Archiv für Februar 2012

coole neue App für Rechtsanwälte schult gutes Benehmen; in der Vollversion wird die haarscharf an der Beleidigung vorbeigehende Formulierung vorgeschlagen

Sonntag, 26. Februar 2012
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Wir hatten  an dieser Stelle bereits über die bei manchen Juristen anzutreffende Problematik mit dem Benehmen gesprochen. Die zuletzt zitierte Entscheidung des AGH in unserem Beitrag: „wenn Benehmen Gücksache ist,.…“  gibt dankenswerterweis eine sehr gute Richtschnur. Wir setzen diese Richtschnur jetzt für Sie praktisch um. Mit einem namhaften Sofwarehaus entwickeln wir eine App für Anwälte, die auch Ihnen den sichersten Weg zeigt. Wer bislang Probleme mit dem Benehmen hatte und kein Fettnäpfchen ausließ, dem kann geholfen werden. Die App kann jeder sofort intuitiv bedienen. Einfach die beabsichtigte Formulierung in die App eingeben, und schon beginnt die Prüfung. Grünes Licht bedeutet: die Formulierung ist bedenkenlos, rotes Licht bedeutet : die Formulierung ist nicht tragbar; zugleich wird aber die gerade noch korrekte Formulierung angezeigt (haarscharf an der Beleidigung vorbei). Bei gelbem Licht gilt: die Formulierung könnte zu Problemen führen. Für Mutige heißt das: trotzdem so schreiben, für alle anderen gilt: durch Druck auf die Taste „R“ wird eine neue unbedenkliche Formulierung vorgeschlagen, die gerade haarscharf an der Beleidigung vorbeigeht.

Die App gibt es in einer kostenlosen Version, die aber nur den grünen und den roten Button, den allerdings ohne die praktische Vorschlagsvariante, enthält. Die Vollversion kostet einmalig 7,92 €. Nach positivem Ablauf unserer internen Testphase wird die Produktion anlaufen. Lassen Sie sich schon jetzt bei Apple im Store vormerken.

OLG Düsseldorf schafft mit jetzt veröffentlicher Entscheidung weitere Klarheit zum Zeithonorar für Anwälte (Stundensatz in der Entscheidung: 295 €)

Sonntag, 26. Februar 2012
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Das OLG Düsseldorf hat mit Beschl. vom 06. 10. 2011 (24 U 47/11, NJW 2012, 621) weitere Klarheit in die Landschaft der Zeithonorare gebracht. Dabei sind an die Abrechnung eines wirksam vereinbarten Zeithonorars regelmäßig die folgenden formellen Anforderungen zu stellen, um die Vergütung einforderbar zu machen:

  • Bezeichnung der Angelegenheit; bei mehreren gleichzeitig abgerechneten Angelegenheiten Auftrennung der Abrechnung nach jeder einzelnen Angelegenheit
  • Vorlage eines Leistungsverzeichnisses (time-sheet), das den jeweils abgerechneten Zeitaufwand einer bestimmten Tätigkeit zuordnet, die schlagwortartig zu bezeichnen ist
  • Berechnung des Zeithonorars (gesamter Zeitaufwand x Stundensatz = Zeithonorar)

Hinzu kommen die Berechnung der USt und, banal aber wichtig: die Unterschrift des Anwalts.

Zu den Anforderungen an das time sheet führt das OLG aus:

