Archiv für April 2012

Was Sie sich schon immer gedacht, aber niemals zu sagen gewagt haben: Deutschland (k)eine Bananenrepublik? Prüfungsanordnung eines Finanzamts vom BFH wegen Willkür aufgehoben

Samstag, 28. April 2012
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Wer als Steuerpflichtiger schon immer das Gefühl hatte, dass Finanzbeamte, und insbesondere Angehörige der Prüfungsdienste, nicht frei von Neid sind, der fühlt sich durch eine vor kurzem ergangene Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) bestätigt. Mit Urteil vom 28. September 2011 (VIII R 8/09) hat der BFH entschieden, dass die Anordnung einer Außenprüfung wegen Verstoßes gegen das Willkür- und Schikaneverbot rechtswidrig sein kann.

Was sich in der Pressemitteilung des BFH und in dem Urteil sehr nüchtern und sachlich liest, ist nicht weniger als eine Sensation und lässt durchaus die Frage zu, ob Deutschland mittlerweile wirklich eine Bananenrepublik geworden ist. Worum ging es ? Ein Rechtsanwalt wehrte sich gegen eine Prüfungsanordnung. Er legte nachvollziehbar dar,  dass seine steuerlichen Verhältnisse seit Jahren unverändert und der Finanzverwaltung bekannt seien. Er trug vor, das Finanzamt habe die Prüfung bei ihm nur angeordnet, weil er einen Beamten der Finanzverwaltung vertrete, der behaupte, vom Vorsteher seines Amts „gemobbt“ worden zu sein. Zwei weitere Mandanten von ihm hätten sich mit gleichen Vorwürfen an den Petitionsausschuss gewandt und Erfolg gehabt. Zeitgleich habe die Finanzverwaltung u.a. Außenprüfungen bei den beiden mit den Petitionen befassten Abgeordneten und bei dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses veranlasst.

Der BFH hob die Vorentscheidung auf  und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Zwar darf eine Außenprüfung grundsätzlich voraussetzungslos angeordnet werden. Sie muss aber dem Zweck dienen, die steuerlichen Verhältnisse des Geprüften aufzuklären. Lässt sich das Finanzamt von anderen, sachfremden Erwägungen leiten, kann dies gegen das Willkür- und Schikaneverbot verstoßen mit der Folge, dass die Anordnung rechtswidrig ist. Das Finanzgericht muss nun den Sachverhalt weiter aufklären.

Es ist verblüffend, wie wenig Resonanz diese Entscheidung in der Öffentlichkeit hervorgerufen hat. Nach unseren Erfahrungen dürfte es kein Einzelfall sein, dass Amtsträger die Ihnen eingeräumte Macht missbrauchen, um nicht ihrem Amt dienende Aufgaben zu erfüllen. Besonders eklatant: seit vielen Jahren bekannt sind Beschwerden von Steuerstrafrechtlern dass Amtsgerichte Haftbefehle erlassen, die von den Steuerfahndungsstellen fix und fertig „vorgelegt“ werden. Eine Prüfung dieser „Vorlagen“ durch den Richter ist aus den Akten nicht selten übersehen. Erstaunt mussten auch wir einmal in einem Haftprüfungstermin von einem Haftrichter hören, dass er „von Steuerrecht keine Ahnung habe“.

 

Vorsicht Falle:die Risiken eines „Oder-Kontos“: Zahlungen eines Ehegatten auf „Oder-Konto“ als Schenkung an den anderen Ehegatten; fatale Folgen im Steuer – und im Zivilrecht

Samstag, 28. April 2012
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Die Verfügungsbefugnis eines Ehegatten über ein Konto des anderen Ehegatten ändert im Regelfall nichts daran, dieses Konto weiterhin dem anderen Ehegatten zivil-und steuerrechtlich zuzurechnen. Soweit das Steuerrecht von diesem Grundsatz Ausnahmen macht, bestätigen diese die Regel. Anders ist es dagegen bei dem so genannten „Oder-Konto“. Über dieses Konto sind nicht nur beide Ehegatten verfügungsbefugt, beide Ehegatten sind Inhaber. Das ist praktisch, weil die meisten Ehegatten ihre Vermögenssphären in der Ehe jedenfalls in vielen Bereichen nicht strikt trennen. Denn jede Ehe hatte zumindest einmal etwas Liebe und mit Vertrauen zu tun.

