Archiv für März 2014

Notarielle Fachprüfung: Kampagne I 2014 – die Klausuren sind geschrieben – eine Bestandsaufnahme

Sonntag, 30. März 2014
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Die Klausuren der notariellen Fachprüfung sind geschrieben, und es ist wahr: das ist das dritte Staatsexamen. Was früher einfach war, ist heute schwer. 4 Klausuren à 5 Stunden, das ist schon in einer Woche der Hammer. Nicht zu vergessen der Zeitaufwand für die Vorbereitung. Und was wurde gefragt?

Immobilienrecht mit Zwangsvollstreckung und Erbrecht in allen Varianten gepaart, sehr tricky. Umwandlungsrecht am Dienstag: gefordert war eine Verschmelzung zweier Vereine. Ich möchte mal einen Praktiker sehen, der das schon mal gemacht hat. Und immer wieder Erbrecht. Ein gemeinschaftliches Testament, das geändert werden sollte, was aber m.E. missglückt ist. Gefragt war hier u.a., wie man das Ziel denn anders erreichen könnte.

Alles in allem m.E. faire Klausuren, auch wenn es jedesmal ein Schreibmarathon war. Aber warten wir mal die Noten ab. Zudem auch praktische Klausuren, ich jedenfalls konnte mir die von den Beteiligten geschilderten Sachverhalte gut vorstellen. Und wissen wir nicht alle, dass mehr schief als gut geht ohne gute Beratung. Es stimmt eben doch: es ist nie genug Zeit (und Geld), um Probleme gut  zu lösen; wenn es dann notwendig wird zu reparieren, dann aber werden keine Kosten  und Mühen gescheut; und Zeit ist dann auch mehr als genug da. Es ist ja wichtig, denn der Baum brennt. Und wenn dann noch das Finanzamt wegen  schlechter Gestaltung mehr Geld als notwendig haben möchte, dann dämmert es (hoffentlich), dass man beim nächsten Mal nicht mehr am falschen Ende spart. Aber wie heisst es so schön?  Ist erstmal ein Problem gelöst, verblasst die Leistung des Beraters schnell. Der Mandant hätte das ja auch selbst geschafft. Das ist eben der tägliche Kampf gegen das Vergessen, den die meisten Menschen doch verlieren. Aber wer weiß, wofür das gut ist.

ws

Ohne den BFH wüssten wir es nicht – die „Klauenpflege“ dient nicht unmittelbar der Tierzucht, daher unterliegt sie dem vollen Umsatzsteuersatz

Montag, 24. März 2014
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Ein selbstständiger Klauenpfleger verdient seinen Lebensunterhalt mir der Pflege von Klauen von Rindern. Seine Umsätze versteuerte er nach dem ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt (FA) und das Finanzgericht (FG) waren anderer Meinung und gingen vom Regelsteuersatz aus. Die Klauenpflege sei keine Leistung, die „unmittelbar“ der Förderung der Tierzucht diene, was das Gesetzt aber fordert.

Der Bundesfinanzhof (BFH) schloss sich mit dem Urteil vom 16. Januar 2014 (Urteil v. 16.1.2014, V R 26/13) dieser Meinung an und wies die Revision des Klauenpflegers zurück. Der Förderungszweck stehe bei der Tätigkeit des Klauenpflegers nicht im Vordergrund. Es handele sich laut BFH weder um eine Leistung, die zur Anwendung des § 12 II Nr. 4 UStG führen würde, noch sei die Anwendung des § 12 II Nr. 3 UStG möglich, da hier nur „die Aufzucht und das Halten von Vieh … und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere“ begünstigt besteuert werden. Die Klauenpflege stelle lediglich eine allgemeine Gesundheitsmaßnahme dar, welche, wie beispielsweise die richtige Ernährung der Tiere, lediglich der Nutztierhaltung diene.

Hier greift auch nicht der Vorrang des Unionsrechts. Die nationalen Gesetzgeber können, sind aber nicht dazu verpflichtet, weitergehend als nach § 12 II Nr. 4 UStG einen ermäßigten Steuersatz für Dienstleistungen im Landwirtschaftlichen Bereich anzuordnen. Hier würde die Klauenpflege dazuzählen. Das aber hat der Gesetzgeber nicht getan.

