Vorwurf besteht: angeblich habe Wulf eine “Geschäftsbeziehung” zu einem Unternehmer verschwiegen. Schon dieser Vorwurf ist nicht haltbar. Denn es hat keine Geschäftsbeziehung zu dem Unternehmer gegeben. Es hat ja noch nicht einmal eine Rechtsbeziehung gegeben. Man wird unterstellen dürfen, dass die damals an Wulf gerichteten Fragen wohl überlegt und präzise formuliert worden sind. Sonst müssten die Fragesteller sich Unprofessionalität vorwerfen lassen müssen. Also wurden die Fragen auch korrekt beantwortet. Ob das so war, wird durch den Landtag und die dortigen Gremien zu klären sein: Ende der Durchsage.

Davon zu differenzieren ist die Frage, ob für einen Politiker – allein für die oft zitierte Glaubwürdigkeit – andere Maßstäbe gelten, an denen er sich messen lassen muss. Eine noch andere Frage ist, ob es klug war, das von der Ehefrau des Unternehmers gewährte Darlehen nicht zu erwähnen.

Aber auch hier ist das oft bemühte Argument der für Poltiiker geforderten Glaubwürdigkeit so eine Sache. Denn zum einen ist das mit poltical correctness so eine Sache. Was ist das für ein Maßstab und wer bestimmt ihn ? ist das ein Recht neben dem Recht? und wenn etwas rechtmäßig ist, kann es denn dann falsch sein ? ich sage klar: “NEIN, das kann es nicht. Denn sonst leben wir in einer Bananenrepublik. Denken wir das Thema zu Ende, würde das bedeuten: ein Verhalten könnte dann auch bestraft werden. Denn auch wenn es rechtmäßig war, könnte es ja dennoch falsch gewesen sein, weil nichr “korrekt”. Wir merken, dass hier die Konturen nicht nur verschwimmen, sondern dass wir am Ende zu einem Ergebnis kommen, dass uns allen Angst machen sollte.

Und welcher Politiker ist denn überhaupt glaubwürdig ? können Politiker glaubwürdig sein, die vor der Entwicklung in unserem Land die Augen verschließen und z.B. ja auch heute noch enrsthaft gegen jede Mathematik behaupten, die Renten seien sicher ? oder die uns seit Jahrzehnten versprechen, dass wir ein einfacheres Steuersystem bekommen ? oder die steigende Benzinpreise für gar nicht so schlimm halten, weil das die Einnahmen des Staates erhöht ?

Christian Wulf hatte also aus meiner Sicht das Pech, dass ihn eine bestenfalls  zum Neidthema taugende story aus der Vergangenheit einholte. Das Thema wäre aber wahrscheinlich schnell wieder vergessen gewesen, wenn sich, ja wenn sich nicht die Medien kollektiv auf ihn gestürzt hätten. Dank schlechter eigener Pressearbeit hat Wulf sich mit allem, was er getan hat, nur noch weiter ins Aus geschossen. Aber auch das ist das Ergebnis der unfairen Methoden der Medien.

Wie können zwei Reporter, wie im Fernsehen gesendet und von über 10 Mio. Zuschauern verfolgt, ein Interview mit einem Bundespräsidenten zu einem Verhör umfunktionieren. Und wie kommt eine Interviewerin dazu, sich im Eifer ihrer Moralpredigt zu der Behauptung hinreißen zu lassen, sie zahle für die Unterkunft, wenn sie bei Freunden übernachte! Entweder stimmen die Maßstäbe nicht mehr oder es war einfach schlichte Blödheit, so etwas zu sagen. Auch das zeigt, in welcher verlogenen Gesellschaft wir leben. Um einem anderen unlauteres Verhalten nachweisen zu können, nimmt man einen solchen Blödsinn auf sich ? ich fordere die sofortige Entlassung der Reporterin wegen Unfähgkeit.

Den Medien ist vorzuwerfen, eine regelrechte Jagd auf Wulf  zu veranstalten. Sagt er nichts, wirft man ihm vor, dass er schweigt. Sagt er was, wird sofort alles auf die Goldwaage gelegt und in absurdester Weise hinterfrag (was sinbd das eigentlich für Persönlichkeitsstrukturen, die dabei zutage treten? sind das Menschen, die einen extremen Hang zur Schadenfreude haben?)  Kommen von Wulf neue Erklärungen oder eben nicht, geht das Spiel in die nächste Runde.