In den beigefügten Leistungsbeschreibungen hat die Kl. zeitlich geordnet die Bearbeitungszeiträume der einzelnen Sachbearbeiter aufgelistet und diese jeweils mit einer Tätigkeitsbeschreibung versehen. Diese Beschreibungen sind auch unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. insb. Senat, AGS 2006, 530) hinreichend konkret. Sie bezeichnen, soweit es sich um eine nach außen gerichtete Tätigkeit handelt, den jeweiligen Gesprächspartner und bei Schreiben den jeweiligen Adressaten. Des Weiteren genügen auch die Tätigkeitsbeschreibungen zu den von der Kl. für die Erstellung des Gutachtens vom 26. 9. 2008 abgerechneten 74,7 Stunden diesen Anforderungen. Insoweit ist die Angabe ausreichend, dass für einen Vermerk/ein Positionspapier zu „kartell- und beihilferechtlichen“ Fragen der Bekl. recherchiert und dieser/dieses entworfen wurde. Denn hierbei handelt es sich um im Wesentlichen interne Recherchearbeiten zu einem einzigen Komplex mit einer klar abgegrenzten Fragestellung, deren Beantwortung die Bekl. in Auftrag gegeben hatte. Im Rahmen der Leistungsbeschreibung durch den Rechtsanwalt ist insoweit die Angabe, zu welchem Sachverhaltsdetail oder zu welchem rechtlichen Aspekt des Auftrags er zu welcher Zeit recherchiert und welchen Teil des angefertigten Vermerks er jeweils gerade bearbeitet hat, nicht zu fordern. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt erheblich von demjenigen, der dem Senatsurteil vom 29. 6. 2006 (AGS 2006, 530) zu Grunde lag. Dort hatte der Rechtsanwalt mehrere Komplexe zu bearbeiten, in seinen Tätigkeitsbeschreibungen aber nicht ausreichend differenziert, in welcher Angelegenheit er tätig geworden war.“

Und zur Darlegung des Zeitaufwandes heißt es in dem Beschluss weiter:

Deshalb erfordert eine schlüssige Darlegung der geltend gemachten Stunden, dass über pauschale Angaben hinaus die während des abgerechneten Zeitintervalls getroffenen Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise dargelegt werden (BGHZ 184, BGHZ Band 184 Seite 209 = NJW 2010, NJW Jahr 2010 Seite 1364; OLG Düsseldorf, AGS 2006, 530). Insoweit ist z. B. etwa anzugeben, welche Akten und Schriftstücke einer Durchsicht unterzogen, welcher Schriftsatz vorbereitet oder verfasst wurde, zu welcher Rechts- oder Tatfrage welche Literaturrecherchen angestellt oder zu welchem Thema mit welchem Gesprächspartner wann eine fernmündliche Unterredung geführt wurde (BGHZ 184, BGHZ Band 184 Seite 209 = NJW 2010, NJW, Jahr 2010 Seite 1364).“

Pauschales Bestreiten des Beklagten genügte dem OLG  zu recht nicht, insbesondere, wenn es um Telefonate ging, die mit dem Beklagten geführt worden waren.

Quintessenz: zu empfehlen ist eine zeitnahe Zeitaufschreibung, am besten über ein entsprechendes EDV – System mit Stoppuhr, und die schlagwortartige Bezeichnung der Tätigkeit. Die Bezeichnung muss präzise und erschöpfend sein. Dann kann sie durchaus kurz gehalten sein. Den Kolleginnen / Kollegen, die es noch nicht machen, ist zu empfehlen, den Mandanten während der Bearbeitung des Mandates zu unterrichten.

Auch die Kollegen, die nach RVG abrechnen, sollten ihre Zeiten aufschreiben. Ohne Zeiterfassung ist eine Nachkalkulation und eine Steuerung des Kanzlei unmöglich. Die Zeiterfassung muss für eine sinnvolle Kanzleiführung alle Zeiten erfassen, also auch die nicht berechenbaren.

 

 

 

Nachtrag zum „Benehmen von Rechtsanwälten“

Freitag, 24. Februar 2012
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In den BRAK-Mitteilungen 1/2012 war es vollständig auf Seite 430 ff. nachzulesen. Unter Ziffer 5 des von dem Kollegen der Gerichtsvollzieherin übersandten Schreibens heißt es wörtlich:

„5. Schließlich erwarte ich, dass Sie künftig die Bewertung, was bei einer Forderungsaufstellung tunlich ist oder nicht, denen überlassen, die über die gebotene Sachkunde verfügen. Da die Besoldungsgruppe 8 nicht einmal das Abitur voraussetzt, könnte Ihre Äußerungen als anmaßend verstanden werden.“

Wie bereits berichtet, sah der Anwaltsgerichtshof („AGH“) in dieser Äußerung zwar eine berufsrechtswidrige Tendenz. Eine Unsachlichkeit der Äußerung setzt aber eine strafbare Beleidigung voraus. Eine nur polemisch und überspitzte Kritik sei aber keine strafbare Beleidigung. Insgesamt sah der AGH das Schreiben als noch sachbezogen an. Die Entscheidung des AGH kann daher als „Richtschnur“ oder als „Trennlinie“ zwischen zulässigem und nicht mehr zulässigem Verhalten dienen.