Vergleichbare Tätigkeiten an anderen Tieren könnten somit durchaus unterschiedlicher Besteuerung unterliegen. Dem Klauenpfleger aber bleibt nichts anderes übrig, als den vollen Steuersatz zu zahlen.

ws/jb

Schlagabtausch zwischen Bundesfinanzhof und Bundesministerium für Finanzen – Teilwertabschreibung bei börsennotierten Aktien nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG

Sonntag, 23. März 2014
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Nach diversen Urteilen und anschließenden Anwendungsschreiben wird die nächste Runde im Schlagabtausch zwischen dem BFH (Bundesfinanzhof) und dem BMF (Bundesministerium für Finanzen) zum Thema Teilwertabschreibung eingeläut. Es geht um die voraussichtlich dauernde Wertminderung börsennotierter Aktien:

Mit dem kürzlich verfassten Entwurf eines Schreibens zur „Teilwertabschreibung gemäß § 6 I Nr. 1 und 2 EStG“ stellt die Finanzverwaltung alle vorangegangenen Einzelschreiben unter Berücksichtigung der BFH-Entscheidungen vom 08.06.2011 und 21.09.2011 zusammen. Allerdings scheint das BMF dabei der unmissverständlichen Rechtsprechung des BFH auszuweichen, und der Praxis die Anwendung der Norm damit sichtlich zu erschweren. Dabei hatte der BFH präzisiert, welche Meinung bei voraussichtlich dauernder Wertminderung bei börsennotierten Aktien zu vertreten ist. Nach dem Urteil des BFH ist eben hiervon auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter den Wert zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs fällt und der Kursverlust die Bagatellgrenze von 5 % der Notierung bei Erwerb überschreitet. Auf die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag komme es gerade nicht an. Obwohl diese Auslegung in dem Entwurf der Finanzverwaltung weitgehend aufgegriffen wird, fügt sie die Einschränkung hinzu, dass der Kurs sich nach der Bilanzaufstellung nicht wieder erholt haben darf. Eine erneute Abweichung der Verwaltungspraxis zur Rechtsprechung ist damit vorprogrammiert. Eine Beobachtung und Prüfung, die Auswirkungen der hinzugedichteten Ergänzung wären, müssten Steuerzahler und Finanzbehörden tragen.

Das ist nicht hinnehmbar. Durch Stellungnahme (Stellungnahme S 03/14 unter http://www.dstv.de/interessenvertretung/steuern/stellungnahmen-steuern/2014-s-03-teilwertabschreibung) hat der Deutsche Steuerberaterverband e. V. (DStV) seinen Unmut formuliert. Er fordert ein Festhalten an dem vom BFH aufgezeigten einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzug.

ws/jb

Das BVerfG und die frühere Landrätin Dr. P.; „Bild“ darf sie nicht „durchgeknallte Frau“ nennen; die Photos aber dürfen weiter als „klassische Pornografie“ bezeichnet werden; zugleich ein Beitrag im Kampf gegen das Vergessen.

Samstag, 22. März 2014
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Und Morgen wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Wer war denn die frühere Landrätin Dr. P. ,die bis zum Bundesverfassungsgericht gegangen war, fragte ich mich, als ich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.12.2013 (1 BvR 194/13, NJW 2014,764) las. Ich leide nicht unbedingt an retrograder Amnesie, aber der Name der Landrätin war mir tatsächlich entfallen. Google sei Dank war alles schnell geklärt: es war das Jahr 2007, als in Bayern Frau Dr. Pauli Furore machte. Auf den Höhenflug folgte ein ziemlich heftiger Absturz. Die frühere Landrätin ließ sich für ein Magazin in diversen Posen ablichten.

Die Bild-Zeitung schrieb dazu am 3.4.2007 folgenden Text:

„Liebe Latex-Landrätin,

im goldenen Minikleid (ohne Höschen, weil es unfotogen durchdrückt),begraben Sie Ihre Karriere in der P. A.’, schrieb die (…). Auf sechs Doppelseiten der Zeitschrift ,P. A.’ lassen Sie sich in Domina-Posen – mit Latex-Handschuhen und gespreizten Beinen – fotografieren. Die Fotos sind klassische Pornografie. Der pornografische Voyeur lebt in der Qual, Ihnen die Kleider vom Leib zu reißen. Kein Foto löst in mir den Impuls aus, Sie zu lieben bzw. zärtliche Worte mit Ihnen zu flüstern. Kein Mann liebt eine Frau in einem Pornofilm.

Auf all diesen Fotos sind Sie angezogen, nichts Nacktes. Sie sind die Frau dazwischen. Warum machen Sie das? Warum sind Sie nach Ihrem Stoiber-Triumph nicht die brave, allein erziehende Mutter geblieben? Warum lassen Sie sich so fotografieren?

Ich sage es Ihnen: Sie sind die frustrierteste Frau, die ich kenne. Ihre Hormone sind dermaßen durcheinander, dass Sie nicht mehr wissen, was wer was ist. Liebe, Sehnsucht, Orgasmus, Feminismus, Vernunft.

