Archiv für 2012

Unternehmen beklagen zunehmend Schäden durch E-Mail Flut – und wie sieht es bei den Anwälten aus? die meisten wären froh, wenn sie dieses Problem hätten

Sonntag, 09. Dezember 2012
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Unternehmen beklagen zunehmend, dass sie unter der E-Mail Flut leiden, die extern wie intern verschickt werden. Es gäbe zuviele unwichtige E-Mails, mit denen Mitarbeiter ihre wertvolle Zeit vergeudeteten.  Interessant, interessant aber auch, einen Blick darauf zu werfen, wie es mit den Anwälten in diesem Bereich steht.

Bevor das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird, sollte man aber auch hier genauer hinsehen. Mit E-Mails ist es wie mit anderen Hilfsmitteln auch: sie ersetzen weder die Arbeit noch das Denken. Und genau da liegt oft der Hase im Pfeffer. Viele Menschen sind ernsthaft der Meinung, wenn sie möglichst vielen Adressaten E-Mails mit möglichst vielen Anlagen senden, dann hätten sie gute Arbeit geleistet. Dabei bleibt nicht  nur das Denken auf der Strecke. Eine solche Kommunikation  führt zu erheblicher Mehrarbeit. E-Mails bewirken dann genau das Gegenteil von dem, wozu sie gedacht sind. E-Mails sollen die Kommunikation beschleunigen und den Versand umfangreicher Dokumente erleichtern. Wenn aber eine E-Mail wie ein „Streuwurf“ verwendet wird, kann dieses Ziel nur verfehlt werden.  Gut gemeint ist eben wie so oft das Gegenteil von gut.

Ein weiterer Grund für die berechtigte Klage liegt darin, dass viele Absender – wie in der sonstigen Kommunikation auch – leider nicht in der Lage sind, sich vorzustellen, welche Informationen der Adressat haben will und wie man ihm die Arbeit einfach macht. Das ist kein Problem, dass es erst seit dem Zeitaler der E-Mails gibt. Dieses Thema ist ein grundsätzliches der Einstellung zur Arbeit und der Fähigkeit, mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten. Hier gilt oft die Definition „Team = Toll, ein anderer macht’s“ Das ist vielen sicher noch aus der Schule von der Gruppenarbeit her bekannt. Und leider hat sich für die meisten daran bis heute nicht viel geändert. Bei E-Mails gilt: „Aus den Augen, aus dem Sinn.“  Ist die E-Mail verschickt, hat man ein Thema erledigt, so der Irrglaube. Diese Themen sind zuerst zu lösen, wenn man in Unternehmen E-Mails weiter als sinnvolles tool einsetzen möchte, was unverzichtbar ist.

Wer sich der Lösung der Probleme im Zusammenhang mit E-Mails annimmt, muss aber tiefer gehen. Die Misere fängt schon bei banalen Themen an. Genauso, wie schon der Betreff eines Briefes prägnant, aber erschöpfend sein sollte, genauso ist es bei der E-Mail. Schon hier fangen Pleiten, Pech und Pannen an.

Das Deaster setzt sich in dem Text der E-Mail selbst fort. Eine E-Mail ist leseunfreundlich. Häufig erscheinen E-Mails auf dem Bildschirm des Empfängers ganz anders als der Absender sie auf seinem Schirm gesehen hat. Auch hier gilt: genauso wie jeder Brief eine Visitenkarte des Unternehmens ist, genauso ist das eine E-Mail. Bei aller Eile: Schreibfehler haben weder hier noch dort etwas zu suchen. Und wenn noch nicht einmal genug Zeit (oder schlimmer noch: Kenntnis) vorhanden ist, fehlerfrei zu schreiben, dann kommt schnell der Verdacht auf, dass das gleiche wohl auch für die fachliche Befassung gilt. Auch ist es eine Binsenweisheit, dass in Hektik und Eile erstellte Lösungen und Dokumente selten gut durchdacht sind. Aber das kann man ja, was bei Anwälten häufig so ist, mit der Stärke der Ausdrucks – vermeintlich – wieder wettmachen.

Ein weiteres Übel sind E-Mails, die sich über mehrere Seiten auf dem Bildschirm erstrecken. Ich möchte (auch) mit meinen E-Mails überzeugen. Das aber setzt voraus, dass ich bei dem Empfänger keinen Widerstand beim Lesen hervorrufe. Bei längeren Texten bietet es sich an, den Text in ein Schreiben zu setzen und das Schreiben als pdf Datei der E-Mail beizufügen. Die Hauptaussagen gehören dann dennoch in die E-Mail, damit der Empfänger weiß, was ihn in der Anlage erwartet.

