Archiv für Januar 2012

Gestaltung von Arbeitsverträgen unter Beachtung der Rechtsprechung von EuGH und BAG zu Urlaubsansprüchen Langzeiterkrankter

Montag, 30. Januar 2012
Download PDF

In unseren BLOG-Beiträgen vom 23. August 2011 und vom 15. Dezember 2011 hatten wir über die Entscheidungen des EuGH und des BAG zur Problematik von Urlaubsansprüchen Langzeiterkrankter informiert. Was aber ist jetzt zu tun ?

Bei der Neufassung von Anstellungsverträgen ist folgendes zu beachten:

 

1. Die Rechtsprechung des EuGH und des BAG zu Urlaubsansprüchen Langzeiterkrankter gilt nur für den gesetzlichen (bei einer 5-Tage Woche wären dies 20 Urlaubstage) Urlaub, nicht aber für den darüber hinaus gewährten vertraglichen Mehrurlaub. Werden im Vertrag diese beiden Arten von Urlaub nicht getrennt, teilt der vertragliche Mehrurlaub das Schicksal des gesetzlichen Urlaubsanspruchs: er kann genauso wie der gesetzliche Urlaub angesammelt werden und muss bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausbezahlt werden (BAG – Urteil vom 4. Mai 2010, Az.: 9 AZR 183/09). Diese Rechtsfolge wird für den Mehrurlaub vermieden, indem im Vertrag ausdrücklich zwischen gesetzlichem und vertraglichem Mehrurlaub differenziert wird. Für den vertraglichen Mehrurlaub ist auf die Frist des § 7 BUrlG zu verweisen.

Beispiel:

Ein Arbeitsvertrag bestimmt, dass dem Arbeitnehmer 30 Tage Urlaub gewährt werden, ohne zwischen gesetzlichem und vertraglichem Urlaub zu differenzieren. Wird der Arbeitnehmer im Zeitraum vom 1.1.2010 bis 31.03.2012 arbeitsunfähig krank, und wird ihm zum 1.4.2012 gekündigt, muss der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch für 2010 und für 2011 (jeweils 30 Tage) in voller Höhe auszahlen, obwohl der vertraglich gewährte Mehrurlaub aufgrund von § 7 BUrlG bereits am 31.03.2011 erloschen wäre. Hätte der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag ausdrücklich bestimmt, dass dem Arbeitnehmer die weiteren 10 Tage p.a. als vertraglich gewährter Mehrurlaub zustehen und dieser vertraglich gewährte Mehrurlaub mit Ablauf des 31.03. des Folgejahres erlischt, wie es § 7 BUrlG vorsieht, hätte der Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 1.4.2012 für 2010 und 2011 nur den gesetzlichen Urlaub (jeweils 20 Tage p.a.) auszuzahlen, nicht aber den vertraglichen Mehrurlaub, da dieser am 31.03.2011 und 31.03.2012 erloschen wäre.

Weiter ist in dem Vertrag zu regeln, dass der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch zuerst als genommen gilt. Denn der darüber hinausgehende Anspruch verjährt in der og. dargestellten kurzen Zeit.

Beispiel:

Ein Arbeitsvertrag bestimmt, dass dem Arbeitnehmer, der Anspruch auf 20 Tage gesetzlichen und auf 10 Tage vertraglichen Urlaub hat, der vertragliche Mehrurlaub mit Ablauf des 31.03 des Folgejahres erlischt und dass gewährter Urlaub zuerst auf den gesetzlichen Mehrurlaub angerechnet wird. Ist der Arbeitnehmer im Zeitraum vom 31.03.2010 bis 31.03.2011 dauerhaft erkrankt, und hat er im Zeitraum 1.1.2010 bis 28.02.2010 bereits Tage 12 Urlaub genommen, muss der Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 1.4.2011 für 2010 nur noch den gesetzlichen Resturlaub von 8 Tagen auszahlen. Denn vom gesetzlichen Urlaub von 20 Tagen für 2010 sind die bereits gewährten 12 Tage Urlaub abzuziehen, und der vertragliche Mehrurlaub von 10 Tagen ist am 31.03.2011 bereits erloschen.