Dass ein solches Oder-Konto aber auch seine Tücken haben kann, zeigt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. November 2011 (Az.: II R 33/10). Im Fall des BFH eröffnete eine Ehefrau zusammen mit ihrem Ehegatten ein „Oder-Konto“, auf das nur der Ehegatte Einzahlungen in erheblichem Umfang leistete. Das Finanzamt (FA) besteuerte die Hälfte der eingezahlten Beträge als Schenkungen des Ehegatten an die Ehefrau. Der BFH gab dem FA Recht und entschied, dass die Zahlung eines Ehegatten auf ein „Oder-Konto“ der Eheleute zu einer der Schenkungsteuer unterliegenden Zuwendung an den anderen Ehegatten führen kann.

Ein „Oder-Konto“ sollte daher mit Bedacht gewählt und unterhalten werden. Die bessere Variante wird im Regelfall das Einzelkonto mit Vollmacht für den jeweils anderen Ehepartner sein. Bei vielen Oder-Konten tickt außerdem eine schenkungssteuerliche „Zeitbombe“. Da die Verjährungsfristen im Schenkungsteuerrecht sehr spät zu laufen beginnen, besteht bei einem Oder-Konto noch für viele Jahre die Gefahr, dass Schenkungsteuer für lange zurückliegende Zeiträume gezahlt werden muss. Selbst wenn man dieses Risiko für gering hält, wird die neue Entscheidung des BFH auch in Erbfällen Kopfzerbrechen bereiten. Denn im Erbfall müssen die Konten von den Kreditinstituten der Finanzverwaltung gemeldet werden. Es empfiehlt sich also bereits aus diesen Gründen, bestehende Oder-Konten auf den Prüfstand zu stellen.

Bei einem „Oder-Konto“ muss zudem beachtet werden, dass diese Form des Kontos auch eine Haftungsfalle für jeden Ehegatten bedeutet. Denn jeder der Ehegatten haftet als (Mit) Inhaber für alle „Schulden“ auf dem Konto (Urteil des Oberlandesgerichts Köln, Az.: 5 U 88/98; Urteil des Landgerichts Coburg, 8.5.2007, Az.: 22 O 463/06).

Der „Zehnte“ – Neues Steuermodell aus Mexiko für Künstler auch für Deutschland attraktiv?

Freitag, 27. April 2012
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Früher war es auch bei uns nicht unüblich, die Abgaben nicht in Geld, sondern in Naturalien zu leisten.  Waffenschmiede lieferten deshalb einen Teil ihrer Waffen, Schweinezüchter einen Teil ihrer Schweine, und der Müller einen Teil seines Mehls an die Obrigkeit ab. Diese Steuern wurde „Zehnt“ oder auch „der Zehnte“ genannt, da in etwa zehn Prozent der Erträge gezahlt wurden. Der Landesherr sicherte sich damit seine Versorgung und musste nicht erst seine benötigten Waren teuer einkaufen. In der Nähe von Bad Münster ist noch heute ein ehemaliger rheingräflicher Herrenhof zu besichtigen, dessen Scheune, die so genannte Zehntscheune, das damalige „Finanzamt für Naturalien“ beherbergte.

Solche Finanzämter gibt es heute nicht mehr, da in Deutschland Steuern in Geld zu entrichten sind. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 AO sind Steuern Geldleistungen ohne Gegenleistung. Schweine, Waffen oder Mehl kann man zur Begleichung seiner Steuerpflicht also nicht beim Finanzamt vorbeibringen. Dass dies in letzter Zeit jemand versucht hätte, ist uns auch nicht bekannt.