Ein großes Thema ist auch die Disziplinlosigkeit bei der Auswahl, besser gesagt der Eingrenzung der Adressaten der  E-Mail: wer muss die E-Mail erhalten? Im Zweifel ist es immer gut, „den Chef“ cc zu setzen. Denn dann hat man ihn ja unterrichtet. Soll er sich doch melden, wenn was nicht gefällt.

Und mit den Anlagen zur E-Mail ist es wie mit den Medikamenten: viel hilft viel. Ohne Sinn und Verstand werden die Adressaten mit virtuellem Papier versehen nach dem Motto: „ich bin zu faul zum Suchen, das überlasse ich Ihnen. und weil ich nicht weiß, was ich machen soll, habe ich Ihnen vorsorglich noch mehr geschickt.

Und wie sieht es in der Anwaltschaft aus? Sehr gemischt. Generell dürfte gelten: je größer die Kanzlei, desto höher die Akzeptanz von E-Mails. Viele Anwälte lehnen noch heute, jedenfalls für sich persönlich, den Einsatz eines PCs ab. Und wenn sie ihn nutzen, dann als Schreibmaschine mit Löschfunktion. Eine richtig zwingende Notwendigkeit gibt es für Anwälte nicht, sich mit moderner Kommunikation zu befassen. Reagiert wird erst dann, wenn es nicht anders geht. Als Beispiel nenne ich das elektronische Handelsregister. Geradezu stiefmütterlich behandelt sind das EGVP und die Videokonferenz. Diese sehr guten Einrichtungen werden ad absurdum geführt, weil, man glaubt es kaum, die Justiz diese tools blockiert, und weil die tools sehr umständlich sind. Viele Gerichte haben einfach kein EGVP, Anwälte können also mit diesen Gerichten nicht per EGVP kommunizieren. Völlig unverständlich daher das Wehklagen dieser  Gerichte darüber, dass die Gerichtsakten durch Telefaxe und zusätzlich übersandte Originale sinnlos vollgestopft werden. Einfache Abhilfe: EGVP anbieten, und zwar aktiv. Das aber sucht man vergebens. Angesichts der rasanten Entwicklung  um die Jusitz herum kann man mit Fug und Recht sagen: der Stillstand in diesem Bereich ist Rückschritt.

Daran ist aber auch die Anwaltschaft nicht schuldlos. Als vor einiger Zeit das Thema aufkam, die elektronische Kommunikation mit den Gerichten solle verbindlich werden, hört man von den Kammern als erstes einen gellenden Aufschrei nicht darüber, sondern darüber, dass auch die Kammern zu dieser Art der Kommunikation verpflichtet werden sollten. Die Selbstverwaltung ist sicher ein hohes Gut, sie ist aber kein Selbstzweck. Und so bleibt bei Äußerungen dieser Art der fatale Eindruck, dass die Kammern sich nicht mit dem Thema in der Sache, sondern in einer Nabelschau lieber mit sich selbst und ihrer Selbstverwaltung befassen. Als wir vor Jahren das EGVP bei uns eingeführt haben, erhoffte ich mir Unterstützung von der Kammer. Die war schnell enttäuscht, weil niemand wusste, was das überhaupt war.

Also: auf und zurück in die Steinzeit? nein, auch hier gilt: die Probleme muss der Anwalt selbst anpacken und lösen. Vom Liegenlassen könne Ansprüche verjähren, Probleme in der Kanzlei werden so aber sicher nicht gelöst. Im Gegenteil: man sieht jeden Tag die gleichen Defizite, darf sich aber jeden Tag aus dem gleichen Grund aufregen. Das sollte uns Anwälten zu langweilig sein. Es ist auch ein Armutszeugnis, auf gesetzlichen Zwang beim elektronischen Rechtsverkehr zu warten. Die Anwaltschaft muss hier der Vorreiter sein und sinnvolle tools wie EGVP und Videokonferenzen aktiv einfordern.