2. Der Arbeitgeber kann aber darüber hinaus zumindest teilweise das Ansammeln von gesetzlichem Urlaub verhindern. Dies geschieht durch eine Verfallklausel im Vertrag. Sie bestimmt, dass der  gesetzliche Urlaubsanspruch nach Ablauf von 15 Monaten nach Ende des jeweiligen Bezugszeitraums erlischt. Ohne eine solche Regelung würde der nicht genommene Urlaub bis zum Ende des Anstellungsvertrages angesammelt werden.

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer ist im Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.3.2014 erkrankt. Bereits zum 31.12.2012 muss der Arbeitgeber für das abgelaufene Kalenderjahr 2011 Rückstellungen für den Urlaubsanspruch des Langzeiterkrankten bilden. Denn aufgrund der EuGH-Rechtsprechung erlischt dieser Anspruch nicht. Diese Rückstellung muss er aber längstens  über einen Zeitraum von 15 Monaten nach Ende des Jahres 2011, also bis zum 31.03.2013, bilden, wenn er die unter Ziffer 1. genannte Verfallsklausel in den Arbeitsvertrag aufgenommen hat. Er kann die Rückstellung für den Urlaub 2011 also bereits am 1.4.2013 auflösen, denn durch die Verfallklausel ist der Urlaubsanspruch des Langzeiterkrankten am 31.03.2013 für 2011 erloschen.

 

3. Ergänzend dazu ist es sinnvoll, eine Ausschlussfrist für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis in den Vertrag mit aufzunehmen. Diese Ausschlussfrist sollte zweistufig sein. In der ersten Stufe wird bestimmt, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden. In der zweiten Stufe wird dann bestimmt, dass Ansprüche binnen einer bestimmten Frist (mindestens 3 Monaten) einzuklagen sind.

Verwendung von Abbildungen geschmacksmusterrechtlich geschützter Erzeugnissen in Werbebroschüren

Montag, 30. Januar 2012
Download PDF

Wer seine Produkte und Dienstleistungen bewirbt, der weiß (oder sollte es wissen), dass er keine Fotos ohne Erlaubnis der Rechteinhaber verwenden darf. Das gleiche gilt für markenrechtlich geschützte Rechte. Weitgehend unbekannt ist aber, dass man auch durch die Abbildung fremder Produkte eine Rechtsverletzung begehen kann. Das gilt selbst dann, wenn man die Abbildung selbst erstellt oder sogar an dem abgebildeten Produkt mitgewirkt hat. Gegen Verwendung durch Dritte hilft auch ein Geschmacksmuster, das zum sog. Designschutz zählt.

 

Rechtsverstöße in diesen Bereichen können teuer werden. Denn der Rechtsinhaber kann von jedem unberechtigten Nutzer Unterlassung und Schadensersatz verlangen.

 

Der Designschutz kennt aber auch Ausnahmen. So sieht auch das Geschmacksmustergesetz (GSchmMG) vor, dass eine Abbildung ohne Erlaubnis des Rechtinhabers verwendet werden darf. Nach § 40 Nr. 3 GeschmMG sind „Wiedergaben zum Zwecke der Zitierung oder der Lehre“ zulässig, „vorausgesetzt, solche Wiedergaben sind mit den Gepflogenheiten des redlichen Geschäftsverkehrs vereinbar, beeinträchtigen die normale Verwertung des Geschmacksmusters nicht über Gebühr und geben die Quelle an“. Mit der Frage, wann eine solche Wiedergabe zum Zwecke der Zitierung vorliegt, hatte sich der BGH in einer Entscheidung vom 7. April 2011 (Az.: I ZR 56/09) auseinandersetzen müssen: die Fraunhofer-Gesellschaft, die u.a. mit der Forschung und Entwicklung im Bereich Schienenverkehr beschäftigt ist, hatte für den ICE 1 der Deutschen Bahn eine bestimmte Anlage erstellt. In einer Werbebroschüre warb sie für ihre Leistungen und bildete dabei den Triebwagen eines ICE 3 ab. Die Deutsche Bahn AG wies die Fraunhofer-Gesellschaft darauf hin, dass das Design des ICE 3 geschmacksmusterrechtlich geschützt sei. Sie verlangte Unterlassung und Schadensersatz. Die Fraunhofer-Gesellschaft wies die Ansprüche zurück, erhob eine negative Feststellungsklage. Mit der Klage wollten sie damit festgestellt haben, dass die Darstellung des ICE 3 nach GeschmG zum Zwecke der Zitierung erlaubt sei und somit kein Rechtsverstoß vorliege.