In Mexiko scheint man dagegen das Steuermodell der Zahlung in Naturalien, jedenfalls für Künstler, noch immer zu favorisieren. Denn in Mexiko müssen Künstler keine Steuererklärung abgeben; sie müssen ihre Steuern auch nicht „in Geld“ zahlen. In Mexiko dürfen Künstler ihre Steuern in Naturalien zahlen, also in Kunst. Hierdurch ist der mexikanische Staat Besitzer einer Kunstsammlung von geschätzt 5.500 Stücken geworden. Probleme bei der Ausstattung seiner Museen sollte Mexiko also nicht haben.

Die Idee einer solchen „Künstlersteuer“ finden wir auch gar nicht schlecht. Denn auch deutsche Museen würden sich bestimmt über eine solche Steuer freuen. Wir befürworten eine solche Steuer aber selbst dann, wenn diese Kunstwerke nur in den Finanzämtern aufgehängt würden. Denn dies würde den normalerweise tristen Besuch in einem Finanzamt vielleicht zu einer Attraktion machen.

„Romeo auf Abwegen“ – Wenn Liebe nicht nur blind, sondern auch arbeitslos macht (BAG Urteil vom 19. April 2012)

Donnerstag, 26. April 2012
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Liebe kann so schön sein. Speziell das Werben um die Angebetete bringt dabei so manchen zu romantischen Höchstleistungen, wie man sie aus Szenen in Filmen wie „Romeo und Julia“, „Titanic“ „Twilight“ oder „E-Mail für Dich“ kennt. Wie immer gibt es aber auch beim „Balzen“ goldene Regeln, die man beachten sollte, um nicht über das Ziel hinauszuschießen. Zwei wichtige Regeln sind:

  1. Trenne Berufliches und Privates
  2. Respektiere die Wünsche Deiner Angebeteten

Die Protagonisten der vorgenannten Filme haben beide Regeln beherzigt und sind am Ende dafür belohnt worden. Ein Angestellter des öffentlichen Dienstes, den wir im Folgenden Romeo nennen, hat diese Regeln nicht beachtet und wird wahrscheinlich am Ende ohne Frau und auch ohne Job sein.

Dabei befolgte Romeo die erste Regel nicht, weil es ihm eine Kollegin angetan hatte und er auch am Arbeitsplatz um sie warb. Er trennte berufliches und privates nicht. Die zweite Regel befolgte er nicht, weil er massiv um Julia warb. Auch nach Beschwerden ließ er nicht von ihr ab, obwohl auch sein Arbeitgeber ihm mitgeteilt hatte, dass Julia sich von ihm belästigt fühle und weder dienstlich noch privat Kontakt mit ihm wünsche. Da er den Wunsch von Julia (und auch seines Arbeitgebers) nicht respektierte und aus dem tapferen Romeo ein waschechter „Stalker“ wurde, der diverse E-Mails an Julia verschickte, Julia im Büro anrief und sich auch in ihr Privatleben einmischte, kündigte sein Arbeitgeber ihm fristlos. Romeo verliert also nicht nur Julia, sondern auch möglicherweise auch seinen Job.

Zum Leidwesen von Romeo waren auch die Richter des Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht von seinem Verhalten angetan und entschieden am 19. April 2012 (2 AZR 258/11), dass bei einem schwerwiegenden Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine vertragliche Nebenpflicht, die Privatsphäre und den deutlichen Wunsch einer Arbeitskollegin zu respektieren und private Kontaktaufnahmen mit ihr zu unterlassen, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein kann. Ob diese Voraussetzungen bei Romeo wirklich vorliegen, muss zwar noch das vorbefasste Gericht, das Landesarbeitsgericht (LAG),  entscheiden. Nach der bisherigen Darstellung dürften daran aber am Kündigungsgrund keine Zweifel bestehen. Retten kann Romeo wahrscheinlich nur noch der Umstand, dass er nicht abgemahnt worden ist. Das BAG gab dem LAG aber auf zu prüfen, ob wegen der Hinweise des Arbeitsgebers in diesem Fall eine Abmahnung entbehrlich war.

Die Entscheidung des BAG wird Flirts am Arbeitsplatz nicht verhindern, und soll dies auch gar nicht. Flirtende, werbende und balzende Arbeitnehmer sollten sich aber bewusst sein, dass es Grenzen gibt, vor allem wenn die Angebetete ein solches Verhalten nicht wünscht.

