Archiv für April 2013

Auch Richter sind „nur“ Menschen – Beleidigung eines Staatsanwalts durch Richter: „denen haben sie wohl ins Gehirn geschissen“ – wenn die Tür mal nicht richtig schließt

Montag, 22. April 2013
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Auch Richter sind „nur“ Menschen. Auch sie sind offenbar vor menschlichen Regungen ob der (von ihnen nur gesehenen oder wirklich vorliegenden) Uneinsichtigkeit der Verfahrensbeteiligten nicht gefeit. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass es Richter an Finanzgerichten gibt, die das bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit eines Verfahrens auch den Vertreter der Finanzbehörden spüren lassen, wenngleich sehr moderat. Wutausbrüche sind bei Richtern dagegen äußerst selten, besonders wenn es um Staatsanwälte geht. Interessant ist daher dieser Artikel aus dem Hamburger Abendblatt vom 14.02.2013, in dem es um die Beleidung des Generalstaatsanwalts durch einen Richter ging. Der Artikel in vollem Wortlaut:

Kritiker werfen Generalstaatsanwalt Lutz von Selle schon lange mangelndes Augenmaß und Pedanterie vor (das Abendblatt berichtete). Mit einem Aufsehen erregenden Strafantrag leistet Hamburgs Chefankläger dieser auch in seiner Behörde verbreiteten Einschätzung weiter Vorschub. Die Staatsanwaltschaft klagte Richter Arno L. jetzt wegen Beleidigung an, berichtete die „Bild“-Zeitung. Ein Oberstaatsanwalt habe demnach bereits alle Zeugen vernommen, darunter auch einen 15 Jahre alten Praktikanten.

Was war geschehen? Im September 2012 stieß Richter Arno L., 45, während einer Verhandlung das Gebaren eines Staatsanwalts sauer auf. Laut der zwei Seiten umfassenden Anklage hat sich der Amtsrichter in sein Beratungszimmer zurückgezogen und „mit lauter Stimme“ gesagt: „Denen haben sie wohl ins Gehirn geschissen.“ Damit habe er einen Staatsanwalt, der angeblich einer Verfahrenseinstellung nicht zustimmen wollte, gemeint oder auch dessen Vorgesetzte.

Die unschöne Bemerkung erreichte schließlich auch Generalstaatsanwalt Lutz von Selle. Obgleich sich der Richter zügig beim Staatsanwalt entschuldigt hatte und auch Behördenleiter Ewald Brandt von einer Strafverfolgung absehen wollte, beharrte nach Abendblatt-Informationen von Selle auf dem Verfahren. Das Verfahren könne eingestellt werden, wenn der Richter 250 Euro Geldbuße zahle, so das Angebot der Staatsanwaltschaft. Doch darauf ging Arno L. nicht ein. „Meine sicherlich unangemessene Äußerung in dem Beratungszimmer aus Verärgerung über das allgemeine Einstellungsverhalten der Staatsanwaltschaft Hamburg seit zwei bis drei Jahren war keinesfalls für die Öffentlichkeit bestimmt und sollte im Sitzungssaal gerade nicht gehört werden“, sagte der Amtsrichter dazu auf Anfrage dem Abendblatt. „Da die zugeworfene Zwischentür von mir unbemerkt wieder aufsprang, war die Bemerkung wohl leider zum Teil im Saal zu hören. Nachdem ich das erfahren hatte, habe ich mich gegenüber dem vermeintlich dadurch betroffenen Staatsanwalt sowie dem Behördenleiter Dr.Brandt für meine Unbeherrschtheit entschuldigt. Damit war die Sache aus meiner Sicht für alle Beteiligten erledigt. Ein strafwürdiges Unrecht habe ich mir nicht vorzuwerfen und die zweieinhalb Monate nach dem Vorfall erfolgte Strafantragstellung durch den Generalstaatsanwalt von Selle kann ich nicht nachvollziehen.

Uli Hoeneß – es wird viel geschrieben, nur eine Frage wird – mal wieder nicht gestellt: wie gelangen solche Infos in die Öffentlichkeit?

Sonntag, 21. April 2013
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Ja: Uli Hoeneß hat Steuern hinterzogen; er hat damit eine Straftat (oder mehrere) begangen. Das ist in keiner Weise akzeptabel. Juristisch liegt der Sprengstoff dieses „Falles“ nach der Selbstanzeige von Hoeneß aber nur noch darin, ob diese wirksam ist. Nur dann kann er straffrei bleiben. Was das für die Reputation von Hoeneß heißt, ist dagegen keine Aufgabe für Juristen.  Angesichts des breiten Medienechos gehört aber auch für einen Juristen nicht viel Fantasie dazu sich vorzustellen, dass dies für Hoeneß das „Aus“ ist.

