Archiv für die Kategorie 'Anwaltsmanagement'

Dewey & LeBoeuf – Glanz und Elend einer Großkanzlei

Sonntag, 10. Juni 2012
Download PDF

Eine Anwaltskanzlei insolvent, so etwas gab es noch nie. Wörtlich genommen ist das richtig, genau betrachtet dann aber auch wieder nicht. In Deutschland ereilte die renommierte Kanzlei Haarmann Hemmelrath das gleiche Schicksal. Wie aus der Presse bekannt ist, lag es auch hier an den Finanzen, die das Desaster auslösten. Hinzu kam ein Schadensersatzprozess, an dem zwar nichts dran war, der aber für negative Publizität sorgte. Die Kanzlei ging zwar nicht in die Insolvenz, sie wurde aber liquidiert. Die Partner zerstreuten sich in alle Winde. Weil die Kanzlei aber in der Rechtsform der GbR betrieben wurde, war die Insolvenz keine Lösung. Faktisch aber dürfte die Kanzlei auch pleite gewesen sein.

In der FAZ vom 09.06.2012 war jetzt nachzulesen, woran es bei Dewey lag: zuviel Schulden, u.a. gemacht, um erfolgsunabhängige Zahlungen an Partner, die man unbedingt an Bord holen wollte, leisten zu können. Wer jetzt aber meint, das Schicksal von Dewey sei in Deutschland nicht möglich, der irrt. Aus der FAZ vom 09.06.2012 war zu ersehen, dass auch in Deutschland tätige große Kanzleien mit Bankkredit arbeiten, eine namentlich geenannte Kanzlei hat die Einführung der SAP-Software mit Bankkredit gezahlt; Hoppla! Das ist angesichts der Tatsache, dass der größte Kostenblock einer Kanzlei die Pesonalkosten sind, und dass diese durch die Einnahmen zu finanzieren sein müssen (sonst passt etwas nicht), doch erstaunlich. Also doch zuviel Verwaltung oder zuviele Kosten, die nicht den erhofften Zweck erreichen?

Fest steht jedenfalls, dass auch die Großkanzleien nicht auf der Insel der Seligen leben. Die Rechnungen werden zunehmend kritisch beäugt, die Honorare gedrückt wo es geht. Das „Delegieren“ der Arbeiten in die zweite oder dritte Reihe wollen die Mandanten nicht mehr. Die Arbeit des Partners ist gefragt. Der leverage-effekt stellt sich so nicht mehr ein. Nicht nur bei den Kleinen, auch bei den Großen ist der Wettbewerb groß.  

Hinzu kommt, dass es bei den Großen immer wieder spin-offs gibt, die die gleiche Leistung bei viel kleinerem Kostenapparat den Mandanten viel individueller anbieten können. Was soll man auch auf einem Dickschiff, wenn man auf einem Schnellboot besser aufgehoben ist? Und ob man als Anwalt in einer für den Einzelnen intransparenten Großkanzlei, auch wenn sie nach außen hin eine noch so große Strahlkraft zu haben scheint, gut aufgehoben ist, sollte man sich gut überlegen. Ein perfekter Auftritt in dunkelgrauem oder schwarzem Anzug und auf Hochglanz gebürsteten Schuhen steht jedem Anwalt gut, über die Qualität der Arbeit sagt das nicht.  

Am Beispiel Dewey sieht man aber auch, dass das Wort „Partnerschaft“ in den meisten Fällen eine hohle Phrase ist. Eine echte Partnerschaft würde in der Krise zusammenstehen. Was aber passiert: die Kanzlei zerlegt sich selbst, alle verlassen das sinkende Schiff.

Erstaunlich ist dann aber doch, welche Rasanz ein solcher Prozess annimmt, und wie schnell dann das Ende kommt.

Was haben Anwälte und Waschmittelwerbung gemeinsam? Interessante Ansichten eines sprachbegabten „semantisch rationalen“ Anwalts zum Thema Marketing und Rechtsanwälte lassen uns erstaunt zurück.