Pressefreiheit ist ein hohes Gut, sie ist aber zugleich auch Verpflichtung, sich nicht einfach einem Herdentrieb anzuschließen und auf Personen einzudresschen und dabei jeden Maßstab und jeden Respekt zu verlieren. Wenn man an Christian Wulf als Bundespräsidenten hohe Anforderungen stellt, dann sollte man das auch in der Berichterstattung über ihn so halten. Hier gelten aber offenbar nicht die gleichen Maßstäbe.

Soweit Wulfs Pech. Wenn ihn zur tragischen Figur werden lösst, ist sein Unvermögen, mit der Situation richtig umzugehen. Als Staatsoberhaupt kann er zu diesen Dingen nicht schweigen. Er hat aber die Chance verpasst, in einer Stellungnahme eine Erklärung abzugeben, der keine weiteren Erklärungen mehr hätten folgen müssen und dürfen. Und wenn die Mediene eine Zeitlang weitergebohrt hätten, in kurzer Zeit hätte sich die alte Weisheit bestätigt, dass morgen die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird. So aber hat der immer etwas ungelenke und steife Christian Wulf den Medien immer neue Steilvorlagen gegeben, um auf ihn erneut einzudreschen, zuletzt die wirklich dilettantischen Anrufe bei mehreren Vertrteten der Presse.

Die Medien haben natürlich auch des Deutschen liebstes Kind, den Neid, gut bedient. Ein angeblich viel zu zinsgünstiger Kredit (den will ich auch haben!!), Urlaube bei “reichen Freunden” und und und. Als hätten wir keine spannenderen Themen. Ich komme mir bald vor wie im alten Rom, in dem man den plebs mit Brot und Spielen ruhig hielt. Das geschieht bei uns aber doch ohenhin schon, dafür müssten wir nun wirklich keinen Bundespräsidenten verprügeln, egal von welcher Partei er ist und wie er heißt. Denn sonst müssen wir uns nicht wundern, dass Werte wie Respekt auch an anderen Ort mit den Füßen getreten werden.

Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. Meine Prognose: Wulf bleibt im Amt, denn er kann nur Politiker. Und ohne Amt bleibt nichts übrig. Das haben in der Geschichte schon viele Personen gezeigt, die sich nur durch ihr Amt oder ihre Position definiert haben. Ohne die damit verbundenen Insignien standen sie auf einmal wie entzaubert da.

Weise Entscheidungen des BFH oder: wie kompliziert möchte die Finanzverwaltung das Steuerrecht noch machen ?

Samstag, 12. Februar 2011
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Es ist nicht neu, dass das Steuerrecht für allerhand Dinge mißbraucht wird, die besser in Fördermaßnahmen gegossen oder überhaupt nicht geregelt würden, weil sie die in Deutschland ohnhin schon hohe Regelungsdichte noch weiter erhöhen. Dazu gehört unbestritten auch die Regelung in § 8 Abs 2 Satz 9 EStG, nach der Arbeitgeber jedem Arbeitnehmer steuerfrei Warengutscheine im Wert von 44,00 EUR je Monat zukommen lassen können. Wenn aber solche Regelungen durch die Verwaltung ad absurdum geführt werden wird, dann wird es grotesk.

Woran liegt es ? Der Haken: der Betrag von 44,00 EUR ist eine Freigrenze, jeder über 44,00 EUR liegende Cent führt also zur Steuer auf den gesamten Betrag. Weiterer Haken: die Finanzverwaltung hat die Regelung durch ihre Auslegung des Gesetzes für die Praxis so untauglich gemacht, dass man niemandem die Regelung empfehlen konnte: zuviel Aufwand, zu hohes Risiko. Denn die z.B. bei Treibstoff naheliegende Lösung, dem Arbeitnehmer (was einfach möglich wäre) einen Gutschein über Treibstoff im Wert von höchstens 44,00 EUR zu geben, sah die Verwaltung nicht als Sachlohn, sondern als Barlohn an. Missliches Ergebnis: voll steuerpflichtig. Nach der Verwaltung hätte auf dem Gutschein nur stehen dürfen: „30 Liter Diesel“. Wegen der schwankenden Preise ist das eine nicht oder nur mit großem Aufwand umsetzbare Forderung.

