Archiv für Dezember 2013

Das Jahr 2013 mit der Finanzverwaltung; Betrachtungen zurück im Zorn? Nein, aber viel Nachdenklich Stimmendes. Der Blick geht immer nur nach vorne

Samstag, 28. Dezember 2013
Download PDF

Da wir häufig mit der Finanzverwaltung als „Partei“ zu tun haben, könnten wir so manche Anekdote schreiben, die alle zusammengenommen das Zeug zum Bestseller hätten. Die Pflicht zur Verschwiegenheit steht dem Vorhaben in allzu offener Form aber leider entgegen. Zudem respektieren wir selbstverständlich den Wunsch unserer Mandanten, dass ihre Sache auch anonym nicht in unserem Blog erscheinen soll. Es bleibt dennoch eine erhebliche Stofffülle, aus der wir uns auf die Substanz beschränken.

Bemerkenswert oder besser erschreckend ist die von uns wahrgenommene Tendenz, dass die Finanzverwaltung sehr bewusst die ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzt, leider aber auch, um nur vermeintliche Steueransprüche durchzusetzen. Insbesondere in Betriebsprüfungen macht sich der massenweise Verlust erfahrener Prüfer durch Altersteilzeit bemerkbar. Junge Prüfer, die es anscheinend gewohnt waren, bei den Steuererklärungen jeden Cent zu hinterfragen, haben diese Arbeitsweise in die Prüfungsdienste übernommen. Schon längst geprüfte Dinge werden erneut geprüft, wirklichkeitsfremde Sachverhalt unterstellt, und wenn man mit den Argumenten nicht mehr weiterkommt, wird auch gerne mal einfach die – vermeintliche – Steuer festgesetzt. Zwar gibt es dagegen Rechtsschutz, aber dass die Steuerpflichtigen ihren Berater bezahlen müssen, kommt anscheinend niemandem in den Sinn.

In die gleiche Kategorie gehört auch die Ausweitung der Prüfungsdauern in Fällen, die deutlich schneller geprüft werden könnten. Hier bleibt oft der fade Beigeschmack, dass einfach viele Punkte nur aufgegriffen werden, um den Steuerpflichtigen zu Zugeständnissen und damit verbundenen Steuerzahlungen (und Zinszahlungen) zu „zwingen“, weil eine Fortführung der Prüfung lästig werden würde. Hier empfehlen wir den Mandanten, sich auf solche Spielchen nicht einzulassen, sondern hier ganz klar Flagge zu zeigen.

Dass mit unterschiedlicher Elle gemessen wird, haben wir bei dem Thema der Fristen bemerkt. Die Verwaltung erwartet alles in Frist von einem Monat. Fristverlängerungsanträge werden häufig abgelehnt. Umgekehrt hat man es nicht so eilig. Die Verwaltung lässt sich häufig deutlich länger Zeit, auf Nachfragen gibt es nicht selten patzige Reaktionen.

Eine weiter mit Sorge beobachtete Tendenz geht dahin, die Steuerpflichtigen viel zu schnell als Steuerhinterzieher zu kriminalisieren. Schon das Vergessen oder Übersehen kleinster Beträge in der Steuererklärung führt zu einem Strafverfahren. Man hat den Eindruck, dass die Verwaltung davon ausgeht, dass jeder Steuerpflichtige ein Krimineller sei, er wisse es nur noch nicht. Hier wäre Augenmaß am Platze.

Überhaupt täte es den Angehörigen der Finanzverwaltung in allen Laufbahngruppen gut, einmal ein Jahr in der Wirtschaft zu verbringen. Sie hätten dann sicher ein besseres Gefühl dafür, dass die Steuerpflichtigen eine ganze Menge in ihrem Alltag zu bedenken, zu unternehmen und zu bearbeiten haben, dass Unternehmer erhebliche Risiken auf sich nehmen, und dass die Besteuerung nicht die allererste Priorität hat, noch viel weniger sicher das Hinterziehen von Steuern.

Natürlich besteht auch Verständnis für die Beamten. Auch sie haben selbstverständlich ein Recht darauf, freundlich und höflich behandelt zu werden. Doch auch hier gilt die alte Weisheit: „wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück.“ Wer meint, er selbst dürfe sich mit der Macht des Staates im Rücken benehmen wir die Axt im Walde, der irrt. Und wir haben in den vielen Jahren unserer Beratungstätigkeit nur einen einzigen Beamten erlebt, der sich für Fehler des Finanzamts entschuldigt hat.

Dennoch wenden wir den Blick nicht im Zorn zurück. Wir werden auch 2014 für die Interessen unserer Mandanten mit allem Nachdruck, aber auch mit aller Höflichkeit eintreten. Prüfer, die meinen, uns anschreien zu müssen, werden wir aber auch – im Regelfall – kurz anschreien und dann sehr höflich bitten, doch bitte zur Sachlichkeit zurück zu kehren. Wir werden auch 2014 versuchen, ein gutes Verhältnis zur Finanzverwaltung zu haben, ohne zu vergessen, dass wir die Interessen unserer Mandanten wahrnehmen.
ws

Verwertungsverbot für Zufallserkenntnisse im Besteuerungsverfahren – BFH stärkt per Beschluss einmal mehr die Rechte der Steuerpflichtigen

Mittwoch, 25. Dezember 2013
Download PDF

Dass Datenschutz ein wichtiges Thema ist, ist spätestens seit den Lauschangriffen der NSA auf das „abhörsichere“ Telefon der Kanzlerin in das allgemeine Bewusstsein gerückt. Datenschutz gehört aber zugleich in den größeren Kontext der Bürgerrechte. Hier sehen wir mit wachsender Sorge, dass immer häufiger nicht erkannt wird, dass behördliches Handeln immer einen Eingriff in Rechte des Bürgers bedeuten, und dass diese Eingriffe immer einer gesetzlichen Rechtfertigung bedürfen. Man kann insbesondere im Steuerrecht den Eindruck gewinnen, dass der Zweck jedes Mittel rechtfertigen soll.

