Archiv für März 2013

Recht praktisch: BGH: Ohne greifbare Anhaltspunkte muss ein Landwirt ein Feld nicht daraufhin untersuchen, ob auf ihm Gegenstände liegen, die einen Mähdrescher beschädigen könnten.

Sonntag, 10. März 2013
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Am 24. Januar 2013, VII ZR 98/12, Juris, hat der BGH entschieden, dass ein Landwirt nicht verpflichtet ist, ein von einem Mähdrescher zu bearbeitendes Feld daraufhin zu untersuchen, ob auf dem Feld Gegenstände liegen, die den Mähdrescher beschädigen könnten. Das gilt nach Ansicht des BGH jedenfalls dann, wenn der Landwirt keinen greifbaren Anhaltspunkt für eine besondere Gefährdung hat.

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte die Klägerin den Beklagten beauftragt, auf einem Rapsfeld zu dreschen. Da sich der Raps infolge Witterung und Gewicht abgesenkt hatte, bestand die Aufgabe darin, bodennah zu ernten. Bei den Arbeiten geriet eine im Feld liegende Harke in den Mähdrescher und führte zu einem erheblichen Schaden. Die Klägerin verlangte von dem Beklagten Schadensersatz. In den Vorinstanzen hatte die Klage überwiegend Erfolg. Das OLG Köln sah in seiner Entscheidung vom 9. März 2012 eine Pflicht des Beklagten sicherzustellen, dass sich in dem Feld keine Fremdkörper befinden. Der BFH sieht dies in seiner Entscheidung vom 24. Januar 2013 anders. Der Aufwand für die von dem OLG geforderte Untersuchung sei dem Landwirt nicht zumutbar. Er hat die Angelegenheit aber an das OLG zurückverwiesen. Das OLG wird jetzt zu klären haben, ob Mitarbeiter der Beklagten die Harke auf dem Feld liegen gelassen haben. Dann wäre die Beklagte wohl zum Schadenersatz verpflichtet.

WS

Vorsicht Falle: Diskriminierungen eines Stellenbewerbers lauern überall

Sonntag, 10. März 2013
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Am 24. Januar 2013 hatte das BAG (8 AZR 429/11) darüber zu entscheiden, ob die Stellenausschreibung für ein sogenanntes Trainee-Programm, die sich ausdrücklich an Berufsanfänger richtete, eine altersbedingte Diskriminierung darstellt. Der BGH ist der Auffassung, dass dies ein Indiz für eine Benachteiligung des abgelehnten Bewerbers wegen dessen Alters sein könne. Der Arbeitgeber habe aber die Möglichkeit (zugleich aber auch die Beweislast dafür) darzulegen, dass ein solcher Verstoß nicht vorliegt. Das BAG hat die Sache an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

WS

Kunden warten zu lassen, kann richtig teuer werden, jedenfalls ab sofort für Fluggesellschaften: EuGH stärkt mit Entscheidung vom 26.02.2013 die Rechte der Passagiere bei Flugverspätung

Freitag, 08. März 2013
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Ein Blick auf die Flugauskunftstafel und siehe da, der Flieger ist zu spät. „Zeit ist Geld“. Die Fluggesellschaften „sitzen“ durch solche Verspätungen entstehende Schäden häufig aus. Damit ist jetzt aber nach einer aktuellen Entscheidung des EuGH Schluss. Bislang kam es für die Frage der rechtlichen Relevanz nur darauf an, ob die Verzögerung am Abflughafen mehr als 3 Stunden betrug. Die für den Fluggast dagegen allein maßgebende Verspätung am (letzten) Ankunftsort zählte  dagegen nicht.  Diesem ersichtlichen Unsinn hat der EuGH jetzt ein Ende bereitet. Nach der Entscheidung des EuGH vom 26. Februar 2013 ist nicht die Verzögerung beim Abflug, sondern die Verzögerung zwischen vorgesehener und tatsächlicher Ankunftszeit  maßgebend.