Steuerberaterhaftung – nur die steuerliche Beratung im Einzelfall schützt Steuerberater vor Schäden

Freitag, 24. Februar 2012
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Mit Urteil vom 20. Februar 2009 (25 U 69/08) entscheid das OLG Hamm, dass ein Steuerberater wegen unterlassener Beratung auf Schadensersatz haftete. Die Klägerin nahm den Steuerberater auf Schadensersatz in Anspruch mit der Begründung, der Steuerberater habe ihn nicht auf die Neuregelung des § 13 b UStG (die sogenannte Umkehr der Steuerschuldnerschaft) hingewiesen. Das Landgericht hatte die Klage nach Vernehmung von Zeugen noch abgewiesen. Zwar sei § 13 b UStG auf die Klägerin anwendbar gewesen. Auch sei der beklagte Steuerberater verpflichtet gewesen, die Klägerin auf die Änderung hinzuweisen. Das LG konnte aber nicht feststellen, dass dieser Hinweis unterblieben war.

Das sah das OLG Hamm anders. Mit dem LG ging das OLG zunächst davon aus, der Steuerberater sei verpflichtet gewesen, die Klägerin auf die Änderungen im Zusammenhang mit der Einführung des neuen § 13 b UStG (Umkehr der Steuerschuldnerschaft) hinzuweisen. Maßgebend für das OLG war, dass für den beklagten Steuerberater erkennbar gewesen sei, dass die Klägerin in einem Bereich tätig war, der dem § 13 b UStG unterfalle.

Soweit der beklagte Steuerberater vorgetragen hatte, er habe die Klägerin per E-Mail mit einer Power-Point-Präsentation über die Neuregelung des § 13 b UStG unterrichtet, half dem beklagten Steuerberater das nach Auffassung des OLG nicht. Nach Auffassung des OLG sind Belehrungen angesichts der Kompliziertheit und Unübersichtlichkeit der steuerrechtlichen Materie grundsätzlich mündlich zu erteilen. Zwar könne im Ausnahmefall auch eine schriftliche Belehrung reichen, die nach Behauptung der Beklagten gewillte Methode, eine gewählte Power-Point-Präsentation per E-Mail zu versenden, genüge jedenfalls nicht. Zum einen sei nicht sichergestellt, dass der Empfänger der E-Mail diese überhaupt zur Kenntnis nimmt. Zum anderen müsse kontrolliert werden, ob der Empfänger die E-Mail nicht nur erhalten, sondern auch die Bedeutung erfasst und den Inhalt zur Kenntnis genommen habe. Außerdem müsse nach dem OLG die steuerliche Beratung auf den Einzelfall bezogen sein.

Das Urteil des OLG zeigt für Steuerberater erhebliche Haftungsrisiken auf. In der Sache meinen wir allerdings, dass die Entscheidung des OLG an der Realität vorbei geht. Allein die Ausführungen des OLG zur Kommunikation per E-Mail zeugen von einem überholten Verständnis. Die Kommunikation per E-Mail hat heute insbesondere in Steuerberatungskanzleien die Kommunikation per Post oder Telefax weitgehend abgelöst. Bei Versand von E-Mails eine spezielle Kontrolle zu verlangen, dass der Empfänger die E-Mail auch erhalten hat, überspannt die Anforderungen. Eine solche Kontrolle ist auch nicht für den Versand von Schreiben per Post oder von Telefaxen von der Rechtsprechung gefordert worden.

Ebenso erstaunlich ist die Aussage des OLG, die Aufklärung sei grundsätzlich mündlich geschuldet. Hier sollte der kundige Thebaner doch eher davon ausgehen, dass eine verständliche schriftliche Aufklärung viel sinnvoller ist. Aber auch hier ist Steuerberatern der sicherste Weg zu empfehlen: Beratung über die Risiken im persönlichen Gespräch mit anschließender schriftlicher Dokumentation. Es ist teilweise erschreckend, wie nachlässig Steuerberater in diesem Bereich arbeiten.