 

Der BGH entschied, dass die Fraunhofer-Gesellschaft sich nicht auf die Ausnahmevorschrift des  GeschmG berufen könne. Die Abbildung sei nicht zum Zwecke der Zitierung erfolgt. Denn eine Zitierung setze voraus, dass „eine innere Verbindung zwischen dem wiedergegebenen Muster und eigenen Gedanken des Zitierenden“ bestehe und die Abbildung der „geistigen Auseinandersetzung“ mit dem geschützten Produkt diene. Nach dem BGH erfolgte die Abbildung des Designs des ICE 3 nur zu Werbezwecken und ohne geistige Auseinandersetzung. Außerdem habe zwischen dem abgebildeten ICE 3 und der dargestellten Leistung keine innere Verbindung bestanden, da die erstellte Anlage nicht für den ICE 3, sondern für den ICE 1 entworfen wurde.

 

Die Konsequenz aus dem Urteil des BGH:

 

  1. In Zukunft müssen Unternehmen noch strenger prüfen, ob Dritterzeugnisse, die in Prospekten abgebildet werden, geschmacksmusterrechtlich geschützt sind. Das gilt besonders dann, wenn kein direkter inhaltlicher Zusammenhang mit der beworbenen Ware oder Dienstleistung besteht, sondern die Abbildung nur zu Werbezwecken verwendet wird.
  2. Die BGH-Entscheidung zeigt, dass das Geschmacksmusterrecht eine effektive Möglichkeit bietet, Produktdesigns zu schützen.

Pferde werden teurer – Pferdefleisch wahrscheinlich nicht

Montag, 30. Januar 2012
Download PDF

Pferde werden bald teurer, denn der bisher ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Pferde von 7 % soll auf den Regelsteuersatz von 19 % angehoben werden. Ab 1. Juli 2012 soll, wenn das am 25. Januar 2012 von CSU und CDU eingebrachte Gesetz vom Bundestag verabschiedet werden wird, auf „sämtliche Lieferungen, Einfuhren und innergemeinschaftlichen Erwerbe von Pferden“, der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19% erhoben werden. Diese Anhebung werden auch die übrigen Parteien nicht verhindern können. Denn die Gesetzesänderung ist zwingend notwendig, da die EU-Kommission wegen des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Pferde vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland erhoben und Recht bekommen hat (EuGH – Urteil vom 03.03.2011, Aktenzeichen: C-41/09 ). Nach dem EuGH ist die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes nur dann zulässig, „soweit das einzelne Tier zur Herstellung von Nahrungs- oder Futtermitteln oder zum Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt ist“.

Der Preis für Pferdefleisch dürfte damit gleichbleiben, was aber wohl nur den Liebhaber echten rheinischen Sauerbratens erfreuen dürfte.

Landgericht Bückeburg entscheidet in Kürze über Verwirkung der Vergütung von Testamentsvollstreckern

Mittwoch, 25. Januar 2012
Download PDF

Das Landgericht Bückeburg wird noch in diesem Jahr darüber entscheiden, ob Testamentsvollstrecker ihren Anspruch auf Vergütung verwirkt haben. In einem von uns für eine Erbin angestrengten Verfahren haben vier Herren als frühere Testamentsvollstrecker (in einem von uns geführten Verfahren hat das Nachlassgericht 2006 die Herren aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen) dem Nachlass in erheblichem Umfang Gelder entnommen, ohne dafür, wie im Testament angeordnet, einstimmige Beschlüsse gefasst zu haben. Ein Testamentsvollstrecker versucht widerklagend, trotz eines gegen ihn entschiedenen Verfahrens, noch immer, seine Vergütung auf Basis eines Zeithonorars zu fordern. Das OLG Celle hatte diesem Versuch bereits in einem anderen Verfahren des Testamentsvollstreckers, allerdings auch gegen die von uns vertretene Erbin, eine klare Absage erteilt.

