BGH-Beschluss vom 21.12.2010 macht das EGVP zur bösen „Wundertüte“ ?: Einleuchtendes, aber auch Fragen über Fragen

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Der BGH hat mit Beschluss vom 21.12.2010 (VI ZB 28/10, AnwBl. 4 / 2011) entschieden, dass bei Nutzung des EGVP eine digitale Signatur auch tatsächlich von dem postulationsfähigen Anwalt vorgenommen werden müsse. Im Fall des BGH hat eine angestellte nichtfachliche Mitarbeiterin die Signaturkarte des Anwalts verwendet. Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist wurde eine fehlerhafte Signatur festgestellt.

Nicht erstaunlich, so jedenfalls auf den ersten Blick. Genauso wie ein Schriftsatz nur von einem postulationsfähigen Anwalt unterschrieben werden darf, nicht aber von einem  nichtfachlichen Mitarbeiter, genauso darf auch die Signaturkarte nur von einem Anwalt verwendet werden. So weit so gut, oder? Hier aber beginnen die Fragen: wenn, wie in dem vom BGH entschiedenen Fall, das EGVP eine Sende- und eine Empfangsbestätigung ausgeworfen hat, wie konnte der Anwalt dann erkennen, dass ein Signaturfehler vorliegt ? Welchen Wert haben dann die Bestätigungen ? Sie sind doch der Nachweis dafür, dass ein Schriftsatz fristgerecht eingegangen ist. Sonst dürfte die Frist im Fristenbuch nicht ausgetragen werden.

Und warum gibt es überhaupt die genannten Bestätigungen, wenn ein Signaturfehler vorliegt, der Fehler wird ja nicht erst später entdeckt („Unterschrift der ReNo“), das System muss doch, wenn es für Rechtssicherheit in der Anwendung stehen soll, unverzüglich einen Fehler der Signaturkarte melden. Denn nur dann hat man die Chance, den Fehler zu beheben, zur Not ein Telefax zu senden oder sich ins Auto zu setzen. Hier den Anwalt ernsthaft auf die Wiedereinsetzung zu verweisen, ist kein praktischer Rat, wenn man zudem berücksichtigt, dass Anwälte nur dann pflichtgemäß handeln, wenn sie den sichersten Weg gehen.

Das hieße dann: Hände weg vom EGVP !! lieber wieder die Gerichte mit Telefaxen vorab bombardieren und dann alles noch einmal per Post hinterhersenden.

Wenn der Gesetzgeber die elektronische Signatur zulässt, dann muss er auch in Kauf nehmen, dass die Signaturkarte nicht von der Person, auf die sie ausgestellt ist, verwendet wird. Das ist dem System immanent und in Kauf genommen.

Und was ist in all den anderen Fällen, in denen kein Signaturfehler gemeldet wird, obwohl der Anwalt die Karte nicht bedient hat ? Alles unzulässige Schreiben. Also: ab sofort alles als unzulässig rügen, was per EGVP kommt, was für ein Spaß.

Ich glaube bei allem Verständnis, dass der BGH dem EGVP mit seiner Entscheidung einen Bärendienst erwiesen hat. Das ohnehin schon leider wenig genutzte System wird so vollends verkümmern. Also dann: auf auf, zurück in die Steinzeit !!!

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