 

Finanzgericht des Saarlands entscheidet gegen den BFH: Kein Zufluss von Kapitaleinkünften bei sogenanntem „Schneeballsystem“

Freitag, 07. Dezember 2012
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Das Steuerrecht ist nicht selten kurios. Bei sogenannten Schneeballsystemen, bei denen Anlagebetrüger den Steuerpflichtigen nicht vorhandene Erträge gutschreiben, nimmt der BFH bei Steuerpflichtigen zu versteuernde Einkünfte an. Dieser Rechtsprechung ist das Finanzgericht des Saarlandes mit Urteil vom 10. Mai 2012 (1 K 2327/03, EFG 2012, 1642) entgegengetreten. Das Finanzgericht meint, ein Zufluss von Einkünften kann in diesen Fällen nicht angenommen werden. Denn ein Anlagebetrüger, der gar nicht vorhandene Erträge gutschreibt, ist kein leistungswilliger und leistungsfähiger Schuldner.

Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts hat das Finanzamt bei dem BFH Revision eingelegt. Sie ist dort unter Aktenzeichen VIII R 25/12 anhängig.

WS

Interessante Entscheidung des BFH zum Teilbetrieb bei Freiberuflern

Dienstag, 04. Dezember 2012
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Die Veräußerung eines Teilbetriebes hat den Vorteil, dass eine solche Veräußerung steuerbegünstigt erfolgen kann. Wird dagegen nur ein Teil des Betriebes verkauft, der kein Teilbetrieb im Sinne des Steuerrechts ist, führt das zu laufendem und steuerlich nicht begünstigten Gewinn.

Mit Urteil vom 26. Juni 2012 (VIII R 22/09, DB 2012, 2077) hatte der BFH über einen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu entscheiden. Der Kläger hatte zwei Kanzleien zu unterschiedlichen Zeitpunkten an circa 30 Kilometer voneinander entfernten Orten erworben und weitergeführt. Außerdem hatte er eine dritte Praxis an einem anderen Ort gegründet und weiter aufgebaut. Der Kläger veräußerte einen dieser Standorte, behielt allerdings die Wirtschaftsprüfungsmandate zurück, die er vor dem Verkauf in eine GmbH überführte.

Das Finanzgericht sah in dem Verkauf nicht den Verkauf eines Teilbetriebes, weil die erworbene Praxis durch neue Mandate fortentwickelt worden sei. Das Finanzgericht meinte außerdem, es sei schädlich, dass die Wirtschaftsprüfungsmandate zurückgeblieben seien.

Der BFH verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Ihn machte stutzig, dass für die drei Standorte der Gewinn getrennt ermittelt wurde, teilweise wurden Gewinne gesondert festgestellt. Entscheidend für den BFH ist, dass die Praxen im Wesentlichen selbstständig und unverändert weitergeführt worden sind. Die endgültige Entscheidung des Finanzgerichts darf mit Spannung erwartet werden.

WS

Unumstößlich: Bei Bewirtungsrechnung in Gaststätten muss der Name des Bewirtenden zwingend in der Rechnung enthalten sein

Mittwoch, 28. November 2012
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Der BFH bleibt hart: Bei einer Bewirtung in einer Gaststätte muss die Gaststättenrechnung zwingend den Namen des Bewirtenden enthalten. Fehlt diese Angabe, ist ein Betriebsausgabenabzug nicht möglich. Das Urteil des BFH datiert vom 18. April 2012 (X R 57/09).

WS

BFH: Großbetriebe sind verpflichtet, eine Rückstellung für die Kosten künftiger Betriebsprüfungen zu bilden

Montag, 26. November 2012
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Mit Urteil vom 6. Juni 2012 (I R 99/10, DStR 2012, 1790) hat der BFH entschieden, dass Großbetriebe im Sinne von § 3 BpO eine Rückstellung für ihre Mitwirkungspflicht nach § 200 AO bei künftigen Betriebsprüfungen bilden müssen. Diese Pflicht gilt unabhängig davon, ob eine Betriebsprüfungsanordnung vorliegt.

Entscheidend für den BFH war in dem Rechtsstreit, ob die für die Rückstellungsbildung erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens der Mitwirkungspflicht nach § 200 AO auch ohne Prüfungsanordnung bereits zu bejahen ist. Der BFH geht davon aus. Denn Statistiken der Finanzverwaltung zeigen, dass bei weit mehr als 50 % aller Großbetriebe eine Anschlussprüfung (lückenlose Prüfung) tatsächlich erfolgt.

