Archiv für November 2013

Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz bei Zimmervermietung an Prostituierte

Samstag, 30. November 2013
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Mit Urteil vom 22. August 2013 (VR 18/12) hat der BFH entschieden, dass eine Zimmervermietung an Prostituierte nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterfällt.

Die Vermietung würde dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen, wenn es sich um eine Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung handeln würde.

Im Streitfall war der Sachverhalt wie folgt: die vermieteten Zimmer waren mit Doppelbett, Waschbecken, WC, Bidet, Whirlpool und Spiegel ausgestattet. Der Tagespreis von 110 bis 170 € umfasste daneben die volle Verpflegung, Bettwäsche und Handtücher.

Finanzgericht und Finanzamt unterwarfen die Überlassung der Räume dem normalen Umsatzsteuersatz. Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Nach Auffassung des BFH fehle es am Tatbestandsmerkmal der Beherbergung. Die Zimmer seien zur Ausübung gewerblicher Tätigkeiten, und nicht zur Beherbergung überlassen worden.

 Der Entscheidung war nicht zu entnehmen, auf welcher Grundlage die Aussage des BFH beruhte.

ws

Lottogewinn, Scheidung und Zugewinnausgleich – der BGH hat entschieden

Dienstag, 19. November 2013
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Mit Urteil vom 16. Oktober 2013 (XII ZB 277/12) hat der BGH entschieden, dass ein Lottogewinn jedenfalls dann im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen ist, wenn er von einem Ehegatten in dem Zeitraum zwischen der Trennung und der Zustellung des Scheidungsantrags gemacht wird.

Der BGH gab der Ausgangsinstanz, dem Amtsgericht, Recht. Der von einem Ehegatten erzielte Lottogewinn sei nicht in entsprechender Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB als so genannter privilegierter Vermögenszuwachs anzusehen. Denn diesem Vermögenserwerb liege keine einer Erbschaft oder Schenkung vergleichbare persönliche Beziehung zu Grunde. Damit ist der Lottogewinn bei dem Endvermögen zu berücksichtigen. Er unterliegt daher dem Zugewinnausgleich.

Die Möglichkeit, die Zahlung des Zugewinnausgleichs wegen grober Unbilligkeit nach § 1381 Abs. 1 BGB zu verweigern, schloss der BGH aus. Allein eine längere Trennungszeit des Ehegatten im Zeitpunkt des Vermögenserwerbs begründe noch keine unbillige Härte.

ws

Die Statistik lügt – es sei denn, man interpretiert sie richtig – Gemeinplätze und der BFH

Samstag, 02. November 2013
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Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast (Churchill?). So einfach ist es aber auch wieder nicht. Denn Zahlen sind ebenso geduldig wie das Papier, auf dem sie gedruckt sind. Man muss ja nicht die langweiligen Zahlenkolonnen bei destatis durchsehen, es gibt auch sehr interessante, überraschende und aufschlussreiche Statistiken. Ein paar Beispiele gefällig?
Aus BrandEins Heft 11 2013:

  • Höhe der Steuern und Abgaben eines deutschen Singles mit durchschnittlichem Einkommen in Prozent: 49,7
  • Höhe der Steuern und Abgaben eines Schweizer Singles mit durchschnittlichem Einkommen in Prozent: 21,5

Fazit: auf zu neuen Ufern 

  •  durchschnittliche download-Geschwindigkeit in der Schweiz, in Megabit / Sekunde: 10
  • durchschnittliche download-Geschwindigkeit in Deutschland, in Megabit / Sekunde: 16
  • durchschnittliche download-Geschwindigkeit in den Niederlanden, in Megabit / Sekunde: 61
    Fazit: es kommt nicht auf die Geschwindigkeit an

Interessant ist auch die Statistik des BFH für das Jahr 2012:

  • durchschnittliche Verfahrensdauer bei Revisionen: mit Sachentscheidung 19 Monate, ohne 12; bei Nichtzulassungsbeschwerden (NZB): 6 Monate
  • Zahl der unzulässigen NZBs : 577, davon aber nur 5 der Finanzverwaltung
  • gemessen an allen erledigten NZBs im Jahr 2012 von 1.442 Verfahren ist das eine Mißerfolgsquote von ca. 41%, allein an unzulässigen Verfahren.
    Fazit: Überlasse nichts dem Zufall; geh lieber gleich zum Experten