Sie sind eine durchgeknallte Frau, aber schieben Sie Ihren Zustand nicht auf uns Männer.“

Die so Geschmähte sah sich in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und begehrte von der Bild Zeitung, es zu unterlassen zu behaupten, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen

  • a) Frau Dr. P ist eine durchgeknallte Frau,
  • b) die Fotos von Frau Dr. P, die in der P. A. erschienen sind, sind klassische Pornografie,
  • c) im Zusammenhang mit den Fotos von Frau Dr. P, die in der P. A. erschienen sind, von „Domina-Posen“, „einem Pornofilm“ und „pornografischen Inhalten“ zu sprechen.

Das LG Traunstein verurteilte die Bildzeitung zur begehrten Unterlassung, wies die Klage wegen der Geldentschädigung aber ab. Gegen das Urteil legten beide Parteien Berufung ein. Das OLG München änderte das Urteil und wies die Klage insgesamt ab. Es meinte, die drei genannten Äußerungen seien Werturteile, in der Abwägung ließ es die Meinungsfreiheit der Bildzeitung überwiegen.

Das sah das Bundesverfassungsgericht anders. Die Äußerung, Frau Dr. P sei eine durchgeknallte Frau, sei ehrverletzend. Die zulässige Verfassungsbeschwerde war nach dem Bundesverfassungsgericht insoweit offensichtlich begründet.

Eigentlich konnte sich niemand mehr an den Bericht, und auch nicht einmal an die frühere Landrätin erinnern. Das Beispiel zeigt einmal mehr, dass es häufig gar nicht sinnvoll ist, sich mit juristischen Mitteln gegen die Presse zu wehren. Denn auf diese Weise bringt man bestimmte Themen häufig nur noch viel tiefer in die Köpfe der Menschen, als wenn man gar nichts unternommen hätte.
ws

Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich – Streit um Verfahrenskosten als außergewöhnliche Belastung von FG Düsseldorf entschieden

Samstag, 15. März 2014
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In zwei Verfahren vor der gesetzlichen Einschränkung zum 1. Januar 2013 ging es um Zivilprozesskosten, die laut Entscheidung des FG Düsseldorf (FG Düsseldorf, Urteil v. 23.9.2013, 7 K 1549/13 E) als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein können.

In einem der beiden Fälle ging es um eine Schmerzensgeldklage wegen ärztlicher Behandlungsfehler, die zum Sterben einer Ehefrau und Mutter geführt haben sollen; Geltend gemacht waren die Gerichtskosten, die Sachverständigenkosten, und die Rechtsanwaltskosten. Das beklagte Finanzamt verweigerte zunächst den Abzug der Kosten. Dem ist das Finanzgericht mit dem Hinweis begegnet, dass der Bundesfinanzhof bereits entschieden habe, dass Kosten eines Zivilprozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen können. Dass der Prozess noch nicht abgeschlossen sei, dürfe dabei keine Rolle spielen. Im Veranlagungszeitraum seien die außergewöhnlichen Belastungen zunächst steuermindernd zu berücksichtigen. In darauf folgenden Veranlagungszeiträumen mögliche Erstattungen an den Kläger führten dann als sog. rückwirkende Ereignisse zu einer späteren Änderung des Steuerbescheids (§ 175 I Nr. 2 AO).

In dem zweiten Fall ging es um Baumängel eines Einfamilienhauses. Eine Schadensersatzklage blieb erfolglos. Als die Kläger den Abzug der angefallenen Rechtsanwalts- und Gerichtskosten als außergewöhnliche Belastung begehrten, wurde dies zunächst abgelehnt. Doch auch in diesem Fall konnten sich die Kläger gegen das Finanzamt durchsetzen. Nach der Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf (FG Düsseldorf, Urteil v. 23.9.2013, 7 K 1549/13 E) können die Aufwendungen, nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung, als außergewöhnliche Belastung steuermindernd abgezogen werden. Der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei unbedingt Folge zu leisten.
ws/jb

Deutschland, eine Banannerepublik? nicht perfekt, aber ein Fortschritt – Die Reform der Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung

Samstag, 15. März 2014
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Das Thema Hoeneß ist medial verbraucht, jetzt kommt ein neues dran. Bisher stand Deutschland international zum Teil heftig  in der Kritik, weil die Bestechung von Abgeordneten nur unzulänglich im Sinne strafrehtlicher Sanktionierung geregelt war. Das verwundert, weil die Abgeordneten immer flott dabei sind, wenn es darum geht, im Übrigen das Strafrecht zu verschärfen. Die Umsetzung der jetzt unterzeichneten UN-Konvention in nationales Recht erfolgte bisher nicht, es liegt jetzt aber ein Entwurf der großen Koalition vor, den der Ausschuss von Recht und Verbraucherschutz einstimmig angenommen hat.

