Archiv für die Kategorie 'Heute schon gelacht ?'

Alles Käse oder was? Richter outen sich als Feinschmecker – was so alles gerichtsbekannt ist

Dienstag, 07. August 2012
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Dem Leser einer Gerichtsentscheidung wird nicht immer nur Langeweile geboten. Aus den Entscheidungsgründen des Urteils des Kammergerichts Berlin (KG) vom 15. Juni 2010 (5 U 97/08) konnten wir erfahren, dass die Richter des KG Parmesan-Käse (oder auch geriebenen Hartkäse, wie er im Urteil auch genannt wird) goutieren. Dabei war die Art des Käses in dem  Verfahren vor dem KG nicht etwa ein nur unwichtiges Detail. Denn in dem Rechtsstreit vor dem KG ging es darum, ob der Begriff „Parmesan“ eine Gattung von Käse bezeichnet, hier geriebenen Hartkäse, oder eben nicht. Um dies zu beurteilen, griffen die Richter auf ihr umfangreiches „Käsewissen“ zurück und führten in ihrem Urteil aus:

„Da die Mitglieder des Gerichts zu dem Personenkreis gehören, der (geriebenen) Hartkäse nachfragt, können sie den Aussagegehalt des Begriffs “Parmesan” nach dem Verständnis des deutschen Verbrauchers aufgrund eigener Anschauung und Lebenserfahrung grundsätzlich selbst beurteilen.“

Die (italienischen) Essgewohnheiten von Richtern können also auch der Entscheidungsfindung dienen. Jetzt fehlte es nur noch, dass die Richter auf die Idee kämen, die Kosten für das Verzehren von Parmesan als Werbungskosten zu deklarieren, da beruflich veranlasst.

Steuer recht kurios: FG Münster vom 25. Mai 2012: Kosten für Hundebetreuung im Haushalt steuerlich abzugsfähig; „Gassi gehen“ aber nicht, weil das nicht im Haushalt stattfindet. Wir meinen: summum ius, summa iniuria: ein Fall für das Bundesverfassungsgericht, wenn nicht gar für den EuGH

Sonntag, 15. Juli 2012
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Schon die Römer wussten, dass es keine absolute Gerechtigkeit geben kann. Sie prägten daher den Ausspruch, dass auch höchstes Recht zu größtem Unrecht führt. Das bestätigt auch die Entscheidugn des FG Münster. Wir Deutschen neigen leider noch immer dazu, diese schon den Römern bestens bekannte Erkenntnis nicht zu beherzigen. Hartnäckig versuchen wir im rechtlichen Bereich, insbesondere im Steuerrecht, auch dem letzten Einzelfall gerecht zu werden. Den dabei entstehenden Ungerechtigkeiten oder den so gerne zitierten „Steuerschlupflöchern“ (die in den meisten Fällen gesetzlich gezielt gewollte Anreize sind, von denen man später nichts mehr wissen möchte) treten wir mit immer weiteren Gesetzen entgegen. All das führt zwangsläufig zu einer systematischen Verschandelung des Steuerrechts, wie die vielen Paragraphen mit einem Buchstaben hinter der Ziffer anzeigen (§§ 2 a, 15a, 34c, 35a usw. usw.) Wer Kafkas Prozeß gelesen hat, weiß, was ich meine.

Erstaunlich dabei ist, dass wir Deutschen in diesem Gerechtigkeitswahn völlig vergessen, dass uns die (kolportierte oder selbst erlebte) lässigere Lebensart anderer Nationen persönlich sehr erstrebenswert erscheint. Wie viele schwärmen von traumhaften Aufenthalten in Italien und von der dort zumindest erlebten lässigen eleganten Lebensart der Italiener (dolce vita, bella figura, bella donna). Und mussten wir nicht unlängst bei der EM vor den Empfangsgeräten tatenlos zusehen, dass eine eigentlich heillos überalterte italienische Fußballelf, die unverschämte locker auftrat und den notwendigen Spielwitz besaß, unsere tapferen, aber nur eifrig und blind gegen das Tor anrennenden „Yogi- Löwen“ aus dem Wettbewerb schoss? Das war schon beeindruckend und eben auch eine Vorführung italienischer Lebenskunst, auch wenn der zweifache Torschütze Balotelli optisch sicher nicht dem in Deutschland vorherrschenden Bild eines Italieners entsprechen mag.