Die sehr hohe Quote der unzulässigen  NZBs wird im Regelfall nicht an versäumten Fristen liegen (die Statistik schweigt sich dazu aus). Es wird nach unseren Erfahrungen vielmehr so sein, dass die Beschwerdeführer oder besser gesagt deren Berater fachlich nicht in der Lage sind, eine zulässige NZB zu erheben. Dabei ist nicht zu verkennen, dass eine NZB kein einfacher Rechtsbehelf ist. Wer aber diesen Rechtsbehelf von einem Berater erledigen lässt, der von NZBs nichts versteht, der geht ein hohes Risiko, dass er eine unzlässige NZB serviert bekommt. Angesichts  dieser dramatischen Zahlen (hoher Prozenzsatz unzulässiger NZBs) ist es erstaunlich, dass viele Steuerpflichtige dennoch „ihrem“ Berater treu bleiben.
ws

 

Heftige Watsche für Finanzamt (in einem Verfahren wegen § 6b EStG mit EU-Bezug): BFH verwirft Revision als unzulässig, weil die Behörde die Revision nicht lege artis begründet hat. Wer haftet (uns Steuerzahlern) eigentlich dafür?

Freitag, 01. November 2013
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Eigentlich sollte man meinen, dass es Finanzbehörden möglich sein sollte, eine Revision so zu begründen, dass sie nicht als unzulässig verworfen wird. Dass dies nicht immer der Fall ist, zeigt der Beschluss des BFH vom 20. August 2012 (I R 3/12). Mit diesem Beschluss hat der BFH die Revision eines Finanzamtes als unzulässig verworfen, weil das Finanzamt die Revision nicht ordnungsgemäß begründet hatte. Das ist schon eine sehr heftige Watsche für die Behörde. Wenn aber jetzt die alte Weisheit richtig ist, dass die Kritik umso heftiger ist, je sachlicher sie formuliert wird, dann ist die Schelte des BFH für das Finanzamt schon sehr heftig ausgefallen. Wir zitieren zum Nachweis dafür zwei Passagen aus der Entscheidung des BFH:

„Die vom FA in dessen ursprünglicher Revisionsbegründungsschrift vom 1. Februar 2012 innerhalb der beschriebenen Begründungsfrist vorgelegten Ausführungen entsprechen diesen Anforderungen nicht. Das FA referiert darin lediglich die Kernargumentation der Vorinstanz und bekundet sodann letztlich nur lapidar, dass es anderer Auffassung ist:…..“ [Anm.: das ist in der Tat wenig]

„Nach allem vertritt das FA lediglich seine schon im Klageverfahren bekundete Rechtsauffassung und stützt diese wie schon zuvor mit der Behauptung angeblicher Gründe, die eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen könnten. Jegliche Auseinandersetzung mit der vielschichtigen und durch neuere einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung belegten Argumentation der Vorinstanz fehlt indessen.“ [Anm.: das wäre in der Schule wohl eine „6“]

Bei einem Steuerberater oder Rechtsanwalt, der solche groben handwerklichen Fehler begeht, würde der Mandant sicher sofort die Frage nach Schadensersatz stellen. Die Mitarbeiter des Finanzamtes, die die unzulässige Revision zu vertreten haben, werden dagegen wohl nicht zum Schadensersatz verpflichtet worden sein. Den Steuerpflichtigen wird’s gefreut. Zwar hatte das Finanzgericht ihm recht gegeben, es hatte aber die Revision zum BFH zugelassen. Wir wollen an dieser Stelle aber auch fair bleiben: in dem zitierten Fall dürfte es für eine Schadensersatzpflicht nach unserer Einschätzung aber an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden fehlen. Denn aus dem Beschluss des BFH vom 20. August 2012 lässt sich herauslesen, dass der BFH auch auf eine zulässige Revision hin die Entscheidung der Vorinstanz nicht aufgehoben hätte. Ebenso deutlich wird damit aber auch, dass es dem BFH – aus welchen Gründen auch immer – eine Herzensangelegenheit gewesen sein mag, das Finanzamt so zu rüffeln, wie es geschah. 
ws