Sogenannte Zufallsfunde, also strafrechtlich relevante Tatsachen, die z.B. bei Durchsuchungen entdeckt werden, die aber gar nicht Gegenstand der Durchsuchung waren,    sind nach der sehr großzügigen Rechtsprechung verwertbar. Es kommt daher nicht selten vor, dass die Ermittlungen Zwangsmaßnahmen gar nicht rechtfertigen, dass aber dennoch ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt wird in der – unausgesprochenen – Hoffnung, dass man schon einige Zufallsfunde haben werde.

Dem hat der BFH jetzt jedenfalls in einem krassen Fall durch Beschluss einen Riegel vorgeschoben. Nach dem Beschluss des BFH vom 24.04.13 (VII B 202/12) dürfen Zufallsfunde, die bei einer gegen einen anderen Beschuldigten durchgeführten Telefonüberwachung gewonnen worden sind, in einem Besteuerungsverfahren gegen einen Anderen, hier einen Haftender Mittäterschaft oder Teilnahme nicht verwendet werden,  wenn die dem Anderen im Haftungsbescheid zur Last gelegte Straftat strafprozessrechtlich die Anordnung einer Telefonüberwachung nicht gerechtfertigt hätte.

Was war passiert? Ein Zollamt hatte den Kläger als Haftenden für Tabaksteuer in Anspruch genommen. Ihm wurde im Haftungsbescheid zur Last gelegt, den Verkauf von unverzollten und nicht versteuerten Zigaretten zwischen Dritten vermittelt zu haben. Der Verkäufer der Zigaretten war deshalb wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei verurteilt worden. Dem Kläger konnte im Strafverfahren eine Beteiligung allerdings nicht nachgewiesen werden. Im Haftungsbescheid ging das Hauptzollamt gleichwohl davon aus, dass der Kläger den Verkauf vermittelt habe und stützte sich dabei auf die Protokolle einer (aus anderen Gründen angeordneten) Telefonüberwachung aus dem Jahr 2007. Nach damals geltendem Recht durfte eine Telefonüberwachung wegen des Verdachts der Begehung von Steuerstraftaten nicht angeordnet werden. Das Finanzgericht hat den Haftungsbescheid aufgehoben mit der Begründung, die zufälligen Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung dürften gegen den Kläger nicht verwertet werden.

Diese Rechtsansicht hat der BFH für offensichtlich zutreffend erklärt, ohne dass dies in einem Revisionsverfahren geprüft werden müsse. § 477 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) lasse die Verwertung in einem anderen Strafverfahren gewonnener Erkenntnisse nur zu, wenn diese durch die betreffende Maßnahme auch unmittelbar zur Aufklärung der dem Beschuldigten bzw. Haftungsschuldner vorgeworfenen Straftat hätten gewonnen werden können. Zufallserkenntnisse aus einer Telefonüberwachung dürften jedoch zu Beweiszwecken nur verwertet werden, wenn sich die Erkenntnisse auf Katalogtaten im Sinne des § 100a StPO bezögen. Selbst nach der inzwischen in Kraft getretenen Neufassung dieser Vorschrift gehört dazu die einfache (d.h. nicht gewerbs- oder bandenmäßig begangene) Steuerhehlerei nicht.

Eigentlich bemerkenswert ist nicht die  Entscheidung selbst, sondern dass für das Ergebnis erst der BFH angerufen werden musste.

BFH rückt die Welt einmal mehr gerade: Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen

Montag, 16. Dezember 2013
Download PDF

Mit Urteil vom 17. Juli 2013 (X R 31/12) hat der BFH über die Abzugsfähigkeit von Gehaltszahlungen an nahe Angehörige entschieden. Das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht hatten einen Anstellungsvertrag zwischen dem Kläger und seinen Eltern nicht anerkannt. Die Anstellungsverträge seien nicht entsprechend der Vereinbarung durchgeführt worden. Als Begründung wurde etwas überraschend angeführt, dass beide Elternteile tatsächlich mehr als die vertraglich festgelegte Zeit gearbeitet hätten. Darauf hätten sich fremde Dritte nicht eingelassen.

Die Revision des Klägers vor dem BFH war erfolgreich. Für den BFH war einzig und allein entscheidend, dass die Angehörigen für die an sie gezahlte Vergütung die vereinbarte Gegenleistung tatsächlich erbracht haben. Ob diese arbeitsvertragliche Pflicht durch Leistung von Mehrarbeit übererfüllt worden sei, war für den BFH nicht relevant.

Auch die Frage, dass Zeitnachweise für die geleistete Arbeit nicht geführt worden sind, hielt der BFH nicht für entscheidungserheblich. Denn die Arbeitszeitnachweise beträfen nur den dem Kläger obliegenden Nachweis, dass der jeweilige Angehörige die vereinbarte Arbeitsleistung tatsächlich erbracht hat.

Die Entscheidung des BFH ist zu begrüßen. Es ist schon nicht verständlich, dass die Vorinstanz, das Finanzgericht Neustadt an der Weinstraße, zu Lasten des  Klägers entschieden hatte.

ws