„Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen“ (Goethe, Faust I, Studierzimmer); Bürokratie – Abbau: das Dilemma der elektronischen Archivierung von Belegen.

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Ach, wäre das schön, wenn man den Papierbelegen ade sagen könnte, und wenn die gescannte pdf Kopie das Finanzamt ebenso erfreute wie das Original. Die Technik dafür kennt praktisch jedes Kind. Das (die Papierform) „ersetzende Scannen“ muss aber nicht nur „recht sicher“, sondern „rechtssicher“ sein. Trotz gegenteiliger Äußerungen wird die Vorstellung vom papierlosen Büro wohl ein Wunschtraum bleiben. Gefühlt haben wir eher den Eindruck, dass es heute trotz aller sinnvollen Technik mehr Papier als früher gibt. Mit entwaffnender Offenheit mussten Kollegen auf unsere Nachfrage, wie sie denn mit Notebook oder Tablet in mündlichen Verhandlungen bei komplexen Klageverfahren so schnell die Dokumente finden und Ihnen blättern könnten, eingestehen, dass sie für mündliche Verhandlungen einen extra für diesen Zweck bei Ihnen angeschafften leistungsfähigen Drucker laufen lassen, um dann doch wieder die gute alte Akte in gedruckter Form zum Termin mitnehmen zu können.

Da trifft es sich gut, dass es immer wieder Vorstöße gibt, um die Bürokratie auch in diesem Bereich abzubauen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem bereits eingangs erwähnten sog. ersetzenden Scannen zu. Ziel ist es, die Papierbelege nach einem strukturierten und dokumentierten Scanprozesses vernichten zu können. Sie müssen aber dann nur noch platzsparend und wirtschaftlich günstig, in elektronischer Form, vorgehalten werden.

Welche Anforderungen aber sind bei diesem ersetzenden Scannen zu erfüllen? Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat zusammen mit der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) eine „Muster-Verfahrensdokumentation zur Digitalisierung und elektronischen Aufbewahrung von Belegen inkl. Vernichtung der Papierbelege“ entwickelt. Diese Dokumentation soll ein insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen umsetzbares und praktikables Verfahren darstellen.

Bisweilen besteht bei Unternehmen und ihren Beratern noch immer eine große Unsicherheit, ob sie die Papierbelege nach dem Scannen wirklich und ohne Risiko vernichten dürfen. Es besteht häufig die Befürchtung, dass die Finanzbehörden die Vorlage der Originalbelege z.B. im Falle einer steuerlichen Betriebsprüfung doch noch verlangen könnten. Dies führt in der Praxis häufig zu einer Verdoppelung des Aufwandes, da sowohl die Papier – als auch die gescannten Belege aufbewahrt werden. Gut gemeint ist eben doch oft das Gegenteil von gut.

Der Pferdefuß der vorgestellten Verfahrensdokumentation ließ auch nicht lange auf sich warten: Der DStV räumte ein, es wäre sinnvoll, wenn das Bundesministerium der Finanzen offiziell bestätigen könnte, dass Belege, die nach dieser Verfahrensdokumentation gescannt und bereit gehalten werden, für steuerliche Zwecke nicht noch zusätzlich auf Papier vorgehalten werden müssen. Es ist zu fürchten, dass die Stellungnahme auf sich warten lässt. Sicher wird es das eine oder andere zu prüfen geben. Bis dahin bleibt es also auch in diesem Punkt bei einer weiterhin ausufernden Bürokratie. Solange die offizielle Bestätigung für die Eignung für das „ersetzende Scannen“ fehlt, werden viele weiterhin aus Sorge um den Rechtsverlust die guten alten Papiere abheften. Denn sonst wird das „ersetzende“ Scannen zum „entsetzenden“ Scannen. Und Vorsicht war ja schon immer die Mutter der Porzellankiste.

ws

 

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