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Aufruf an Steuerberater und Rechtsanwälte: haben auch Sie schon einmal mit übergriffigen Steuerfahndern, Betriebsprüfern oder anderen Finanzbeamten zu tun gehabt? Berichten Sie uns bitte davon. Wir sammeln diese Vorfälle und versuchen dazu beizutragen, übergriffigen Beamten Einhalt zu gebieten.

Montag, 01. April 2024
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Gemeinsam mit einer auf Strafrecht spezialisierten Kollegin haben wir vor dem Landgericht Bielefeld (Az: 9 KLs2/19) den Geschäftsführer einer GmbH in einem gegen ihn Steuerstrafverfahren vor einer Haftstrafe bewahrt. Der Prozess war auf insgesamt rund 30 Verhandlungstage angesetzt. Schon nach wenigen Verhandlungstagen vertrat das Landgericht die Auffassung, dass der Vorsatz einer Steuerhinterziehung nicht nachgewiesen werden könne. Über das Verfahren wurde in der Presse berichtet. In dem Zusammenhang gab es eine Vielzahl von Durchsuchungen. Landwirte und auch der angeklagte Geschäftsführer mussten es hinnehmen, in erheblichem Maße kriminalisiert zu werden.

Auch wenn die Sache für den Geschäftsführer glimpflich abging: die von ihm vertretene GmbH ist vom Markt verschwunden. Sie musste wegen der behaupteten Steuerforderungen der Finanzverwaltung Insolvenz anmelden. Nach Klageerhebung vor das Finanzgericht in Münster steht mittlerweile fest, dass die Steuern zum weitaus überwiegenden Teil (75%) rechtswidrig festgesetzt worden waren. Eine Entschuldigung gab es weder von der Staatsanwaltschaft noch von der Steuerfahndung noch von der Finanzverwaltung. Auch wenn die Atmosphäre in dem Rechtsstreit vor dem Finanzgericht Münster mit der zuständigen Finanzverwaltung sehr gut war, so ist doch nicht zu verkennen, dass durch staatliches Handeln ein massiver Schaden zu beklagen ist.

Auslöser der vielen steuerrechtlichen und steuerstrafrechtlichen Verfahren waren ein übereifriger Betriebsprüfer, der bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht in Bielefeld, Strafkammer, einen sehr schlechten Eindruck hinterließ, und ein vom anscheinend Verfolgungseifer geplagter Steuerfahnder. Wir meinen, dass diese Sache ein Beispiel für nicht hinnehmbares übergriffiges Handeln von Beamten darstellt, die ihre Machtbefugnisse nach unserer Auffassung überschreiten.

Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden (§ 85 AO).

Dass die Finanzbehörden diese Aufgabe auch erfüllen, ist im Interesse eines jeden ehrlichen Steuerzahlers. Selbstverständlich gehört es daher auch zu den Aufgaben, Steuerhinterziehungen aufzudecken und zu verfolgen.

All das aber hat im Rahmen der geltenden Gesetze zu erfolgen und nicht durch übergriffiges Verhalten. In einem Rechtsstaat heiligt der Zweck eben nicht die Mittel. Aus unserer Praxis sind uns Sprüche von Steuerfahndern wie: „U-Haft schafft Rechtskraft“ zugetragen worden.

Es ist unser Ziel, aus der Praxis heraus von Steuerberatern und Rechtsanwälten konkrete Beispiele für übergriffiges Verhalten von Steuerfahndern, Betriebsprüfer und anderen Finanzbeamten zu sammeln, zu systematisieren, auszuwerten und dazu beizutragen, dass übergriffigem Verhalten ein Ende gesetzt wird. Die Verantwortlichen müssen auch zur Verantwortung gezogen werden. Wenn Sie also zu diesem Thema etwas beitragen können, sind wir Ihnen dankbar.

Aus unserer eigenen Praxis wissen wir, dass Steuerfahnder und Betriebsprüfer auch nicht davor zurückschrecken, die Berater von Mandanten zu versuchen zu kriminalisieren und zu versuchen, sie einzuschüchtern. Auch das ist in einem Rechtsstreit nicht hinnehmbar.

