Archiv für Oktober 2017

Witze über Anwälte in den USA und in Deutschland – Ein Ländervergleich

Freitag, 13. Oktober 2017
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RichterAnwälte genießen in den USA keinen guten Ruf. Ihnen wird nachgesagt, dass es ihnen nicht um das Recht, sondern nur um das Geld geht. Dass dies im Vergleich zu Deutschland nur die halbe Wahrheit ist, liegt auf der Hand. Auch unter den Rechtsanwälten in Deutschland dürften die Anwälte, denen es jedenfalls nur um das Recht, deutlich in der Minderheit sein. Es ist eben doch nicht jedem möglich, nur von der Lust am Recht zu leben, insbesondere dann, wenn man eine Familie hat.

Es verwundert daher nicht, dass es in den USA über Anwälte eine Menge Witze gibt, in denen insbesondere dieses Streben nach Geld statt nach Recht seinen Ausdruck findet. Hier ein paar Beispiele:

How do you tell if it is REALLY cold outside?
A lawyer has his hands in his own pockets.

A priest and a lawyer died and went to heaven.  They were met by Saint Peter at the gate, who told them he would be giving them some transportation to get around in.  He gave the lawyer a big white limousine.  The priest was given a bicycle.  The priest said „wait a minute“ you gave the lawyer a limousine and me a bicycle. Why is that? St. Peter replied, oh we get a lot of priests in Heaven, but this is the first time a lawyer has made it.

In Deutschland dagegen gibt es zwar Witze über Anwälte, vieles aber scheint einfach aus den USA übersetzt worden zu sein. So wie dieser hier, der im Kern dem oben geschilderten Witz aus den USA entspricht:

Zwei Männer treffen sich auf der Straße. „Heute morgen war es aber eisig kalt.“
„Wie kalt war es denn?“
„Ich weiß es nicht genau, aber ich habe einen Anwalt gesehen, der seine Hände in den eigenen Taschen hatte.“

In der Tat bietet das Dasein der Juristen in Deutschland jedenfalls keine so große Angriffsfläche, um richtig bösen Humor zu verbreiten. Anwälte in Deutschland werden eher zur Zielscheibe des Spotts wegen der in der Tat nicht selten anzutreffenden Eigenschaft, Probleme nicht zu lösen, sondern Dinge noch komplizierter zu machen, wie der folgende Witz zeigt:

„Ein Manager findet für jedes Problem eine Lösung, während ein Anwalt an jeder Lösung ein Problem findet.“

Die Komik dieser Aussage entsteht im Wesentlichen durch Unwissen und / mangelnde Erfahrung. Natürlich ist es richtig, jede Lösung darauf zu untersuchen, ob sie nicht noch Haken und Ösen hat. Das ist unbequemer als schnelle ein – nur scheinbar gute – Lösung zu akzeptieren, die sich aber bei späterem Streit als nicht so gut erweist, weil wesentliche Teile nicht bedacht und auch nicht gelöst worden sind. Wenn man aber eine gefundene Lösung untersucht, dann darf man sich dabei nicht durch Problematisieren unwichtiger Dinge lächerlich machen, sondern nur solche Themen ansprechen, die als Probleme später im Streitfall wirklich einmal relevant werden können. So verstanden, sprechen wir von gutem Anwaltshandwerk. Die Aussage allein, dass etwas kompliziert und riskant ist, ist dagegen ersichtlich wenig hilfreich.

Wir sehen also, dass in jedem Witz auch immer ein Funken Wahrheit steckt. Vielleicht ist auch einfach nur jenes Gespräch mit einem US -Mandanten über Witze und Anwälte wahr:

„Why do you only have few jokes about lawyers in Germany?“
„because almost all stories are true“.

ws

 

Das „Handy“ im Straßenverkehr – Digitalisierung und Recht erfordern neue Wortschöpfungen: OLG Hamm entdeckt „Negativfunktion“ eines iphone – ein Beitrag zur Digitalisierung in der Welt der Juristen

Freitag, 13. Oktober 2017
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imagesDem OLG Hamm ist die Schöpfung des Wortes „Negativfunktion“ eines „Handys„, hier eines iphone, zu verdanken (Beschluss OLG Hamm vom 29.12.2016, 1 RBs 170/17- juris). Was hat das OLG zu dieser Wortschöpfung veranlasst? Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss (§ 23 Abs. 1a StVO). Zu der Frage, was denn ein „Benutzen“ in diesem Sinne ist, gibt es eine unfassbare Masse an Entscheidungen. So ist bereits entschieden ist, das sowohl das Ein- als auch das Ausschalten eines „Handys“ ein Bennutzen ist. In dem von dem OLG zu entscheidenden Verfahren ging es aber darum, dass der Betroffene bei seinem iphone nur den „home-button“ gedrückt haben wollte, um sicherzustellen, dass das „Handy“ ausgeschaltet war. Das OLG sah auch diese Handlung als Benutzen im Sinne der StVO an. Das OLG wörtlich:

