WoEigG: Sondernutzungsrecht kann nicht durch Beschluss begründet werden; auch eine Vereinbarung bindet späteren Käufer nicht (LG Hamburg vom. 09.04.2014, 318 S 117/13); das gilt auch für „Altfälle“
Vorsicht Falle: Sondernutzungsrechte können bei Wohnungseigentum durch Beschluss nicht „wasserdicht“ begründet werden. Der Beschluss bindet als Vereinbarung bestenfalls nur die Eigentümer, die ihn getroffen haben. Rechtsnachfolge, z.B. Käufer, sind daran nicht gebunden. Ein Bindung tritt nur ein, wenn das Sondernutzungsrecht als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen worden ist.
Dem Urteil des LG Hamburg lag folgender Sachverhalt zugrunde: ein Wohnungseigentümer verlangte von einer anderen Wohnungseigentümerin, einen Kellerraum an die übrigen Wohnungseigentümer herauszugeben. Die Besitzerin des Kellers hatte ihre Wohnung 1981 mit dem Kellerraum gekauft. Zuvor hatten 1978 die Eigentümer einen einstimmigen Beschluss gefasst, den Kellerraum der Verkäuferin der jetzt beklagten Eigentümerin zur Sondernutzung zuzuweisen. Ein Wohnungseigentümer, der an der Beschlussfassung 1978 nicht beteiligt war, weil er sein Wohnungseigentum erst danach gekauft hatte, verlangte jetzt von der Eigentümerin, den Kellerraum geräumt und besenrein an die anderen Wohnungseigentümer herauszugeben.
Das LG kommt zu dem Ergebnis, dass die Eigentümerin den Kellerraum herausgeben muss, allerdings weder geräumt noch besenrein.
Der Herausgabeanspruch ergibt sich aus § 985 BGB. Bei dem Kellerraum handelt es sich um Gemeinschaftseigentum. Die Eigentümerin hat kein Recht zum alleinigen Besitz erworben, insbesondere kein Sondernutzungsrecht. Der 1978 gefasste Beschluss ist nach dem LG nichtig, weil es der Eigentümerversammlung an einer Beschlusskompetenz gefehlt hat. Auch dass die überwiegende Rechtsprechung seinerzeit davon ausging, Sondernutzungsrechte wirksam durch unangefochtenen Mehrheitsbeschluss begründen zu können und erst der BGH durch die „Jahrhundertentscheidung“ zum Zitterbeschluss vom 20.9.2000 Klarheit geschaffen hat, ändert daran nichts.
Da der Beschluss 1978 einstimmig gefasst wurde, könnte es sich materiell um eine Vereinbarung gehandelt haben. Aber auch dies half der beklagten Eigentümerin nicht weiter, da der jetzt klagende Eigentümer erst später Mitglied der WEG geworden ist. Vereinbarungen der Wohnungseigentümer wirken gegen den Sonderrechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Dies ist hier nicht der Fall.
Interessant: die beklagte Eigentümerin kann sich auch nicht auf ein „Gewohnheitsrecht“ berufen, weil sonst die Publizitätswirkung des Grundbuchs unterlaufen werden würde. Die Eigentümerin muss den Raum aber nicht in geräumtem und besenreinem Zustand herausgeben. Solche Räumungspflichten können sich nur als Rechtsfolgen eines Beseitigungsanspruchs aus §§ 1004 BGB, 15 Abs. 3 WEG ergeben. Ein Beseitigungsanspruch wäre aber verjährt, anders als der Herausgabeanspruch aus Eigentum. Die Eigentümerin muss den Raum daher nur in dem Zustand herausgeben, in dem sich dieser befindet.
ws