Archiv für 2011

Die betriebliche Weihnachtsfeier – vom „Schöntrinken“ der MitarbeiterInnen bis zu juristischen Aspekten – zugleich ein Beitrag zum „In“

Dienstag, 27. Dezember 2011
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Von vielen geliebt und herbeigesehnt, von vielen zutiefst gehaßt: die betriebliche Weihnachtsfeier. Unabhängig davon, dass der / die / das „ChefIn“ die Teilnahme an der jährlichen Weihnachtsfeier erwartet, und jede(r) ArbeitnehmerIn schon aus Höflichkeit daran teilnehmen sollte, stellt sich nicht nur für JuristInnen die Frage: muss ich oder muss ich nicht teilnehmen? Eine Teilnahmepflicht besteht bei der betrieblichen Weihnachtsfeier nur, wenn die Weihnachtsfeier während der Arbeitszeit stattfindet. Die aktive Teilnahme ist arbeitsvertraglich nicht geschuldet, auch zum Singen kann niemand gezwungen werden. Den Gesang der anderInnen muss man / frau sich aber anhören (es sei denn, man / frau verwendet Ohrstopfen). Denn es besteht Anwesenheitspflicht.

Wir raten auch davon ab, die Feier durch mehr oder weniger originelle „Einlagen“ zu sabotieren. Das ist ebenso ein no-go wie die durch fortschreitenden Alkoholmißbrauch auf Feiern dieser Art häufig anzutreffende Unsitte, die MitarbeiterInnen auf einmal nicht nur mit anderen Augen zu sehen („Schontrinken“), sondern zu glauben, dass man diesen ungebeten „näher“ kommen dürfte. All diese peinlichen Szenen kann man / frau dann entweder auf facebook oder youtube „ernüchtert“ ansehen.

Doch zurück zum Thema: findet die Weihnachtsfeier außerhalb der Arbeitszeit statt, darf man / frau fernbleiben, ohne (rechtliche) Konsequenzen fürchten zu müssen. Ob das klug ist, steht auf einem andern Blatt. Man / frau sollte sich in diesem Fall daher nicht nur eine gute Entschuldigung einfallen lassen, man / frau sollte sich auch fragen, ob man mit seinem Arbeitsplatz zufrieden ist.

Einen Anspruch auf Durchführung einer Weihnachtsfeier haben MitarbeiterInnen dagegen nicht. Findet aber eine Weihnachtsfeier statt, muss der / die ArbeitgeberIn bei seinen Einladungen jeden gleichwertig bedenken. Denn ein „Übersehen eine(s) Arbeitnehmer(s)in“ bei der Einladung könnte auf Diskriminierung oder gar Mobbing hinweisen und entsprechende Folgen nach sich ziehen.

In diesem Sinne Frohes Fest.

EGVP ohne Ende – Pleiten, Pech und Pannen – „feine IT – Strategien für die Justiz“

Donnerstag, 08. Dezember 2011
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Über das EGVP und die geringe Akzeptanz hatten wir bereits mehrfaxh berichtet. Von der Justiz, weil sie es praktisch nicht nutzt, nahezu unbemerkt, gab es vor kurzem für die anwaltlichen Nutzer erhebliche Probleme mit dem System, so dass eine Entschuldigung angebracht erschien. Diese erschien u.a. in den per E-Mail versandten Mitteilungen der RAK Hamm:

„4. EGVP, Probleme mit dem Update Version 2.7

Seit dem 29. November 2011 sind im Zusammenhang mit der Einführung der neuen EGVP-Version 2.7.0.1 Probleme aufgetreten. Diese technischen Schwierigkeiten führten teilweise zum völligen Ausfall des EGVP. Betroffen waren insbesondere diejenigen User, die in der Vergangenheit bereits intensiv mit dem EGVP gearbeitet haben. Der DAV hat in der Vergangenheit die Nutzung des EGVP gefordert und ausdrücklich begrüßt, umso bedauerlicher ist es, dass die technischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Version aufgetreten sind. Der DAV möchte jedoch darauf hinweisen, dass der Lenkungskreis EGVP für die anwaltlichen User eine ausdrückliche Entschuldigung verfasst hat für die technischen Probleme, die aufgetreten sind. Der Lenkungskreis bittet um Entschuldigung und um Unterstützung seitens der Anwaltschaft in seinem Brief. „

