Das BAG gelangte in seinem Urteil vom 30.01.2025, 2 AZR 68/24, zu dem Ergebnis, dass der Arbeitgeber den Zugang der Kündigung trotz Einwurf-Einschreibens nicht nachweisen konnte. Damit verlor der Arbeitgeber das Verfahren vor dem BAG. Diese Entscheidung bedarf einer genaueren Betrachtung, um die Feinheiten im Sachverhalt zu erkennen.
Grundsätzlich gilt, dass der Einwurf einer Kündigung in den Briefkasten für den Zugang bei dem Empfänger ausreicht. Es kommt nicht darauf an, ob der Kündigungsempfänger die Kündigung auch wirklich zur Kenntnis nimmt.
Das BAG wörtlich in Rz. 17 der Entscheidung, Hervorhebungen durch uns :
„Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass für den Absender eines Einwurf-Einschreibens bei Vorlage des Einlieferungsbelegs zusammen mit einer Reproduktion des Auslieferungsbelegs der Beweis des ersten Anscheins streitet, dass die Sendung durch Einlegen in den Briefkasten bzw. das Postfach zugegangen ist, wenn ein näher beschriebenes Verfahren eingehalten wurde (vgl. BGH 11. Mai 2023 – V ZR 203/22 – Rn. 8; 27. September 2016 – II ZR 299/15 – Rn. 33, BGHZ 212, 104).“
In dem vom BAG entschiedenen Fall lagen die Dinge allerdings in einem kleinen Detail anders. Dem BAG reichte der von dem Arbeitgeber vorgelegte Einlieferungsbeleg eines Einwurf-Einschreibens, aus dem neben dem Datum und der Uhrzeit der Einlieferung die jeweilige Postfiliale und die Sendungsnummer ersichtlich sind, zusammen mit einem von dem Arbeitgeber im Internet abgefragten Sendungsstatus („Die Sendung wurde am 28.07.2022 zugestellt.“) nicht für einen Beweis des ersten Anscheins, dass das Schreiben der Arbeitnehmerin tatsächlich zugegangen war.
Das BAG weiter wörtlich in Rz. 20 der Entscheidung:
„Der Ausdruck des Sendungsstatus, auf dem dieselbe Sendungsnummer wie auf dem Einlieferungsbeleg sowie das Zustelldatum vermerkt sind, bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr für einen Zugang. In diesem Fall lässt sich weder feststellen, wer die Sendung zugestellt hat noch gibt es ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das vom Bundesgerichtshof beschriebene oder das jeweils gültige Verfahren der Deutschen Post AG für die Zustellung der eingelieferten Postsendung tatsächlich eingehalten wurde. Der Sendungsstatus ist kein Ersatz für den Auslieferungsbeleg. Er sagt nichts darüber aus, ob der Zusteller tatsächlich eine besondere Aufmerksamkeit auf die konkrete Zustellung gerichtet hat, die den Schluss rechtfertigen würde, dass die eingelieferte Sendung in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist.“
Entscheidend ist also nach Auffassung des BAG nicht die Vorlage des Sendungsstatus, sondern der Auslieferungsbeleg. allerdings sei hier schon die kritische Anmerkung erlaubt, welchen anderen Sinn denn der Vermerk in dem Sendungsstatus („Die Sendung wurde am 28.07.2022 zugestellt.“) gehabt haben soll, als dass der Zusteller den Einwurf in den Briefkasten bestätigt.
Ich halte die Entscheidung des BAG daher für lebensfern und kleinteilig. zudem lädt die Rechtsprechung dazu ein. vor Gericht zu lügen. Dennoch sollte das Urteil des BAG in allen Fällen einer Kündigung beachtet werden.
Die deutliche sicherere Methode, um den Zugang einer Kündigung nachweisen zu können, ist der Einwurf durch einen Boten. Dabei sollte der Kündigende sich aber nicht nur den Einwurf in den Briefkasten durch den Botenschriftlich bestätigen lassen unter Angabe von Datum und Uhrzeit. Der Kündigende sollte sich durch den Boten auch schriftlich bestätigen lassen, welchen Inhalt der Briefumschlag genau gehabt hat. Dazu bietet es sich an, der schriftlichen Bestätigung des Boten eine Kopie der Kündigungserklärung beizufügen. Schriftlich sollte die Bestätigung deshalb sein, weil der Zeuge schließlich auch versterben könnte.
Weitere Frage: Wäre nicht die Zustellung der Kündigung per Einschreiben Rückschein sinnvoller? Antwort: Auf keinen Fall, denn damit erreicht der Kündigende oft das genaue Gegenteil. Trifft der Briefträger den Adressaten eines Einschreibens mit Rückschein nicht an, wirft er eine Benachrichtigung in den Briefkasten des Empfängers, dass eine Sendung nicht zugestellt werden konnte, und dass der Empfänger die Sendung in einem bestimmten Postamt abholen kann. Holt der Empfänger das Einschreiben ab, muss er den Empfang mit seiner Unterschrift quittieren. Dann ist alles gut.
Holt der Empfänger das Einschreiben aber nicht ab, dann schickt die Post das Einschreiben an den Kündigenden zurück, versehen mit dem Vermerk, dass das Einschreiben nicht zugestellt werden konnte. Damit hat der Kündigende also das genaue Gegenteil von dem in der Hand, was er eigentlich wollte. Er hat jetzt nicht den Nachweis, dass die Kündigung zugegangen ist, sondern er hat den Nachweis, dass die Kündigung gerade nicht zugegangen ist.
Last modified: 8. Mai 2025