1. Der Sachverhalt
Der Kläger schloss mit seiner späteren Ehefrau vor der Eheschließung einen notariell beurkundeten Ehevertrag. Darin wurde der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart, aber für alle Fälle der Beendigung der Ehe außer dem des Versterbens des Kl. wieder ausgeschlossen. Für diesen Fall wurde der Zugewinnausgleich der Höhe nach begrenzt. Ein Versorgungsausgleich wurde ausgeschlossen. Auf nachehelichen Unterhalt wurde wechselseitig verzichtet, ebenso auf etwaige Ansprüche auf Hausratsteilung.
Der Kläger verpflichtete sich in dem Ehevertrag , seiner Ehefrau für die Vereinbarungen zum Güterstand 1 Mio. EUR, für den Verzicht auf nachehelichen Unterhalt 4,5 Mio. EUR und für die Hausratsteilung 500.000 EUR zu zahlen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung verpflichtete er sich, binnen zwölf Monaten nach Eheschließung ein näher bestimmtes Hausgrundstück zu übertragen, dessen Wert die künftigen Eheleute übereinstimmend mit mindestens 6 Mio. EUR bezifferten. Für den Fall der Festsetzung von Schenkungsteuer übernahm der Kläger deren Zahlung. Nach der Eheschließung übertrug der Kläger in Erfüllung der Verpflichtung aus dem Ehevertrag das Hausgrundstück auf seine Ehefrau.
Das beklagte Finanzamt setzte für die Übertragung des Hausgrundstücks Schenkungsteuer i.H.v. 832.713 EUR fest.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage vor dem FG Hamburg (EFG 2023, Seite 564) hatte keinen Erfolg. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.
Der BFH entschied:
Diese Zuwendung ist schenkungsteuerpflichtig.
Der Verzicht auf künftige, also noch nicht entstandene – nacheheliche Ansprüche – mögen sie noch so realistisch erscheinen – ist keine Gegenleistung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Der begünstigte Ehegatte wird freigebig bereichert, die Schenkungsteuer greift.
Der Gedanke, man könne durch den Ehevertrag eine „ausgewogene Gegenleistung“ schaffen und damit den Schenkungstatbestand neutralisieren, trägt nach Auffassung des BFH nicht. Es handle sich um einen schlicht schenkungsteuerrechtlich unbeachtlichen Subsumtionsirrtum.
2. Der rechtliche Kern
Der BFH schließt mit dieser Entscheidung an seine ältere Rechtsprechung an (vgl. BFHE 218, 409 = BStBl. II 2008, 256; BFHE 275, 248 = BStBl. II 2023, 146):
- Eine Zuwendung unter Ehegatten ist dann freigebig, wenn sie den anderen ohne rechtliche Verpflichtung und ohne angemessene Gegenleistung bereichert.
- Der ehevertragliche Verzicht auf Zugewinnausgleich und Unterhalt ist kein „wirtschaftliches Äquivalent“, sondern ein Rechtsverzicht auf nur potentielle, zukünftige Ansprüche.
- Eine vorweggenommene Abgeltung solcher potentieller Ansprüche – etwa wie hier durch die Übertragung eines Grundstücks – ändert daran nichts.
Das bedeutet: Selbst wenn beide Seiten guten Willens handeln und versuchen, einen Rechtsgrund zu schaffen, ist das Ergebnis steuerlich eindeutig – Schenkungsteuer entsteht, und zwar nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
3. Die zivilrechtliche Fallhöhe
Zivilrechtlich ist alles sauber: Der Vertrag ist wirksam (§§ 1363 ff. BGB), die Zuwendung erfolgt auf Grundlage einer notariellen Vereinbarung.
Aber steuerlich gilt der alte Satz: Forma dat esse rei – die Form gibt der Sache das Sein, doch nicht ihre steuerliche Qualität.
Wer also glaubt, durch einen geschickt formulierten Ehevertrag ließen sich steuerliche Vorteile erlangen oder Nachteile vermeiden, der irrt.
4. Folgen für die Praxis
Für Berater, Notare und Mandanten gilt:
Sparen Sie nicht das Geld am falschen Ende.
Ein Ehevertrag oder eine Abfindungsvereinbarung zwischen (zukünftigen) Ehegatten muss steuerlich mitgedacht und notariell präzise formuliert werden.
Andernfalls droht eine erhebliche Schenkungsteuer.
Praktisch bedeutet das:
- Abgesehen von Freibeträgen und Steuerbefreiungen unterliegen Vermögensübertragungen nur dann nicht der Schenkungsteuer, wenn sie auf bereits entstandene Ansprüche gezahlt werden.
- Der notarielle Vertrag muss daher den Anspruch zum Entstehen bringen; z.B. den Anspruch auf Zugewinnausgleich durch Beendigung der Zugewinngemeinschaft.
- Eine Abfindung für den Verzicht an sich ist und bleibt schenkungsteuerpflichtig.
5. Fazit
Der BFH zieht die Linie scharf:
Wo keine echte Gegenleistung, da Schenkung.
Der Verzicht auf künftige Rechte ist kein Entgelt, sondern bloßer Rechtsverzicht – und der hat im Steuerrecht keinen Geldwert.
Wer also ehevertragliche Regelungen mit Vermögensübertragungen kombiniert, muss wissen: das Finanzamt liest mit.
Nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG sind u.a. Notare verpflichtet, den Finanzbehörden alle ihnen bekannt werdenden Vorgänge mitzuteilen, die für die Festsetzung einer Erbschaft- oder Schenkungsteuer von Bedeutung sein können. Damit sind alle Eheverträge, die eine vermögensrechtliche Zuwendung enthalten oder vorbereiten, mitzuteilen. Das sind also insbesondere:
- Zuwendungen zwischen Ehegatten (z. B. Grundstücksübertragung, Abfindung, Übernahme von Schulden etc.)
- Eheverträge mit Verzicht gegen Abfindung
- Güterstandsänderungen (z. B. Wechsel in die Gütertrennung oder Gütergemeinschaft mit Ausgleich)
- Sogenannte Güterstandsschaukeln
Daher gilt: Gestaltung mit System ist besser angelegtes Geld als Schenkungsteuer.
Last modified: 6. Oktober 2025