BFH vom 07.11.2023: von einer Bank an den Kunden gezahlter Nutzungsersatz nach Widerruf und Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags ist nicht steuerbar (keine Einkünfte aus § 20 EStG)

Montag, 01. April 2024
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Mit Urteil vom 7. November 2023 (VIII R 7 /21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der an Bankkunden gezahlte Nutzungsersatz bei Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrages nach Widerruf durch den Kunden nicht der Einkommensteuer unterliegt.

Im Streitfall schlossen Ehegatten im Jahr 2008 einen Darlehensvertrag zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie. Im Jahr 2016 widerriefen sie den Darlehensvertrag wegen nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung. In einem daraufhin geführten Rechtsstreit verglichen sich die Ehegatten mit dem Kreditinstitut. Das Kreditinstitut zahlte an die Kläger einen Nutzungsersatz für die von den Klägern erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 14.500,00 EUR.

Das für die Eheleute zuständige Finanzamt erfasste den Nutzungsersatz bei den Steuerpflichtigen als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Gegen den Steuerbescheid legten die Ehegatten Einspruch ein. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit erfrischender Deutlichkeit hat der BFH den klagenden Eheleuten recht gegeben. Der Nutzungsersatz ist nach Auffassung des BFH nicht steuerbar. Sei kein steuerbarer Kapitalertrag im denn die Rückabwicklung Darlehensvertrags nach Widerruf durch den Verbraucher erfolgt außerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre. Auch eine Aufteilung des Nutzungsersatzes in die Erstattung nicht steuerbarer Tilgung und steuerbarer Rückgewähr von Zinsen lehnte der BFH ab. Er sieht das Rückgewährschuldverhältnis steuerrechtlich als Einheit an, die auch nicht für sich betrachtet –im Sinne einer unfreiwilligen Kapitalüberlassung– Teil einer steuerbaren Tätigkeit sein könnten.

Der BFH kommt mit der gleichen Begründung, der Einheitsbetrachtung der Rückabwicklung des Darlehensvertrages, auch zu dem Ergebnis, dass keine sonstigen Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG vorliegen.

Wir halten das Urteil nicht nur vom Ergebnis, sondern auch von der Begründung her für richtig.

Die Bananenrepublik Mecklemburg-Vorpommern mit ihrer Königin Manuela Schwesig – Steuerhinteziehung?

Mittwoch, 01. März 2023
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91010_WS schwarz weißSeit Tagen gibt es, nachdem es um die Klimastiftung von Mecklenburg-Vorpommern still geworden war, jetzt im Februar 2023 weitere Schlagzeilen. Es geht um den Vorwurf der Steuerhinterziehung. In diesem Zusammenhang haben die Ministerpräsidentin Schwesig und der Finanzminister Geue wieder einmal „absolute Transparenz“ versprochen. Was dann aber geliefert wird, würde jeder Bananenrepublik und jeder Schmierenkomödie zur Ehre gereichen. Von Transparenz – wieder einmal  – keine Spur.

Während die Klimastiftung von Mecklenburg-Vorpommern auf Ihrer Internetseite https://klimastiftung-mv.de/ als sehr um Umweltschutz und Klima bemühte Stiftung auftritt, bestreitet heute niemand mehr ernsthaft, dass die Ministerpräsidentin Schleswig die Idee gehabt hatte, die von den USA gegen Russland verhängten Sanktionen im Zusammenhang mit dem Projekt Nordstream 2  aktiv mit eben dieser Stiftung zu umgehen. Frau Schwesig als Geschäftsbesorger für Russland und Putin.

Die nicht gemeinnützige Stiftung wurde von der russischen Firma Nordstream mit 20,0 Mio. EUR ausgestattet. Da diesem Geld keine Leistungen der Stiftung gegenüberstanden, musste darauf Schenkungsteuer i.H.v. 50 % bezahlt werden. Es hat den Eindruck, als hätten die Gründer der Stiftung dieses Thema nicht auf dem Schirm gehabt.