Es spricht viel für die Verwirkung. Wir werden über das Ergebnis berichten.

Videokonferenzen – der Fluch der Technik

Mittwoch, 25. Januar 2012
Download PDF

Der Zeitschrift „Steuerconsultant“ gebührt großer Dank. In der Ausgabe 01/2012 findet sich auf den Seiten 46 ff. eine sehr brauchbare Übersicht über Videokonferenzlösungen. Einziger Haken an den vorgestellten Systemen: mit ihnen kann die mündliche Verhandlung nicht ersetzt werden. Die wenigen Gerichte, die überhaupt die technischen Möglichkeiten vorhalten, pochen noch immer auf einer Telefonverbindung. Und das wird teuer; unser Favorit: ivisit, zu finden unter www.ivisit.com Vorteil: gute Qualität, kostenlos).

Videokonferenzen und Recht – beschert uns einen tollen Tag im Finanzgericht in Dessau; zugleich eine Begegnung mit Präsidenten

Mittwoch, 25. Januar 2012
Download PDF

Der Gesetzgeber ist modern, doch was schert‘s die Justiz. Seit Jahren kann die mündliche Verhandlung per Videokonferenz stattfinden. Eine gute Sache: das spart Zeit und Kosten und schont die Umwelt. Der Haken: kaum ein Gericht verfügt über eine solche Anlage. Und ohne die geht es nun einmal nicht. Vorbildlich sind hier die Finanzgerichte zu nennen. Doch auch dort bestätigen Ausnahmen die Regel. Vor einem Verhandlungstermin am 19. Dezember 2011 im Finanzgericht Dessau haben wir höflich angefragt, ob wir auch per Videokonferenzen verhandeln dürften. Videokonferenz, beschied uns ein wenig verdutzt der freundliche Präsident, nein, so etwas habe man nicht. Also sind wir am 19. Dezember 2011 nach Dessau zum FG gefahren, immerhin 900 km an einem Tag hin und zurück. Als wir dann ein paar Wochen später das Urteil in den Händen hielten, haben wir uns gefragt, warum man uns das sehr lapidare Ergebnis nicht am Telefon hätte sagen können. In dem Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung hat das Gericht anscheinend die argumentative Auseinandersetzung gescheut.

Ach, ich vergaß zu erwähnen, dass der als Vorsitzender in der Verhandlung fungierende Präsident des Gerichts stolz berichtete, dass man soviel Arbeit hätte, dass man den Termin am 19. Dezember 2011 so kurz vor Weihnachten noch angesetzt habe; das nenne ich Einsatz und Dienst am Recht; wie toll; dass dem Herrn Präsidenten dabei entgangen war, dass er nur gearbeitet hatte, während ich nicht nur gearbeitet, sondern am Abend 900 km und etliche nicht berechenbare Stunden älter war (was er an unserer Adresse, die wir üblicherweise auf unserem Briefbogen abbilden, einfach hätte erkennen – jedenfalls dank google maps), verwundert schon nicht mehr.

Also dann, wenn’s nicht vorwärts geht, dann eben mit Volldampf zurück in die Steinzeit!!