Wikipedia als Fachliteratur – was ist gerichtsbekannt und was bedarf einer Beweisaufnahme?

Donnerstag, 23. Februar 2012
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Gerichte können bei der Beweisaufnahme auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichten, wenn eine Tatsache gerichtsbekannt ist. Dies kann das Gericht aber nur dann, wenn es eigene Sachkunde hinsichtlich der Beweismaterie besitzt. Bei der Gerichtskenntnis kann das Gericht sich auch auf Fachliteratur stützen. Wenn es seine Beurteilung aber allein auf die Auswertung von Fachliteratur stützt, muss es in seiner Entscheidung darlegen, dass es hierfür die erforderliche Sachkunde besitzt (BGH-Urteil vom 10.05.1994, Aktenzeichen: VI ZR 192/93). Es muss also ein Zusammenhang zwischen eigener Sachkunde des Gerichts und der Fachliteratur bestehen. Ein Tatsache als gerichtsbekannt darzustellen, nur weil das Gericht die Fachliteratur gelesen hat, reicht nicht aus.

Beim Amtsgericht (AG) Köln hatte man damit aber anscheinend kein Problem. Denn das AG gab in seinem Urteil vom 20. April 2011 (Aktenzeichen: 201 C 546/10) an, es sei gerichtsbekannt, dass

„Epoxidharz Komponenten enthält, die gesundheitsschädlich sind“.

Seine Kenntnis hatte sich das Gericht, dies gab es in der Begründung seines Urteils ausdrücklich an, allein aus einem Wikipedia-Artikel zum Thema Epoxidharz erworben. Dass Wikipedia-Einträge kaum als Fachliteratur anzusehen sind, weil sie (oft) nicht wissenschaftlich fundiert sind und außerdem (oft) von Laien eingestellt werden, hat das Gericht übersehen. Übersehen hat das Gericht zudem auch, dass Wikipedia in dem Artikel unter dem Punkt: „Gesundheit“ selbst ausdrücklich darauf hinweist, dass der

Artikel oder nachfolgende Abschnitt […] nicht hinreichend mit Belegen (bspw. Einzelnachweisen) ausgestattet

ist.

Wir meinen, und dass war wohl auch die Auffassung des BGH (vgl. BGH-Urteil vom 23.11.2006, Aktenzeichen: III ZR 65/06), dass ein Gericht nicht einfach einen Wikipedia-Artikel zu einem streitigen Thema lesen und den dort vertretenen Inhalt als wahr und als gerichtsbekannt darstellen kann. Bei streitigen Fachthemen, und hierher gehört auch die Frage der Gesundheitsgefährlichkeit von Epoxidharz, kann nur ein Sachverständiger entscheiden. Wikipedia kann einen Sachverständigen nicht ersetzen.

Impressumpflicht im Internet

Donnerstag, 23. Februar 2012
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Die Inhaltsanforderungen an ein Impressum auf einer Homepage ergeben sich aus § 5 Telemediengesetz (TMG). Zu den zwingenden Angaben gehören bei Gesellschaften auch die Registernummer und das Registergericht. Man sollte meinen, dass dies mittlerweile allgemein bekannt ist. Dass die nicht so ist, zeigen diverse Gerichtsverfahren.

Wer Pflichtangaben unterlässt, ist ein gefundenes Fressen für Abmahner. Denn das Unterlassen von Pflichtangaben ist wettbewerbswidrig. Zwar scheitern die Klagen der „Abmahner“ dann oft an der Relevanzklausel des § 3 Abs. 1 UWG, weil nur solche unlauteren geschäftlichen Handlungen unzulässig sind, die auch geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Diese Spürbarkeitsschwelle wird in den meisten Fällen nicht überschritten. Da es aber auch Fälle gibt, in denen die Gerichte die Spürbarkeitsschwelle als überschritten ansehen, wie z.B. das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss vom 13.3.2008, Az.: I-4 U 192/07), sollte man auch bei den Pflichtangaben im Impressum nicht nachlässig sein. Denn Abmahnungen sind lästig und die Abmahnkosten hoch.