Streit gibt es jetzt darüber, ob die Steuererklärung, teils wird auch von mehreren Steuererklärungen berichtet, fristgerecht eingereicht worden ist. Der Öffentlichkeit wird in diesem Zusammenhang jetzt die abenteuerliche Geschichte einer Finanzbeamtin präsentiert, die die Steuererklärung der Stiftung angeblich aus Panik vor persönlichen Konsequenzen in einem Kamin verbrannt haben soll. (https://www.rnd.de/politik/steuererklaerung-verbrannt-finanzbeamtin-soll-dokument-von-klimastiftung-mv-aus-panik-verbrannt-HKPYLRKDM5B53J3B7IGNZOYMMU.html)

Hier fragt sich der Steuerbürger und auch der Rechtsanwalt, wie die Verantwortlichen in Mecklenburg-Vorpommern eigentlich meinen, mit dem Recht umgehen zu dürfen. Wir haben dazu eine sehr klare Meinung: Vor dem Gesetz sind alle gleich. Wir haben daher schon im letzten Jahr die Konsequenzen aus den Veröffentlichungen gezogen und haben Strafanzeige u.a. gegen die Ministerpräsidenten erstattet.
ws

Unser Videokonferenzsystem aus dem Jahr 2019 ist im Jahr 2023 angekommen – ein Beitrag zur Verbreitung der Videokonferenz

Dienstag, 28. Februar 2023
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copyright by Slawik.comFür unsere Kanzlei und das Notariat hatten wir vor Corona für 15.000,00 EUR ein Videokonferenzsystem angeschafft. Ziel war  es, damit nicht nur die (damals bald kommende) Gründung von GmbHs per Videokonferenz für unsere Mandanten erledigen zu können, sondern auch, im anwaltlichen Bereich Fahrt- und Reisezeiten im Zusammenhang mit Rechtsstreiten vor den Gerichten zu reduzieren, letztlich auch im Interesse der Umwelt. Unsere hohen Erwartungen sind leider nicht erfüllt worden. Es hat bis heute, Februar 2023, gedauert, bis überhaupt ein paar wenige Gerichte sich mit dem Thema Videokonferenz befasst haben. Von einem weit verbreiteten oder flächendeckenden Einsatz dieser Technik kann keine Rede sein. Tatsache ist, dass es nur sehr wenige Gerichte gibt, die überhaupt über die Technik verfügen. Und diese Gerichte, wie bei dem Landgericht Weiden in der Oberpfalz (rd. 500 km von unserem Kanzleisitz entfernt) zu erfahren war, zu erfahren war, lehnen den Einsatz dieser Technik geradezu hartnäckig ab. Ob das mit der generellen Abneigung in Bayern gegenüber Preußen zu tun hat, möchten wir nicht behaupten. Aber eine Tatsache bleibt eine Tatsache.

Mittlerweile haben wir unser für teures Geld angeschafftes Videokonferenzsystem, zumindest bildlich gesprochen, auf den Schrott geworfen. Denn der Standard, der bis zum Beginn von Corona der auch von dem Finanzgericht Münster verwendete Standard war, ist heute nicht mehr der Standard. Nach unseren Erfahrungen sind die Videokonferenzsysteme bei den Gerichten anscheinend zur Spielwiese technikbegeisterter Angehöriger der Gerichtsbarkeit geworden. Anders ist es fast nicht zu erklären, dass auch in Nordrhein-Westfalen Landgerichte in unterschiedlichen Städten verschiedene Systeme einsetzen. Eins aber haben alle Systeme gemeinsam: Mit der von uns vor Corona für teures Geld angeschafften Videokonferenzanlage möchte keines dieser Systeme kommunizieren. Jetzt geht das, was vor Corona als Unmöglichkeit galt: Eine Videokonferenz über das Internet zu führen. Das andere mithören oder sogar die mündliche Verhandlung verbotenerweise mitverfolgen oder in das Internet stellen können, interessiert niemanden. Es geht aber doch. Nur die Rechtsanwälte müssen sich mit dem völlig schwerfälligen „beA“ herumplagen. Das fängt damit an, dass der Rechtsanwalt beim Login über das Internet in das beA die PIN zweimal eingeben muss. Ich habe mir einmal die Freude gemacht und bei dem Support nachgefragt, warum man das nicht ändern kann. Ich erhielt eine über mehrere Seiten gegebene Erklärung. Eine einleuchtende oder nachvollziehbare Antwort auf die Frage, warum man bei die doppelte Eingabe nicht entfallen lassen konnte, habe ich aber nicht erhalten.