Der Anwalt als Vollstreckungsschuldner – merkwürdiges Sonderrecht für Anwälte durch das LG Bückeburg geschaffen

Freitag, 06. Januar 2012
Download PDF

Ein früher als Testamentsvollstrecker tätiger Rechtsanwalt wurde vor fast 2 Jahren rechtskräftig zur Zahlung von rd. 55 TEUR an unsere Mandantin verurteilt. Diese Summe hatte er, wie zwei Instanzen feststellten, dem von ihm verwalteten Nachlass rechtswidrig entnommen. Der Kollege hat die Summe bis heute nicht gezahlt. ER hat sich auch nicht um Ratenzahlung bemüht. Wir mussten daher vollstrecken. Im Rahmen der Vollstreckung trug der Kollege vor, er sei unpfändbar und verfüge über kein Vermögen, ohne das zu belegen. Erstaunlicherweise hat der Kollege noch immer die Zulassung als Anwalt. Gegen die Abgabe der e.V. setzte sich der Kollege gerichtlich zur Wehr. Das Amtsgericht gab dem Rechtsmittel nicht statt. Es hielt den Vortrag des Kollegen im Vollstreckungsverfahren für unbeachtlich. Das darauf mit der Sache befasste Landgericht Bückeburg entschied – nach fast sechs Monaten, mehreren Erinnerungen und nicht gehaltenen Zusagen zu entscheiden – per einstweiliger Verfügung. Es gibt dem Kollegen, und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, Gelegenheit, die von ihm geforderten Angaben für eine e.V. nach ZPO vor einem Notar abzugeben. Der Inhalt der Erklärung muss aber der e.V. nach der ZPO entsprechen. Begründung des Gerichts: gibt der Kollege die e.V. nach ZPO  ab, ist er die Zulassung als Anwalt zwingend los, die Abgabe der e.V. vor einem Notar habe das dagegen nicht unbedingt zur Folge, diese Variante sei daher das mildere Mittel. Außerdem wies das Gericht darauf hin, dass der Kollege sich einer Gegenforderung berühme, was auch zu beachten sei.

Wir waren nach Erhalt der Entscheidung nicht nur erstaunt, wir waren für einen kurzen Augenblick sprachlos. Da es ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung nicht gibt, haben wir, vergeblich, zwei Gegenvorstellungen bei dem Landgericht eingereicht. Wir wiesen darauf hin, dass die Frage des Bestehens von Gegenforderungen im Vollstreckungsverfahren nicht geprüft werde. Das ist bekanntlich Sache eines Erkenntnisverfahrens. Wir wiesen weiter darauf hin, dass die Abgabe der e.V. den Schuldner zur Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse anhalten soll. Die einfache Behauptung, „man habe nichts“, ist ja strafrechtlich bewehrt, zu versichern. Weitere unangenehme Konsequenz ist der Eintrag in das Schuldnerverzeichnis. Und selbst wenn der Kollege die e.V. in der Form nach ZPO vor einem Notar abgäbe, dann hätte die Anwaltskammer auch keine andere Wahl, als dem Kollegen die Zulassung zu entziehen.

Das Landgericht blieb aber bei seiner Auffassung. Ob für die Haltung des Landgerichts unser wiederholtes Erinnern im Interesse der Mandantin an eine Entscheidung ursächlich war, wissen wir nicht. Wir warten jetzt ab, wie die notariell beurkundete Erklärung aussehen wird. Ein Trost: unsere Mandantin wurde jedenfalls nicht verpflichtet, die Notarkosten zu zahlen. Der Kollege hat in der Zwischenzeit seine angebliche Forderung per Widerklage geltend gemacht. Da er für dieses Verfahren keinen Kostenvorschuss einzahlen musste, machte es ihm auch nichts aus, die Forderung mit großer Fantasie, wenn auch wenig Substanz, in die Höhe zu treiben.

Wenn man nicht gute Nerven hätte, könnte man den Glauben an das Rechtssystem verlieren: unsere Mandantin hat durch das rechtswidrige Verhalten des Kollegen, dass den Tatbestand der Untreue erfüllen dürfte, einen erheblichen Vermögensverlust erlitten. Der Kollege ist mit klaren Worten rechtskräftig verurteilt worden, den Betrag von rd. 55 TEUR samt Zinsen an unsere Mandntin zu zahlen. Es ist Geld, das er rechtswidrig dem Nachlass entnommen hatte. Die Rechtsordnung schützt jetzt aber nicht etwa unsere Mandantin, sondern, unfassbar, den Kollegen, der das Geld dem Nachlass rechtswidrig entnommen hatte, und schont ihn obendrein. Dass man auf diese Art und Weise in wenig sinnvoller Weise Wasser auf die Mühlen von Kollegen gießt, die dem Ansehen der gesamten Anwaltschaft extrem schaden, liegt auf der Hand.  Wir hätten uns gewünscht, wenn das Vollstreckungsgericht ebenso wie das OLG im Erkenntnisverfahren, deutliche Worte für den Kollegen gefunden hätte. Schade…