Der Laie staunt und der Fachmann wundert sich: Deutschland bei Plagiaten und „Ideenraub“ in der Welt auf Platz 2 !! Silber für Deutschland

Donnerstag, 26. April 2012
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Eine erfreuliche Nachricht für deutsche Unternehmen gab es zum Start der Hannover Messe vom chinesischen Ministerpräsident Wen Jiabao. Er kündigte an, dass China härter gegen Produktfälschungen vorgehen werde. Ob dies nur eine leere Floskel war, bleibt abzuwarten.

Bei der Eröffnung der Messe war aber noch ein weiterer Regierungschef anwesend, der man auch  die Frage hätte stellen können: Was macht eigentlich ihr Land gegen Plagiate und „Ideenraub“ ?  Noch vor dem Besuch der Hannover Messe von Angela Merkel und Wen Jiabao veröffentlichte der VDMA, der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, eine Studie, nach der dem deutschen Maschinen- und Anlagenbau nicht nur jährlich Schäden durch Produktpiraterie in Höhe von 7,9 Mrd. € entstehen (das ist ein Anstieg von 24 Prozent seit 2010). Nicht weniger schlimm: Deutschland steht weltweit auf Platz zwei einer Liste, in der die größten Fälscher von Maschinenkomponenten geführt werden. Das ist für uns eine unrühmliche Silbermedaille.

Regierung und Verwaltung ist indes kaum etwas vorzuwerfen. Die Unternehmen selbst schützen sich nicht ausreichend vor Fälschungen. So fehlen oft einfachste technische Sicherheitsmaßnahmen. Auch werden Mitarbeiter nicht genügend im Umgang mit sensiblen Daten geschult.

Vorwiegend kleinere und mittlere Unternehmen nutzen aber auch den rechtlichen Schutz, den deutsche Gesetze bieten, nicht aus. Und dies ist am wenigsten verständlich, ist doch der rechtliche Schutz für Produkte in Deutschland mehr als ausreichend. Man muss eben nur die Möglichkeiten, die z.B. das deutsche Marken, Patent- oder aber auch das Geschmacksmusterrecht bieten, nutzen.

Aber auch die Verfolgung von Produktfälschern sollte verbessert werden. Oft wird eine Produktfälschung zwar erkannt, aber von den Betroffenen nicht verfolgt. Gerade bei Fälschungen durch deutsche Hersteller können wir aber nur eindringlich raten, gegen solche Fälscher mit allen Mitteln vorzugehen. Unternehmen sollten aber auch, soweit sie ihre Produkte haben schützen lassen, die Arbeit mit dem Zoll verbessern. Denn auch der Zoll kann gegen Produktfälscher vorgehen.

„Geiz ist geil?“: gilt jedenfalls nicht für Musterverträge aus dem Internet; zugleich ein Beitrag zu Pferdekaufverträgen

Montag, 23. April 2012
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Das Internet bietet für fast alle Bereiche Vertragsmuster. Man findet dort im wahrsten Wortsinne ein Sammelsurium an Verträgen: Kaufverträge, Arbeitsverträge, Mietverträge und viele andere. Aber nur auf den ersten Blick erweist sich das Kopieren solcher Musterverträge aus dem Internet nicht nur als schnelle ,sondern auch günstige Lösung. Mit wenigen „Klicks“ hat man vermeintlich den gewünschten Vertrag, man braucht nur noch die „blankstellen“ auszufüllen.

Zwar sind sicher nicht alle Verträge aus dem Internet schlecht und unbrauchbar. Ohne Fachkenntnisse „gestrickte“ Verträge aus dem Internet können aber schnell zur teuren Falle werden. Da das Internet nichts „vergisst“, finden sich im Internet zum einen Verträge, die nicht mehr der aktuellen Rechtslage entsprechen und daher nicht mehr „passen“.  Viel dramatischer an den Musterverträgen ist aber vor allem, dass diese in vielen Fällen durch handschriftliche Regelungen ergänzt werden, die anderen vertraglichen Regelungen des Mustervertrags widersprechen.