Auch das ist ein weiterer verstörender Befund: In Deutschland wächst nicht die Wirtschaft, es wächst die Bürokratie. Am Ende verwalten wir uns noch selbst. Arbeiten möchte ohnehin schon niemand mehr. Die Zukunft wird spannend.

FG Münster entscheidet am 18.01.2023 (und damit nach 21 Jahren) über eine Frage aus dem Jahr 2002 (13 K 150/19 AO)

Dienstag, 28. Februar 2023
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91010_WS schwarz weiß Am 18. Januar 2023 (und damit 21 Jahre nach dem Streitjahr) entschied das Finanzgericht Münster zu Az. 13 K 150/19 AO in einer Steuersache des Jahres 2002  unseres Geschäftsführers, Herrn Professor Dr. Wolfgang Sturm („Kläger“). Worum ging es? Ein Finanzamt im Süden Deutschlands hatte den Kläger als Gesellschafter einer GbR behandelt, an der er nie beteiligt war. Eigentlich das dem Finanzamt im Süden schon auffallen müssen. Denn es gab nichts, woraus das Finanzamt hätte ersehen können, dass der Kläger Gesellschafter dieser GbR geworden wäre. Der Kläger wunderte sich über die Höhe der ihm zugerechneten Einkünfte und legte gegen den ihm bekannt gegebenen Feststellungsbescheid (das war nicht der Feststellungsbescheid, aus dem die Einkünfte der GbR, an der er beteiligt war, stammten) Einspruch ein. Nach Jahren oder besser gesagt Jahrzehnten korrigierte das Finanzamt im Süden Deutschlands den Fehler. In diesem Zusammenhang fiel dem Finanzamt  auf, dass in dem Feststellungsbescheid, der dem Klägern bekannt gegeben worden war, auch Steueranrechnungsbeträge enthalten waren. In einer separaten Mitteilung an das für den Kläger zuständige Finanzamt Detmold teilte das Finanzamt aus dem Süden aber mit, dass eine Änderung wegen der Anrechnungsbeträge nicht mehr in Betracht käme. Das interessierte aber das für die Einkommensteuer des Klägers zuständige Finanzamt Detmold nicht. Das Finanzamt Detmold forderte von dem Kläger die Steueranrechnungsbeträge zurück. Das Finanzamt Detmold, dem auch hätte auffallen müssen, dass nicht nur die Einkünfte, sondern auch die Steueranrechnungsbeträge nicht mehr angerechnet werden dürfen, schlief auch grandios über alle diese Tatsache hinweg. Dafür behauptete es frech, all dies hätte dem Kläger, dem der relevante Feststellungsbescheid war gar nicht bekannt gegeben worden war, auffallen müssen. Um den Streit zwischen Kläger und Finanzamt zu entscheiden, erließ das Finanzamt Detmold einen Abrechnungsbescheid. Dagegen klagte der Kläger. Der Berichterstatter des Finanzgerichts Münster folgte der Auffassung des Klägers und legte seine Auffassung in einem Hinweisbeschluss dar. In der mündlichen Verhandlung dann sah die Welt aber ganz anders aus. Es ging hier um Fragen der Auslegung des Feststellungsbescheides und um andere Themen. Der Senat teilte mit, man könne die Entscheidung des Finanzamtes so oder so auslegen. Am Ende legte das Finanzgericht die Entscheidung des Finanzamtes im Sinne des Finanzamtes aus. In der Entscheidung vertrat das Finanzgericht die Auffassung, dass für die Wirksamkeit eines an mehrere Beteiligte gerichteten Feststellungsbescheides die Bekanntgabe an nur einen Adressaten erforderlich, aber auch ausreichend sei. Das ist in der Tat der Stand der Rechtsprechung des BFH. Aber auch schon aus dem Gesetz, § 183 Abs. 2 AO, ergibt sich, dass ein Feststellungsbescheid dann gesondert bekanntzugeben ist, wenn der Finanzbehörde bekannt ist, dass Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern bestehen. Auf dieses Thema ging das Finanzgericht in seiner Entscheidung schon gar nicht mehr ein.