Doch jetzt zurück zur Gerechtigkeit im Steuerrecht: Nach § 35a EStG sind bestimmte Kosten für so genannte „haushaltsnahe Dienstleistungen“ steuerlich abzugsfähig. Wir ersparen es uns, die Frage zu stellen, welcher Teufel den Gesetzgeber geritten haben mag, solche Kosten als steuerlich abzugsfähig regeln zu wollen. Ein Hundebesitzer kann nun auf die Idee, die Kosten für die Betreuung seiner Vierbeiner steuerlich geltend zu machen. Da die Finanzverwaltung kein Herz für die Vierbeiner hatte, musste das Finanzgericht Münster am 25. Mai 2012 (14 K 2289 / 11 E) den Streit entscheiden.

In dem Rechtsstreit wurden die beiden Hunde des Klägers in der Weise betreut, dass der Betreuer die Hunde bei dem Kläger abholte. Zum Leistungsumfang gehörten die Fellpflege, das Füttern und die Spaziergänge. Nach vollbrachtem Werk lieferte der Betreuer die Hunde wieder bei dem Kläger ab. Erfreulich zunächst: das Finanzgericht Münster bestätigte die Auffassung des Klägers, dass Leistungen, die für die Betreuung von Tieren von Dritten erbracht werden, haushaltsnahe Dienstleistungen sein können. Im Ergebnis gewährte das Gericht die Steuerermäßigung nach § 35a EStG aber dann doch nicht. Die Anerkennung scheiterte an § 35a Abs. 4 EStG. Danach kann die Steuerermäßigung nur in Anspruch genommen werden, wenn die Dienstleistung „in einem in der Europäischen Union oder den Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen….. ausgeübt oder erbracht wird.“ Diese Voraussetzung sah das Finanzgericht im Streitfall nicht als erfüllt an. Denn die beiden Hunde des Klägers wurden nicht in dessen Haushalt, sondern außerhalb des Haushalts betreut. Zum Haushalt zählen die private Wohnung oder das private Haus nebst Zubehörräumen und Garten. Nicht abzugsfähig sind also Kosten für Leistungen, die an einem anderen Ort für den Haushalt erbracht werden. So lehnte das Finanzgericht Niedersachsen auch die steuerliche Anerkennung von Grabpflegekosten ab.

Wir meinen, dass die Entscheidung des Finanzgerichts Münster mit guten Gründen anfechtbar ist. Denn offensichtlich hat der Gesetzgeber, als er § 35a EStG einführte, nicht an die Hunde gedacht. Denn es liegt auf der Hand, dass es zur Haushaltsführung eines Hundebesitzers auch gehört, den Hund außerhalb der eigenen Wohnung oder des eigenen Hauses auszuführen. Das dürfte gerichtsbekannt sein. Die Vorschrift des § 35a EStG, dort das Tatbestandsmerkmal „Haushalt“, ist also nach Sinn und Zweck des Gesetzes so auszulegen, dass bei Dienstleistungen, die zwingend nicht in den eigenen vier Wänden oder auf dem Grundstück stattfinden können, ein „erweiterter Haushaltsbegriff“ zu gelten hat. Dem Kläger des Verfahrens vor dem Finanzgericht Münster kann daher nur empfohlen werden, zumindest das Bundesverfassungsgericht, wenn nicht gar den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Vorher muss allerdings der Rechtsweg erschöpft sein. Wir wünschen den Kläger auf diesem Wege viel Erfolg.

Die Technik macht es erst transparent: „Abschreiben“ war und ist Tendsportart; jetzt steht auch ein Lehrbuch über juristische Arbeitstechniken am Pranger

Freitag, 13. Juli 2012
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„Abschreiben“ war und ist nicht nur Volkssport. Auch Personen, die im Rampenlicht stehen, tun es. Zu Guttenberg ist darüber ebenso gestolpert wie das FDP – Model Silvana Koch-Mehrin. Gefühlt gewinnt man den Eindruck, dass das Abschreiben in den letzten zwei Jahren extrem zugenommen hat. Stimmt das aber wirklich?

Ich meine: es stimmt nicht. Es wurde schon immer abgeschrieben. Wer hat denn in den Schule nicht abgeschrieben? Und ich erinnere mich nur zu gut, dass eine Klausuraufgabe im Öffentlichen Recht lautete: „Schildern Sie die Geschichte Deutschlands von 1848 bis heute unter besonderer Berücksichtigung der herausragenden verfassungsrechtlichen Ereignisse in dieser Zeit.“   Gefühlt war ich der einzige, der die Unterlagen nicht auf den Tisch legen und abschreiben konnte, weil ich keine dabei hatte.