Eine Frage wird aber auch hier wieder einmal nicht gestellt. Schon bei Herrn Zumwinkel fragten sich noch ein paar (weinge) Personen, wie es denn sein könne, dass die Presse schon vor Eintreffen der Ermittlungsbehörden „schussbereit“ in Position war. Diese Frage stellt sich bei Hoeneß in etwas anderer Form, aber dennoch stellt sie sich (nur neimand in der Presse schreibt darüber). Auch eine Selbstanzeige fällt unter das Steuergeheimnis nach § 30 AO. Das gilt für alle Behörden. Dazu gehört schon die einfache Tatsache, dass überhaupt eine solche Anzeige erstattet worden ist. Wie kann es dann aber sein, dass der Focus all dies recherchiert hat? Mit legalen Mitteln ist das kaum denkbar. Es spricht mehr dafür, dass hier jemand nachgeholfen hat. Aber auch hier heiligt der Zweck (welcher ist es denn?) die Mittel, sich die Infos (über einen nicht legalen Weg?) zu beschaffen.

Noch einmal: Steuerhinterziehung ist strafbar und nicht zu tolerieren. Das ist simpel. Die Steuergesetze sind, ebenso wie andere Gesetze, einzuhalten. Auch das ist simpel. Was der Staat aber zu recht von seinen Bürgen verlangt, die Gestzestreue, das muss er aber auch gegen sich selbst gelten lassen. Und dann geht es nicht an, z.B. mit Kriminellen zusammen zu arbeiten, um Daten-CDs zu kaufen, mögen die auch noch so interessant sein. Damit wird der Staat zum Anstifter für Straftaten. Datenklau wäre auch in Deutschland strafbar. Und der Staat muss auch dafür Sorge tragen, dass ihm anvertraute Informationen, die unter das Steuergeheimnis fallen, auch (selbstverständlich) dem Gesetz entsprechend behandelt werden. Es geht nicht an, dass, was z.Zt. nur vermutet werden kann, Mitarbeiter von Behörden ihnen in ihrer Eigenschaft als Amtsträger bekannt gewordene Tatsachen für Zwecke verwenden, die vom Gesetz offensichtlich nicht gedeckt sind. Recht muss Recht bleiben. Wird es nur noch zum Zweck degradiert, wird ihm bald die Akzeptanz fehlen. Am Steuerrecht sehen wir deutlich, wohin das führen kann. Es ist fast nicht mehr zu verstehen. Und wenn dann populistisch eine aus guten Gründen (extem hoher Verwaltungsaufwand und dazu im Verhältnis nicht mehr zu rechtfertigende geringe Einnahmen) vom BVerfG, nicht etwa von einer „Reichen-Lobby, abgeschaffte Vermögensteuer unter dem Jubel vieler Bürger wieder eingeführt werden soll, dann stellt man sich besser nicht die Sinnfrage. Steuern sind eben dann gut, wenn man sie selbst nicht zahlen muss.
ws

Auch Richter tanzen oder verstehen (nichts? davon): OLG Hamm vom 29. Januar 2013: Tanzen ist so schwer, dass Tanzschulen nicht mit einer Garantie für den Erfolg werben dürfen (sic!)

Sonntag, 07. April 2013
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Tanzen kann doch jeder! weit gefehlt, beschied das OLG am 29. Januar 2013 (I – 4 U 171/12) die beklagte Tanzschule und untersagte ihr die Werbung, die beim Besuch ihres Tanzunterrichts einen Lernerfolg garantierte. Das OLG hielt die Werbung für irreführend und damit unzulässig. Das LG Essen hatte  noch für das „Tanzen mit Garantie“ entschieden. Das OLG Hamm sah das anders. Die Werbung sei auch für den heutigen, durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher irreführend und deshalb unlauter. Tatsächlich hängt, so jedenfalls das OLG,  der Erfolg des Tanzunterrichts maßgeblich vom jeweiligen Schüler ab, so dass ein Lernerfolg nicht sicher eintreten müsse. Denn es gebe, so das OLG, immer wieder Menschen, die auch nach einem Tanzkurs nicht in der Lage seien, das formal Gelernte so anzuwenden, dass sich dieses als eine auch nur einigermaßen ästhetisch anmutende Bewegung darstelle.