Das Finanzgericht wies die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zu. Wir haben daher davon abgesehen, für die Geschäftsführer in dieser Angelegenheit weiter tätig zu werden. Die Entscheidung des Finanzgerichts ist, auch wenn wir sie für falsch halten, jetzt rechtskräftig.

Quintessenz auch hier leider: Die Maßstäbe, die die Finanzverwaltung gerne an die Steuerpflichtigen angelegt und bei deren Verletzung Steuerpflichtige schnell kriminalisiert werden, gelten natürlich für die Finanzverwaltung nicht. Die Finanzverwaltung darf vielmehr Fehler ohne Ende machen, ohne die Konsequenzen dafür tragen zu müssen. Wer aber, ein Steuerpflichtiger macht etwas falsch. Dann droht sofort die Steuerfahndung. Auf dem Finanzgericht ersparen wir nicht den Hinweis, dass es sich die Sache nach unserer Auffassung einfach gemacht und nicht alle Facetten der Angelegenheit ausgeleuchtet hat. Schade.

Warten bringt nix – es drohen Steuererhöhungen und neue Steuern / Vermögensabgaben

Samstag, 28. August 2021
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91010_WS schwarz weiß

Alle Jahre wieder sehen Wähler erstaunt, dass Politiker vor den Wahlen ihre mehr oder weniger guten Ideen zur Zukunft unseres Landes ausbreiten. Dabei sind die Politiker bemüht, ihr Klientel zu mobilisieren, indem sie deren Wünsche bedient. Ein immer wieder beliebtes Thema sind die Steuern. Besonders beliebt ist es bei vielen Wählern, wenn lautstark Steuererhöhungen bei den Steuern gefordert werden, die das eigene Klientel nicht zu zahlen hat. Das ist bei der Erbschaftsteuer so, aber auch bei der Vermögensteuer, die es aktuell zwar nicht gibt, deren Einführung von vielen Politkern auf den Tisch gebracht wird.

Wer bislang geglaubt hat, dass das bürgerliche Lager das unüberwindliche Bollwerk gegen solche Überlegungen darstellt, der befindet sich, wenn er sich das Thema genau ansieht, im Irrtum. So war auch von Friedrich Merz im Handelsblatt vom 21.05.2021 zu lesen:

„Ich stehe einer höheren Erbschaftsteuer offen gegenüber. In der Folge einer Reihe von Verfassungsgerichtsurteilen müsse ein beträchtlicher Erbschaftsteil für Familien steuerfrei bleiben. Wenn das darüber hinausgehende Vermögen mit niedrigen Steuersätzen breiter besteuert werden soll, kann man darüber reden.“

Wir müssen uns also darauf einstellen, dass die neue Regierung, wie auch immer sie aussieht, nicht zuletzt wegen der Belastungen durch COVID 19 und der Flutkatastrophe, an der Steuerschraube drehen wird. Daher werden wir mit Erhöhungen der Erbschaftsteuer und der Einkommensteuer rechnen müssen. Bei der Einkommensteuer könnte es z.B. sein, dass die Spekulationsfrist von 10 Jahren ganz abgeschafft wird.

Was heißt das? Das heißt, dass insbesondere das Übertragen von Vermögen auf die Kinder gar nicht früh genug erfolgen kann. Denn wir müssen hier nicht nur Änderungen des ErbStG zum Nachteil der Bürger fürchten (z.B. könnten die Freibeträge nur noch alle 20 statt bisher 10 Jahre „erneuert“ werden), sondern mit höheren Steuern aus tatsächlichen Gründen rechnen. Ich nenne hier nur die in den letzten 5 Jahren massiv gestiegenen Werte für Grundbesitz.