Was ist jetzt neu? Bei Abstimmungen und Wahlen im Plenum und in den Ausschüssen wurde bisher lediglich der Stimmenkauf- und Verkauf geahndet. Künftig soll das Strafrecht auch auf korrupt beeinflusste Handlungen oder Unterlassungen des Abgeordneten „im Auftrag oder auf Weisung“ abzielen. Dies kann als ein Versuch gesehen werden, ein Pendant für die Dienstpflichtverletzung in den Straftatbeständen für Amtsträgerbestechung nach §§ 332,334 StGB zu finden. Das ist aber problematisch, da Abgeordnete nach Art. 38 I GG „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden“. Sie haben also keine Dienstpflichten, die sie verletzen können. Fraglich ist zudem, ob ein Abgeordneter hierarchisch gesehen tatsächlich auf Weisung oder Auftrag anderer handelt oder ob durch die illegale Absprache eher eine Beziehung auf „gleicher Augenhöhe“ geknüpft wird. In jedem Fall wird die Rechtsprechung ein klares Regelungsziel definieren müssen.

Neu ist auch die Erfassung materieller und immaterieller Vorteile des Vorteilsgebers an Abgeordnete oder Dritte. Dies wird sich auf Mitglieder von Parlamenten auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene erstrecken und bezieht sich auch auf die Bundesversammlung, das Europäische Parlament, parlamentarische Versammlungen internationaler Organisationen und Gesetzgebungsorgane ausländischer Staaten. Die Formulierungen der neuen Normen werden voraussichtlich denen zur Amtsträgerkorruption gleichen. Der Strafrahmen soll laut Entwurf dem der bisherigen Fassung des § 108e StGB entsprechen. Der Versuch ist nach dem Gesetzentwurf nicht strafbar.

Nachträgliche Vorteilsflüsse, so genannte „Dankeschön-Spenden“, sind allerdings noch nicht erfasst. Ohne vorherige Vereinbarung könnte ein Abgeordneter somit weiterhin größere Summen von einer Person nachträglich annehmen, deren Interessen er im Vorfeld vertreten hat. Insgesamt betrachtet lässt der Entwurf zur Neuregelung noch viele Fragen offen.
ws/jb

Uli Hoeneß – die desaströse Leistung der Medien rund um die Berichterstattung, irritierende „Experten“ in talk – Runden: und die alte Wahrheit: „Beamte haben immer Recht“ feiert fröhliche Urständ

Mittwoch, 12. März 2014
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Sicher ist das Strafverfahren gegen Uli Hoeneß allein wegen der Prominenz des Angeklagten ein besonderes. Dabei dürfen aber alle, die sich zu Stellungnahmen berufen fühlen, bitte nicht vergessen, dass man den Angeklagten nicht auf der einen Seite als „normalen Menschen“ wie jeden anderen auch hinstellen darf, während man auf der anderen Seite mit Häme meint, ihn als Prominenten ganz besonders hart abstrafen zu müssen. Deutschland, Deine Ordnungshüter. Schreiben jetzt ganz besonders laut auch die, die bei der Kilometerpauschale „ein paar mehr Kilometer“ angeben? das sei nicht so schlimm wie das, was Hoeneß gemacht habe? Ach ja, Unrecht ist immer nur das, was andere machen,    

Das Landgericht München ist für ein Urteil und das Recht im Falle des Angeklagten zuständig. Man kann dem Gericht nur wünschen, sich von der unglaublichen Berichterstattung nicht irritieren zu lassen. Das Gericht muss den Angeklagten, und das Gericht wird den Angeklagten, auch genauso wie jeden anderen, der die dem Angeklagten zur Last gelegte Taten begangen hätte, behandeln. Daran bestehen für uns angesichts des souveränen Auftretens des Gerichts jedenfalls derzeit keine Zweifel. Es ist zu bedauern, dass dieser Aspekt in den Medien fast völlig unerwähnt bleibt.

In was für einem Kontrast zu der bisher erkennbaren Leistung des Gerichts steht dagegen die völlig desaströse Leistung der Medien rund um die Berichterstattung über den Prozess. Man könnte meinen, ganz Deutschland habe kein anderes Problem, als das Verfahren gegen den Angeklagten zu verfolgen. Eine unglaubliche Sensationsgeilheit, die es nach unserer Einschätzung nur in Deutschland gibt, offenbart sich hier in erschreckender Weise.

In die gleiche Kategorie gehören die häufig irritierenden „Experten“ in den talk-Runden. Bei Markus Lanz versuchte ein Experte am 11. März 2014 gar, aus der Höhe der hinterzogenen Steuern durch einfache Multiplikation das in Rede stehende Vermögen zu ermitteln. Man muss von Steuerrecht nur ein ganz klein wenig verstehen, um zu wissen, dass bei der dem Angeklagten zur Last gelegten Steuerhinterziehung aus Spekulationsgeschäften ein Rückschluss von den hinterzogenen Steuern auf das Vermögen pauschal so gar nicht möglich ist. Wer beispielsweise mit einem Vermögen von 10.000,00 EUR hoch spekulative Anlagen betätigt, der kann aus diesem Vermögen ohne weiteres einen Gewinn von 300.000,00 EUR erzielen. Bei einem Steuersatz von 25 % ergibt das eine hinterzogene Steuer von 60.000,00 EUR. Die von dem „Experten“ bei Lanz ungerührt vorgenommene Hochrechnung von der Steuer auf das Vermögen ergebe dann zwar wieder die 300.000,00 EUR. Dieser Betrag ist aber von dem eingesetzten Vermögen von 10.000,00 EUR meilenweit entfernt.