Der einzige Unterschied: der Schwindel fliegt häufiger auf. Das liegt auch, aber nicht nur, an den technischen Möglichkeiten, Texte „gegeneinander“ laufen zu lassen und so Plagiate erkennen zu können. Es liegt auch an nach meinem Verständnis anders nicht ausgelasteten Menschen, die es sich mit geradezu missionarischem Eifer zur (Lebens?)aufgabe gemacht haben, anderen Menschen Plagiate nachzuweisen.

Dabei gerät angesichts der geballten Macht der Medien und der allzu gerne plakativen Berichterstattung, die oft nicht einmal das vielzitierte „Bild- Zeitungs – Niveau“ erreicht, aus dem Blick, dass eine Doktorarbeit auch eine Fleißarbeit ist. Es geht um wissenschaftliches Arbeiten und das bedingt (selbstverständlich), dass der Doktorand auch den Meinungsstand zu seinem Thema umfassend darstellt. Dass er dabei korrekt vorgehen muss und sich nicht mit fremden Federn schmücken darf (sondern fremde Meinungen auch als solche kennzeichnen muss), ist ebenfalls banal. Insgesamt aber bin ich der Überzeugung, dass heute nicht mehr, sondern im Wesentlichen genau so viel oder wenig gemogelt wird wie früher.

Wenn es aber stimmt, was Ende Juni 2012 in den Medien zu lesen war, dann wäre das schon ein „dicker Hund“. Medien berichteten, dass „VroniPlag“ einen Skandal aufgedeckt habe.  Diesmal traf es die Herausgeber des juristischen Lehrbuchs „Juristische Arbeitstechniken und Methoden“. VroniPlag will festgestellt haben, dass in diesem Lehrbuch teilweise ganze Passagen aus anderen Quellen stammten, ohne dass die Herausgeber dies kenntlich gemacht hätten. Für ein Lehrbuch, das Juristen die richtige Arbeitstechniken beibringen will, ist das kein Aushängeschild, sondern ein klares Armutszeugnis, und für die Herausgeber unfassbar peinlich.

Das würde nur noch durch die Bestätigung getoppt, dass nicht nur „unsauber“ zitiert wurde, sondern dass die meisten „geklauten“ Passagen des Buches 1:1 aus Wikipedia übernommen wurden.

Eingabe „der teppich dirk niebel“ ergibt ca. 272.000 Ergebnisse in google am 09.06.2012 um 17:35 Uhr

Samstag, 09. Juni 2012
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Viele wissen vermutlich erst jetzt, dass der freundliche unscheinbare Herr Niebel einer unserer Minister ist. Nein, er ist kein Teppichändler, Teppichluder wäre auch der falsche Begriff. Aber ein faible für Teppiche muss er schon haben. Sonst hätte er nicht so einen Aufwand mit dem Teppich betrieben (wenn man den Berichten Glauben schenken darf. Ein Teppich und kein Zoll, was soll die Aufregung? ich würde mal die Prognose wagen, dass nicht wenige Bürger unseres Landes aus dem im Ausland verbrachten Urlaub illegal Plagiate, zuviele Zigaretten und andere verbotene Mitbringsel einführen, und sich so ebenso strafwürdig verhalten haben wie unser Herr Minister. Soweit also nicht so ein Drama, dass man die Gazetten füllen müsste. Ich gehe auch davon aus, dass der Teppich nocht so ein edles Stück ist, dass der Minister einen ansehnlichen Betrag Zoll hinterzogen hätte. Monetär also sicher kein Problem. Für viel becdenklicher halte ich es aber, dass ein im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehender Poltiker und Minister, der unser Land und damit uns regiert, wegen einer solchen Sache ein so schlechtes Beispiel abgibt. Da haben wir es wirklich besser verdient. In einem blog mit dem Namen „Volkszorn“ hieß es dann auch, nicht der Teppich, sondern Niebel müsse fliegen.

