Von der Praxis für die Praxis: sind alternative Honorarmodelle für Rechtsanwälte attraktiv oder ein Irrweg?
Der Ruf der Rechtsanwaltschaft leidet darunter, dass diese Berufsgruppe von vielen Mandanten so beschrieben wird, dass sie keine Probleme löst, sondern den bestehenden noch weitere hinzufügt. Wenn diese Berufsgruppe dann für ihre unheilvolle Tätigkeit auch noch ein Entgelt verlangt, dann wird schnell klar, dass sich spätestens an diesem Punkt die Geister scheiden.
Die Abrechnung auf Basis der gesetzlichen Gebührenordnung, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, kurz RVG, basiert im Kern noch auf der 1957 geschaffenen Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung, BRAGO. In der gesetzlichen Gebührenordnung kommt es weder auf die Komplexität noch auf den Zeitaufwand an. Die Gebührenordnung knüpft ganz einfach an den Streit-oder Gegenstandswert an. Ein Mandat mag einfach sein, wenn es um viel Geld geht, ist das Honorar nach der gesetzlichen Gebührenordnung hoch.
Der gesetzlichen Gebührenordnung liegt die Idee des Einheitsjuristen zu Grunde, der in der Lage ist, jedes ihm angetragene Mandat zu bearbeiten. Dass diese Vorstellung, die zwar von den Rechtsanwaltskammern immer wieder propagiert wird, schon längst überholt ist, ändert nichts daran, dass die gesetzlichen Gebührenordnungen noch immer genau dieses Bild vor Augen haben. Ein Rechtsanwalt hat danach relativ Mandate mit hohem Streitwert, dafür aber viele Mandate mit relativ kleinen Streitwerten.
Dem trägt die Gebührenordnung dadurch Rechnung, dass Mandate mit kleineren Streitwerten relativ gesehen ein höheres Honorar bringen als Mandate mit höheren Streitwerten. Wir haben kürzlich für die Rückabwicklung eines Pferdekaufvertrages im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung bei einem Streitwert von knapp 2.000,0 € Honorar von knapp unter 600,00 € ohne Umsatzsteuer liquidieren können.
Der Nachteil der gesetzlichen Gebührenordnung besteht darin, dass das Interesse eines jeden Rechtsanwalts, der auch nur die vier Grundrechenarten beherrscht, schlagartig zurückgeht, sobald er erkennt, dass ein Mandat nicht mehr wirtschaftlich fortgeführt werden kann. Hinzu kommt, dass sich ein gut gemeint ist Element der gesetzlichen Gebührenordnung in ihr Gegenteil verkehrt. Die Gebührenordnung ist darauf angelegt, in jeder Lage des Verfahrens eine Einigung zwischen den Parteien zu erzielen. Eine solche Einigung wird mit einer Einigungsgebühr belohnt. Nicht selten kommt es in Rechtsstreiten zu solchen Vergleichen und Einigungen, weil auch das Gericht ein massives Interesse an einer einvernehmlichen Erledigung hat. In diesem Fall muss der Richter kein Urteil schreiben. Man könnte auch von einer fast schon und unheilvolle Allianz zwischen Richtern und Anwaltschaft sprechen. Gerichte haben weniger Arbeit, und die Anwälte verdienen mehr Geld.
Ermittelt Sicht falsch verstehen: Wir können jedem Anwalt ein ordentliches Honorar. Wir haben aber ihr die Vorstellung bei unserer Arbeit, dass der Einsatz und die Leistung sich lohnen müssen. Ich würde es deutlich favorisieren, wenn es mit den Mitteln des deutschen Rechts möglich wäre, erfolgsbezogene Bestandteile in ein Honorar einzurechnen. Das aber ist nach deutschem Recht nahezu ausgeschlossen. Hier müssen kreative Gestaltung, die natürlich deutlich umständlicher sind, her.
