Das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. Oktober 2024 (Az. 14 U 194/23) illustriert eindrucksvoll die Risiken gutgemeinter, aber rechtlich unzulässiger Rechtsdienstleistungen durch Nichtjuristen. Dabei verkennen wir nicht, dass es einige Steuerberater und auch Wirtschaftsprüfer gibt, die über sehr ordentliche juristische Kenntnisse verfügen und die zudem einen deutlich besseren wirtschaftlichen Blick auf die Dinge haben. Sie sind dann aber besser beraten, einen Juristen, sei er Rechtsanwalt oder Notar, auf die Sprünge zu helfen statt das Zepter selbst in die Hand nehmen zu wollen. Jetzt wurde ein Steuerberater verurteilt, weil er für ein befreundetes Ehepaar unentgeltlich eine Trennungsfolgenvereinbarung entwarf – ein klarer Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).
Der Sachverhalt
Der Beklagte, ein Steuerberater und vereidigter Buchprüfer, war langjähriger Berater eines Ehepaars. Nach deren Trennung des Paares im Jahr 2021 entwarf er auf Wunsch der Eheleute unentgeltlich einen Ehevertrag, der Regelungen zu Gütertrennung, Unterhaltsverzicht, Versorgungsausgleich und Erbverzicht enthielt. Der Vertrag wurde später notariell beurkundet. Leider ist nicht überliefert, ob und in welchem Umfang der Entwurf des Steuerberaters von dem Notar geändert worden ist. Vielleicht war der Entwurf des Steuerberaters sogar sehr ordentlich. Aus der Entscheidung ist auch nicht zu erkennen, wie die Rechtsanwaltskammer von den Aktivitäten des Steuerberaters erfahren hatte. Denn die Rechtsanwaltskammer mahnte den Steuerberater wegen eines Verstoßes gegen das RDG ab. der Steuerberater verteidigte sich vor dem Landgericht und wies darauf hin, es habe sich um einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst gehandelt. Die Rechtsdienstleistung sei damit zulässig gewesen.
Die rechtliche Bewertung
Das OLG Karlsruhe hob das Urteil des Landgerichts auf und stellte fest, dass der Steuerberater durch die Erstellung des Vertragsentwurfs eine unerlaubte Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG erbracht hatte. Die Tätigkeit erfordere eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls und ging über eine bloße steuerliche Beratung hinaus.
Eine Ausnahme nach § 6 RDG, die unentgeltliche Rechtsdienstleistungen im persönlichen Umfeld erlaubt, lehnte das Gericht ab. Die Tätigkeit stand im Zusammenhang mit der entgeltlichen Steuerberatung, wodurch die Unentgeltlichkeit ausgeschlossen war. Zudem fehlte es an einem besonders engen persönlichen Verhältnis zur Ehefrau, was die Anwendung des § 6 Abs. 2 RDG verhinderte.
Besonders gravierend war aber der Verstoß gegen § 4 RDG, da der Steuerberater beide Ehepartner beriet, obwohl deren Interessen im Scheidungsfall naturgemäß divergieren. Das Gericht sah hierin eine unzulässige Interessenkollision, die die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdete.
Die Konsequenzen
Das OLG verurteilte den Beklagten zur Unterlassung derartiger Rechtsdienstleistungen und zur Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von 250 Euro. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Fazit
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der klaren Trennung zwischen steuerlicher und rechtlicher Beratung. Selbst bei langjährigen Mandatsverhältnissen und persönlicher Nähe dürfen Steuerberater nicht in rechtliche Bereiche vordringen, für die sie keine Zulassung haben. Gut gemeinte Hilfe kann schnell zu rechtlichen Verstößen führen – ein klassischer Fall von „Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut“.
Das Urteil dient als Mahnung für alle beratenden Berufe, die Grenzen ihrer Befugnisse zu respektieren und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einzuholen. Dennoch ist es natürlich sinnvoll, als Steuerberater über das Steuerrecht hinausgehende rechtliche Kenntnisse zu haben. Ebenso sinnvoll ist es natürlich auch für Rechtsanwälte und Notare, steuerrechtliche Kenntnisse zu haben und in die Tätigkeit einfließen zu lassen. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, Steuerberater der Mandanten in unsere Rechtsberatung und in notarielle Tätigkeiten, soweit steuerrechtliche Themen eine Rolle spielen, frühzeitig einzubinden. Das aber setzt natürlich auch ein steuerrechtliches Problembewusstsein voraus, über das nicht viele Rechtsanwälte und / oder Notare verfügen.
Last modified: 12. Mai 2025