Montag, 28. Mai 2012
Download PDF

In der Zeitschrift eines Marketing-Clubs fand ich im hinteren Teil neben den Annoncen anderer Unternehmen auch die Annonce einer Anwaltskanzlei. Im vorderen Teil der Zeitschrift fanden sich – praktisch als Pendant dazu – „Interviews“ mit den Inhabern oder Geschäftsführern der Unternehmen, die die Annoncen geschaltet hatten. Ah, endlich einmal ein innovativer Kollege, dachte ich erfreut. Die Aussagen in dem Interview haben mich dann aber nicht nur nachdenklich gemacht, sondern ein wenig betroffen zurückgelassen. Eingangs des Interviews sagt der Kollege:
Marketing beschäftigt mich aus zwei Blickwinkeln. Da ist zum einen die Perspektive unserer Mandanten, die Marketing machen und dabei rechtsrelevant handeln. Zum anderen ist unsere Kanzlei Dienstleister, der selbst Marketingstrategien verfolgt.“

Das habe ich verstanden. Jeder Anwalt ist nicht nur Organ der Rechtspflege, sondern auch Unternehmer. Er ist daher gut beraten, Marketingstrategien zu verfolgen. Wenn man dann noch das Glück hat, Mandanten zu beraten ,die Marketing machen und „dabei rechtsrelevant handeln“, dann kann man sicher auch mal einen Blick über den Tellerrand werfen und schauen, wie denn andere Unternehmer und Unternehmen Marketing machen. Ich hoffte also darauf, bei weiterer Lektüre interessante Erkenntnisse eines offensichtlichen Insiders zu dem Thema „Marketing für Rechtsanwälte“ zu erfahren.

Die Hoffnung schien berechtigt, weil der Kollege nicht etwa das Marketing selbst entwarf, er lässt sich beraten: „Wir setzen hier auf die Expertise unserer professionellen Dienstleister.“ Das ließ auf noch größeren Erkenntnisgewinn als schon anfangs gedacht hoffen. Erste Zweifel kamen dann aber bei der weiteren Lektüre. Auf die Frage: „Das Thema Anwalt und Werbung scheint in Deutschland nach wie vor etwas schwierig zu sein. Woran liegt das?“ hätte ich ein paar Sätze zu den berufsrechtlichen Restriktionen gehört, die Werbung für Anwälte erschweren. Nichts von alledem fand ich in der ein wenig überbordenden Antwort: „Ich glaube, es liegt daran, dass der Anwalt eine durch differenzierte Sprache geprägte Leistung anbietet, deren Qualität einzuschätzen dem Ratsuchenden nicht möglich ist. Der Versuch des Anwalts, seine auf differenzierte Sprache gestützte Leistung sprachlich zu vermitteln, scheitert oft.“

Diese Antwort ließ mich doch etwas erstaunt zurück. Die „differenzierte Sprache“ ist also das Kernproblem, warum anwaltliche Leistungen der Mandantschaft „sprachlich“ nicht zu vermitteln sind. Wenn dem aber so ist, warum bemüht sich der Kollege nicht um eine verständlichere Sprache. Das geht doch auch. Ach ja, ich vergaß: der Anwalt muss ja nicht so sprechen, dass der Mandant es versteht. Der Mandant ist gefordert: er muss die „differenzierte“ Sprache der Juristen kennen. Schlagartig wurde mir auch die große Bedeutung des von BRAK und Langenscheidt herausgegebenen „Wörterbuch für Ihren Anwaltsbesuch“ klar. Die Auflage dieses Buches muss geradezu gigantisch sein. Auch nach wiederholtem Lesen hat sich mir nicht erschlossen, was die „differenzierte Sprache“ der Juristen mit Werbung von Anwälten und den damit verbundenen Problemen zu tun hat.

Richtig spannend aber wurde es zum Schluss, als der Kollege die von ihm erbetene Lösung des Problems der Werbung für Anwälte ebenso wortgewandt entwickelte: „Sagen wir: „wo man nicht sieht, ist fühlen keine Schande“. Wenn ich dem Ratsuchenden die Qualität meiner Leistung nicht semantisch rational vermitteln kann, muss ich versuchen, emotional sein Vertrauen zu gewinnen.“ Ah ja. Die Worte habe ich gelesen, was aber wollen sie mir sagen? Ich versuche es mal einfach: wenn mein Mandant mich nicht versteht, ist das nicht schlimm. Hauptsache, er vertraut mir. Das mag als Beobachtung wahr sein, aber warum sollte ein Mandant mir vertrauen, der mich nicht versteht? Das gilt wohl erst recht, wenn ich ihm die Qualität meiner Leistung nicht semantisch rational vermitteln kann. Wobei ich nicht weiß, was eigentlich „semantisch rational“ ist. Vielleicht von der Bedeutung her ein von der Vernunft getragenes umschreibendes Verhalten?

