Verwertungsverbot für Zufallserkenntnisse im Besteuerungsverfahren – BFH stärkt per Beschluss einmal mehr die Rechte der Steuerpflichtigen

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Dass Datenschutz ein wichtiges Thema ist, ist spätestens seit den Lauschangriffen der NSA auf das „abhörsichere“ Telefon der Kanzlerin in das allgemeine Bewusstsein gerückt. Datenschutz gehört aber zugleich in den größeren Kontext der Bürgerrechte. Hier sehen wir mit wachsender Sorge, dass immer häufiger nicht erkannt wird, dass behördliches Handeln immer einen Eingriff in Rechte des Bürgers bedeuten, und dass diese Eingriffe immer einer gesetzlichen Rechtfertigung bedürfen. Man kann insbesondere im Steuerrecht den Eindruck gewinnen, dass der Zweck jedes Mittel rechtfertigen soll.

Sogenannte Zufallsfunde, also strafrechtlich relevante Tatsachen, die z.B. bei Durchsuchungen entdeckt werden, die aber gar nicht Gegenstand der Durchsuchung waren,    sind nach der sehr großzügigen Rechtsprechung verwertbar. Es kommt daher nicht selten vor, dass die Ermittlungen Zwangsmaßnahmen gar nicht rechtfertigen, dass aber dennoch ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt wird in der – unausgesprochenen – Hoffnung, dass man schon einige Zufallsfunde haben werde.

Dem hat der BFH jetzt jedenfalls in einem krassen Fall durch Beschluss einen Riegel vorgeschoben. Nach dem Beschluss des BFH vom 24.04.13 (VII B 202/12) dürfen Zufallsfunde, die bei einer gegen einen anderen Beschuldigten durchgeführten Telefonüberwachung gewonnen worden sind, in einem Besteuerungsverfahren gegen einen Anderen, hier einen Haftender Mittäterschaft oder Teilnahme nicht verwendet werden,  wenn die dem Anderen im Haftungsbescheid zur Last gelegte Straftat strafprozessrechtlich die Anordnung einer Telefonüberwachung nicht gerechtfertigt hätte.

Was war passiert? Ein Zollamt hatte den Kläger als Haftenden für Tabaksteuer in Anspruch genommen. Ihm wurde im Haftungsbescheid zur Last gelegt, den Verkauf von unverzollten und nicht versteuerten Zigaretten zwischen Dritten vermittelt zu haben. Der Verkäufer der Zigaretten war deshalb wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei verurteilt worden. Dem Kläger konnte im Strafverfahren eine Beteiligung allerdings nicht nachgewiesen werden. Im Haftungsbescheid ging das Hauptzollamt gleichwohl davon aus, dass der Kläger den Verkauf vermittelt habe und stützte sich dabei auf die Protokolle einer (aus anderen Gründen angeordneten) Telefonüberwachung aus dem Jahr 2007. Nach damals geltendem Recht durfte eine Telefonüberwachung wegen des Verdachts der Begehung von Steuerstraftaten nicht angeordnet werden. Das Finanzgericht hat den Haftungsbescheid aufgehoben mit der Begründung, die zufälligen Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung dürften gegen den Kläger nicht verwertet werden.

Diese Rechtsansicht hat der BFH für offensichtlich zutreffend erklärt, ohne dass dies in einem Revisionsverfahren geprüft werden müsse. § 477 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) lasse die Verwertung in einem anderen Strafverfahren gewonnener Erkenntnisse nur zu, wenn diese durch die betreffende Maßnahme auch unmittelbar zur Aufklärung der dem Beschuldigten bzw. Haftungsschuldner vorgeworfenen Straftat hätten gewonnen werden können. Zufallserkenntnisse aus einer Telefonüberwachung dürften jedoch zu Beweiszwecken nur verwertet werden, wenn sich die Erkenntnisse auf Katalogtaten im Sinne des § 100a StPO bezögen. Selbst nach der inzwischen in Kraft getretenen Neufassung dieser Vorschrift gehört dazu die einfache (d.h. nicht gewerbs- oder bandenmäßig begangene) Steuerhehlerei nicht.

Eigentlich bemerkenswert ist nicht die  Entscheidung selbst, sondern dass für das Ergebnis erst der BFH angerufen werden musste.

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