In Deutschland erlischt das Amt eines Notars gemäß §§ 47 Nr. 2, 48a der Bundesnotarordnung mit Vollendung des 70. Lebensjahres. Diese Regelung steht aktuell auf dem Prüfstand, da der Anwaltsnotar Dietrich Hülsemann aus Dinslaken sie als verfassungswidrig ansieht und dagegen klagt. Am 25. März 2025 fand hierzu eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) statt.
Ein zentrales Argument für die Altersgrenze ist die Sicherstellung eines Generationenwechsels und die Verjüngung des Berufsstands der Notare. Der Bundesgerichtshof (BGH) betonte in einem Urteil vom August 2023, dass die Altersgrenze dazu diene, den Generationenwechsel zu erleichtern und den Berufsstand zu verjüngen. Zudem sei sie erforderlich, um den Berufsstand der Notare zu verjüngen.
Dagegen wird ins Feld geführt, dass es einen Nachwuchsmangel bei den Anwaltsnotaren gibt. In der Tat gibt es offene Stellen, die mangels Bewerbern nicht besetzt werden können. Die Reaktion der Notarkammern: die Zahl der von einem Anwaltsnotar im Schnitt zu erledigender UVZ Nummern wird einfach hochgesetzt. Das aber löst das Problem mangelnden Nachwuchses nicht.
An der starren Altersgrenze gibt es weitere kritische Stimmen insbesondere aus der Altersforschung. Professor Hans-Werner Wahl von der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie argumentiert, dass viele 75-Jährige heute geistig und körperlich auf dem Stand von 56-Jährigen vor 20 Jahren seien. Er betont, dass erst ab etwa 80 Jahren ein signifikanter Abbau bei der Fähigkeit, schnelle Entscheidungen unter Mehrfachbelastung zu treffen, zu beobachten sei. Das Erfahrungswissen bleibe jedoch oft noch lange erhalten.
Dr. Jenna Wünsche vom Deutschen Zentrum für Altersfragen unterstützt diese Sichtweise. Sie weist darauf hin, dass in Forschungssettings oft maximale Leistungsfähigkeiten gemessen werden, während im Berufsalltag häufig ein Mindestmaß an Fähigkeiten ausreiche, um den Anforderungen gerecht zu werden.
Diese Erkenntnisse werfen die Frage auf, ob eine starre Altersgrenze von 70 Jahren noch zeitgemäß ist. Angesichts der steigenden Lebenserwartung und verbesserten Gesundheit im Alter könnte eine flexiblere Handhabung sinnvoll sein. Es gilt abzuwägen, inwiefern individuelle Leistungsfähigkeit und Erfahrung stärker berücksichtigt werden sollten, anstatt pauschale Altersgrenzen festzulegen.
Die in ca. 6 bis 9 Monaten erwartete Entscheidung des BVerfG in dieser Angelegenheit wird nicht nur für den Notarberuf, sondern auch für andere Berufsgruppen von Bedeutung sein, die mit festen Altersgrenzen konfrontiert sind. Sie könnte einen Präzedenzfall schaffen und die Diskussion über Altersdiskriminierung und die Wertschätzung der Arbeitskraft älterer Menschen in unserer Gesellschaft neu entfachen.
Auch ein Blick auf die Anhebung des Renteneintrittsalters dürfte lohnen. Das ist unpopulär, die Notwendigkeit unter Experten aber nicht ernsthaft bestritten.
Last modified: 5. Mai 2025