Dann aber kommen, wenn auch etwas unvermittelt, die entscheidenden Erkenntnisse des Kollegen. Er lässt uns wissen, wie die Expertise professioneller Dienstleister seine Kanzlei so weit nach vorne katapultiert hat: „Es geht also von der Werbetechnik her um Waschmittelwerbung. Diese Erkenntnis ist mit dem klassischen Selbstbild des Rechtsanwalts nicht leicht in Einklang zu bringen. Aber mittlerweile wird der Umgang mit Werbung auch seitens der Anwälte immer professioneller.“

Wir haben verstanden. Wenn das die Ergebnisse des professionellen Dienstleisters und die Marketingstrategien des Kollegen sind, dann scheint es in diesem Bereich noch große Marktlücken zu geben.

 

Die Tücken der cloud–ein no go für Anwälte? Fraunhofer–Institut deckt erhebliche Schwachstellen auf

Sonntag, 20. Mai 2012
Download PDF

Microsoft und Apple, aber auch andere Anbieter bemühen sich nach Kräften, dem Publikum die cloud schmackhaft zu machen. Es ist in der Tat verlockend: keine Speicherprobleme mehr, keine Hardwareprobleme mehr, keine Probleme mehr mit der Datensicherung. Alles kann man extern erledigen lassen. Wirklich alles? und gibt es wirklich keine Probleme mit der Datensicherheit? man darf schon als technischer Laie Zweifel anmelden. Erste Frage: wie sicher ist die cloud wirklich, insbesondere vor dem Zugriff Dritter? Zweite banale Frage: wer wartet die Systeme bei dem Anbieter und wie stelle ich sicher, dass die Mitarbeiter des Anbieters die Standards einhalten, denen ich selbst unterliege?

All diese Fragen stellen sich auch für Anwälte, aber auch für andere Berufsgruppen, die von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Wir meinen, dass die Verlockungen der cloud zwar groß sind, dass aber angesichts der geltenden Rechtslage Vorsicht geboten ist.

Das Fraunhofer-Institut hat die Anbieter von clouds in einer Studie unter die Lupe genommen. Die Studie „On the Security of Cloud Storage Services“ und kann u.a. unter www.spiegel-online.de eingesehen werden. Das Institut stelle in seiner Studie insbesondere bei manchem Anbieter erhebliche Datenschutzprobleme fest. Insbesondere bei der Technik besteht nach Meinung des Fraunhofer-Instituts noch Nachholbedarf. Insbesondere die Verschlüsselungsmethoden einzelner Anbieter müssten verbessert werden.

All das ist bedauerlich. Denn die Kommunikation über Telefon, Telefax, E-Mail und EGVP ist bekanntermaßen auch nicht sicher in dem Sinne, dass niemand auf die so übermittelten Informationen zugreifen könnte. Aber die einzig verbleibende Alternative, alles in Papierform auf dem Postweg zu übersenden, schützt auch nicht vor Mißbrauch, sie ist daher keine echte Alternative. Bis zur Lösung dieser Themen empfehlen wir für Anwälte die inhouse – Lösung.

Nicht verstanden haben wir, warum DATEV unglaubliche Mengen an Daten von Steuerberatern (deren Mandanten) verwalten darf, ohne dass eine Kammer daran etwas auszusetzen hätte.

Welche Zukunft haben gesetzliche Gebührenordnungen für Anwälte? wir glauben: keine; auch hier hilft nur Kanzleimanagement

Dienstag, 13. März 2012
Download PDF

Man kann es drehen und wenden wie man will, man kann es beweinen, man kann auch versuchen, es zu negieren: im Kern ist die Leistung des Anwalts, auch wenn dieser ein „Organ der Rechtspflege“ ist, eine Dienstleistung. Und die gibt es eben bei mehreren Anbietern. Die angebotene Leistung hat sicher einige Besonderheiten, weil Anwälte mit guten Gründen besonders strengen, auch strafrechtlichen, Regeln unterliegen. Diese Regeln sehen zu Recht schärfere Sanktionen als bei anderen Personen vor. Das aber alles hat nichts damit zu tun, wie die Vergütung des Anwalts bemessen werden sollte.

