OLG Hamm vom 28. Februar 2013: Pflichtteilsstrafklausel schützt vor Zugriff des Trägers der Sozialhilfe, kann aber auch nachteilig sein
Pflichtteilstrafklauseln sind ein beliebtes Instrument in Testamenten, um dem Willen des Erblassers Geltung zu verschaffen. Vereinfacht gesagt bewirken sie, dass ein Pflichtteilsberechtigter, meist Kinder, der nach dem Tode des Erstversterbenden von Ehegatten seinen Pflichtteil geltend gemacht hat, nach dem Tode des überlebenden Ehegatten auch nur den Pflichtteil erhält. Die Klausel muss aber mit Bedacht eingesetzt werden. Es kommt immer darauf an, welches Ziel die Ehegatten verfolgen, wie ein Urteil des OLG Hamm jetzt wieder einmal zeigt.
Am 28. Februar 2013 hat das OLG Hamm (I-10 U 71/12) entschieden, dass eine solche Pflichtteilsstrafklausel in einem Ehegattentestament von dem überlebenden Ehegatten nicht mehr „ausgehebelt“ werden kann und daher auch dann eingreift, wenn ein Träger der Sozialhilfe beim Tode des Erstversterbenden aus übergegangenem Recht für eines der Kinder den Pflichtteil verlangt hat.
In dem von dem OLG Hamm entschiedenen Fall hatte ein Landschaftsverband als Träger der Sozialhilfe nach dem Tode des Vaters aus übergegangenem Recht für die jüngste Tochter den Pflichtteilsanspruch gegen die überlebende Mutter erfolgreich geltend gemacht. Die Mutter setzte in einem späteren Testament alle ihre vier Töchter zu gleichen Teilen als Erben ein. Im Hinblick auf die jüngste, behinderte Tochter ordnete sie eine Vorerbschaft an, wobei ihre Schwestern Nacherben sein sollten. Damit sollte ein weiterer Zugriff des Landschaftsverbandes auf das Erbe der behinderten jüngsten Tochter bei Versterben der Mutter verhindert werden. Nach dem Tode der Mutter im Jahr 2010 verlangte der Landschaftsverband aus übergegangenem Recht für die jüngste Tochte von den drei weiteren Schwestern erneut den Pflichtteil. Die Schwestern verweigerten dies unter Hinweis auf die Vorerbschaft.
Das OLG Hamm gab dem Kläger recht. Es kam zu dem Schluss, dass die Pflichtsstrafklausel aus dem Berliner Testament der Eltern eingriff. Sinnvoller wäre es hier wohl gewesen, schon für den ersten Todesfall des zuerst Versterbenden der Ehegatten für das jüngste Kind eine Vor-und Nacherbfolge anzuordnen. Ob diese Erbschaft hätte ausgeschlagen werden können, war aus dem Sachverhalt nicht zu erkennen.
ws