Archiv für September 2011

Depesche quinta essentia – Ausgabe Nr. 06 ist am 30.09.2011 mit diesen Themen erschienen:

Montag, 26. September 2011
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ein Schwerpunkt ist die Vermögensnachfolge, hier zum einen ein Beitrag dazu, dass ein  Testament mehrere Varianten berücksichtigen sollte, z.B. dass die Kinder vor ihren Eltern oder die Ehefrau vor ihrem Ehegatten verstirbt. Das zweite Thema in diesem Zusammenhang ist dem Wechsel des ehelichen Güterstandes gewidmet. Das dritte Thema behandelt den „Notartourismus“ ins Ausland, das vierte befasst sich mit den für Unternehmen überraschenden Folgen der EuGH – Entscheidung zum Urlaubsanspruch Langzeitkranker.

Wer sich für den Bezug der Depesche noch nicht hat registrieren lassen, kann das auf unserer wesite unter dem Punkt „Depesche“ nachholen: 
www.random-coil.de

Andere ärgern zu wollen kann teuer werden…. BGH – Urteil vom 13.01.2011 – IX ZR 110/10 (Anwaltskosten als Schadensersatz)

Sonntag, 25. September 2011
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Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein, und wer anderen mit Klage droht, obwohl er weiß, dass dies Unsinn ist, muss damit rechnen, die Kosten des gegnerischen Anwalts zahlen, im Streitfall sogar eine 1,5 Gebühr. Kollegen, die vorschnell unsinnige Forderungen geltend machen, seien gewarnt. Das hat der BGH jetzt klargestellt.

Am 13. Januar 2011 (IX ZR 110/10) hatte der BGH über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: eine Partei forderte von der anderen – in Kenntnis des Sachverhalts –  durch Anwaltsschreiben mit kurzer Frist die Rückzahlung eines Darlehens, auf das sie vorher verzichtet hatte. Nach anwaltlichen Schriftwechsel erledigte sich die Sache. Die angegangene Partei ließ es aber nicht dabei bewenden. Sie verlangte von der anderen Partei die Erstattung der von ihr aufgewendeten Anwaltskosten zur Abwehr des Anspruchs als Schadensersatz. Der BGH gab der Partei recht. Er sah den Schadensersatzasnpruch (wegen Pflichtverletzung des Darlehensvertrages) als gegeben an und sprach der Partei sogar den Ersatz einer 1,5 Gebühr nach Nr. 2300 zum RVG zu. Nach Ansicht des BGH war die Erhöhung der Gebühr von 1,3 auf 1,5 der richterlichen Prüfung entzogen.

Quintessenz: eine Entscheidung, die zu begrüßen ist. Kolleginnen und Kollegen, die gerne einmal vorschnell aus der Luft gegriffene Ansprüche behaupten (in der Hoffnung, dass doch etwas zu holen sein möge), werden sich künftig eine kritischere Prüfung der Qualität ihrer Arbeit gefallen lassen. Wenn es nicht der Mandant war, der auf den Unsinn gedrängt hat, wird es für den Anwalt unangenehm. Im Übrigen: wissentlich unberechtigte Forderungen geltend zu machen, zeichnet einen Anwalt auch nicht gerade aus, um das Wort unseriös zu vermeiden.  

      

Was war da denn los: ist Angela Merkel eine „culona inchiavabile“ ? was meinen die Juristen dazu und, ist das eine causa für den Papst als Mediator?

Sonntag, 25. September 2011
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Im Spiegel Nr.38 vom 19.09.2011 wird auf Seite 104 berichtet, Berlusconi habe Angela Merkel in einem abgehörten Telefonat als „culona inchiavabile“ bezeichnet. Freundlich übersetzt Der Spiegel den Ausspruch mit „ein großer Hintern, mit dem man überhaupt nichts anfangen könne“ ; die richtige, wesentlich drastischere Übersetzung, die deutlich länger als der auf den Punkt gebrachte italienische Spruch ist, hier wiederzugeben, verbietet uns allerdings der Anstand. 

Wer aber schon einmal vorzugsweise als junger Mensch in Italien war, der weiß, dass die Sprache dort generell wesentlich drastischer ist als bei uns, ohne dass man dort jedes Wort auf die Goldwaage legen würde. Der Spruch „va fan culo“, der einfach mit „Leck mich am A..“ übersetzt werden kann, ist in Italien bestenfalls die wenn auch unhöfliche Aufforderung an den Adressaten, sich zu trollen. Und der Ausdruck „non mi rompere le palle“ – „geh mir nicht auf die Eier“ – ist sogar in Deutschland verbreitet und wird auch hier sicher nicht wörtlich genommen. Die Italiener verfügen bekanntlich über eine sehr bildhafte Sprache. Und wer selbst italienisch spricht, der weiß, dass man dabei Gestik und Mimik automatisch ändert. Die Sprache ist lebendiger und emotionaler als unser Deutsch. So klingt in den Ohren eines / einer Deutschen die Aufforderung zu bestimmten sexuellen Praktiken – „fammi una pompa“ – sicher melodischer als das deutsche Pendant, das eher schroff klingt.