Das von den Kammern immer gerne als Schutz der „Kleinen“ gegen die „Großen“ angeführte RVG mit der Mischkalkulation (kleine Fälle mit viel Arbeit bringen wenig Geld, große Fälle mit wenig Arbeit bringen viel Geld) kann den ihm zugedachten Zweck schon lange nicht mehr erfüllen. Die Erfahrung zeigt, dass den Kleinen mehr und mehr nur die kleinen Fälle bleiben, währende die lukrativen Sachen zu den Großen oder zu den kleinen Spezialisten gehen.

Im Ernst, wie will man heute jemandem ernsthaft klarmachen, dass er eine Vergütung nicht nach der Leistung, sondern als „Gebühr“ nach einem Maßstab zahlen soll, der in den wenigsten Fällen die Leistung oder auch die Schwierigkeit der Sache abbildet. Das ist kein besonders innovativer Ansatz und das RVG fordert die Optimierer heraus. Es belohnt nicht die gründliche Arbeit, sondern den, der wenig Zeit braucht oder besser gesagt wenig Zeit aufwendet. Das mag auf den ersten Blick sinnvoll sein, auf den zweiten Blick erkennt man aber, dass weniger Zeit im Regelfall auch weniger Qualität bedeutet.

Eine gute Leistung kostet gutes Geld, das ist bei Anwälten nicht anders. Auch auch sie leben nicht auf der Insel der Seligen. Nur hat diese Erkenntnis noch längst nicht flächendeckend Einzug in die Kanzleien gehalten. Symptomatisch dafür ist eine Geschichte, die sich wirklich ereignet haben soll. In einem Rechtsstreit unter GmbH-Gesellschaftern kommentierte ein Anwalt eine Bilanz mit den Worten: „das sehe ich doch sofort, das diese Bilanz gefälscht ist. Da steht auf der Aktivseite doch genau die gleiche Zahl wie auf der Passivseite“.  Die Reaktion des Gerichts ist nicht überliefert. Sic tacuisses

Die gesetzlichen Gebührenordnungen haben keine Zukunft. Die Anwaltschaft wird ihren Kunden (etwas anderes sind Mandanten nicht) innovative Vergütungsmodelle anbieten müssen, um am Markt bestehen zu können. Die gute Leistung allein ist es nicht, die die Mandanten wiederkehren lässt.

Kanzleimanagement: was ist das denn für ein Kram?

Samstag, 10. März 2012
Download PDF

Wenn auch Sie mit dem Begriff Kanzleimanagement nichts anfangen können, sollte Ihnen das sehr zu denken geben. Dabei geht es nicht etwa um neumodischen Kram oder neudeutsche Wortschöpfungen, wenn es um „Controlling“ in der Kanzlei geht. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um Ihren Erfolg, Ihr Geld, und Ihre Existenzgrundlage. Ein optimales Kanzleimanagement sorgt dafür, dass Sie sich um das kümmern können, was Sie auszeichnet: eine hervorragende fachliche Arbeit. Die allein ist aber schon lange nicht mehr der Garant für Erfolg am Markt. Anwälte leben schon lange nicht mehr auf einer Insel der Seligen, auch wenn manche das immer noch meinen.