WS

Vom BGH am 05.09.2012 bestätigt: bei den Fristen ist der Anwalt der Dumme / oder: Frust mit der Frist: hätten Sie’s gewusst? wenn ein Fax nicht durchgeht, muss man eine andere Nummer suchen!! / Kontrast zum EB unter Anwälten

Freitag, 23. November 2012
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Jaja, so ist das mit den Juristen und den Fristen: auf der einen Seite billigen die Gerichte Anwälten ausdrücklich zu, die Frist bis zur letzten Sekunde auszureizen (wozu sind Fristen auch sonst geschaffen?), auf der anderen Seite werden die Damen und Herren Richter schnell schmallippig, wenn es nach Fristversäumnissen um Wiedereinsetzung geht.

Der beste Rat ist wie immer der einfachste: die Fristsachen ausreichende Zeit vor Fristablauf erledigen. Das aber nützt nichts, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.

In dem vom BGH am 5. September 2012 (VII ZB 25/12, NJW 2012, 3516) entschiedenen Sachverhalt hatte der Kläger am letzten Tag der Frist etliche Male – vergeblich – per Telefax versucht, dem Berufungsgericht einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist zuzusenden.  Den Antrag auf Wiedereinsetzung wies der BGH zurück. In wohlgesetzten Worten ließ der den Kläger wissen, dass er aus dem Internet eine weitere Telefaxnummer des Berufungsgerichts „in Erfahrung bringen und den Verlängerungsantrag an dieses Empfangsgerät hätte senden können“.

Das wird dem Kläger, der mit seinen vielen Versuchen ja schon gemeint hatte, alles zur Einhaltung der Frist notwendige getan zu haben, sicher nachhaltig die Sprache verschlagen haben, zumal in der Entscheidung des BGH nicht erwähnt wird, ob denn das vergeblich versandte Telefax des Klägers von diesem anderen „Empfangsgerät“ empfangen worden wäre.

Es ist zu bedauern, dass es den Gerichten nach unserer Einschätzung häufig am Verständnis dafür fehlt, unter welch enormem Druck Anwälte arbeiten. Die Realität der Anwälte ist weit entfernt von Liebling Kreuzberg oder sonstigen „Gestalten“, die zudem weiß Gott kein Aushängeschild für die Anwaltschaft sind. Ich möchte jedenfalls mit solchen Witzfiguren eben so wenig in einen Topf gesteckt werden wie mit Richterin Salesch oder den Anwälten im Tatort, die nicht so sehr als Organ der Rechtspflege, sondern bestenfalls als Rechtsverdreher, im schlimmsten Fall als Mittäter oder gar Anstifter dargestellt werden. Arbeitszeiten von 60 Stunden und mehr sind kein „Privileg“ der Großkanzleien. Das gleiche gilt für die Flut an E-Mails, Telefaxen und der schönen alten Papierpost.

Wer diese Welt nicht kennt, dem fällt es einfach, mit Abstand betrachtet einem Anwalt zu sagen, was er – ganz einfach – nur hätte machen müssen. Das ist wie bei Fußball: die Väter können vom Spielfeldrand die besten Tore schießen, und auch vom Sofa aus ist die Lage deutlich entspannter als auf dem Platz.

Und einen Punkt blendet der BGH völlig aus: Die Weigerung, die Justiz mit heute technisch selbstverständlichen Einrichtungen wie z.B. dem EGVP zu versorgen, wird so auf dem Rücken der Anwaltschaft ausgetragen. Eine Übermittlung per EGVP wäre sicher geglückt, würde denn das Berufungsgericht an dem Verfahren teilgenommen haben. Und da sieht es in der Tat sehr mau aus.

Der Vorteil des EGVP auch in diesem Fall liegt klar auf der Hand. Per EGVP können mehrere Anwälte Dokumente gleichzeitig an ein Gericht senden. Das ist sicher banal, aber ein wichtiger Unterschied zum guten alten Telefax. Wenn eine anderer sendet, ist das Gerät „besetzt“. Das kommt mir in einem Zeitalter, in dem man E-Mails – nicht erst seit ein paar Jahren – in Sekundenschnelle von Kontinent zu Kontinent senden kann, geradezu vorsintflutlich vor. Es erinnert an die alte „Amtsstube“ und den aufmunternden Ausruf eines seit Jahren auf die Pensionierung wartenden Beamten: „der Nächste bitte“ oder, auch nicht selten, die zeitungslesende Variante dieser Spezies: „warten Sie bitte noch draußen, bis sie gerufen werden“.

So etwa stelle ich mir die Situation vor, der der arme Kollege zum Opfer fiel. Denn damit ist die Geschichte ja nicht zu Ende. Der Mandant wird den Kollegen wegen der vom BGH festgestellten Pflichtverletzung sicher in Anspruch nehmen. Auch das kümmert Richter eher wenig.