Beispiel: Ein Passagier fliegt von Mallorca über Madrid nach Düsseldorf. Der Passagier startet 2 Stunden verspätet auf Mallorca. Er verpasst dadurch seinen Anschlussflug in Madrid, muss dort übernachten und kommt in Düsseldorf erst mit 17 Stunden Verspätung an. Vor der Entscheidung des EuGH vom 26. Februar 2013 wären die Chancen des Passagiers auf Entschädigung nicht so gut gewesen, weil die Verspätung beim Abflug weniger als 3 Stunden betrug. Nach der neuen Entscheidung des EuGH kommt es dagegen jetzt auf die mehr als 3-stündige Verspätung am Ankunftsflughafen an. Und die ist in dem Beispiel mit 17 Stunden deutlich überschritten, so dass der Passagier jetzt mit Erfolg seine Ansprüche durchsetzen kann.

Ein Wort noch zur Höhe der Entschädigung: nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 hat der Fluggast nach der Entscheidung des EuGH bei einer Verspätung von 3 Stunden oder mehr Anspruch auf folgende gestaffelte Ausgleichszahlung:

–        250,00 EUR bei einer Entfernung von bis zu 1.500 km
–        400,00 EUR bei einer Entfernung von 1.500 bis 3.500 km
–        600,00 EUR bei einer Entfernung über 3.500 km

WS / ein Beitrag unseres talentierten Schüler – Praktikanten Kevin Pehle

Keine Frage ist zu dumm, als dass man sie nicht stellen dürfte: Verstößt das Paintball-Spiel gegen die Menschenwürde?

Donnerstag, 07. März 2013
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Der Kläger beantragte eine Baugenehmigung. Er wollte eine Gewerbehalle für Paintball-Spiele umbauen. Die Baugenehmigungsbehörde lehnte den Antrag ab. Sie vertrat die Auffassung, das Paintball-Spiel verstoße gegen die Menschenwürde. Denn wesentliches Element dieses Spiels sei es, in realitätsnaher Weise auf Menschen zu schießen und damit Tötungshandlungen zu simulieren.

Das Verwaltungsgericht Augsburg sah das anders. Es verpflichtete die Stadt, die Baugenehmigung unter bestimmten Auflagen zu erteilen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof München bestätigte das Urteil. Auch er konnte einen Verstoß gegen die Menschenwürde nicht feststellen. Insbesondere würden die Spieler nicht zur bloßen Zielscheibe herabgewürdigt. Bei dem Spiel sei es vielmehr so, dass sich Spieler im Wettkampf chancengleich gegenüber stünden. Im Übrigen könne jeder Spieler auch entscheiden, ob er teilnehme oder nicht. Nicht relevant ist nach Auffassung des VGH München auch, ob das Paintball-Spiel moralisch verwerflich sei.

WS

Die Vergütung anwaltlicher Leistungen – Vorsicht Falle oder: wie blöd muss man sein – Mandant und Anwalt? zugleich Nachdenkliches über ein eigentlich nicht so schwieriges Thema

Samstag, 02. März 2013
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Geradezu bizarr ist – aber nur auf den ersten Blick – der Sachverhalt, über den das LG Dusiburg mit Urteil vom 12.10.2012 (7 S  51/12, BRAK Mitt. 2013, 30 f.) zu entscheiden hatte. Ein nähere Befassung zeigt gleich mehrere Abgründe auf beiden Seiten. Was war geschehen?  Eine Mandantin war abgemahnt, zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und zur Zahlung von 750 EUR Schadensersatz aufgefordert worden. Die Mandantin beauftragte eine Kanzlei mit der Vertretung ihrer Interessen. Die Kanzlei schloß mit ihr eine Vergütungsvereinbarung mit einem „Kostenrahmen“ zwischen 226 und max. ca. 2.600 EUR. Zahlen sollte die Mandantin nach Abschluss der Sache 2.562,90 EUR. Zahlen wollte die Mandantin aber nur 190 + USt als Erstberatungsgebühr (§ 34 Abs. 1 S. 3 RVG). AG und LG gaben der Mandantin recht.