Auch oder gerade wenn Sie erfolgreich sind, ist das Thema ein Muss für Sie. Sagen Sie nicht, Sie haben dafür keine Zeit. Denn die Zeit, die ein schlechtes Kanzleimanagement Sie kostet, übersteigt die Zeit, die Sie in gutes Kanzleimanagement investieren, in kurzer Zeit um ein Vielfaches. Und wenn Sie sich meinen, sich angesichts Ihrer guten Zahlen den Luxus eines schlechten Kanzleimanagements leisten zu können, ist das auch eine Aussage, sicher aber keine rational begründbare, bei ein wenig selbstkritischer Betrachtung ganz sicher keine intelligente. Denn Sie kämen auch außerhalb Ihrer Kanzlei nicht auf die Idee, Geld einfach wegzuwerfen oder Ihre Zeit zu verschwenden.

coole neue App für Rechtsanwälte schult gutes Benehmen; in der Vollversion wird die haarscharf an der Beleidigung vorbeigehende Formulierung vorgeschlagen

Sonntag, 26. Februar 2012
Download PDF

Wir hatten  an dieser Stelle bereits über die bei manchen Juristen anzutreffende Problematik mit dem Benehmen gesprochen. Die zuletzt zitierte Entscheidung des AGH in unserem Beitrag: „wenn Benehmen Gücksache ist,.…“  gibt dankenswerterweis eine sehr gute Richtschnur. Wir setzen diese Richtschnur jetzt für Sie praktisch um. Mit einem namhaften Sofwarehaus entwickeln wir eine App für Anwälte, die auch Ihnen den sichersten Weg zeigt. Wer bislang Probleme mit dem Benehmen hatte und kein Fettnäpfchen ausließ, dem kann geholfen werden. Die App kann jeder sofort intuitiv bedienen. Einfach die beabsichtigte Formulierung in die App eingeben, und schon beginnt die Prüfung. Grünes Licht bedeutet: die Formulierung ist bedenkenlos, rotes Licht bedeutet : die Formulierung ist nicht tragbar; zugleich wird aber die gerade noch korrekte Formulierung angezeigt (haarscharf an der Beleidigung vorbei). Bei gelbem Licht gilt: die Formulierung könnte zu Problemen führen. Für Mutige heißt das: trotzdem so schreiben, für alle anderen gilt: durch Druck auf die Taste „R“ wird eine neue unbedenkliche Formulierung vorgeschlagen, die gerade haarscharf an der Beleidigung vorbeigeht.

Die App gibt es in einer kostenlosen Version, die aber nur den grünen und den roten Button, den allerdings ohne die praktische Vorschlagsvariante, enthält. Die Vollversion kostet einmalig 7,92 €. Nach positivem Ablauf unserer internen Testphase wird die Produktion anlaufen. Lassen Sie sich schon jetzt bei Apple im Store vormerken.

OLG Düsseldorf schafft mit jetzt veröffentlicher Entscheidung weitere Klarheit zum Zeithonorar für Anwälte (Stundensatz in der Entscheidung: 295 €)

Sonntag, 26. Februar 2012
Download PDF

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschl. vom 06. 10. 2011 (24 U 47/11, NJW 2012, 621) weitere Klarheit in die Landschaft der Zeithonorare gebracht. Dabei sind an die Abrechnung eines wirksam vereinbarten Zeithonorars regelmäßig die folgenden formellen Anforderungen zu stellen, um die Vergütung einforderbar zu machen:

  • Bezeichnung der Angelegenheit; bei mehreren gleichzeitig abgerechneten Angelegenheiten Auftrennung der Abrechnung nach jeder einzelnen Angelegenheit
  • Vorlage eines Leistungsverzeichnisses (time-sheet), das den jeweils abgerechneten Zeitaufwand einer bestimmten Tätigkeit zuordnet, die schlagwortartig zu bezeichnen ist
  • Berechnung des Zeithonorars (gesamter Zeitaufwand x Stundensatz = Zeithonorar)

Hinzu kommen die Berechnung der USt und, banal aber wichtig: die Unterschrift des Anwalts.

Zu den Anforderungen an das time sheet führt das OLG aus:

In den beigefügten Leistungsbeschreibungen hat die Kl. zeitlich geordnet die Bearbeitungszeiträume der einzelnen Sachbearbeiter aufgelistet und diese jeweils mit einer Tätigkeitsbeschreibung versehen. Diese Beschreibungen sind auch unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. insb. Senat, AGS 2006, 530) hinreichend konkret. Sie bezeichnen, soweit es sich um eine nach außen gerichtete Tätigkeit handelt, den jeweiligen Gesprächspartner und bei Schreiben den jeweiligen Adressaten. Des Weiteren genügen auch die Tätigkeitsbeschreibungen zu den von der Kl. für die Erstellung des Gutachtens vom 26. 9. 2008 abgerechneten 74,7 Stunden diesen Anforderungen. Insoweit ist die Angabe ausreichend, dass für einen Vermerk/ein Positionspapier zu „kartell- und beihilferechtlichen“ Fragen der Bekl. recherchiert und dieser/dieses entworfen wurde. Denn hierbei handelt es sich um im Wesentlichen interne Recherchearbeiten zu einem einzigen Komplex mit einer klar abgegrenzten Fragestellung, deren Beantwortung die Bekl. in Auftrag gegeben hatte. Im Rahmen der Leistungsbeschreibung durch den Rechtsanwalt ist insoweit die Angabe, zu welchem Sachverhaltsdetail oder zu welchem rechtlichen Aspekt des Auftrags er zu welcher Zeit recherchiert und welchen Teil des angefertigten Vermerks er jeweils gerade bearbeitet hat, nicht zu fordern. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt erheblich von demjenigen, der dem Senatsurteil vom 29. 6. 2006 (AGS 2006, 530) zu Grunde lag. Dort hatte der Rechtsanwalt mehrere Komplexe zu bearbeiten, in seinen Tätigkeitsbeschreibungen aber nicht ausreichend differenziert, in welcher Angelegenheit er tätig geworden war.“

Und zur Darlegung des Zeitaufwandes heißt es in dem Beschluss weiter:

Deshalb erfordert eine schlüssige Darlegung der geltend gemachten Stunden, dass über pauschale Angaben hinaus die während des abgerechneten Zeitintervalls getroffenen Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise dargelegt werden (BGHZ 184, BGHZ Band 184 Seite 209 = NJW 2010, NJW Jahr 2010 Seite 1364; OLG Düsseldorf, AGS 2006, 530). Insoweit ist z. B. etwa anzugeben, welche Akten und Schriftstücke einer Durchsicht unterzogen, welcher Schriftsatz vorbereitet oder verfasst wurde, zu welcher Rechts- oder Tatfrage welche Literaturrecherchen angestellt oder zu welchem Thema mit welchem Gesprächspartner wann eine fernmündliche Unterredung geführt wurde (BGHZ 184, BGHZ Band 184 Seite 209 = NJW 2010, NJW, Jahr 2010 Seite 1364).“

Pauschales Bestreiten des Beklagten genügte dem OLG  zu recht nicht, insbesondere, wenn es um Telefonate ging, die mit dem Beklagten geführt worden waren.

Quintessenz: zu empfehlen ist eine zeitnahe Zeitaufschreibung, am besten über ein entsprechendes EDV – System mit Stoppuhr, und die schlagwortartige Bezeichnung der Tätigkeit. Die Bezeichnung muss präzise und erschöpfend sein. Dann kann sie durchaus kurz gehalten sein. Den Kolleginnen / Kollegen, die es noch nicht machen, ist zu empfehlen, den Mandanten während der Bearbeitung des Mandates zu unterrichten.

Auch die Kollegen, die nach RVG abrechnen, sollten ihre Zeiten aufschreiben. Ohne Zeiterfassung ist eine Nachkalkulation und eine Steuerung des Kanzlei unmöglich. Die Zeiterfassung muss für eine sinnvolle Kanzleiführung alle Zeiten erfassen, also auch die nicht berechenbaren.

 

 

 

Videokonferenzen – der Fluch der Technik

Mittwoch, 25. Januar 2012
Download PDF

Der Zeitschrift „Steuerconsultant“ gebührt großer Dank. In der Ausgabe 01/2012 findet sich auf den Seiten 46 ff. eine sehr brauchbare Übersicht über Videokonferenzlösungen. Einziger Haken an den vorgestellten Systemen: mit ihnen kann die mündliche Verhandlung nicht ersetzt werden. Die wenigen Gerichte, die überhaupt die technischen Möglichkeiten vorhalten, pochen noch immer auf einer Telefonverbindung. Und das wird teuer; unser Favorit: ivisit, zu finden unter www.ivisit.com Vorteil: gute Qualität, kostenlos).