Aus den Entscheidungen der beiden Gerichte war nicht zu entnehmen, ob die entscheidenden Richterinnen und Richter Tänzer sind und wenn ja, mit welchem Erfolg sie welche Tanzschule besucht haben. Auch war den Entscheidungen nicht zu entnehmen, ob es den Richtern gelingt, beim Tanzen eine solche Sohle auf’s Parkett zu legen, dass man von einer „auch nur einigermaßen ästhetisch anmutenden Bewegung“ sprechen könnte. Man könnte den Eindruck haben, dass die Richter des LG Essen mit den Tanzkursen bessere Erfahrungen gemacht haben als die des OLG Hamm.

ws

Das Urteil ist rechtskräftig.

Der (fast) vergebliche Anruf bei der vielbeschäftigten Polizei: es geht also doch!

Samstag, 06. April 2013
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Ein Bürger aus – sagen wir einmal – Bielefeld – ruft abends bei der Polizei an:  „Kommen Sie schnell, ich stehe am Fenster und sehe, wie zwei Männer gerade beginnen, mein Auto aufzubrechen“. Der Polizist antwortet, es tue ihm leid, aber man könne nicht kommen, alle Kräfte seien im Einsatz. Man käme, wenn Kräfte wieder verfogbar seien, so schnell es gehe. Nach zwei Minuten ruft der Bürger erneut an: „Sie brauchen nicht mehr zu kommen, ich habe die beiden soeben erschossen“. Der Polizist ist entsetzt und weist den Bürger an:  „Bleiben Sie, wo Sie sind, wir kommen sofort.“

Die mit drei Wagen und einem SEK-Team anrückende Polizei trifft an Ort und Stelle auf die beiden quicklebendigen Einbrecher und verhaftet sie. Der Polizist ist außer sich vor Wut und  schnaubt den Bürger an: „Was fällt Ihnen ein, Sie haben die beiden doch gar nicht erschossen! Sie haben mich angelogen“. worauf der Bürger ungerührt erwidert: „Sie mich aber auch“

BGH: Schadensersatz bei Ausfall des Internets

Samstag, 06. April 2013
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In seinem Urteil vom 24. Januar 2013, III ZR 98/12, hat der BGH entschieden, dass der Nutzer bei Ausfall des Internetanschlusses Anspruch auf Schadensersatz hat. Die Höhe des Schadensersatzes bestimmt sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Bereitstellungskosten eines DSL-Anschlusses, bereinigt um die auf Gewinnerzielung gerichteten Wertfaktoren des Anbieters. Eine konkrete Summe hat der BGH in dem vom ihm entschiedenen Fall nicht genannt. Er hat die Sache zur weiteren Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Das OLG hat jetzt die schwierige Aufgabe, den Schaden zu beziffern.

Nach Auffassung des BGH ist der Ausfall eines Telefaxes dagegen kein Umstand, der zum Schadensersatz verpflichtet. Anders ist das wiederum bei dem Telefonanschluss. Fällt der Telefonanschluss aus, und verwendet der Betroffene ein Mobiltelefon, hat der Netzanbieter alle durch die Nutzung des Mobiltelefons entstandenen Mehrkosten zu ersetzen.

WS

random coil berät und vertritt Ing.-Büro aus Detmold bei der Durchsetzung einer erheblichen Forderung gegen namhaften Kunden

Samstag, 06. April 2013
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In der Sache geht es darum, dass der Kunde einfach  nicht zahlt.

random coil berät und vertritt Mandantin im Zusammenhang mit einer Farm in Namibia

Samstag, 06. April 2013
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random coil hat den Auftrag erhalten, eine Mandantin gegen Ansprüche aus einem angeblichen Pachtvertrag über eine Farm in Namibia zu beraten und zu vertreten. In der Sache geht es um angebliche Schadensersatzansprüche.

Offshore – leaks: Alter Wein in neuen Schläuchen – oder: wie dumm können Medien eigentlich sein?

Samstag, 06. April 2013
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Eins vorweg: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt und wir alle müssen ein Interesse daran haben, dass jeder die von ihm geschuldeten Steuern zahlt. Was Journalisten im Zusammenhang mit auf offshore-leaks herausgefunden haben, bewegt die Gemüter der Menschen zu recht. Das Ganze wird durch eine sachlich völlig falsche Berichterstattung negativ beeinflusst. Bei jedem Leser muss eine solch inkompetente Berichterstattung zu dem Schluss führen: wer reich ist, ist ein Verbrecher. Dabei wird völlig ausgeblendet, dass es in Deutschland eine sehr strenge Steuergesetzgebung gibt, die das von den Medien suggierte einfache Verlagern von Einkünften in Steueroasen, um es nicht in Deutschland zu versteuern, unmöglich macht. Es ist daher reiner Aktionismus, wenn das Finanzministerium in Deutschland eine neue Steuerpolizei nach dem Vorbild des FBI fordert. Absoluter Blödsinn.