In einem schon geradezu bizarren Kontrast dazu steht die Entscheidung des BGH vom 19. April 2012 (IX ZB 303/11, NJW 2012, 2117). In dieser Entscheidung hatte ein Kollege das EB zu einer Entscheidung, die die andere Seite am 3. Juni 2011 erhalten hatte, erst mit Datum 30. Juni 2011 an das Gericht zurück gesandt. Entsprechend entschied der BGH, dass die Berufung, um die es hier ging, zulässig war. Ganz erstaunlich, wie hoch der BGH hier die Anwaltschaft hängt. Aus der Entscheidung zitieren wir wörtlich:

 „6] a) Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis ist dann als bewirkt anzusehen, wenn der Rechtsanwalt das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies auch durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet. Zustellungsdatum ist also der Tag, an dem der Rechtsanwalt als Zustellungsadressat vom Zugang des übermittelten Schriftstücks Kenntnis erlangt und es empfangsbereit entgegengenommen hat. Ein derartiges Empfangsbekenntnis erbringt als Privaturkunde i. S. von § ZPO § 416ZPO (BGH, NJW1990, NJW Jahr 1990 Seite 2125) grundsätzlich Beweis nicht nur für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, sondern auch für den Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Unterzeichner und damit der Zustellung“.

Sogar Unordnung im Büro des Anwalts wird nicht gerügt, im Gegenteil: sie wird belohnt, wenn der BGH ausführt:

Außerdem kann dem Bevollmächtigten der Kl. das Urteil aus verschiedensten Gründen infolge eines kanzleiinternen Versehens nicht im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Eingang vorgelegt worden sein.“

„Ferner kann das Urteil auf Grund von Nachforschungen innerhalb der Kanzlei des Bevollmächtigten der Kl. aufgefunden worden sein.

Das ist ja schon eine tolle Büroorganisation. Denn wenn „Nachforschungen“ in einem Büro dazu führen, dass Urteile aufgefunden werden, dann müssen die Urteile ja vorher verschwunden sein! Mit einer solchen Büroorganisation mehr Nachsicht zu haben als mit dem Kollegen, der verzweifelt versucht, ein Telefax zu senden und am Empfangsgerät des Gerichts scheitert, ist mir nicht verständlich. Die Entscheidung hat einen weiteren Nachteil: sie ermuntert geradezu die Kollegen, die schon immer die EBs nicht oder viel zu spät zurückreichen, ihr Treiben fortzusetzen.

BFH hat kein Verständnis für historische Segelschiffe: kein Betriebsausgabenabzug gewährt

Mittwoch, 21. November 2012
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Ein gewerblich tätiges Unternehmen hatte Geschäftspartner und eigene Außendienstmitarbeiter bei der Kieler Woche auf ein historisches Segelschiff eingeladen. Von dort aus konnten die Gäste Regatten in der Kieler Förde beobachten. Den gesamten Aufwand in Höhe von rund 11 TEUR machte das Unternehmen als Betriebsausgaben geltend. Der BFH erkannte die Kosten nicht als Betriebsausgaben an. Mit Urteil vom 2. August 2012 (IV R 25/09, DB 2012, 2076) entschied der BFH, das Schiff habe nicht als „schwimmender Konferenzraum“, sondern einzig und allein der Repräsentation gedient. Daher sei der gesamte geltend gemachte Aufwand nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4  EStG – Aufwand für Segeljachten – vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.

WS

BFH: nicht alle Mehrheitsbeteiligungen eines Kommanditisten an Kapitalgesellschaften gehören zum sogenannten „Sonderbetriebsvermögen II“

Dienstag, 20. November 2012
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Eine Besonderheit bei Personengesellschaften besteht steuerlich darin, dass nicht nur das im Eigentum der Personengesellschaft stehende Vermögen, sondern auch das im Alleineigentum eines Gesellschafters stehende Vermögen zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft gehören kann. Die Steuerrechtler sprechen hier von sogenanntem Sonderbetriebsvermögen. Fällt ein Vermögensgegenstand in das steuerliche Sonderbetriebsvermögen, kann dies erhebliche steuerliche Nachteile mit sich bringen. Das gilt u.a. im Erbfall, wenn im Rahmen der Nachfolgeregelung den zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden Vermögensgegenstand eine Person erbt, die nicht zugleich in den Personengesellschaftsanteil nachfolgt. In diesem Fall endet zwingend, ohne dass es weiterer Handlungen oder Erklärungen bedarf, die Verbindung des Vermögensgegenstandes mit dem Betriebsvermögen der Personengesellschaft. Das führt zu einem Entnahmegewinn, der zu versteuern ist.