Wir bedauern unsererseits, dass sicher viele Personen mit großer Empathie am EGVP arbeiten, sehen aber mit großer Betroffenheit, wie eine gute Idee einfach blockiert wird. Dabei könnten ohne weiteres allein an Portokosten Millionen von EUR p.a. gespart werden.

Da weiß man, wenn man auf die letzte Seite des og. Briefs klickt, auch nicht, ob man lachen oder weinen soll, wenn die Rechtsunterzeichnerin den Titel „feine IT Strategien für die Justiz“ trägt.

„nicht immer nur geben, auch mal nehmen lassen“: wie wir gemeinnützig Zwecke fördern; Feiern in der Krise ? ja, im Stile der 20er, aber für einen guten Zweck – fundraising

Mittwoch, 23. November 2011
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Wenn der Staat sich aus der Förderung von gemeinnützigen Projekten zurückzieht, sind alle gefordert. Unsere Gesellschaft unterstützt daher seit der Gründung in jedem Jahr gemeinnützige Projekte in beachtlichem Umfang. Am 5. November 2011 hatten wir zur fundraising-party im Stile der Goldener 20er Jahre eingeladen. Die Herren erschienen stilecht im Frack, die Damen in passender Garderobe im Stile der 20er. Alles hatten einen irren Spaß. In Bester Stimmung, passend zum Motto und zur Krise, waren rund 100 Gäste erschienen. Ausgesprochen gut gelaunt wurde für einen guten Zweck getrunken. Von dem Erlös der zu den 20ern passenden Cocktails wurden je 50 % für den guten Zweck verwendet. Der Geschäftsführer des Gastgebers rundete die Summe aus eigener Tasche auf und so kamen 2.500 EUR zusammen. Ein schöner Erfolg für eine gute Sache.

Der Schlaf des Gerechten – auch eine Art Rechtsverweigerung; zugleich ein Beitrag zur Akzeptanz moderner Mittel in der Justiz

Sonntag, 20. November 2011
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Am 13.07.2001 wurde es verabschiedet, das „Formvorschriftenanspassungsgesetz“ (BGBl I 2001, 1542); ergänzt durch das Zustellungsreformgesetz vom 25.06.2001 (BGBl I 2001, 1206) sollte es den Durchbruch in die Welt der papierlosen Kommunikation mit Behörden und Gerichten eröffnen. Die Schriftform kann seitdem durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. Wieviel Porto hätte gespart werden können, und wie wenig Streit gäbe es um die Unsitte der nicht zurück gesandten Empfangsbekenntnisse ? Doch was ist seit 2001 geschehen ? erschreckend, aber wahr: praktisch nichts; während der Schriftwechsel mit den Mandanten im Wesentlichen per E-Mail erfolgt, nutzen fast alle Gerichte noch immer die gute alte Post, Und selbst solche Gerichte wie das VG Minden, das zu den ganz ganz wenigen Gerichten in NRW gehört, die das EGVP nutzen, kommunizieren oft lieber per Telefax.

Ansonsten gibt es in NRW bei den Landgerichten nur das LG Köln, mit dem man per EGVP kommnizieren kann. Ein Lob der Finanzgerichtsbarkeit in NRW: 100 %, das sind alle drei Finanzgerichte, nehmen am EGVP teil, sie haben sogar Videokonferenz. Solange aber die meisten Anwälte technisch gesehen noch immer im Dornröschenschlaf sind, wird es wohl keinen großen Druck auf die Gerichte geben, um die Teilnahme zu ehöhen. Und die Kammern als berufsständische Vertretungen und der DAV ? wir haben nicht den Eindruck, dass hier großes Interesse besteht. Schade, Recht 2.0 findet ohne die Anwaltschaft statt.