Das bedeutet: Warten bringt nix, jeder Steuerpflichtige muss das Thema der Vermögensnachfolge aktiv angehen, um Steuern, die ganz legal nicht gezahlt werden müssen, auch wirklich nicht zu zahlen. Dazu gehört es insbesondere, dieses Thema durchdacht und zügig anzugehen.
ws

 

Das Bundesverfassungsgericht und die Zinsen – Beschluss vom 08.07.2021

Freitag, 27. August 2021
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91007 Linus fliege orange_1 Mit Beschluss vom 08.07.2021 (1 BvR 2422/17) hat das Bundesverfassungsgericht über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen (§ 233a AO) i.H.v. 6% p.a. entschieden. Kurz gefasst hat das Gericht folgendes beschlossen:

Für die Jahre 2010 bis 2013 hält das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Höhe der Zinsen  noch als verfassungsgemäß. Ab 2014 ist die Regelung dagegen verfassungswidrig. Allerdings erklärt das Gericht die aktuellen Regeln mit den hohen Zinsen für die Jahre bis 2018 für weiterhin anwendbar. Erst für Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2019 und später fallen, darf das bisherige Recht nicht mehr angewendet werden. Das Gericht hat den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.07.2022 für die Zeiträume ab dem Jahr 2019 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.

Die Entscheidung ist zu begrüßen. Allerdings ist es für die Steuerpflichtigen enttäuschend,  dass der ihnen gewährte Rechtsschutz für die Jahre 2014 bis 2018, also immerhin für 5 Jahre, trotz der von dem Gericht festgestellten Verfassungswidrigkeit im Ergebnis leerläuft. Denn trotz der Verfassungswidrigkeit erhält kein Steuerpflichtiger die verfassungswidrig erhobenen Zinsen erstattet. Das ist ein trauriger Befund.
ws

 

 

Übergriffige Steuerfahnder müssen in die Schranken gewiesen werden

Samstag, 05. Juni 2021
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91010_WS schwarz weiß„Deutschlands oberste Finanzrichter haben die Steuerfahndung zur Mäßigung aufgerufen.

Es komme immer wieder vor, dass die Fahnder nicht sauber zwischen Strafverfahren und Steuerermittlungsverfahren trennten, sagte Bundesfinanzhof-Präsident Rudolf Mellinghoff am Dienstag in München. “Die Steuerfahndung muss sich entscheiden, welches Verfahren sie führen will”, sagte der Richter. Durch die Vermischung ergäben sich grundsätzliche Konflikte zwischen Straf- und Steuerjustiz. Zudem würden Betroffene mitunter benachteiligt.

Es gebe Fälle, in denen Steuerpflichtige von den Strafgerichten rechtskräftig verurteilt worden seien und die Instanzen der Finanzgerichte noch nicht entschieden hätten. Dabei habe die Strafjustiz die Möglichkeit, ihre Verfahren bis zu einer Entscheidung der Steuerkollegen aufzuschieben. “Das würde eine Kommunikation unter Gerichten voraussetzen, die es in der Regel nicht gibt”, sagte Mellinghoff. Oft entschieden die Strafinstanzen zugunsten zügiger Verfahren. “Denen sitzt die Faust des Bundesgerichtshofs im Nacken: Sie müssen urteilen, entweder schnell oder gar nicht. Und dann urteilen sie lieber schnell.”

Vereinzelt rückten die Steuerfahnder zudem wegen geringer zweifelhafter Beträge Bürgern mit einem Durchsuchungsbeschluss zuleibe, was in der Folge immer wieder auf Kopfschütteln bei den Steuerrichtern stoße. Richter Heinz-Jürgen Pezzer monierte etwa einen Einzelfall, in dem die Wohnung eines Steuerzahlers wegen Einkommensteilen auf den Kopf gestellt wurde, die jener zu Recht nicht versteuert hatte. “Das ist so, wie wenn man die GSG 9 zur Regelung des Straßenverkehrs einsetzt”, sagte Pezzer.“

Das Zitat ist kein Witz, sondern stammt aus dem Handelsblatt vom 05.02.2013: https://www.handelsblatt.com/finanzen/steuern-recht/steuern/urteil-wenn-steuerfahnder-uebertreiben/7739500.htmlBFH, 04.12.2012 – VIII R 5/10
Das Zitat ist diesem Artikel entnommen.