Mit Urteil vom 23. Februar 2012 (IV R 13/08, GmbHR 2012, 1019) hat der BFH entschieden, dass zum sogenannten Sonderbetriebsvermögen II nur solche Vermögensgegenstände gehören, die der Stärkung der Rechtsstellung des Gesellschafters bei der Personengesellschaft dienen. Das hat der BFH für den Fall einer Mehrheitsbeteiligung eines Kommanditisten an einer Kapitalgesellschaft entschieden. Entfaltet die Kapitalgesellschaft dagegen Geschäftstätigkeiten, die nicht mit den Geschäftstätigkeiten der Personengesellschaft verflochten sind, wird im Regelfall kein Sonderbetriebsvermögen II gebildet.

Das Finanzgericht hatte in der Vorinstanz die in Rede stehenden Beteiligungen an den Kapitalgesellschaften aber noch dem Sonderbetriebsvermögen zugeordnet. Der BFH hat die Angelegenheit zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes an das Finanzgericht zurückverwiesen.

ws

Finanzgericht erkennt konkludente Vereinbarung mit nahen Angehörigen als steuerlich wirksam an

Freitag, 16. November 2012
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Finanzverwaltung und Rechtsprechung tun sich bei Vereinbarungen mit nahen Angehörigen schwer. Das gilt nicht nur, aber auch bei Rechtsbeziehungen zwischen einer GmbH und beherrschenden Gesellschaftern. Das Finanzgericht Schleswig-Holstein entschied mit Urteil vom 13. Oktober 2011 (1 K 83/11, EFG 2012, 1543), dass der konkludente Verzicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber seiner GmbH steuerlich anzuerkennen ist.

In dem vom FG entschiedenen Streitfall waren Ehegatten an einer GmbH zu je 50 % beteiligt. Er war Geschäftsführer der Gesellschaft, seine Ehefrau Angestellte. Dem Ehemann standen Weihnachts- und Urlaubsgeld zu. In den Streitjahren sind diese Vergütungen aber weder ausgezahlt noch als Aufwand bei der Gesellschaft gebucht worden. Das Finanzamt wollte dennoch diese Beträge bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer als Einkünfte besteuern. Den erteilte das FG eine Absage.

Im Regelfall verlangen Rechtsprechung und Finanzverwaltung, dass Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter schriftlich und im Voraus getroffen werden. Daran fehlte es hier im Streitfall. Denn eine schriftliche Vereinbarung zwischen der GmbH und dem Gesellschafter-Geschäftsführer gab es nicht.

Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH zugelassen. Das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen VI R 24/12 anhängig.

Für die Praxis bleibt es bei der Empfehlung, alle Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, aber auch alle Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen, schriftlich zu dokumentieren.

WS

Demnächst zu erwarten: BFH beseitigt hoffentlich Rechtsunsicherheiten bei der Gründung von GbRs (von Freiberuflern)

Mittwoch, 14. November 2012
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Der Zusammenschluss von Steuerberatern, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern bietet nicht nur aus rein praktischen Gesichtspunkten erheblichen Sprengstoff. Sprengstoff liegt in diesen Konstellationen in jedem Fall im Steuerrecht. Grundsätzlich gilt: Wer seine bisherige (Einzel-)Praxis unter Aufdeckung der stillen Reserven in eine GbR einbringt, dabei aber vereinbarungsgemäß Forderungen und Verbindlichkeiten zurückbehält, muss nach dem Urteil des BFH vom 14. November 2007 (BFH/NV 2008, 385) die stillen Reserven auf die Forderungen nicht versteuern. In einem finanzgerichtlich entschiedenen Sachverhalt mochte das Finanzamt dieser Rechtsprechung nicht folgen. In dem von dem Finanzamt angestrengten Revisionsverfahren (VIII R 41/09) hat der Bundesfinanzhof den Bundesfinanzminister zum Beitritt aufgefordert, um die bestehenden Rechtsunsicherheiten zu beseitigen (BFH-Beschluss vom 26. Juni 2012, VIII R 41/09, DStR 2012, 2745). Wir erwarten die Entscheidung des BFH mit Spannung.

WS