„Mit uns brauchen Sie kein Recht zu haben, um ……“ II – die Reaktionen auf den Beitrag; zugleich ein Beitrag zum Wandel der Anwaltschaft

Samstag, 12. November 2011
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Uns erreichten zu unserem Beitrag: „mit uns müssen Sie kein Recht haben, um Recht zu bekommen….“ viele positive Kommentare, die uns bestätigen, dass auch die anwaltliche Werbung einem Wandel unterliegt. Wir lasen aber auch diesen Kommentar von „Scharnold Warzenegger“ aus dem blog von NEBGEN, aus dem wir zitieren und den wir gerne kommentieren, wobei die Hervorhebungen von uns stammen:

„Den Slogan „Mit uns müssen sie kein Recht haben, um Recht zu bekommen“, kann man wohl nur als Jurist anders deuten, als er klingt. Jeder normale Mensch versteht darunter: „der setzt meinen Willen durch, auch wenn das eigentlich gar nicht geht“. Und genau so sollte er Zwecks Mandantenfang auch verstanden werden. Ansonsten hätte man sich die vorsätzlich werbende Zweideutigkeit sparen können. Mich erinnert das stark an ein Unternehmen für Inkasso, welches mit dem Slogan „Ihr Schuldner muß kein russisch können, um uns zu verstehen“ warb. Da weiß auch jeder, was gemeint ist, ohne es deutlich auszusprechen.
Unabhängig davon, ob man mit oder ohne Anwalt vor Gericht auftritt, sollte der Recht bekommen, der im Recht ist. Kokettiert jemand mit der (unglücklicherweise zutreffenden) Binsenweisheit, daß Justizia blind ist, dann kann man das wohl nur als „werbend dargestellte Rechtsbeugung“ verstehen. Jedenfalls kann das vorsätzliche Verschaffen von Recht, wo keines ist, nur als Mißbrauch verstanden werden.“

Der Autor des Kommentars, der an dem Wortspiel in seinem Namen (mit Herrn Schwarzenegger)  offenbar Spaß hat, hatte – zudem als bekennender Nichtjurist-  diesen an unserem Spruch leider nicht. Warum das so ist, wissen wir nicht. Wir wissen auch nicht, was ihn zu dem ein wenig bissigen Kommentar (als Nichtjurist) bewegt hat. Der Autor des Kommentars sagt uns auch nicht, warum er für sich in Anspruch nehmen kann zu wissen, wie „jeder normale Mensch“ unsere Aussage versteht. Er schließt das nur von sich auf diese von ihm benannte Spezies. Mit dem Typus des „normal denkenden Menschen“ können wir allerdings nicht viel anfangen. Es wir immer gerne als „Argument“ verwendet, wenn es keins gibt. Bei uns hat sich übrigens – auf den Spruch hin – auch noch niemand gemeldet, der etwas rechtlich nicht Durchsetzbares – unredlich – durchgesetzt haben wollte. 

Dass Herr „Warzenegger“ dann aber außerdem noch weiß, dass unsere Aussage dem „Mandantenfang“ dienen soll, ist wegen der damit verbundenen Abqualifizierung ungehörig, weil es uns auf die Ebene des „Rattenfängers“ von Hameln stellen soll. Ein „Mandantenfang“ ist schon deshalb unsinnig, weil Dienstleister nach Ihren Leistungen bewertet und nur bei guter Leistung auch (erneut) beauftragt und empfohlen werden. Und die bewertete Leistung  ist das Ergebnis der Arbeit, nicht aber die Werbung. Die dient dazu, am Markt wahrgenommen zu werden. Und da ist festzustellen, dass die Werbung sich ändert. Sie wird witziger, provokanter, besser, unterhaltsamer. 

