Die IP-Adresse ist kein Geheimnis – der Auskunftsanspruch der Rechteinhaber und die damit verbundenen Gefahren
Wer schon einmal eine Abmahnung wegen eines angeblichen Urheberrechtsverstoßes im Internet erhalten hat, fragt sich: „Wie kommen die eigentlich auf mich?“ Zur Verfolgung von Urheberrechtsverstößen im Internet hat der Gesetzgeber den Rechteinhabern in § 101 Absatz 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) das Recht eingeräumt, Auskunft über die Identität des Rechteverletzers zu erhalten. Dazu braucht der Rechteinhaber die IP-Adresse des Rechners, von dem der Verstoß begangen wurde, samt Datum und Uhrzeit. Ohne diese Daten kann er die Rechtsverletzung nicht verfolgen.
Wie aber kommt er an die IP-Adresse? Dazu bedienen sich die Rechteinhaber bestimmter Dienstleister, die mit Hilfe einer Software anhand sogenannter Signaturen („Hashcodes“) die zum Download angebotenen Dateien erkennen und die IP-Adresse des downloaders ermitteln. Die IP-Adresse allein hilft aber auch nicht. Im nächsten Schritt muss der Rechteinhaber unter Angabe der gesammelten Daten (IP-Adresse, Datum, Uhrzeit) bei dem zuständigen Landgericht einen Antrag stellen, dem Provider die Auskunftserteilung unter „Verwendung der Verkehrsdaten“ zu gestatten. Der Rechteinhaber kann sich nicht direkt an den Provider wenden, da das Fernmeldegeheimnis betroffen ist und die Auskunft nur aufgrund richterlicher Anordnung erfolgen kann (§ 101 Absatz 9 UrhG). Mit der IP-Adressen-Ermittlung kann der Rechteinhaber auch nicht trödeln, weil der Provider die Daten nur sieben Tage aufbewahren darf.
Der Gesetzgeber hat dem Rechteinhaber mit dem Auskunftsanspruch ein starkes und „schnelles“ Recht an die Hand gegeben, um möglichen Rechtsverletzungen nachzugehen. Ein solcher Anspruch ist auch berechtigt. Angesichts der Flut von Anträgen bei den Gerichten halten wir es aber für zweifelhaft, ob diese Verfahren immer rechtsstaatlich sind. So hat das Landgericht Köln in einem einzigen Beschluss aus dem Jahr 2009 Auskunft zu mehr als 11.000 IP-Adressen genehmigt. Bei der Freigabe von 11.000 IP-Adressen liegt es aber auf der Hand, dass sicher nicht jede einzelne IP-Adresse genau geprüft worden ist.
Dabei kommt es aber immer wieder, wie z.B. das Verfahren vor dem OLG Köln zeigt (OLG Köln, 10.02.2011, Az.: 6 W 5/11, I-6 W 5/11), zu falschen Zuordnungen. Die Person passt nicht zur IP. Ist aber eine IP-Adresse erst einmal mit gerichtlichem Segen falsch zugeordnet, wird es für den Betroffenen schwer bis unmöglich, sich dagegen zu wehren.
Würde sich dagegen die Ansicht des OLG Karlsruhe durchsetzen (Beschluss vom 15.01.2009, Az.: 6 W 4/09), dass pro IP-Adresse 200,00 € Gerichtskosten zu zahlen wären, würde das Geschäft der Massenabmahnungen „auf Verdacht“ sicher rapide zurückgehen.