Das deutsche Steuerrecht ist seit dem Jahr 1970 u.a. mit dem Außensteuergesetz (AStG) ausgestattet. Die deutsche Finanzverwaltung interessiert sich danach, vereinfacht gesagt, überhaupt nicht dafür, wie das Steuerrecht anderer Staaten bestimmte Einkünfte besteuert. Wer in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (die Anforderungen dafür sind gering – siehe Boris Becker), der ist mit seinem gesamten Welteinkommen steuerpflichtig, und zwar unabhängig  davon, ob er es hier oder in einer Steueroase erzielt. Die §§ 7 bis 14 ff. AStG verhindern zudem, dass Einkünfte über inaktive Gesellschaften in Steueroasen dem Zugriff des deutschen Rechts entzogen sind. Wer etwas anderes behauptet, hat keine Ahnung und setzt sich dem Verdacht aus, nicht zu berichten, sondern billig zu polemisieren. Ausnahmen von diesem Welteinkommensprinzip gibt es nur in so genannten Doppelbesteuerungsabkommen. In diesen Abkommen verzichtet die Bundesrepublik Deutschland – nach international üblichen Standards – bewusst auf die Besteuerung bestimmter Einkünfte. Das aber ist kein Verlust, sondern trägt nur dem Umstand Rechnung, dass Einkünfte nicht in zwei Staaten – doppelt – besteuert werden dürfen.

Die von den Medien jetzt fast schon perfide einer breiten Öffentlichkeit suggerierte Möglichkeit insbesondere „reicher Personen“ (allein das ist offenbar schon etwas, wofür man sich schämen soll), durch die Verlagerung von Vermögen in Steueroasen in Deutschland legal Steuern sparen zu können, ist vereinfacht gesagt absoluter Blödsinn. Ein genauso großer Blödsinn ist es zu behaupten, dass trickreiche Anwälte (als Kriminelle) dazu beitragen würden, dass reiche Personen in Deutschland Steuern, die sie eigentlich zahlen müssten, nicht zahlen. Richtig ist vielmehr, dass auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes anerkannt ist, dass Steuerpflichtige ihre Lebensverhältnisse nicht so einrichten müssen, dass sie möglichst viel Steuern zahlen. Jeder Steuerpflichtigen ist im Rahmen der Rechtsordnung berechtigt, seine Verhältnisse so zu gestalten, dass er möglichst wenig Steuern bezahlt. Das macht auch hierzulande im Übrigen jeder Arbeitnehmer. Es ist daher fatal, wenn die Medien bei einer breiten Bevölkerung den Eindruck erwecken, dass es anstößig oder sogar kriminell sei, seine steuerlichen Verhältnisse möglichst günstig zu gestalten. Die Ursache für dieses Streben kann die öffentliche Hand schnell finden. Es sind Projekte wie der Flughafen Berlin und die dort gezeigte Inkompetenz, für die wir alle unsere Steuergelder hergeben. Den Medien, die einen solchen Unsinn verbreiten, sei empfohlen, sich zunächst einmal über die Rechtslage kundig zu machen, bevor über solche Themen mit erhobenem Zeigefinger geschrieben wird.

Bei einer solchen Art der Berichterstattung gerät auch schnell aus dem Blickfeld, dass die Finanzverwaltung in Deutschland nicht selten völlig unangemessen agiert. Vor gar nicht allzu langer Zeit musste der Bundesfinanzhof eine Prüfungsanordnung, gerichtet gegen einen Rechtsanwalt, aufheben. Grund: es war aktenkundig geworden ist, dass der Rechtsanwalt nur deshalb geprüft werden sollte, um Druck auf ihn auszuüben. Der Rechtsanwalt hatte nämlich einen Finanzbeamten gegen seinen Chef, den Vorsteher eines Finanzamtes, in einer dienstlichen Auseinandersetzung vertreten. Da sollte der Anwalt mal einfach „abgestraft“ werden. Es ist geradezu ungeheuerlich, so etwas, das eher in eine Bananenrepublik passt, lesen zu müssen.

Noch ungeheuerlicher wird es, wenn Steuerpflichtige mit ansehen müssen, wie die geballte Staatsmacht in Form der Steuerfahndung über sie herfällt und niemand sich für einen unangemessenen Einsatz entschuldigt. Wir denken hier auch an Herrn Zumwinkel, bei dessen Verhaftung die Presse schon vor Ort war. Herr Zumwinkel wird das sicher nicht initiiert haben. Offensichtlich soll hier der Zweck die Mittel heiligen. Das aber erinnert mich fatal an längst vergangene Zeiten, die hoffentlich niemand mehr haben möchte. Wer also gebietet diesem Treiben Einhalt?

ws