Völlig deplaziert ist auch der Vorwurf der „werbend dargestellten Rechtsbeugung“. Ein Anwalt kann keine Rechtsbeugung begehen, weil er kein Recht spricht. Er vertritt, und zwar einseitig, die Interessen seines Mandanten. Das ist sein Auftrag und die von ihm geschuldete Leistung. Es ist auch nicht die Aufgabe des Anwalts, das objekte Recht oder die Gerechtigkeit zu ermitteln. Das ist nicht einmal die Aufgabe eines Zivilgerichts. Es hat über einen geltend geltend gemachten Anspruch zu entscheiden. Und das erfolgt im Wege des in der ZPO geregelten Erkenntnisverfahrens. Ein Anwalt, der den Gegner auf eine bereits eingetretene Verjährung, die dieser nicht bemerkt hat, hinweist und damit den Anspruch des eigenen Mandanten zunichte macht, macht sich gegenüber seinem Mandanten schadensersatzpflichtig. Das ist nicht etwa ein ungewöhnliches Ergebnis, sondern die Konsequenz der Verletzung einer dem Anwalt gegenüber seinem Mandanten obliegenden Pflicht.

Der Anwalt darf nicht lügen. Das ist unumstößlich. Der Begriff der prozessualen Wahrheit im Zivilprozess bringt es aber mit sich, dass ein Anwalt durch geschickten (und wahren und zivilprozessual zulässigen) Vortrag einen Prozess gewinnen kann, ohne dass sein Mandanten objektiv betrachtet  Recht hat. Das gleiche gilt kann im Fall eines Versäumnisurteils gelten. Die so entstandenen Urteil sind rechtmäßig, wenn auch selten.

Die Anwaltschaft steht nach unserer Einschätzung gerade erst am Anfang einer massiven Änderung der Verhältnisse. Die Anwaltschaft wird mehr und mehr zum Dienstleister; Leistungen werden, und das ist gut, von den Mandanten kritisch hinterfragt. Der Wettbewerb wird noch viel größer werden, als wir ihn heute schon kennen. Das alte Bild des Anwalts, zu dem die Mandanten kommen, geduldig auf Termine warten, weil der Herr Anwalt „zu Tisch“ ist, sich belehren lassen, staunend die Welt des Juristen verlassen und nach getaner Arbeit brav, anstandslos und pünktlich das Honrar bezahlen, gibt es nicht mehr. Jeder Anwalt ist auch Unternehmer. Das war früher auch nicht anders, rückt aber wegen des zunehmenden Wettbewerbs immer mehr in den Vordergrund.  Die Anwaltschaft befindet sich in einem Prozess massiven Wandels, davor macht auch die Werbung nicht halt. Entsprechend werden sich auch hier die Maßstäbe weiter verschieben. Der Deutsche Anwaltverein gibt dabeimit seinen Kampagnen  zum Teil sehr gute Beispiele. Auch dort werden Dinge pointiert und „spitz“ dargestellt. Auch das gefällt nicht jedem.  Insgesant ist auch in dieser Frage mehr Gelassenheit und Humor angebracht, statt jedes Wort auf die Goldwaage zu legen und „Böses“ zu unterstellen.     

 

Mit uns müssen Sie kein Recht haben, um Recht zu bekommen……und hier die Auffassung der Anwaltskammer dazu

Montag, 07. November 2011
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Den Spruch fanden wir richtig gut und haben damit einmal geworben, und zwar in bewusster Anspielung auf den Begriff der im  Zivilprozess geltenden „prozessualen“ Wahrheit. Danach ist das wahr, was vorgetragen ist und von der Gegenseite nicht (substantiiert) bestritten wird. Wenn man dabei, wie es sich gehört, bei der Wahrheit bleibt, ist das hohe Schule der Prozessführung. Die Anwaltskammer sah das leider mit weniger Humor und zudem ganz anders. Es werde bei dem rechtssuchenden Publikum der negative Eindruck erweckt, dass man – mit einem geschickten Anwalt – zu Unrecht Recht bekommen könne, ohne es zu haben. Das sei fatal und werfe ein schlechtes Licht auf die Anwaltschaft. Unseren Argumenten wollte die Kammer leider nicht folgen.