Auch bei der von dem Betroffenen nach seiner Einlassung durchgeführten Kontrolle des „Ausgeschaltetseins“ handelt es sich um eine Benutzung des Mobiltelefones. Der Home-Button des Mobiltelefones dient in eingeschaltetem Zustand in seiner bestimmungsgemäßen aktiven Funktion unter anderem dazu, das mit einem verdunkelten Bildschirm im Ruhezustand befindliche Telefon „aufzuwecken“ und die Bildschirmanzeige zu aktivieren. Gleichzeitig ermöglicht er dadurch eine Kontrolle, ob das Handy ein- oder ausgeschaltet ist. Dementsprechend ist er mithin zur Erfüllung dieser letztgenannten ebenfalls bestimmungsgemäßen Nutzungsfunktion auch in ausgeschaltetem Zustand in der Lage, da der weiterhin verdunkelt bleibende Bildschirm die zuverlässige Information liefert, dass das Gerät tatsächlich ausgeschaltet ist. Es handelt sich letztlich um eine Art „Negativfunktion“ des ausgeschalteten Gerätes, deren Abruf allerdings nach Bewertung des Senats ohne Weiteres als Benutzung des Mobiltelefones bzw. seiner Funktionen anzusehen ist.“

Es liegt dem Verfasser als Wirtschaftsjurist und Steuerrechtler fern, die Entscheidung des OLG inhaltlich zu bewerten. Bemerkenswert ist aber an der Entscheidung und an unserem Recht folgendes:

  1. Es sollte außer Frage stehen, dass das Autofahren die volle Aufmerksamkeit des Fahrers erfordert. Warum es so viele Entscheidungen über eine Selbstverständlichkeit gibt („Finger weg vom „Handy“), ist schon frappierend.
  2. Das Urteil zeigt aber auch, wie schwer sich das Recht mit der Digitalisierung und den immer kürzeren Innovationszyklen tut. Das erste iphone kam 2007 auf den Markt, das sind gerade einmal 10 Jahre bis heute. Die Entwicklung der Welt ist durch die Digitalisierung seitdem bis heute extrem rasant verlaufen. All das läuft am Recht und an den Gerichten (ebenso wie an der Politik) weitgehend vorbei. So ist das ca.  Anfang 2000 eingerichtete EGVP leider ein Mega-Flop. Es wird bald abgeschaltet. Warum: Gerichte und Behörden haben es einfach boykottiert. Welchen Sinn ergibt eine solche Plattform auch, wenn man darüber nur ganz wenige Gerichte erreicht, weil die meisten sich dem System einfach nicht angeschlossen haben. Erst jetzt kommt so langsam das, was in der Industrie seit vielen Jahren Standard ist: die papierlose Kommunikation. Verpflichtend aber erst für alle Gerichte 2022. Heute läuft in unserem Büro die Kommunikation zu 95% per E-Mail, die restlichen 5% sind die Post von den Gerichten, die immer noch mit einfacher und beglaubigter Kopie arbeiten. Selbst von Kollegen erhalten wir Telefaxe nebst 2 Kopien. Allein daran kann man ersehen, wie sehr die Justiz mit allen Beteiligten anachronistisch arbeitet und „hinter dem Mond lebt“. Das gleiche gilt für die Gerichtsverhandlungen. Als Prozessbevollmächtigter muss man immer noch zur mündlichen Verhandlung persönlich. Dabei gibt es seit vielen Jahren die Möglichkeit der Videokonferenz auch in Gerichtsverfahren (z.B. § 128a ZPO). Aber auch da spielen die meisten Gerichte einfach nicht mit. Hinzu kommt, dass die Technik für die meisten Anwälte zu teuer ist und es bei Gerichten keinen einheitlichen Standard gibt. Während allerorten Skype, facetime oder whatsapp dafür genutzt werden kann, geht das bei der Kommunikation mit Gerichten nicht.

Mein Fazit: solange wir genug Muße haben, durch Gerichte mit hohem personellen und zeitlichen Einsatz neue Begriffe wie „Negativfunktion“ zu schöpfen und banale Dinge zu entscheiden statt das Rechtswesen zur Entlastung aller durchgreifend zu digitalisieren, müssen wir uns nicht wundern, wenn die am Recht Beteiligten so wahrgenommen werden, dass sie der Digitalisierung um Lichtjahre hinterher hinken.

ws