Besonders anfällig sind in diesem Zusammenhang die vorformulierten Haftungsausschlüsse im Kaufrecht. Teilweise verwenden Privatleute Vertragsmuster, die für Unternehmer vorgesehen sind. Häufig finden sich in den Vertragsmustern Haftungsausschlüsse, die in sich widersprüchlich sind. Gemeint ist eigentlich ein vollständiger Haftungsausschluss, durch handschriftliche Ergänzungen hebelt der Verkäufer möglicherweise aber unwissentlich und ungewollt diesen Haftungsausschluss aus.

Geiz ist daher im Rahmen der Vertragsgestaltung nicht geil. Ein hervorragend formulierter Kaufvertrag kostet zwar Geld, ist aber deutlich günstiger als ein späterer Rechtsstreit. Und unklare Verträge sind ein Steilvorlage für jeden „Streithammel“.

Eindämmung der Abmahnindustrie – Ein Vorstoß des BMJ

Montag, 23. April 2012
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Anscheinend ist es jetzt auch bis zum Bundesministerium der Justiz (BMJ) vorgedrungen, das es eine regelrechte Abmahnindustrie um urheberrechtliche Abmahnungen entstanden ist, die beunruhigende Ausmaße erreicht hat. Jedenfalls zeigt der am 12. April 2012 vorgestellte und überarbeitete Gesetzesentwurf des BMJ, dass man das Problem der Abmahnindustrie erkannt hat und dieser einen Riegel vorschieben möchte. Mit neuen Vorschriften will das BMJ daher zum einen die Massenindustrie regulieren und zum anderen die Kosten urheberrechtlicher Abmahnungen „eindämmen“.

Dabei sieht der geplante § 97a Abs. 3 UrhG vor, dass der zu Unrecht Abgemahnte einen Anspruch auf Ersatz der Rechtsverteidigungskosten hat. Für manche hörte sich das nicht überraschend an, ist es aber. Denn eine vergleichbare Regelung gab es bislang nicht, und die Rechtsprechung hat einen Ersatzanspruch bisher auch immer abgelehnt. Ob hiermit aber die Abmahnindustrie reguliert werden kann, halten wir für zweifelhaft.

Wirksamer dürfte dagegen der geplante § 97a Abs. 2 Satz 2. UrhG sein. Denn dieser greift da an, wo es weh tut, und dies sind die oft sehr hohen Streitwerte der um Abmahnungen geführten Gerichtsprozesse. Die  Streitwerte betragen oft 10.000,00 € und mehr (Stichwort: Filesharing), wodurch schnell Abmahnkosten von 500,00 -1.000,00 € erreicht werden. Gerade die hohen Streitwerte machen Abmahnungen so attraktiv. Mit diesen absurd hohen Streitwerten soll nach dem Willen des BMJ durch einen Verweis in der neuen Vorschrift des § 97a Abs. 2 S. 2 UrhG auf § 49 GKG, der auch neu gefasst werden soll, -teilweise- Schluss sein. Denn wenn es nach dem BMJ geht, sollen für urheberrechtliche Abmahnungen gegenüber natürlichen Personen, die die geschützten Werke nicht für ihre gewerbliche oder selbständige Tätigkeit verwenden, der Streitwert nur noch EUR 500,- betragen. Da damit auch die Abmahnkosten auch „nur“ noch ca. 50,00 – 100,00 € erreichen, dürfte das Interesse der Abmahnindustrie an solchen Abmahnungen sich zumindest verringern.

Wer soll das bezahlen? das (Steuer)Rad nicht überdrehen; das Gleichnis zum Steuerzahlen

Samstag, 21. April 2012
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Wer sich anschaut, wie sich das Einkommensteueraufkommen getrennt nach Zahlern prozentual zusammensetzt, der kommt schnell zu dem Schluss, dass das Verhältnis ungesund is. Die Hauptlast tragen viel zu wenige. Viel zu viele zahlen nichts. Das führt in den Köpfen vieler Menschen dazu, den Staat als „Anspruchsgegner“ zu betrachten, von dem immer nur zu fordern ist (denn man hat ja einen Anspruch). Dabei gerät schnell in den Hintergrund, was man denn selbst ganz persönlich zum Staat als Gemeinwesen beiträgt.

