Mit Urteil vom 19.11.2024 (VIII R 8/22, DStR 2025, 257) hat der BFH u.a. entschieden, dass der Verlust aus einem auflösend bedingten Forderungsverzicht schon im Zeitpunkt des Verzichts zu berücksichtigen ist. Es kommt nicht darauf an, ob feststeht, dass die auflösende Bedingung nicht mehr eintreten wird.
In dem Zeitpunkt, in dem die auflösende Bedingung eintritt, entsteht ein neuer Lebenssachverhalt, der auch erst im Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung steuerrechtlich zu beurteilen ist.
Dieses Urteil ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senates zum Forderungsverzicht nicht überraschend.
Bedingungen, gleich ob aufschiebend oder auflösend, werden im Steuerrecht teils genauso behandelt wie im Zivilrecht, teils aber auch abweichend davon.
Bei der auflösenden Bedingung folgt das Steuerrecht, wie die hier besprochene Entscheidung des BFH zeigt, dem Zivilrecht. Bei einem Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung ist das Rechtsgeschäft zunächst in vollem Umfang wirksam. Allerdings endet mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein (§ 158 Abs. 2 BGB).
Für die aufschiebende Bedingung gilt zivilrechtlich, dass die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung erst mit dem Eintritt der Bedingung eintritt (§ 159 Abs. 1 BGB). Also wird zivilrechtlich ein Kaufvertrag über Grundbesitz, der unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen worden ist, erst in dem Zeitpunkt wirksam, in dem die aufschiebende Bedingung eintritt. Dem folgt das Steuerrecht nicht. So ist z.B. für die sog. Spekulationsfrist von 10 Jahren im Sinne von § 23 EStG Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Zeitpunkt des Abschlusses der notariellen Kaufverträge maßgebend. Wann eine dort vereinbarte aufschiebende Bedingung eintritt, ist dagegen nicht relevant. So ist es beispielsweise nicht möglich, die Besteuerung eines Spekulationsgewinnes durch Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung, die den Zeitpunkt des Verkaufs in die Zukunft verschiebt, zu vermeiden. Die Rechtsprechung weist darauf hin, dass die Beteiligten eines unter aufschiebender Bedingung geschlossenen Kaufvertrages unabhängig von dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung an die von ihnen abgegebenen Willenserklärungen gebunden sind (Urteil des BFH vom 25.03.2021, IX R 10/20, https://www.bundesfinanzhof.de/en/entscheidungen/entscheidungen-online/decision-detail/STRE202110142/; Anschluss an BFH-Urteil vom 10.02.2015 – IX R 23/13, BFHE 249, 149, BStBl II 2015, 487).
Last modified: 18. Februar 2025