Konsequenz: die Vorgaben der Verwaltung setzten Lohnsteueraußenprüfer und andere Mitarbeiter in Mehrsteuern um (die wir in den jährlichen Statistiken als Erfolge bewundern können), eine Flut von Klagen war die Folge. Der BFH hat jetzt in mehreren parallel gelagerten Fällen vom 11. Oktober 2010, wie jetzt am 9. Februar 2011 bekannt wurde, weise und gegen die Finanzverwaltung entschieden, dass in sehr weitem Umfang doch Sachlohn angenommen werden kann. Insbesondere die vom BFH explizit entschiedene Gestaltung der dem Arbeitnehmer mit  der Abrede überlassenen Tankkarte, auf Kosten des Arbeitgebers gegen Vorlage der Tankkarte bei einer bestimmten Tankstelle bis zu einem Höchstbetrag von 44,00 EUR  monatlich zu tanken, dürfte jetzt in der Praxis umsetzbar sein.

Was bleibt, ist die rechtspolitische Frage, warum ein Warengutschein über 44,00 EUR monatlich überhaupt steuerfrei sein soll. Darüber hatte der BFH nicht zu entscheiden.    

Die Pressemitteilung des BFH vom 9. Februar 2011 lautet:
„Tank- und Geschenkgutscheine des Arbeitgebers können steuerbefreiter Sachlohn sein

Urteil vom 11.11.10   VI R 21/09
Urteil vom 11.11.10   VI R 27/09
Urteil vom 11.11.10   VI R 41/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit drei Urteilen vom 11. November 2010 (VI R 21/09, VI R 27/09, VI R 41/10) anlässlich der Frage der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Tankkarten, Tankgutscheinen und Geschenkgutscheinen erstmals Grundsätze zu der Unterscheidung von Barlohn und einem nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) bis zur Höhe von monatlich 44 € steuerfreiem Sachlohn aufgestellt. In den vom BFH entschiedenen Streitfällen hatten Arbeitgeber etwa ihren Arbeitnehmern das Recht eingeräumt, auf ihre Kosten gegen Vorlage einer Tankkarte bei einer bestimmten Tankstelle bis zu einem Höchstbetrag von 44 € monatlich zu tanken oder die Arbeitnehmer hatten anlässlich ihres Geburtstages Geschenkgutscheine einer großen Einzelhandelskette über 20 € von ihrem Arbeitgeber erhalten oder durften mit vom Arbeitgeber ausgestellten Tankgutscheinen bei einer Tankstelle ihrer Wahl 30 Liter Treibstoff tanken und sich die Kosten dafür von ihrem Arbeitgeber erstatten lassen. Während die Arbeitgeber diese Zuwendungen jeweils als Sachlohn beurteilten und angesichts der Freigrenze keine Lohnsteuer einbehielten, waren die Finanzämter auf Grundlage von Verwaltungserlassen von nicht steuerbefreitem Barlohn ausgegangen und hatten entsprechende Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheide erlassen. Darin waren sie von den Finanzgerichten bestätigt worden. Der BFH hat dagegen in sämtlichen Streitfällen Sachlohn angenommen, die Vorentscheidungen aufgehoben und den Klagen stattgegeben. Die Frage, ob Barlöhne oder Sachbezüge vorliegen, entscheide sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, nämlich auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen danach, welche Leistung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Die Unterscheidung sei nach der Art des arbeitgeberseitig zugesagten und daher arbeitnehmerseitig zu beanspruchenden Vorteils selbst und nicht durch die Art und Weise der Erfüllung des Anspruchs zu treffen. Könne der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst beanspruchen, komme eine Steuerbefreiung für Sachbezüge nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG in Betracht. Dann sei es auch unerheblich, ob der Arbeitgeber zur Erfüllung dieses Anspruchs selbst tätig werde, oder dem Arbeitnehmer gestatte, auf seine Kosten die Sachen bei einem Dritten zu erwerben. Deshalb lägen Sachbezüge auch dann vor, wenn der Arbeitgeber seine Zahlung an den Arbeitnehmer mit der Auflage verbinde, den empfangenen Geldbetrag nur in einer bestimmten Weise zu verwenden. Seine bisher anders lautende Rechtsprechung (Urteil vom 27. Oktober 2004 VI R 51/03) hat der BFH ausdrücklich aufgegeben.“