Wir würden uns wünschen, dass sich die Kammern mit ähnlicher Intensität einmal um die Kollegen (m/w) kümmern würden, die Mandanten in Prozesse treiben, unsachlich auf Kollegen losgehen und die die einem jedem Anwalt (m/w) obliegende einseitige Interessenvertretung des Mandanten fälschlich als Auftrag deuten, im Namen anderer auf Kollegen und deren Mandanten verbal ohne Sinn und Verstand einzudreschen. Ebenfalls der „Pflege“ bedürften die Kollegen (m/w), die ihre Berufung nicht darin sehen, Mandanten zu beraten, sondern die in ihrer bizarren Paragraphenwelt völlig losgelöst arbeiten, wirtschaftlich nichts bewegen, es wohl aber schaffen, den bereits bestehenden neue hinzuzufügen. Die Dankbarkeit des Publikums dafür wäre den Kammern ebenso sicher wie für die Zulassung vo mehr Humor. Der DAV geht mit seinen teils sehr innovativen Annoncen den richtigen Weg.

Vorsteuerabzug aus Beratungsrechnungen von Anwälten II – der „betreuende“ neugierige Finanzbeamte oder: es geht doch immer noch kurioser, als man denkt

Montag, 07. November 2011
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Wir berichteten am 6. November 2011 von der uns doch erstaunlich neugierig erscheinenden Finanzverwaltung, die sich bei der Prüfung der Voraussetzungen der Tatbestandsmerkmale des Vorsteuerabzugs aus einer Beratungsrechung für Dinge interessierte, die rechtlich gar nicht relevant sind. Bei dem Verfassen des Artikels waren wir noch davon ausgegangen, dass  unsere weitere Bestätigung ausgereicht hätte, um den Vorteuerabzug zuzulassen. Heute mussten wir erfahren, dass es in Beörden noch immer Mitarbeiter gibt, für die Rechtsanwendung nicht das Maß der Dinge ist, sondern die Sachverhalte ermitteln möchten, die für die  zu prüfende Steuerrechtsfolge ohne jedes Interesse sind. So verlangt der Behördenmitarbeiter „Verträge“, wobei wir nicht wissen, ob er den Vertrag sehen möchte, den wir mit unserem Mandanten abgeschlossen haben (wofür ist der relevant ?) oder den Vertrag (die Verträge), den / die wir für unseren Mandanten beraten und erstellt haben. So genau weiß es der Herr offenbar selbst nicht, den er möchte „Verträge u.a.“ haben. Dass dabei Normen zitiert werden, die man nicht verstanden hat, versteht sich. Oder geht es einfach nur darum, Macht zu zeigen ? Oder möchte der Beamte die Verträge gar für den eigenen Gebrauch (ohne dafür ein Honorar zahlen zu müssen). Darauf könnte jedenfalls die Tatsache hindeuten, dass er nach eigener Aussage mehrere Steuerpflichte „betreut“ (Originalton !), die es nicht für nötig befunden hätten, einen Anwalt zu beauftragen. Na so etwas; wer einen Anwlat beauftragt, ist schon verdächtig. Das Ganze erinnert dann doch fatal an die vier längst überwunden geglaubten Grundregeln einer Behörde:

1. wir sind dafür nicht zuständig
2. das haben wir noch nie so gemacht
3. das haben wir schon immer so gemacht
4. wo kommen wir da hin ?

Wir werden jetzt einmal höflich bei der Behörde fragen, welche Unterlagen der Bearbeiter genau aus welchem Grund haben möchte. Wir berichten weiter !