Eine eben solche Milchmädchenrechnung wäre es, jetzt  anzunehmen, dass der eben genannte Betrag von 300.000,00 EUR ja doch das Vermögen (+ 10.000,00 EUR) sei. Denn bei dieser Betrachtung unterstellt man, dass es nur dieses einzige Spekulationsgeschäft gegeben hätte. Angesichts der vielen Abertausenden Blatt Papier, die die Steuerfahndung in Rekordzeit rechtssicher ausgewertet haben will, ist aber offensichtlich, dass wir es hier mit weit mehr als nur einem Spekulationsgeschäft zu tun haben. Und dabei haben wir noch nicht einmal berücksichtigt, dass Spekulationen ja auch mal (nicht selten) zu massiven Verlusten führen. All das erfährt man nicht, stattdessen immer neue Zahlen.

Selbst die erfahrene Prozessbeobachterin Gisela Friedrichs vom Spiegel räumt ein, von Steuerrecht keine Ahnung zu haben. Ich frage mich dann aber ernsthaft, wie Frau Friedrichs den Anspruch hat, das Verfahren gegen den Angeklagten in einem Steuerstrafverfahren „als Expertin“ kommentieren zu dürfen, obwohl sie von dem Straftatbestand, der den Angeklagten vorgeworfen wird (ein steuerrechtliches Delikt) keine Ahnung hat.

Ebenso interessant wie amüsant empfinde ich es, dass Aussagen von Finanzbeamten vor Gericht praktisch schon „kraft Amtes“ als richtig gewertet werden. Der kundige Thebaner hingegen fragt sich zu Recht, wie es selbst einem Team hervorragend ausgebildeter Finanzbeamter möglich sein sollte, auch mit Hilfe technischer Unterstützung, die zudem angeblich völlig ungeordnete Masse an zehntausenden von Belegen so hinreichend rechtssicher aufzuarbeiten, dass man daraus einschließlich sämtlicher ärztlicher Verlustvor-und Verlustrückschläge als Zeugin vor einem Strafgericht mit absoluter Sicherheit behaupten kann, das vorgestellte Ergebnis sei noch der „best case“. Ich halte das für aberwitzig.

Wer häufiger mit Betriebsprüfern und Steuerfahnder zu tun hat, dem ist gut bekannt, dass diese Finanzbeamten – auf das Mehrergebnis zielend, weil daran gemessen – nicht selten in ihre Prüfungsberichte Zahlen aufnehmen, die zu geradezu astronomischen Mehrsteuern führen (sollen), einer gründlichen Prüfung dann aber häufig nicht standhalten, und wie ein Kartenhaus zusammenfallen. Es sollte nicht wundern, wenn auch die vor dem Landgericht München von den Beamten vorgetragenen Zahlen einer gründlichen und näheren Prüfung nicht standhalten.

Ebenso schockiert bin ich darüber, wie sogenannte und auch selbst ernannte Experten meinen, sich über die (angeblich nicht) vorhandene oder angeblich schlechte Strategie der Verteidigung auslassen oder darüber spekulieren. Wie kann man sich, ohne die Sache anhand der Akten beurteilen zu können, erdreisten, als Experte dazu einen Kommentar abgeben zu dürfen. Das ist nach meinem Verständnis ein absoluter Blindflug. Oder spricht da der Neid, das Mandat nicht ergattert zu haben?

Jeder, der einmal eine Selbstanzeige im Zusammenhang mit nicht erklärten Einkünften aus Spekulationsgewinnen erstellt hat, der weiß, wie komplex dieses Thema werden kann. Dem Rechtsinstitut der Selbstanzeige liegt offensichtlich ein deutlich einfacheres Steuerrecht zu Grunde. Es bestand die Idee, nicht erklärte Einkünfte zu offenbaren, und die Steuern nachzuzahlen, um Straffreiheit zu erlangen. Die seit vielen Jahren bestehende Rechtswirklichkeit, dass das Steuerrecht für viele, die es beachten sollen, und auch für Experten, nicht mehr nachvollziehbar ist, ist an dem Rechtsinstitut der Selbstanzeige völlig vorbeigegangen.