Videokonferenzen und Recht – beschert uns einen tollen Tag im Finanzgericht in Dessau; zugleich eine Begegnung mit Präsidenten

Mittwoch, 25. Januar 2012
Download PDF

Der Gesetzgeber ist modern, doch was schert‘s die Justiz. Seit Jahren kann die mündliche Verhandlung per Videokonferenz stattfinden. Eine gute Sache: das spart Zeit und Kosten und schont die Umwelt. Der Haken: kaum ein Gericht verfügt über eine solche Anlage. Und ohne die geht es nun einmal nicht. Vorbildlich sind hier die Finanzgerichte zu nennen. Doch auch dort bestätigen Ausnahmen die Regel. Vor einem Verhandlungstermin am 19. Dezember 2011 im Finanzgericht Dessau haben wir höflich angefragt, ob wir auch per Videokonferenzen verhandeln dürften. Videokonferenz, beschied uns ein wenig verdutzt der freundliche Präsident, nein, so etwas habe man nicht. Also sind wir am 19. Dezember 2011 nach Dessau zum FG gefahren, immerhin 900 km an einem Tag hin und zurück. Als wir dann ein paar Wochen später das Urteil in den Händen hielten, haben wir uns gefragt, warum man uns das sehr lapidare Ergebnis nicht am Telefon hätte sagen können. In dem Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung hat das Gericht anscheinend die argumentative Auseinandersetzung gescheut.

Ach, ich vergaß zu erwähnen, dass der als Vorsitzender in der Verhandlung fungierende Präsident des Gerichts stolz berichtete, dass man soviel Arbeit hätte, dass man den Termin am 19. Dezember 2011 so kurz vor Weihnachten noch angesetzt habe; das nenne ich Einsatz und Dienst am Recht; wie toll; dass dem Herrn Präsidenten dabei entgangen war, dass er nur gearbeitet hatte, während ich nicht nur gearbeitet, sondern am Abend 900 km und etliche nicht berechenbare Stunden älter war (was er an unserer Adresse, die wir üblicherweise auf unserem Briefbogen abbilden, einfach hätte erkennen – jedenfalls dank google maps), verwundert schon nicht mehr.

Also dann, wenn’s nicht vorwärts geht, dann eben mit Volldampf zurück in die Steinzeit!!

EGVP ohne Ende – Pleiten, Pech und Pannen – „feine IT – Strategien für die Justiz“

Donnerstag, 08. Dezember 2011
Download PDF

Über das EGVP und die geringe Akzeptanz hatten wir bereits mehrfaxh berichtet. Von der Justiz, weil sie es praktisch nicht nutzt, nahezu unbemerkt, gab es vor kurzem für die anwaltlichen Nutzer erhebliche Probleme mit dem System, so dass eine Entschuldigung angebracht erschien. Diese erschien u.a. in den per E-Mail versandten Mitteilungen der RAK Hamm:

„4. EGVP, Probleme mit dem Update Version 2.7

Seit dem 29. November 2011 sind im Zusammenhang mit der Einführung der neuen EGVP-Version 2.7.0.1 Probleme aufgetreten. Diese technischen Schwierigkeiten führten teilweise zum völligen Ausfall des EGVP. Betroffen waren insbesondere diejenigen User, die in der Vergangenheit bereits intensiv mit dem EGVP gearbeitet haben. Der DAV hat in der Vergangenheit die Nutzung des EGVP gefordert und ausdrücklich begrüßt, umso bedauerlicher ist es, dass die technischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Version aufgetreten sind. Der DAV möchte jedoch darauf hinweisen, dass der Lenkungskreis EGVP für die anwaltlichen User eine ausdrückliche Entschuldigung verfasst hat für die technischen Probleme, die aufgetreten sind. Der Lenkungskreis bittet um Entschuldigung und um Unterstützung seitens der Anwaltschaft in seinem Brief. „

Wir bedauern unsererseits, dass sicher viele Personen mit großer Empathie am EGVP arbeiten, sehen aber mit großer Betroffenheit, wie eine gute Idee einfach blockiert wird. Dabei könnten ohne weiteres allein an Portokosten Millionen von EUR p.a. gespart werden.

Da weiß man, wenn man auf die letzte Seite des og. Briefs klickt, auch nicht, ob man lachen oder weinen soll, wenn die Rechtsunterzeichnerin den Titel „feine IT Strategien für die Justiz“ trägt.