Es fängt im Kindergarten an, der für viele Eltern ganz selbstverständlich vorhanden und kostenlos ist. Dass noch niemand auf die Idee gekommen ist, den Eintritt in ein Freibad  oder ein Theater ebenfalls gestaffelt nach Einkommen zu berechnen und die Eintrittskarten nur gegen Vorlage des letzten Steuerbescheides zu verkaufen, ist schon fast ein Wunder. Da erstaunen auch nicht die bei vielen Menschen auf den fruchtbaren Boden des Neids fallenden Rufe nach einem höheren Spitzensteuersatz: wer reich ist, hat viel und soll viel zahlen. Dabei wird gerne vergessen, dass das schon heute geschieht: denn auch 45 % Steuern von 2,0 Mio. zu versteuerndem Einkommen sind 900 TEUR. Wohin es führen kann, wenn man die Steuerschraube allzu fest dreht, zeigt das folgende Gleichnis, dessen Urheber ich nicht kenne, so dass ich ihn hier leider nicht nennen kann.

„Es waren 10 Freunde, die gingen jeden Tag miteinander zum Essen. Stets betrug ihre Rechnung zusammen 100,00 €. Sie zahlten ihre Anteile an dieser Gesamtrechnung etwa so, wie wir Steuern zahlen, nämlich:

4 Gäste (die Ärmsten) zahlten – nichts
5. Gast – 1 €
6. Gast – 3 €
7. Gast – 7 €
8. Gast – 12 €
9. Gast – 18 €
10. Gast – 59 €

Das ging eine ganze Weile gut. Bis der 10. Gast den 9 anderen Gästen vorschlug, in ein anderes Restaurant für ihre 100,00 € zu gehen, wo sie mehr und bessere Essen bekämen.
Das hörte der Wirt und bestand darauf, ihnen Rabatt zu gewähren, weil sie in seinem Restaurant so gute Umsätze machten, und das auch noch jeden Tag. Die Rechnung sollte von da nur noch 80,00 € betragen. Für dasselbe Essen.

Die 10 Gäste freute das, und sie blieben. Sie wollten diese 20 € Ersparnis sogleich auf alle sechs Zahler aufteilen. Also rechneten sie: 20,00€ geteilt durch 6 Zahler ergibt 3,33 € für jeden Zahler. Das hieße aber, dass der Fünfte und der Sechste noch Geld herausbekämen dafür, dass sie zum Essen gehen! Das wollten die anderen 8 Gäste dann auch nicht. Sie überlegten weiter.

Der Wirt, der die 10 Gäste halten wollte, schlug folgendes vor: Jeder solle doch von nun an prozentual so viel weniger zahlen, wie er anteilig zur Rechnung beisteuerte. Das ließ sich hören. Die 10 Gäste ließen den Wirt das ausrechnen, rundeten das Ergebnis auf ganze € und heraus kam folgendes:
4 Gäste – zahlten nichts
5. Gast – 0 € anstatt 1 € (ca. 100 % Ersparnis)
6. Gast – 2 € anstatt 3 € (ca. 33 % Ersparnis)
7. Gast – 5 € anstatt 7 € (ca. 28 % Ersparnis)
8. Gast – 9 € anstatt 12 € (ca. 12 % Ersparnis)
9. Gast – 14 € anstatt 18 € (ca. 22 % Ersparnis)
10. Gast 49 € anstatt 59 € (ca. 16 % Ersparnis.)