Seit der Entscheidung des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 2012 bis heute ist die Situation aber nicht besser, sondern im Gegenteil schlechter geworden: Immer häufiger werden auch im Rahmen von Betriebsprüfungsverfahren Steuerstrafverfahren eröffnet. Immer häufiger rückt die Steuerfahndung aus und überfällt bislang unbescholtenen Bürger in den frühen Morgenstunden. Dabei ist das Auftreten der Damen und Herren von der Steuerfahndung einem Rambo ebenbürtig. Steuerpflichtige werden unter Druck gesetzt, teilweise mit inhaltlich unrichtigen Aktenvermerken Straftatbestände konstruiert.

In einem von uns betreuten Mandat eine Betriebsprüfung, Steuerfahndung und Strafsachenstelle die Mandantin gemeinschaftlich in ihr Visier und versuchten über mehrere Jahre, absurde Zuschätzungen durchzusetzen. Dabei ergab sich aus der Ermittlungsakte, dass das Vorgehen rechtswidrig war. Und in einem anderen von uns betreuten Mandat überschritt die Steuerfahndung in massiver Weise die ihr gesetzten Grenzen. In diesem Fall werden wir die Steuerfahnder persönlich zur Verantwortung ziehen, und zwar sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich.

Insgesamt ein sehr erschreckendes Bild.
ws

Die Justiz in Zeiten der Corona – Pandemie als „lahme Ente“ oder: Videokonferenz „Nein Danke“

Samstag, 05. Juni 2021
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91010_WS schwarz weißDie Verfahrensordnungen mittlerweile aller Gerichtszweige ermöglichen es seit nunmehr rund 20 Jahren, an mündlichen Verhandlungen auch im Wege der Videokonferenz teilnehmen zu können. Schon vor der Corona – Pandemie war es erschreckend, wie wenig Gerichte in der Realität von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben. Nur eine verschwindend geringe Zahl an Gerichten verfügt überhaupt über die technischen Möglichkeiten, eine solche Videokonferenz durchzuführen.

Hier ist besonders das Finanzgericht in Münster zu loben. Es hat von Anfang an die Möglichkeit der Videokonferenz konsequent genutzt. Das Finanzgericht bietet auch Erörterungstermine im Wege der Videokonferenz an. Erst vor kurzem hatten wir einen solchen Termin. Der Berichterstatter hatte den Termin hervorragend vorbereitet und durchgeführt. Das Finanzgericht Münster gehört damit leider zu den ganz wenigen Gerichten in der Bundesrepublik, die diese Technik aktiv einsetzt. Die meisten anderen Gerichte befinden sich insoweit noch im tiefsten Dornröschenschlaf.

Wer jetzt gedacht hätte, dass die Corona-Pandemie, die zu einem wahren Boom bei den Anbietern von Videokonferenzsystemen geführt hat, wegen der angeordneten Reduzierung der persönlichen Kontakte auch die Justiz dazu bewegt hätte, verstärkt auf den Einsatz von Videokonferenzen zu setzen, der sieht sich getäuscht. Auch heute, nach über einem Jahr in der Corona Pandemie, verfügt die weitaus überwiegende Mehrheit der Gerichte noch nicht einmal über ein solches System. Und die wenigen Gerichte, die über ein solches System verfügen, lehnen, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, Videokonferenzen durchweg ab. Die Ablehnung wird häufig damit begründet, dass das Verfahren für eine Videokonferenz nicht geeignet sei. Für mich hat sich bis heute nicht erschlossen, warum dieses Argument stichhaltig ist. Gerichte, die Anträge auf die Durchführung von Videokonferenzen ablehnen, müssen sich mit den Ablehnungen aber keine große Mühe machen. Die Beschlüsse sind nicht anfechtbar.