Bundespräsident Wulf – eine tragische Figur – zum Pech kommt Unvermögen

Freitag, 06. Januar 2012
Download PDF

Es gibt in der Geschichte viele tragische Figuren. Christian Wulf hat gute Chancen, die nächste Person zu sein, die tragisch aus hohem Amt tief stürzen wird. Allerdings werden in diesem Zusammenhang viel zu wenig die Medien und ihre Rolle dabei beachtet. Wer die letzten Wochen die Medien kritisch begleitet hat, der wird mit Erschrecken feststellen, wie Medien es in unserer freien Gesellschaft schaffen, Personen auf perfide Weise ins Aus zu stellen und es sich dabei nicht nehmen lassen, auf so niedere Instinkte wie den Neid der Menschen zu setzen.

Erinnern wir uns zurück, worin der konkrete Vorwurf besteht: angeblich habe Wulf eine “Geschäftsbeziehung” zu einem Unternehmer verschwiegen. Schon dieser Vorwurf ist nicht haltbar. Denn es hat keine Geschäftsbeziehung zu dem Unternehmer gegeben. Es hat ja noch nicht einmal eine Rechtsbeziehung gegeben. Man wird unterstellen dürfen, dass die damals an Wulf gerichteten Fragen wohl überlegt und präzise formuliert worden sind. Sonst müssten die Fragesteller sich Unprofessionalität vorwerfen lassen müssen. Also wurden die Fragen auch korrekt beantwortet. Ob das so war, wird durch den Landtag und die dortigen Gremien zu klären sein: Ende der Durchsage.

Davon zu differenzieren ist die Frage, ob für einen Politiker – allein für die oft zitierte Glaubwürdigkeit – andere Maßstäbe gelten, an denen er sich messen lassen muss. Eine noch andere Frage ist, ob es klug war, das von der Ehefrau des Unternehmers gewährte Darlehen nicht zu erwähnen.

Aber auch hier ist das oft bemühte Argument der für Poltiiker geforderten Glaubwürdigkeit so eine Sache. Denn zum einen ist das mit poltical correctness so eine Sache. Was ist das für ein Maßstab und wer bestimmt ihn ? ist das ein Recht neben dem Recht? und wenn etwas rechtmäßig ist, kann es denn dann falsch sein ? ich sage klar: “NEIN, das kann es nicht. Denn sonst leben wir in einer Bananenrepublik. Denken wir das Thema zu Ende, würde das bedeuten: ein Verhalten könnte dann auch bestraft werden. Denn auch wenn es rechtmäßig war, könnte es ja dennoch falsch gewesen sein, weil nichr “korrekt”. Wir merken, dass hier die Konturen nicht nur verschwimmen, sondern dass wir am Ende zu einem Ergebnis kommen, dass uns allen Angst machen sollte.

Und welcher Politiker ist denn überhaupt glaubwürdig ? können Politiker glaubwürdig sein, die vor der Entwicklung in unserem Land die Augen verschließen und z.B. ja auch heute noch enrsthaft gegen jede Mathematik behaupten, die Renten seien sicher ? oder die uns seit Jahrzehnten versprechen, dass wir ein einfacheres Steuersystem bekommen ? oder die steigende Benzinpreise für gar nicht so schlimm halten, weil das die Einnahmen des Staates erhöht ?