Also jeder der sechs vorher Zahlenden kam günstiger weg als vorher, und die vier Ärmsten aßen immer noch kostenlos. Nicht schlecht!
Sie überlegten noch eine Weile weiter, dann sagte der 5. Gast aber: „Ich hab nur 1 € von den 20.00€ bekommen!“ er zeigte auf den 10. Gast und fuhr fort: „Der da kriegt aber 10,00 € von den 20.00€!“ „Stimmt!“ rief der 6. Gast. „Auch ich hab nur 1 € gespart, und der da erspart sich 10-mal so viel wie ich!“

“Wie wahr!“ rief der 7. Gast. „Warum kriegt der da 10 € zurück und ich nur 2 €!? Alles kriegen mal wieder die Reichen!“
„Was sollen wir da erst sagen“, riefen die ersten 4 wie aus einem Munde. „Wir haben von dem Rabatt überhaupt nichts bekommen. Das System beutet die Ärmsten aus!“
So ging das noch lange weiter – bis schließlich alle 9 Gäste auf den 10. Gast losgingen und ihn verprügelten. Der erschien am nächsten Tag nicht wieder zum Essen. Also setzten sich die 9 Gäste ohne ihn zusammen und begannen, ohne ihn zu essen. Während des Essens kam der Wirt mit der 80,00 €-Rechnung. Da stellten sie plötzlich etwas ganz Außerordentliches fest: Sie alle 9 brachten nicht einmal genügend Geld auf, um wenigstens die Hälfte der Rechnung zahlen zu können, geschweige denn, die ganze.

Die neun Gäste staunten nicht schlecht, als ihnen der 10. Gast am nächsten Tag mitteilte, dass er ab sofot nicht mehr am gemeinsamen Essen teilnehmen werde.“

Hier geht’s zur Depesche quinta essentia 2/2012

Freitag, 20. April 2012
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http://www.random-coil.de/depesche

Depesche „quinta essentia“ 2/2012 erschienen mit den Themen: Amtshaftung für Handeln von Finanzbeamten, Abfindungsregelungen in Gesellschaftsverträgen, ACTA, YouTube und die Privatkopie

Freitag, 20. April 2012
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Während die Temperaturen draußen noch eher kalt sind, haben wir für unsere Depesche drei „heiße“ Themen gewählt. Auch Finanzbehörden machen Fehler. Wer aber trägt den dadurch entstandenen Schaden, z.B. die Kosten für steuerliche Beratung, um die unberechtigten Ansprüche abzuwehren? Das Steuerrecht ist anerkannt kompliziert, so dass hier die Amtshaftung helfen kann. Aber: Die Trauben hängen hoch und nicht alles, was im Internet als „tolle Geschichte“ kolportiert wird, ist auch wahr. Richtig ist vielmehr, dass der Weg zu einer erfolgreichen Amtshaftung steinig ist.

Der zweite Beitrag betrifft den Schwerpunkt „Gesellschaftsrecht“, dort die Abfindungsregelungen in Gesellschaftsverträgen. Durch den Wegfall des so genannten „Stuttgarter Verfahrens“ und die Änderung des Erbschaftsteuerrechts zum 1. Januar 2009 besteht in diesem Bereich schon recht lange Anpassungsbedarf. Viele Gesellschaften, insbesondere Mittelständler, haben die darin liegende Brisanz offenbar noch nicht erkannt.

Der letzte Beitrag der Depesche gilt dem Urheberrecht. Er beschäftigt sich mit einem kleinen Seitenblick auf ACTA mit der Frage, in welchem Rahmen „Privatkopien“ rechtmäßig erstellt werden dürfen, und was bei der Nutzung von YouTube erlaubt ist und was nicht. Das Thema Urheberrecht hat zudem durch das Bundesverfassungsgericht für viele von uns wieder einmal eine sehr praktische Relevanz erhalten. In einer unlängst ergangenen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Haftungsmaßstäbe für Inhaber so genannter wlan-Anschlüsse auf den Prüfstand und damit vor den Bundesgerichtshof gehören. Das Bundesverfassungsgericht hob damit eine Entscheidung des OLG Köln auf. Auch über dieses Thema haben wir in dieser Woche in dem von uns betriebenen Blog berichtet: https://blog.random-coil.de/. Sie finden dort auch die eine oder andere Anekdote zum Schmunzeln.

Wir wünschen eine ebenso erkenntnisreiche wie unterhaltsame Lektüre unserer Depesche Quinta Essentia.