Den Politikern, die zur Zeit selbst unter starkem Beschuss stehen, kommt die Anklage gegen Herrn Hoeneß natürlich sehr gelegen. Warum diese Mitmenschen sich dann aber nicht einfach darüber freuen, selbst aus der Schusslinie geraten zu sein, sondern, wie Herr Thomas Oppermann, noch kluge Ratschläge erteilen, veranlasst schon zum Fremdschämen und wirft die Frage auf, ob solche Menschen sich selbst überhaupt noch wahrnehmen.

Man kann nur sagen: „sic tacuisses, ….“
ws

VORSICHT STEUERFALLE – der gefährliche (weil steuerrechtlich „teure“) Verkauf eines Teils eines Mitunternehmeranteils, die Vorzüge der GmbH, und ein denkbarer Ausweg? Zum Urteil des FG Düsseldorf vom 22.10.2013 zu einem oft verkannten Thema

Sonntag, 09. März 2014
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Es geht meist um viel Geld. Werden Beteiligungen – gleich ob an Personen – oder Kapitalgesellschaften – verkauft, wird steuerlich ermittelt, ob ein Gewinn oder Verlust entstanden ist. Ausnahme: der Verkauf von Beteiligungen an Personengesellschaften, die nur Überschußeinkünfte erzielen, ist steuerlich nicht relevant; Gegenausnahme: das Spekulationsgeschäft nach § 23 EStG. Ermittelt wird der Gewinn / Verlust durch die einfache Rechnung: Verkaufspreis minus Anschaffungskosten. Das ist simpel, hält aber dennoch ein paar Fallstricke bereit, die in der Praxis gerne übersehen werden.

Bei GmbH – Anteilen ist es beliebt, mehrere Anteile eines Inhabers zu einem Anteil zusammen zu legen. Gesellschaftsrechtlich kein Problem, steuerlich schon, jedenfalls dann, wenn die Anteil unterschiedlich hohe Anschaffungskosten haben. Beispiel: A hält seit Gründung einen Anteil Nr. 1 an einer GmbH im Nennwert = Anschaffungskosten von 10 TEUR. Später kauft A von dem B dessen Anteil Nr. 2 von 5 TEUR für 1,0 Mio. EUR hinzu. Nach  Abtretung von B an A legt A auf Anraten des Notars die beiden Anteile von 10 TEUR und 5 TEUR zu einem Anteil 15 TEUR zusammen.

Vier Jahre später bietet ein Investor dem A für einen Anteil von 5 TEUR 1,5 Mio. EUR als Kaufpreis. A verkauft an den Investor zu dem Preis. Hätte A die Anteile nicht zusammengelegt, hätte A die Wahl gehabt, ob er von dem Anteil Nr. 1 einen Teilbetrag von 5 TEUR oder den Anteil Nr. 2 verkauft. Bei einem Verkauf von Anteil Nr. 2 hätte A 500 TEUR versteuern müssen (1,5 minus 1,0 Mio. EUR), bei einem Verkauf eines Anteils an dem Anteil Nr. 1 hätte A dagegen rd. 1,0 Mio. EUR mehr, nämlich 1,495 Mio. EUR (1,5 Mio. EUR minus 5 TEUR)  versteuern müssen. Dieses  Wahlrecht hat A infolge der Zusammenlegung der Anteile Nr. 1 und Nr. 2 nicht mehr. Dem Verkaufspreis von 1,5 Mio. EUR für einen Anteil von nominell 5 TEUR muss A den Durchschnitt der Anschaffungskosten für den Anteil von 15 TEUR nominell gegenüberstellen. Das sind  in dem Beispiel 335 TEUR für 5 TEUR (15 TEUR nominell = 1,005 Mio. EUR Anschaffungskosten). Der Gewinn, den A also versteuern muss, beträgt dann 1.165,00 TEUR (1,5 Mio. EUR minus 335 TEUR).

Aus steuerlichen Gründen ist es daher sinnvoll, die Anteile nicht zusammenzulegen, um das eben genannte Wahlrecht zu erhalten.

Und wie ist das bei Personengesellschaften? Gesellschaftsrechtlich kann eine Person immer nur eine Beteiligung an einer Personengesellschaft haben. Erhöht sich die Beteiligung eines Gesellschafters durch Kauf oder infolge Ausscheidens eines anderen Gesellschafters, dann entsteht kein neuer Anteil des Gesellschafters. Das bei Kapitalgesellschaften eben beschriebene Wahlrecht gibt es also nicht. Das hat unlängst das FG Düsseldorf mit seiner Entscheidung vom 22.10.2013 (13 K 2696/11 F, EFG 2014, 132) entschieden. Gegen die Entscheidung ist eine NZB bei dem BFH unter Az. VIII B 131/13 anhängig).