Das aber alles interessiert Juristen nicht. Sie fragen sich: hat Berluscoin Frau Merkel beleidigt ? mit seiner Aussage sicher, aber die Frage ist doch, ob das abgehörte Telefonat verwertet werden darf. Ist das noch ein Zufallsfund ? Man darf auch gespannt sein, ob Frau Merkel fristgerecht den notwendigen Strafantrag stellt und wo, sicher sehr medienwirksam, der Sühneversuch stattfinden wird. Eigentlich hätte der Papst sich doch dieser causa annehmen können.

Gelesen und gelacht, der praktische Stempel zur Erledigung so mancher Eingangspost II („Haben Sie eigentlich einen Knall?“)

Donnerstag, 15. September 2011
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Die guten Manieren sterben aus; da wundert es nicht, wenn Rechtsanwälte im Umgang miteinander nicht zimperlich sind. Die Anwälte sind in dieser Hinsicht sogar privilegiert. Denn es ist ihnen erlaubt, als Vertreter der Interessen ihrer Mandanten die Dinge auch in drastischer Form auf den Punkt zu bringen. Es gibt aber Kollegen, die – vereinfacht gesagt – das Maß nicht halten können und einen derartigen Unsinn schreiben, dass man wirklich versucht ist, auf das eingegangene (oder ausgerdruckte) Schriftgut den Stempel „Gelesen und gelacht“ aufzubringen und an den Absender ohne weiteren Kommentar zu retournieren. Denn eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Elaboraten, die vor Worthülsen nur so strotzen, ist nicht möglich. Allein der Anstand hindert daran. 

Das Anwaltsgericht in Köln (10 EV 2/11) hat jetzt einen Kollegen gerüffelt, der nach Ansicht des Gerichts den Bogen überspannt hat. Er hat einen bei ihm eingegangenen Schriftsatz mit dem handschriftlichen Zusatz „Haben Sie eigentlich einen Knall“ versehen und ohne weiteren Kommentar an den Absender retourniert. Es mag sein, dass der Kollege die notwendige Etikette vermissen ließ. Die Entscheidung blendet aber leider das Verhalten des  Absenders viel zu weitgehend aus. Nach der Entscheidung war es so, dass der Absender dem gerüffelten Kollegen in seinem Schreiben unterschwellig strafbares Handeln vorwarf, indem er schrieb: „Ob der Inhalt ihres Schreibens eine Nötigung zu Lasten meiner Mandantin darstellt, möchte ich an dieser Stelle nicht vertiefen….“  Nach dem Sachverhalt bot das Verhalten des gerüffelten Kollegen für diesen Vorwurf aber keinen Anlass. Wir meinen daher, dass auch der Absender hätte gerüffelt werden müssen.

Es ist ein häufig beobachtbares Phänomen, dass die Qualität der Schriftsätze nicht sehr hoch ist, weil einige Anwälte sich bestenfalls oberflächlich mit den Mandaten befassen und, oft zu Lasten des eigenen Mandanten ihr Heil im Streit statt in der Lösung des Problems suchen. Oft soll dann die Stärke des Ausdrucks die Schwäche oder gar das Fehlen der Argumente überdecken. Da kann es dann schon lästig werden, wenn man in Zivilprozessen auf 30 und mehr Seiten umfassende Schriftsätze ohne Substanz, die „Besinnungsaufsätzen“ gleichen, erwidern muss. 

Im Übrigen gilt auch unter Anwälten die alte Weisheit: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück. Und wer ein kräftiges Echo nicht ertragen kann, der sollte selbst nicht so laut in den Wald schreien. Ach ja, wohlüberlegte Zurückhaltung zeugt nicht von Schwäche, sondern von der Stärke, sich nicht jedem Impuls hinzugeben, sondern zunächst einmal die Dinge zu Ende zu denken, um dann mit der richtigen Strategie an den Start zu gehen. Wer als Anwalt in erster Linie durch lautes „Auftreten“ auffällt, disqualifiziert sich selbst.

Gerichte, die lieben Postlaufzeiten (die sind es nicht !) und das EGVP – es grüßt der Amtsschimmel

Samstag, 10. September 2011
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Wir hatten uns gewundert, dass die  Post von einem Landgericht zu uns bis zu vierzehn Tage brauchte (dachten wir jedenfalls). Bis wir der Sache auf den Grund gingen. Wir stellten fest, dass wir die Post von dem Landgericht mit dem Stempel eines 2o km entfernten Amtsgerichtes erhielten. Auf Nachfrage erhielten wir folgende Antwort, die uns 100 Jahre zurück versetzte: das Landgericht bringt die Post, die für die Anwälte bestimmt ist, die ihre Kanzlei im Bezirk des besagten Amtgerichts haben, zunächst zu diesem Amtsgericht. Dort wird die Post in Postfächer einsortiert. Erst wenn die Post nach einiger Zeit von den Anwälten nicht aus den Postfächern entnommen worden ist, versendet das Amtsgericht die Sendungen auf dem Postwege an die Anwälte. Das also war des Rätsels Lösung.

Ist schon das beschriebene, lange geübte, Procedere erstaunlich, dann braucht man auch nicht mehr zu fragen, wie man bei den beiden Gerichten überhaupt auf die Idee kommen konnte, dass ein Anwalt jeden Tag 4o km fährt, nur um zu sehen, ob Post in seinem Postfach liegt. Dabei liegt die Lösung doch recht nahe: das Landgericht müsste nur am EGVP teilnehmen.