Stattdessen muten Gerichte es den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten noch immer zu, Anfahrtswege von bis zu 600 km (eine Strecke) an einem Tag auf sich zu nehmen, um an einer Verhandlung teilzunehmen, die vielleicht 30 – 120 Minuten dauert. Würde man hier die Maßstäbe des Arbeitszeitgesetzes ansetzen, müssten Rechtsanwälte die Teilnahme an solchen Verhandlungen als gesetzeswidrig ablehnen. Leider besteht auch nicht immer die Möglichkeit, auf öffentliche Verkehrsmittel zurückzugreifen. So ist beispielsweise das Landgericht in Weiden in der Oberpfalz mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur sehr schlecht zu erreichen. Hier bleibt also keine andere Wahl, als die eigentlich unzumutbare An- und Abreise mit dem Pkw und damit über 1.000 km an einem Tag auf sich zu nehmen.

Diese von uns als „Verweigerungshaltung“ wahrgenommene Einstellung vieler Gerichten erstaunt angesichts der Tatsache, dass im Interesse des Klimaschutzes und der Umwelt Fahrten mit dem Pkw in anderen Bereichen möglichst vermieden werden sollen. All das gilt scheinbar nicht, wenn Rechtsanwälte und Parteien im Namen der Justiz unterwegs sind.

Wir können uns in diesem Zusammenhang auch nicht des Eindrucks erwehren, dass die geringe Verbreitung der Videokonferenztechnik auch auf eine in der Richterschaft anzutreffende Bequemlichkeit zurückzuführen ist. Populistisch gesprochen ist es für einen Richter, der klimapolitisch korrekt mit dem Fahrrad zum Gericht radelt, ja auch einfacher, die Parteien und ihre Prozessbevollmächtigte vor Gericht „erscheinen“ zu lassen als sich mit der Videokonferenztechnik herumzuärgern.

All das deutet darauf hin, dass die Justizverwaltung dem Einsatz der Videokonferenztechnik keine hohe Priorität einräumt. Insgesamt ist das leider ein erschreckendes Beispiel dafür, dass zwar viel von Digitalisierung gesprochen wird, die Praxis aber zeigt, dass Deutschland in diesem Bereich sicherlich keinen der vorderen Ränge im internationalen Bereich besetzt.
ws

Paukenschlag: Der Bundesfinanzhof (Beschluss vom 17. November 2020, VIII R 11/18) hält die Verlustverrechnungsbeschränkung für Verluste aus dem Verkauf von Aktien für verfassungswidrig und legt diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vor.

Samstag, 05. Juni 2021
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91010_WS schwarz weißZu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch die realisierten Wertveränderungen (Gewinne oder Verluste) aus der Veräußerung von Kapitalanlagen, z.B. Aktien. Das gilt unabhängig von einer Spekulationsfrist. Sie unterliegen in vollem Umfang und unabhängig von einer Haltefrist der Besteuerung. Nach § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG dürfen solche Verluste nur mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden. Eine weitere Einschränkung der Verlustverrechnung gilt für Verluste aus der Veräußerung von Aktien. Diese dürfen nach § 20 Abs. 6 S. 5 EStG nicht mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern nur mit Gewinnen, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden.

Der Bundesfinanzhof ist mit seinem Beschluss vom 17. November 2020, VIII R 11/18, zu dem Ergebnis gelangt, dass die eben genannte Regelung in § 20 Abs. 6 EStG einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet und damit verfassungswidrig ist. Das Gesetz behandele Steuerpflichtige, die Verluste aus der Veräußerung von Aktien erlitten haben, ohne rechtfertigenden Grund anders als Steuerpflichtige, die Verluste aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen erzielt haben.

Wir dürfen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gespannt sein. Wir halten den Beschluss und die Auffassung des Bundesfinanzhofes für zutreffend. Steuerfestsetzungen sollten, soweit noch möglich, mit Einspruch angefochten werden. Bei Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO empfehlen wir, einen Änderungsantrag zu stellen, um den Eintritt der Festsetzungsverjährung und die damit verbundenen Nachteile zu vermeiden.
ws