Fraglich ist, ob die Entscheidung zwingend ist. Im Steuerrecht gilt zwar der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, im Steuerrecht gibt es aber gesetzlich geregelte Ausnahmen vom Zivilrecht. So ordnet § 39 AO an, dass Wirtschaftsgüter abweichend vom Zivilrecht dem wirtschaftlichen Eigentümer zugerechnet werden. Vor diesem Hintergrund läge es nahe, einem Gesellschafter einer Personengesellschaft zuzubilligen, seine Anteile „separat“ auf getrennten Konten zu führen, so dass sie nachvollziehbar wären. Das ist in vielen Fällen zwingend geboten, z.B.  im Falles des Nießbrauchs an einem übertragenen Anteil an einer Personengesellschaft. Der Nießbraucher erhält nur den Gewinn, den Verlust trägt der Nießbrauchsbelastete.

Eine weitere Lösung könnte darin liegen, einen Treuhänder einzuschalten, um schon zivilrechtlich das „Zusammenfallen“ mehrerer Beteiligungen zu einer dadurch zu verhindern, dass man „nach außen“ mehrere Gesellschafter hat. Wenn aber dies anerkannt werden sollte, dann sollte auch die von uns favorisierte Lösung der Trennung anerkannt werden. Wir sind gespannt, wie der BFH entscheiden wird.
ws   

13b UStG – die fiese Norm zur Doppelbesteuerung – ein Schelm, wer Böses dabei denkt; oder: wenn Steuerrecht die Wirtschaft zerstört; zugleich ein Beitrag zu Betriebsprüfern als „mehrergebnisorientierte Wesen“

Samstag, 08. März 2014
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Für § 13b UStG gilt: summum ius, summa iniuria. Wir alle lesen immer wieder, dass dem Staat durch „Umsatzsteuerkarusselle“ Milliarden an Steuern entgehen. Ich frage mich, wie das sein kann, wenn ich mir unsere praktischen Erfahrungen mit der Kontrolldichte der Finanzverwaltung ansehe: selbst bei einem geltend gemachten Vorsteuererstattungsanspruchs von 10 TEUR (wohlgemerkt: die Rechnung wurde parallel zu Voranmeldung eingereicht) eines seit Jahren tätigen Dienstleisters mit Umsätzen von rd. 500 TEUR p.a. rückt die „Umsatzsteuernachschau“ aus und prüft mit zwei Mitarbeitern, man möchte fast sagen in „Stasi-Manier“, wenn auch erst 2 Monate nach Abgabe der Voranmeldung, den „Vorgang“. Dabei nimmt man den Inhaber wie einen Verbrecher ins Kreuzverhör und schreckt auch nicht davor, aus Neugier Fragen zu stellen, die mit dem „Vorgang“ nichts zu tun haben. Wie aber kann es dann bei einer solchen Kontrolldichte bei so relativ geringen Beträgen zu Steuerausfällen im Milliardenbereich kommen? Hier – in unserer Praxis – wird jeder Beleg geprüft, und an anderem Ort werden die Milliarden Vorsteuern einfach so durchgewunken?

Es ist daher zu begrüßen dass der Mißbrauch bekämpft wird. 2004 hat sich Deutschland, der EU folgend, die Baubranche vorgenommen. Da die Leistungsempfänger die ihnen in Rechnung gestellt Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen können, während offenbar viele der Leistenden die in von ihnen berechnete und vereinnahmte Umsatzsteuer nicht abführen, wurde §13b UStG geschaffen: die Umkehr der Steuerschuldnerschaft, neudeutsch: „reverse charge-Verfahren“. Die Idee: wenn die Leistenden die Steuer nicht zahlen, dann machen wir den Leistungsempfänger zum Steuerschuldner; er zahlt die Steuer an das Finanzamt, und macht sie zugleich als Vorsteuer geltend. Ein bestechend einfacher Gedanke.

Und die Praxis? Hier zeigt sich wieder einmal, dass die Dinge in der Gesetzgebung nicht zu Ende gedacht werden. Denn das Problem ist doch: wie erkenne ich, ob es – ausnahmsweise – zu einer Umkehr der Steuerschuldnerschaft kommt? Und weiter: wir haben es hier immer mit zwei Personen zu tun: dem Leistenden und dem Leistungsempfänger. Beide sind im Regelfall keine Steuerexperten, sie aber sollen beurteilen, was denn nun gemacht wird.