Vorsteuerabzug aus Beratungsrechnungen von Anwälten – was erlauben die Finanzverwaltung ?

Sonntag, 06. November 2011
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Der Vorsteuerabzug aus Rechnungen ist gesetzlich an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Es ist daher das Recht und die Pflicht der Finanzbehörden, das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu prüfen. Angesichts der Milliardenschäden durch Umsatzsteuerkarusselle haben wir uns vor kurzem aber doch sehr über das Verhalten eines Mitarbeiters einer Finanzbehörde gewundert, der sich mit einer vergleichweise geringen Rechnung so intensiv meinte befassen zu müssen, dass wir den Eindruck gewannen, dass hier nicht mehr verhältnismäßig gehandelt wurde, und dass es dem Beamten eher um die Befriedigung perönlicher Neugier als um die Sache ging.

Worum ging es ? wir hatten einen Mandanten umfassend im Zusammenhang mit einer Photovoltaikanlage beraten. Der Auftrag war sehr zeitintensiv und erstreckte sich über rd. 9 Monate. Er begann mit der Prüfung steuerlicher und betriebswirtschaftlicher Fragen und der Teilnahme an Verhandlungen über den Kauf der Anlage mit verschiedenen Anbietern, umfasste die Erstellung eines Werkleiferungsvertrages, die Absicherung der Eigentumsrechte an der Anlage auf fremdem Dach durch eine Dienstbarkeit, die Begleitung der Aufstellung der Anlage bis hin zur Prüfung der Rechnungen und zur Abnahme.

Aus der von uns dem Mandanten darüber erteilten Rechnung wollte die Finanzbehörde den Vorsteuerabzug nicht anerkennen. Wir sandten dem Steuerberater eine ergänzende Betätigung über unsere Tätigkeiten. Darauf erhielten wir den Anruf eines Finanzbeamten, der uns „bohrende“ Fragen stellte: warum denn der Mandant überhaupt einen Anwalt beauftragt habe. Er, der Beamte, habe viele Steuerpflichtige in seinem Bezirk mit einer Photovoltaikanlage. Es habe aber noch niemand den Rat eines Anwalts gebraucht. Weiter wollte der Beamte minutiös wisen, was wir für das Honorar denn alles gemacht hätten. Wir waren über diese Art der Amtsermittlung erstaunt, weil all das mit dem  Vorsteuerabzug nicht das geringste zu tun hatte, sondern eher entweder der persönlichen Neugier des Beamten entsprang oder aber die Unterstellung mitschwang, in der Rechnung seien „private“ Dinge abgerechnet worden. Wir haben das Thema dann aber so gelöst, dass wir dem Beamten über den Rechnungstext und die Bestätigung hinaus eine etwas umfassendere Beschreibung unserer Tätigkeiten zugesandt haben. Damit war das Thema vom Tisch. Es bleibt aber das ungute Gefühl, dass an die Stelle der gebotenen Objektivität und Sachlichkeit ein völlig unangebrachtes pauschales Mißtrauen gegen Steuerpflichtige und ihre Berater tritt, und dass persönliche Neugier den Eifer geprägt hat. Die Verwaltung muss sich so nicht wundenr, dass es um das Steuerklima schlecht bestellt ist.

diligentia, sapientia, agilitas, industria / das Glück des Tüchtigen: Steuerforderung trotz Außenprüfung verjährt, weil die Prüfungsanordnung die Verjährung nicht unterbrochen hatte