Ein besonderes Augenmerk auf die Impressumspflicht sollte diejenigen Unternehmen legen, die sog. „Social-Media-Kanäle“ wie z.B. Facebook geschäftlich nutzen. Denn auch die geschäftlich genutzte Facebookseite erfordert ein vollständiges Impressum.

EuGH-Urteil zum Urheberrecht: EuGH lehnt Vorkontrolle durch Filter ab

Donnerstag, 23. Februar 2012
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Nach einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 16. Februar 2012 (Az: C‑360/10) können Betreiber von sozialen Netzwerken, aber auch Betreiber anderer Internetplattformen, aufatmen. Denn nach der Entscheidung des EuGH können sie nicht gezwungen werden, einen Filter gegen Urheberrechtsverstöße zu installieren.

Diese Auffassung vertrat vor dem EuGH die belgische Verwertungsgesellschaft Sabam, die gegen Netlog, einen niederländischen Betreiber eines sozialen Netzwerks, klagte. Das mit dem Verfahren betraute belgische Gericht wollte deshalb vom EuGH geklärt wissen, ob ein national (oder gerichtlich) angeordnetes Filtersystem gegen Unionsrecht verstoßen würde. Der EuGH entschied dazu unter anderem, dass

ein Filter, der die unzulässige Nutzung musikalischer und audiovisueller Werke verhindern soll, gegen das Verbot verstößt, einem Anbieter eine allgemeine Überwachungspflicht aufzuerlegen.

Der EuGH begründete seine Entscheidung damit, dass eine präventive Kontrolle auf eine allgemeine Überwachung aller gespeicherten Informationen hinaus liefe und eine solche Überwachung gegen die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr verstoßen würde. Ein solches Filtersystem würde den Betreiber verpflichten,

eine aktive Überwachung fast aller Daten sämtlicher Nutzer seiner Dienste vorzunehmen, um jeder künftigen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vorzubeugen,

was nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 aber verboten ist. Zudem würde ein solcher Filter den Betreiber zwingen,

„ein kompliziertes, kostspieliges, auf Dauer angelegtes und allein auf seine Kosten betriebenes Informatiksystem“

einzurichten, was gegen die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/48 verstoßen würde. Nach dieser Richtlinie dürfen die Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums nicht unnötig kompliziert oder kostspielig sein. Außerdem würde eine solche Anordnung zu einer Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit führen.

Das Urteil wird die Betreiber der meisten Internetseiten freuen, bietet es doch mehr Rechtssicherheit. Denn das Urteil macht zum einen noch einmal deutlich, dass Betreiber von Internetplattformen grundsätzlich erst einmal nicht für den vom Nutzer eingestellten Inhalt verantwortlich sind, wenn Sie keine Kenntnis davon haben. Zum anderen, und dies ist der wichtigere Punkt, müssen Betreiber solcher Seiten nicht die vorhanden technischen Möglichkeiten ausnutzen, um Verletzungen des Urheberrechts zu vermeiden. Kostspielige Filtersysteme muss ein Betreiber also nicht einbauen.

Die Befürworter des Acta, also des „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“ (=Internationales Handelsabkommen zur Bekämpfung von Produktfälschungen und Urheberrechtsverletzungen) , die für mehr Einschränkungen kämpfen, dürfte die Entscheidung des EuGH wahrscheinlich weniger freuen.