Christian Wulf hatte also aus meiner Sicht das Pech, dass ihn eine bestenfalls  zum Neidthema taugende story aus der Vergangenheit einholte. Das Thema wäre aber wahrscheinlich schnell wieder vergessen gewesen, wenn sich, ja wenn sich nicht die Medien kollektiv auf ihn gestürzt hätten. Dank schlechter eigener Pressearbeit hat Wulf sich mit allem, was er getan hat, nur noch weiter ins Aus geschossen. Aber auch das ist das Ergebnis der unfairen Methoden der Medien.

Wie können zwei Reporter, wie im Fernsehen gesendet und von über 10 Mio. Zuschauern verfolgt, ein Interview mit einem Bundespräsidenten zu einem Verhör umfunktionieren. Und wie kommt eine Interviewerin dazu, sich im Eifer ihrer Moralpredigt zu der Behauptung hinreißen zu lassen, sie zahle für die Unterkunft, wenn sie bei Freunden übernachte! Entweder stimmen die Maßstäbe nicht mehr oder es war einfach schlichte Blödheit, so etwas zu sagen. Auch das zeigt, in welcher verlogenen Gesellschaft wir leben. Um einem anderen unlauteres Verhalten nachweisen zu können, nimmt man einen solchen Blödsinn auf sich ? ich fordere die sofortige Entlassung der Reporterin wegen Unfähgkeit.

Den Medien ist vorzuwerfen, eine regelrechte Jagd auf Wulf  zu veranstalten. Sagt er nichts, wirft man ihm vor, dass er schweigt. Sagt er was, wird sofort alles auf die Goldwaage gelegt und in absurdester Weise hinterfrag (was sinbd das eigentlich für Persönlichkeitsstrukturen, die dabei zutage treten? sind das Menschen, die einen extremen Hang zur Schadenfreude haben?)  Kommen von Wulf neue Erklärungen oder eben nicht, geht das Spiel in die nächste Runde.

Pressefreiheit ist ein hohes Gut, sie ist aber zugleich auch Verpflichtung, sich nicht einfach einem Herdentrieb anzuschließen und auf Personen einzudresschen und dabei jeden Maßstab und jeden Respekt zu verlieren. Wenn man an Christian Wulf als Bundespräsidenten hohe Anforderungen stellt, dann sollte man das auch in der Berichterstattung über ihn so halten. Hier gelten aber offenbar nicht die gleichen Maßstäbe.

Soweit Wulfs Pech. Wenn ihn zur tragischen Figur werden lösst, ist sein Unvermögen, mit der Situation richtig umzugehen. Als Staatsoberhaupt kann er zu diesen Dingen nicht schweigen. Er hat aber die Chance verpasst, in einer Stellungnahme eine Erklärung abzugeben, der keine weiteren Erklärungen mehr hätten folgen müssen und dürfen. Und wenn die Mediene eine Zeitlang weitergebohrt hätten, in kurzer Zeit hätte sich die alte Weisheit bestätigt, dass morgen die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird. So aber hat der immer etwas ungelenke und steife Christian Wulf den Medien immer neue Steilvorlagen gegeben, um auf ihn erneut einzudreschen, zuletzt die wirklich dilettantischen Anrufe bei mehreren Vertrteten der Presse.

Die Medien haben natürlich auch des Deutschen liebstes Kind, den Neid, gut bedient. Ein angeblich viel zu zinsgünstiger Kredit (den will ich auch haben!!), Urlaube bei “reichen Freunden” und und und. Als hätten wir keine spannenderen Themen. Ich komme mir bald vor wie im alten Rom, in dem man den plebs mit Brot und Spielen ruhig hielt. Das geschieht bei uns aber doch ohenhin schon, dafür müssten wir nun wirklich keinen Bundespräsidenten verprügeln, egal von welcher Partei er ist und wie er heißt. Denn sonst müssen wir uns nicht wundern, dass Werte wie Respekt auch an anderen Ort mit den Füßen getreten werden.

Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. Meine Prognose: Wulf bleibt im Amt, denn er kann nur Politiker. Und ohne Amt bleibt nichts übrig. Das haben in der Geschichte schon viele Personen gezeigt, die sich nur durch ihr Amt oder ihre Position definiert haben. Ohne die damit verbundenen Insignien standen sie auf einmal wie entzaubert da.