Im Februar 2021 kaufte Deutschland erneut Steuerdaten – diesmal aus Dubai. Zwei Millionen Euro zahlte das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf Initiative des damaligen Finanzministers Olaf Scholz (bekannt auch im Zusammenhang mit cum-ex – Geschäften) für Informationen über mutmaßlich steuerlich relevante Vermögenswerte deutscher Staatsbürger in dem Golfemirat. Heute stellt sich die Frage: hat sich der Deal gelohnt?
Ein Blick auf die nackten Zahlen
Die Dubai-CD enthielt Angaben zu Immobilienbesitz deutscher Staatsangehöriger in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ziel war es, „Steuerhinterziehern auf die Spur zu kommen“, wie es aus dem Bundesfinanzministerium hieß. Die Bundesländer sollten die Daten auswerten und die Steuerlücken schließen.
Doch bisher bleibt die Bilanz überschaubar:
- Hessen meldet jetzt rund 400.000 Euro Mehreinnahmen sowie 11 Steuerstrafverfahren, https://finanzen.hessen.de/presse/hessen-meldet-erfolge-bei-auswertung-der-dubai-daten
- NRW berichtet über ca. 813.000 Euro Nachzahlungen bei 41 Ermittlungsverfahren.https://www.zeit.de/news/2025-03/19/813-000-euro-mehreinnahmen-durch-dubai-daten
- Weitere Länder haben sich bisher nicht öffentlich zur Auswertung geäußert.
Gesamtertrag nach den nackten Zahlen also: rund 1,2 Millionen Euro „Ertrag“ – bei 2 Millionen Euro „Aufwand“ für den Datenkauf.
Selbst wenn weitere Nachzahlungen folgen sollten: Die Vorteilhaftigkeit von Aufwand zu Ertrag bleibt fraglich.
Ermittlungswille oder Symbolpolitik?
Die eigentliche Frage lautet: Hätte der Staat seine Ressourcen – Personal, Zeit, Aufmerksamkeit – sinnvoller einsetzen können? Für eine Strafverfolgung auf gut Glück wurden tausende Beamtenstunden gebunden, obwohl alternative Wege offenstanden: etwa die aktive Ansprache von Steuerpflichtigen zur strafbefreienden Selbstanzeige.
Denn: Die Selbstanzeige gemäß § 371 AO bietet Steuersündern einen rechtssicheren Weg zurück in die Legalität – verbunden mit deutlich höheren Rückflüssen an Steuereinnahmen. Voraussetzung ist allerdings Vertrauen in eine faire und transparente Finanzverwaltung – und kein Klima des Misstrauens, das durch Datenkäufe wie diesen zusätzlich geschürt wird.
Der Staat als Datenhändler?
Zudem wirft auch dieser Datenkauf rechtsstaatliche Fragen auf. Zwar ist der Erwerb sogenannter Steuer-CDs rechtlich – jedenfalls in Deutschland nicht verboten – aber es bleibt ein moralisches und politisches Dilemma: Der Staat bezahlt anonyme Informanten für mutmaßlich rechtswidrig beschaffte Daten und begibt sich damit in eine Grauzone zwischen Aufklärung und Anstiftung zur Hehlerei.
Fazit: Teuer, zweifelhaft, ineffizient?
Auch der Fall „Dubai-CD“ zeigt: der politische Wille, ein Signal gegen Steuerhinterziehung zu setzen, war groß, der finanzielle Ertrag bislang klein. Und die strukturelle Wirkung? Fraglich.
Statt teurer Einmalkäufe wäre ein konsequenter Aufbau internationaler Meldepflichten, verbunden mit wirksamer Anreizsetzung für Selbstanzeigen, wahrscheinlich nachhaltiger – und günstiger.
Denn nicht jeder Datensatz führt zu einem Steuerbescheid. Aber jeder Steuerpflichtige, der sich freiwillig offenbart, tut es ganz sicher freiwillig.
Wir meinen, dass der beste Garant für Steuerehrlichkeit aus drei Grundpfeilern besteht: (1) einem guten und gerechten Steuersytem, (2) eine vor den Steuerpflichtigen im wesentlichen akzeptierte Verwendung (statt Verschwendung) der Steuern, und (3) positiver Vorbilder in den uns regierenden Personen. In krassem Kontrast dazu stehen die nicht glaubhaften Erinnerungslücken des noch amtierenden Kanzlers Olaf Scholz im Zusammenhang mit dem cum ex Skandal. Lesenswert dazu die Strafanzeige des Kollegen Strate aus Hamburg: https://strate.net/verfahren/strafanzeige-gegen-olaf-scholz-und-dr-peter-tschentscher/
Hintergrundinfo für Interessierte
Die Selbstanzeige gemäß § 371 AO ist nur wirksam, wenn sie vollständig und rechtzeitig erfolgt – also bevor die Tat entdeckt wurde oder Prüfungsmaßnahmen angekündigt sind. Die Dubai-CD dürfte viele dieser Zeitfenster geschlossen haben.
Last modified: 29. April 2025