Der Streit um des Kaisers Bart – das Ringen um die Formulierungen – weit verbreitet, auch wenn es bei genauem Hinsehen nicht darauf ankommt

Mittwoch, 22. Februar 2012
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Dass Juristen als Personen gelten, die keine Probleme lösen, sondern entweder a) welche schaffen, wo es bislang keine gab, oder b) den bereits vorhandenen weitere hinzufügen, ist nicht nur eine weit verbreitete Meinung. Wir konnten das vor kurzem live erleben, wobei auch wir uns nicht davon freisprechen möchten, dass wir uns „vergaloppieren“ können. Was war passiert? Über einen längeren Zeitraum dauernde Verhandlungen über eine außergerichtliche Einigung zwischen vier Parteien neigten sich aufgrund einer gesetzten deadline dem Ende zu. Die Vereinbarung stand. Leider hatte einer der Kollegen in guter Absicht kurz vor Schluss noch gemeint, eine aufschiebende Bedingung einfügen zu müssen. Da diese so keinen Sinn machte, man aber davon ausging, dass der Kollege sie unbedingt haben wollte, wurde sie geändert. Ein weiterer Kollege beschwerte sich darauf wegen der geänderten  Klausel bei mir und kündigte an, den deal platzen zu lassen. Ausführlich erläuterte er mit, wie unsinnig die Fassung der Klausel sei und wie man sie fassen müsse. Nachdem ich dem Kollegen gesagt hatte, dass die Klausel nicht von mir stammte und sich der – fachlich sehr gute – Kollege beruhigt hatte, gelang es mir, mit ihm über die Sache zu sprechen (was wollen Sie, wo ist die Lösung?). Mit dem Vorschlag schließlich, die aufschiebende Bedingung nicht noch weiter zu ändern, sondern einfach herauszunehmen, waren dann alle einverstanden und die Vereinbarung war geschlossen.  Wären nicht alle so vernünftig gewesen, wir würden uns noch heute über die Fassung der Bedingung unterhalten.

Wulff, der etwas andere Nachruf – Der Blick von außen ist wie so oft sehr hilfreich

Samstag, 18. Februar 2012
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Man kann über Christian Wulff denken, was man will, und man kann von ihm auch halten, was man will. Man kann aber nur hoffen, dass in Deutschland jetzt endlich einmal eine Diskussion über die Macht und die Rolle der Presse (und in dem Gefolge über Behörden) beginnt. Denn die Presse ist der eigentliche Verlierer ihrer eigenen Hetzkampagne. Das bestätigt ein Blick über den Tellerrand, zu dem aber wohl in ihrer Wut, ihrem Eifer und dem Neid  nicht viele fähig sind. Die Neue Zürcher Zeitung beschreibt die unrühmliche Presse in ihrem Kommentar vom 18.02.2012 „zur Strecke gebracht
http://www.nzz.ch/nachrichten/startseite/zur_strecke_gebracht_1.15125869.html
als hormongesteuerte „Meute„. Gut beobachtet schreibt die NZZ:

„Andere führen Krieg und rotten ganze Völker aus. Deutschland hingegen leistet sich den Luxus, sich über der Harmlosigkeit seines Staatsoberhauptes wochenlang selbst zu lähmen. Während draussen in der Welt Millionen um ihr Überleben kämpfen, ihr soziales Gefüge zerbrechen sehen und Seuchen, Wirbelstürme und Schlächtereien zu erdulden haben, ergehen sich die politische Klasse und die Medien in unserem Nachbarland in eitlen Balzritualen und Empörungsexerzitien in einem Fall, der an Trivialität und Biederkeit fast nicht mehr zu überbieten ist. Wer dieses Getöse und Gezeter nun monatelang zu ertragen hatte, kann nur sagen: Gott erbarm Dich unser und lass uns gründlich darüber nachdenken, was wir der Welt für ein Schmierenstück geliefert haben. Christian Wulff, der ungelenke und glücklose Bundespräsident, ist zur Strecke gebracht worden.“

Und weiter heißt es treffend:

„Hinter dem fast täglichen Theater um neue «Enthüllungen», die man kaum mehr goutieren konnte, steckte nichts anderes als der Furor einer selbstgerechten Meute, die Blut geleckt hatte. Man wollte das Opfer, auf welches man Anspruch erhob, um jeden Preis – ein fast hormoneller Mechanismus“

Zum Schluss weist die NZZ darauf hin, dass viele der selbst ernannten Saubermänner offenbar die Maßstäbde, die sie an andere ganz selbstverständlich anlegen, genauso selbstverständlich für sich nicht gelten lassen wollen:

„Kein Gegenstand ist zu trivial, kein Argument zu fadenscheinig, als dass die Gegner Wulffs sie nicht ausgewalzt hätten. So überrascht auch nicht, dass niemand sich heute der wirklich grossen Affären in der deutschen Nachkriegsgeschichte erinnern will, all der Amigo-Betrügereien in Bayern, der Parteispenden-Millionenskandale, der Fahrten und Flüge und tausend andern Gefälligkeiten, die – wenn man dieselben ethischen Standards anwenden würde – zur Entlassung der halben politischen Elite in Deutschland führen müssten. Und vielleicht könnten jetzt die Moralbuddhas der Medien nach geschlagener Schlacht auch einmal mit ähnlichem Drang darlegen, wie sie sich selbst vom Lockstoff all der Verlockungen und Verführungen betören lassen, denen sie als Journalisten nur allzu oft unterliegen – von Einladungen der tollsten Sorte, Reisen und Rabatten in einem Ausmass, das bei fast allen andern Erwerbszweigen die Schamröte hochtriebe. Wer derart exponiert im Glashaus der Tugend sitzt, sollte sehr vorsichtig mit Anschuldigungen umgehen. Eigenartig, wie viele Augen da plötzlich blind sind.“

Bevor jetzt ein neuer Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten gekürt wird, sollte man vorsorglich alle Politiker von der Presse auf zu früh gelieferte PKWS (Probefahrten auch !!), Rabatte, upgrades, Weinpräsente, nicht bezahlte Übernachtungen und ähnliche den Verdacht der Bestechlichkeit nährende Geschenke scannen lassen. Vielleicht bleibt dann sowieso nur noch einer übrig. Und den könnten wir dann ja zum Kasier wählen, der alle Funktionen aller anderen Politker übernehmen könnte. In diesem Sinne Helau und Alaaaaaaf !

 

 

Aus aktuellem Anlass – Abzocke mit Brachenbucheinträgen

Montag, 13. Februar 2012
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Ein beliebte Masche in- und ausländischer Unternehmen ist es, Gewerbetreibende mit irreführenden Werbeschreiben, bei denen zum einen ein genauer Hinweis auf die Entgeltlichkeit fehlt und zum anderen die Aufmachung an Behördenschreiben erinnert, zum Abschluss von teuren, aber vollkommen wertlosen Branchenbucheinträgen zu bringen.

Mit Urteil vom 30.06.2011 hat der Bundesgerichtshof (Az.: I ZR 157/10) entschieden, dass

„ein formularmäßig aufgemachtes Angebotsschreiben für einen Eintrag in ein Branchenverzeichnis, das nach seiner Gestaltung und seinem Inhalt darauf angelegt ist, bei einem flüchtigen Leser den Eindruck hervorzurufen, mit der Unterzeichnung und Rücksendung des Schreibens werde lediglich eine Aktualisierung von Eintragungsdaten im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses vorgenommen, gegen das Verschleierungsverbot des § 4 Nr. 3 UWG sowie gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG verstößt“.

Zur Begründung führt der BGH aus, dass das

beanstandete Anschreiben […] bei flüchtiger Betrachtung, auf die es die Beklagte gerade abgesehen hat, den unzutreffenden Eindruck [erwecke], die beworbene Leistung sei bereits bestellt. Ist die Werbung aber gerade auf diesen flüchtigen Eindruck ausgerichtet, kann – ebenso wie bei einer „dreisten Lüge“ – auch davon ausgegangen werden, dass ein ausreichender Teil des in dieser Weise angesprochenen Verkehrs getäuscht wird.“

Die Entscheidung ist zu begrüßen, denn es stärkt die Rechte der Betroffenen. Außerdem dürfte das BGH-Urteil auch auf die Fälle übertragbar sein, in denen nicht darüber getäuscht wird, dass eine Leistung bereits bestellt sei, sondern in denen über die Entgeltlichkeit oder, durch die Aufmachung als behördliches Schreiben, über den Absender des Schreibens getäuscht wird. Denn wie die Praxis zeigt, wird auch in diese Fällen ein großer Teil des Gewerbetreibenden über den wahren Hintergrund des Schreibens getäuscht.