Auf den ersten Blick einleuchtend. Denn bei einem Interesse von 750 EUR ein Honorar von rd.  2.600 EUR zu fordern, ist – rückblickend betrachtet – wirtschaftlich evident unsinnig. Andererseits führt das LG Dusiburg in seinem Urteil – dankenwerterweise – selbst aus, dass Anwälte im Regelfall nicht verpflichtet sind, ungefragt im Voraus über die Höhe des Honorasrs aufzuklären. Im Stretifall sah das LG die Kanzlei dazu wegen des krassen Missverhältnisses wegen Honorar und Interesse der Mandantin aber als verpflichtet an. Und hier reibt sich der kundige Thebaner ein wenig die Augen und sagt: Moment mal, hatte die Mandantin nicht schon zu Beginn des Mandates erfahren, dass der Kostenrahmen zwischen 226 und max. 2.600 EUR liegt? dann aber war ihr doch das Missverhältnis bekannt. Denn schon ein mit 750 EUR weit unter dem max. Betrag liegendes Honorar stünde ja in der Denkwelt des LG in einem krassen Missverhältnis. Die Kanzlei hatte dann also die Mandantin doch aufgeklärt. Und wer aufgeklärt ist, kann sich doch nicht darauf berufen, nicht aufgeklärt worden zu sein.

Die naheliegende Frage, warum die Mandantin denn nicht gefragt hat, was es mit dem Rahmen auf sich hat und auch die eben so naheliegende Frage, warum die Mandantin denn einen solchen – offensichtlichen, sich jedermann sofort erschließenden – Unsinn unterschrieben hat, stellte das LG nicht.  Natürlich kann man die einfache Gleichung aufstellen, jeder dümmer Menschen sind, umso mehr müssen sie über die Konsequenzen ihres Handelns aufgeklärt werden. Wie weit aber geht das oder besser gefragt, was soll man denn in den Fällen wie dem hier vorliegenden machen, wenn die ganze Aufklärung nichts hilft? Gilt dann die Formel: je dümmer, desto schutzwürdiger? das entspräche jedenfalls dem weit verbreiteten Irrtum, dass in unserem Staat für jeden gesorgt wird, und dass man selbst nichts dafür machen muss. Es gibt ja genug böse Reiche, die soviel Geld haben, dass sie gefälligst alle anderen mit durchfüttern.

Der GRund für das Urteil des LG kann aber auch banal sein. was nicht sein kann, das nicht sein darf. Wir hören nicht häufig von Kollegen, dass Richter nicht selten Honorare (zudem mit USt) mit Bruttogehältern vergleichen. Dass dies von wenig Weitblick zeugt, ist nicht erläuterungsbedürftig. Auch Sprüche von Richtern wie: „wir schreiben die Urteile, ihr Anwälte die Rechnungen“, zeugt von einem sehr unverhohlenen Neid. Wobei es jedem Richter freistand oder besser gesagt, jederzeit freisteht, den Beruf des Richters an den Nagel zu hängen und Anwalt zu werden.

Von wenig Weitblick zeugt aber auch das Verhalten der Kanzlei. Wie kann ich als Dienstleister, der von zufriedenen Kunden und deren Empfehlungen lebt, auf die Idee kommen, ein solches Honorar zu verlangen? wer ein solches Mandat annimmt, das in dem Urteil des LG beschrieben ist, der kann davon ausgehen, dass nur ein solches Honorar akzeptiert werden wird, das maximal 500 EUR beträgt. Wenn man aber meint, das sei zu wenig, dann ist es besser, die Finger von dem Mandat zu lassen und den Rechtssuchenden an geeignete Kollegen zu verweisen, die bereit sind, dafür (gut) zu arbeiten.