Montag, 03. Oktober 2011
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Im Leben eines Beraters ist es oft wie im richtigen Leben: ein Schriftsatz, der vor Fehlern wimmelt und schlecht strukturiert ist, ist im Regelfall auch inhaltlich nicht gut. Denn wer es nicht einmal schafft, ohne Fehler zu schreiben (oder schreiben zu lassen), der legt auf den Inhalt erst recht keinen Wert. Und bei der fachlichen Arbeit gilt nach unseren Erfahrungen: nur eine akribische Befassung mit Sachverhalt und Rechtsnormen führt zu den aha – Erlebnissen, die zum Erfolg bei der Arbeit und zu guten Ergebnissen führen. Nur wer die Dinge zu Ende denkt auch die Fähigkeit besitzt, nicht wie ein „Pawlowscher Hund“ zu versuchen, die Welt in die ihm bekannten Paragraphne zu pressen, der hat auf Dauer Spaß an der Arbeit. Wer nur „Akten bearbeitet“ und „Fälle klopp“, der wird nur selten das Glücksgefühl haben, einen richtigen Treffer gelandet zu haben. Wenn einem dann noch das Glück den richtigen Gedanken beschert, dann stellt sich der Erfolg ein.  

Bei einem unserer Mandanten hatten wir das Glück, bei  unserer Prüfung zu entdecken, dass die Finanzverwaltung die Verjährung eben nicht durch die Anordnung einer Außenprüfung unterbrochen hatte. Was war passiert ? Geprüft worden war eine GmbH & Co. KG, der Verwaltung waren aber bei der die Verjährung unterbrechenden Prüfungsanordnung gravierende Fehler unterlaufen. Sie hatte die Prüfungsanordnung nicht nur an eine GmbH (nicht  an die KG !) gleichen Namens gerichtet, sondern auch den falschen Vordruck verwendet: den für GmbHs statt richtig den für Personengesellschaften.

Ergebnis: die Prüfungsanordnung war nicht wirksam bekanntgegeben worden, war also nicht wirksam und hatte daher auch die Verjährung nicht unterbrochen. Damit war die materiell umstrittene Steuerforderung „hinfällig“, ohne dass man sich über die materielle Berechtigung noch hätte streiten müssen. Dieser Mangel war ein endgültiger. Denn die Finanzbehörde konnte wegen Eintritts der Verjährung eine richtige Prüfungsanordnung nicht mehr bekannt geben. Für den Mandanten und uns ein schönes Ergebnis.

Poaast scho ? denkste ! Zugleich ein Beitrag zum Thema: „es kommt nicht nur auf den Inhalt an“

Montag, 03. Oktober 2011
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Steuerbescheide müssen nicht nur inhaltlich richtig sein, die Steuer also richtig festsetzen, sie müssen auch den für sie geltenden  formellen Anforderungen entsprechen. Der Lehrbuchfall des mündlichen Steuerbescheids ist dabei eher die Ausnahme. Nicht selten aber leiden Steuerbescheide an anderen Fehlern, die dazu führen, dass die Bescheide rechtswidrig werden. Allerdings ist das Steuerrecht großzügig. Die Behörden können Fehler in den meisten Fällen heilen. Selbst wenn Steuerbescheide so schwerwiegend fehlerhaft sind, dass sie gar nicht wirksam werden, dann hilft dem Steuerpflichtigen das jedenfalls dann nicht, wenn die Behörde einen neuen wirksamen Bescheid erlassen kann.

Interessanter sind also die formellen Fehler, die dazu führen, dass Steueransprüche endgültig nicht durchgesetzt werden können. Sich als Steuerpflichtiger auf diese formellen Mängel zu berufen, ist auch nicht etwa ehrenrührig. Denn wenn Steuerpflichtige einen Einspruch nur einen Tag zu spät erheben, werden sie niemanden finden, der diesen formellen Mangel elegant an die Seite schiebt und den Einspruch dennoch als fristgerecht ansehen wird. Und Berater, die einen formellen Mangel nicht zum Anlass nehmen, einem Mandanten zu empfehlen, gegen den Steuerbescheid vorzugehen, machen sich schadensersatzpflichtig.