Das Malheur, aber häufig erlebte Praxis: sowohl der Leistende als auch der Leistungsempfänger gehen vom Regelfall aus, dass der Leistende die Umsatzsteuer berechnet, und dass der Empfänger sie an den Leistenden zahlt. Die Betriebsprüfung bei dem Leistenden prüft den Vorgang nicht. Denn da ist ja kein Mehrergebnis zu holen. Nähme der Prüfer hier einen § 13b UStG an, müsste er dem geprüften Unternehmen Geld erstatten! Ganz anders dagegen die Welt bei dem Leistungsempfänger. Hier schaute der „mehrergebnisorientierte“ Prüfer „natürlich“ sofort auf den § 13b UStG. Denn hier ist ganz einfach mit der Behauptung des § 13b UStG viel Geld mi wenig Arbeit zu holen. Also wird hier die Steuer (noch einmal) erhoben. Wer jetzt glaubt, dass die ganze Geschichte aufgelöst wird, weil der Leistende die (von ihm ja zu Unrecht gezahlte) Steuer erstattet bekommt, der unterliegt einem großen Irrtum. Denn zum einen kümmert sich darum niemand. Und zum anderen steht dem im Regelfall die Bestandskraft entgegen.

Und warum sollte(n) sich die Behörde(n) noch die Mühe machen, eine Steuer zu erstatten? Denn dann könnte man sich ja auch gleich die Mühe sparen, den § 13b UStG bei dem Leistungsempfänger durchzusetzen. Denn per Saldo würde man einmal die Steuer erheben, und an anderer Stelle wieder zurückzahlen, ein Nullsummenspiel also. Da ist es doch viel besser, einen Vorgang doppelt zu besteuern. Ich sehe das Zukunftsmodell schon vor Augen: wir besteuern ab sofort alles doppelt.

Dabei wäre die Lösung doch so einfach: in der Unternehmerkette wird ohne Umsatzsteuer berechnet, nur der Umsatz an den Endverbraucher wird mit Umsatzsteuer belastet. Wer von seinem Leistungsempfänger keine USt – ID in den Akten hat, der muss die Umsatzsteuer berechnen. Das Problem: unser Umsatzsteuersystem ist – EU sei Dank – eine Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug. Perfekt, kompliziert, und wie man sieht, ungerecht.  
ws

Mit Pferden mehr Steuern zahlen oder doch lieber mehr Steuern sparen? Der BFH macht’s möglich

Donnerstag, 06. März 2014
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Ankaufsuntersuchung bei Kauf eines Pferdes

Frage: wie macht man ein kleines Vermögen? Antwort: mit Pferden, wenn man vorher ein großes hatte. Die Praxis zeigt, es gibt nur wenige, die mit Pferden Geld verdienen. Bei den meisten ist es so, dass die Euphorie zwar groß, die Enttäuschung aber umso größer ist. Es ist eben doch wahr: die Hoffnung stirbt zuletzt.

Welch glückliches Geschick, dass der Bundesfinanzhof (BFH) Pferdeliebhabern ausweislich einer aktuellen Entscheidung offenbar doch noch freundlich gesinnt ist.

Der Kläger erwarb im vorliegenden Streitfall ein Springpferd, welches er als Unternehmer für sein Gestüt verwendete. Die anfallende Umsatzsteuer wurde durch den Verkäufer nach dem Regelsteuersatz berechnet. Da nach nationalem Recht die Lieferung aller Pferde dem ermäßigten Steuersatz unterliege, sei es nach Auffassung des Finanzamtes nur möglich, den gesetzlich geschuldeten Steuersatz, nicht aber den ausgewiesenen höheren Steuersatz als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet zu verlangen.

Die Möglichkeit der Berufung auf Unionsrecht sahen sowohl das Finanzamt wie auch das Finanzgericht nicht, da das Unionsrecht für die Lieferung von Pferden einen höheren Steuersatz vorsieht; daher ist es nicht günstiger.

Dagegen hält der BFH. Er hat dem Kläger das Recht zugesprochen, sich im Rahmen des Vorsteuerabzugs auch dann auf das Unionsrecht zu berufen, wenn die für einen Umsatz geschuldete Steuer höher ist als nach nationalem Recht. Begründet wird die Entscheidung mit der Abgrenzung zu Spring- und Schlachtpferden. Nach deutschem Recht gilt der ermäßigte Steuersatz nur für die Einfuhr von zum Verzehr bestimmten Schlachtpferden. Springpferde seien daher, weil zum Springen und nicht zum Schlachten bestimmt, von der Regelung ausgenommen. Auch der Anwendungsvorrang gibt dem Unternehmer Recht. Demnach ist Unionsrecht anzuwenden, wenn es für den Unternehmer vorteilhafter ist. Im vorliegenden Fall ist es für den Gestüts-Besitzer vorteilhafter, den höheren Regelsteuersatz in Anspruch zu nehmen und diesen als Vorsteuerabzug geltend zu machen. Es spielt dabei keine Rolle, ob für den Verkäufer nationales Recht oder Unionsrecht vorteilhafter wäre. Der Kläger durfte somit das Unionsrecht in Anspruch nehmen und die Vorsteuern für das Springpferd in vollem Umfang erstattet verlangen.

JB