Archiv für April 2024

Aufruf an Steuerberater und Rechtsanwälte: haben auch Sie schon einmal mit übergriffigen Steuerfahndern, Betriebsprüfern oder anderen Finanzbeamten zu tun gehabt? Berichten Sie uns bitte davon. Wir sammeln diese Vorfälle und versuchen dazu beizutragen, übergriffigen Beamten Einhalt zu gebieten.

Montag, 01. April 2024
Download PDF

Gemeinsam mit einer auf Strafrecht spezialisierten Kollegin haben wir vor dem Landgericht Bielefeld (Az: 9 KLs2/19) den Geschäftsführer einer GmbH in einem gegen ihn Steuerstrafverfahren vor einer Haftstrafe bewahrt. Der Prozess war auf insgesamt rund 30 Verhandlungstage angesetzt. Schon nach wenigen Verhandlungstagen vertrat das Landgericht die Auffassung, dass der Vorsatz einer Steuerhinterziehung nicht nachgewiesen werden könne. Über das Verfahren wurde in der Presse berichtet. In dem Zusammenhang gab es eine Vielzahl von Durchsuchungen. Landwirte und auch der angeklagte Geschäftsführer mussten es hinnehmen, in erheblichem Maße kriminalisiert zu werden.

Auch wenn die Sache für den Geschäftsführer glimpflich abging: die von ihm vertretene GmbH ist vom Markt verschwunden. Sie musste wegen der behaupteten Steuerforderungen der Finanzverwaltung Insolvenz anmelden. Nach Klageerhebung vor das Finanzgericht in Münster steht mittlerweile fest, dass die Steuern zum weitaus überwiegenden Teil (75%) rechtswidrig festgesetzt worden waren. Eine Entschuldigung gab es weder von der Staatsanwaltschaft noch von der Steuerfahndung noch von der Finanzverwaltung. Auch wenn die Atmosphäre in dem Rechtsstreit vor dem Finanzgericht Münster mit der zuständigen Finanzverwaltung sehr gut war, so ist doch nicht zu verkennen, dass durch staatliches Handeln ein massiver Schaden zu beklagen ist.

Auslöser der vielen steuerrechtlichen und steuerstrafrechtlichen Verfahren waren ein übereifriger Betriebsprüfer, der bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht in Bielefeld, Strafkammer, einen sehr schlechten Eindruck hinterließ, und ein vom anscheinend Verfolgungseifer geplagter Steuerfahnder. Wir meinen, dass diese Sache ein Beispiel für nicht hinnehmbares übergriffiges Handeln von Beamten darstellt, die ihre Machtbefugnisse nach unserer Auffassung überschreiten.

Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden (§ 85 AO).

Dass die Finanzbehörden diese Aufgabe auch erfüllen, ist im Interesse eines jeden ehrlichen Steuerzahlers. Selbstverständlich gehört es daher auch zu den Aufgaben, Steuerhinterziehungen aufzudecken und zu verfolgen.

All das aber hat im Rahmen der geltenden Gesetze zu erfolgen und nicht durch übergriffiges Verhalten. In einem Rechtsstaat heiligt der Zweck eben nicht die Mittel. Aus unserer Praxis sind uns Sprüche von Steuerfahndern wie: „U-Haft schafft Rechtskraft“ zugetragen worden.

Es ist unser Ziel, aus der Praxis heraus von Steuerberatern und Rechtsanwälten konkrete Beispiele für übergriffiges Verhalten von Steuerfahndern, Betriebsprüfer und anderen Finanzbeamten zu sammeln, zu systematisieren, auszuwerten und dazu beizutragen, dass übergriffigem Verhalten ein Ende gesetzt wird. Die Verantwortlichen müssen auch zur Verantwortung gezogen werden. Wenn Sie also zu diesem Thema etwas beitragen können, sind wir Ihnen dankbar.

Aus unserer eigenen Praxis wissen wir, dass Steuerfahnder und Betriebsprüfer auch nicht davor zurückschrecken, die Berater von Mandanten zu versuchen zu kriminalisieren und zu versuchen, sie einzuschüchtern. Auch das ist in einem Rechtsstreit nicht hinnehmbar.

BFH vom 07.11.2023: von einer Bank an den Kunden gezahlter Nutzungsersatz nach Widerruf und Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags ist nicht steuerbar (keine Einkünfte aus § 20 EStG)

Montag, 01. April 2024
Download PDF

Mit Urteil vom 7. November 2023 (VIII R 7 /21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der an Bankkunden gezahlte Nutzungsersatz bei Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrages nach Widerruf durch den Kunden nicht der Einkommensteuer unterliegt.

Im Streitfall schlossen Ehegatten im Jahr 2008 einen Darlehensvertrag zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie. Im Jahr 2016 widerriefen sie den Darlehensvertrag wegen nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung. In einem daraufhin geführten Rechtsstreit verglichen sich die Ehegatten mit dem Kreditinstitut. Das Kreditinstitut zahlte an die Kläger einen Nutzungsersatz für die von den Klägern erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 14.500,00 EUR.

Das für die Eheleute zuständige Finanzamt erfasste den Nutzungsersatz bei den Steuerpflichtigen als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Gegen den Steuerbescheid legten die Ehegatten Einspruch ein. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit erfrischender Deutlichkeit hat der BFH den klagenden Eheleuten recht gegeben. Der Nutzungsersatz ist nach Auffassung des BFH nicht steuerbar. Sei kein steuerbarer Kapitalertrag im denn die Rückabwicklung Darlehensvertrags nach Widerruf durch den Verbraucher erfolgt außerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre. Auch eine Aufteilung des Nutzungsersatzes in die Erstattung nicht steuerbarer Tilgung und steuerbarer Rückgewähr von Zinsen lehnte der BFH ab. Er sieht das Rückgewährschuldverhältnis steuerrechtlich als Einheit an, die auch nicht für sich betrachtet –im Sinne einer unfreiwilligen Kapitalüberlassung– Teil einer steuerbaren Tätigkeit sein könnten.

Der BFH kommt mit der gleichen Begründung, der Einheitsbetrachtung der Rückabwicklung des Darlehensvertrages, auch zu dem Ergebnis, dass keine sonstigen Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG vorliegen.

Wir halten das Urteil nicht nur vom Ergebnis, sondern auch von der Begründung her für richtig.