Ein scharfes Schwert in diesem Zusammenhang ist die Verjährung, wobei das Steuerrecht zwischen Festsetzungs – und Zahlungsverjährung unterscheidet. Die erste verhindert, dass ein Steuerbescheid erlassen werden darf, die zweite bewirkt, dass Zahlungsansprüche aus Steuerbescheiden nicht mehr durchgesetzt werden können. Beide Verjährungen wirken, anders als im Zivilrecht, kraft Gesetzes, der Einwand der Verjährung muss nicht erhoben werden.

Mit Urteil vom 28. Juni 2011 (VIII R 6/09) hat es der BFH in dem von ihm entschiedenen Streitfall für möglich gehalten, dass dem Erlass eines Steuerbescheids die Festsetzungsverjährung entgegensteht. Es ging um einen Änderungsbescheid nach einer Außenprüfung. Sedes materiae war die Norm des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO. Danach endet die Festsetzungsfrist spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind. Eine Schlussbesprechung hatte nicht stattgefunden, also entbrannte der Streit darum, wann die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden hatten.

Zwar hat der BFH die Sache nicht selbst entschieden, sondern zur weiteren Aufklärung an das FG zurückverwiesen. Die Ausführungen des BFH sind aber sehr lehrreich und eine wahre Fundgrube für Argumente. Was unter „letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung“ im Sinne des § 171 Abs. 4 S. 3 zu verstehen ist, entschied der BFH zwar nicht abschließend. Seine Ausführungen dazu sind aber präzise und praktisch gut umsetzbar.

Nach dem Wortsinn der Vorschrift hält der BFH aber einen Zusammenhang der Ermittlungen mit der Außenprüfung erforderlich. Der BFH führte auch aus, was nach seiner Auffassung keine Ermittlungen im Sinne des Norm sind. Der BFH wörtlich:

„Deshalb reicht der bloße Blick in die beim Finanzamt vorhandenen Akten nicht aus; er steht dem Finanzamt jederzeit offen, ohne dass es einer Außenprüfung bedürfte. Ferner handelt es sich auch dann nicht um Ermittlungen im Sinne dieser Vorschrift, wenn bereits ermittelte Tatsachen lediglich einer erneuten rechtlichen Würdigung unterzogen werden. Letzte Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung setzen vielmehr Maßnahmen des Prüfers oder des Finanzamts voraus, die darauf gerichtet sind, bisher noch nicht bekannte Sachverhaltselemente festzustellen, etwa indem der Prüfer Unterlagen anfordert, den Steuerpflichtigen in irgendeiner anderen Weise zur Mitwirkung auffordert oder vom Steuerpflichtigen nachgereichte Unterlagen auswertet. Aufgrund der systematischen Parallele zur Durchführung einer Schlussbesprechung, die ebenfalls nach dieser Vorschrift die Festsetzungsfrist neu in Gang setzt, ist ferner erforderlich, dass der Zeitpunkt der letzten Ermittlungshandlungen im Interesse der verjährungsrechtlichen Rechtssicherheit eindeutig feststeht. Notfalls ist er vom Finanzamt nachzuweisen.“

Diese Ausführungen eröffnen viele Ansätze, nach Außenprüfungen ergangene Steuerbescheide im Hinblick auf etwa entgegenstehende Verjährung zu prüfen, zu Fall zu bringen und damit endgültig zu obsiegen. Das FG hatte die Tatsachen nicht ausreichend ermittelt, daher konnte der BFH nicht selbst entscheiden.

Es kommt daher nicht nur auf den Inhalt an, auch die Verpackung muss passen.  Und es lohnt sich auch, bei Urteilen des FG genau hinzusehen, ob das FG die Tatsachen hinreichend ermittelt und festgestellt hat.  Steuerbescheide müssen eben nicht nur rechnerisch richtig sein, sie müssen auch formell fehlerfrei. „Poaaaast scho“ kann man also erst nach Abschluss auch der Prüfung der formellen Rechtmäßigkeit sagen.