Es wird eine Vielzahl alternativer Honorarmodelle diskutiert. Eine gute Zusammenfassung gibt es hier: http://www.lam.unisg.ch/law-and-management_inhalte/law-and-management_downloads.php
Das Pauschalhonorar hat immer den Nachteil, dass sich ganz sicher eine Seite schlecht behandelt fühlt. Der Mandant wird für das Pauschalhonorar im Zweifel ein Mehr an Leistung verlangen, der Rechtsanwalt wird umgekehrt im Zweifel weniger Leistung erbringen wollen. Das Pauschalhonorar ist im Übrigen auch nur für solche Mandate geeignet, bei denen der Aufwand seriös kalkulierbar ist.
Bei Mandaten, deren Aufwand im Voraus nicht abzuschätzen ist, ist ein Pauschalhonorar nicht sinnvoll.
Auch die weiter diskutierten Honorarmodelle, einen „Deckel“ zu vereinbaren, haben den gleichen Nachteil sie ein Pauschalhonorar.
Am Ende kann man es drehen und wenden wie man will: Es kulminiert in der Frage, ob die Abrechnung nach RAVG oder nach Zeitaufwand erfolgen soll. Dass gegen eine Abrechnung nach Zeitaufwand immer wieder vorgebrachte Argument, der Anwalt hätte in diesem Fall gar kein Interesse daran, die Angelegenheit schnell zu erledigen, sondern die Angelegenheit möglichst in die Länge zu ziehen, ist nur auf den ersten Blick gut. Auf den zweiten Blick kann es sich kein Anwalt erlauben, in einem Mandat Zeit zu vertrösten. Die Zeitausschreibungen werden von den Mandanten teilweise sehr akribisch geprüft. Entsprechend akribisch werden Zeit Ausschreibungen auch hinterfragt. Und das ist auch gut so. Im Übrigen: Wer als Rechtsanwalt einmal den Ruf hat, ein Honorarschneider zu sein, der wird es auch schwer haben, weiterhin Zulauf zu haben. Mit anderen Worten: Dieses Thema regelt der Markt.
Was im deutschen Recht aber unbedingt verankert werden müsste, ist die Möglichkeit, eine Erfolgskomponente bei der Höhe des Honorars zumindest teilweise berücksichtigen zu dürfen. Die Mandanten würden ein ganz erhebliches Interesse an einer solchen Regelung haben. Denn ihm geht es hier nicht darum, dass ein All ein Anwalt an einem Mandat möglichst lange arbeitet aber ihnen geht es darum, dass möglichst schnell einen Erfolg erzielt wird. Nach unseren Erfahrungen ist es häufig möglich, Rechtsstreite zu vermeiden und einvernehmliche Lösungen zu finden. Das ist er häufig auch sehr zeitaufwändig, nimmt man aber einmal die gesamte Zeitspanne in den Blick, entziehen sich Klageverfahren, womöglich über mehrere Instanzen, deutlich länger in als eine intensive ein bis zweimonatige Verhandlungsrunde außergerichtlicher Art zwischen zwei Parteien. Nach unserer Einschätzung ist ja gerade die hohe Kunst, solche außergerichtlichen Einigungen zum Wohle der Mandanten zu erzielen.
Interessant ist auch das von Benno Heussen favorisierte Modell, den Mandanten einen hohen Festpreis vorzuschlagen, und ihm dann anzubieten, stattdessen nach Erledigung des Mandates das zu zahlen, was ihm die Arbeit wert gewesen ist. Dazu gehört allerdings ein wenig Mut. Justitiabel ist eine solche Abrede sicherlich nicht. Am Ende wird sich, wenn der Mandant sagt, die Arbeiter im gar nichts wert gewesen, die Frage nach der Bemessung des Honorars stellen.
Wir gehen in unserer Praxis zunehmend dazu über, mit Mandanten zunächst monatliche Pauschalen zu vereinbaren, um dann nach Abschluss einer Angelegenheit oder vorher fest vereinbarter Intervalle unter Berücksichtigung der Vorschriften des RVG, des erzielten Erfolges, und der Zufriedenheit des Mandanten ein angemessenes Honorar zu vereinbaren. Wir werden diese Abrechnungsmethode und ihre Auswirkungen nach halten und darüber berichten.
Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Alternative Honorarmodelle sind kann Irrweg, der Gesetzgeber müsste aber den Boden dafür bereiten, dass alternative Honorarmodelle auch wirklich wirksam und justitiabel zum Einsatz kommen können.
ws