Frohe Pfingsten mit Zolltarifen und „B..B…B.. Bündner Fleisch im Schweizer Parlament“

Freitag, 25. Mai 2012
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Das Zollrecht steht nicht gerade im Ruf, eine besonders lustige Materie zu sein. Der „normale Mensch“ hat Berührung mit dem Zoll allenfalls dann, wenn er am Flughafen auf einen Zöllner triftt, der zu verzollende Waren aus dem Ausland im Koffer wähnt. Im Zollrecht verwendete Begriffe wie „TARIC-Code“ oder „kombinierte Nomenklatur“ haben die meisten dagegen noch nicht gehört. Den wenigsten wird auch bekannt sein, dass so ziemlich jedes Produkt auf der Welt in einen Zollcode eingeordnet wird. Dieser Zollcode ist die Grundlage für die Höhe der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben.

Bevor der geneigte Leser angesichts díeses langweiligen Beitrags anfängt, sich zu ärgern, sollte er vorher das folgende Video ansehen www.youtube.com/watch?v=E5agWxzWTsc  Denn an dem wenn auch schon etwas älteren Video kann man sehr schnell erkennen, dass die Diskussion um die zollrechtliche Einreihung von gewürztem Fleisch (hier: Bündnerfleisch) durchaus amüsant sein kann.

Und damit wünschen wir Frohe Pfingsten!

Anspruch des Mieters wegen „Pinkelns im Stehen“ gegen den Vermieter auf Mietminderung (+); Frage: Anspruch gegen den „Stehpinkler“ auf Pinkeln im Sitzen?

Freitag, 04. Mai 2012
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Pinkeln im Stehen ist nicht nur unschön (Sie wissen, was ich meine), es ist wegen der trommelnden Wirkung (je nachdem) auch laut. Das kann in hellhörigen Gebäuden zu Verdruss führen. Das Landgericht (LG) Berlin (Urteil vom 20.04.2009, Az.: 67 S 335/08) hatte darüber zu entscheiden, ob laute „Uriniergeräusche“ aus der Nachbarwohnung zu einer Mietminderung führen, wenn sie im Wohnbereich zu hören sind.

Das Landgericht Berlin nahm sich der Sache mit dem gebotenen Ernst an und ließ sogar einen Sachverständigen kommen, der feststellte, dass zwar nicht sämtliche „Nutzungsgeräusche“ aus dem Bad der anderen Wohnung laut hörbar waren. Aber die Uringeräusche eines „Stehpinklers“ waren deutlich zu vernehmen.

Das LG Berlin entschied, dass in einem solchen Fall die Miete um 10 % gemindert werden könne. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die durch den Stehpinkler verursachten Geräusche im Wohnbereich „sehr penetrant“ und „unangenehm“ seien und die Wohnqualität im Wohnbereich einschränkten. Allerdings meinten die Richter(innen), dass solche Geräusche, soweit sie im eigenen Bad zu hören wären, hinzunehmen seien, da sie „dem Üblichen“ entsprechen würden. Ist „Pinkeln“ im Stehen also doch korrekt?

Der arme Vermieter. Spannend wäre jetzt die Frage eines Anspruchs des Mieters oder des Vermieters gegen den „Stehpinkler“ auf Pinkeln im Sitzen oder aber „geräuscharmes“ Urinieren. Dem Rechtsstreit sehen wir mit Interesse entgegen.

Das Ende des „Winkeladvokaten“ und der „Winkeladvokatur“ unter Anwälten? ja, aber nicht in jedem Fall (LG Köln vom 15.11.2011 5 0 344/10); es lebe die Rabulistik?

Dienstag, 17. April 2012
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Die sonst so für ihren Frohsinn bekannten Rheinländer verstanden da wohl keinen Spaß. Ohne ersichtlichen Bezug zum Verfahren legte ein Rechtsanwalt in einem Rechtsstreit eine E-Mail an die Rechtsanwaltskammer  Köln vor. Darin bezeichnete der Rechtsanwalt die Kanzlei des gegnerischen Rechtsanwalts angesichts der geschickten „Verpackung“ als „Winkeladvokatur“. Das Landgericht Köln fand das nicht witzig, auch dem so mit seiner Kanzlei bezeichneten gegnerischen Rechtsanwalt gefiel das nicht. Dieser fühlte sich als „Winkeladvokat“ beleidigt und ging gegen den Kollegen gerichtlich vor.

Das Landgericht Köln gab dem Kläger statt. Nach dem LG bezeichnet der Begriff „Winkeladvokat“ historisch eine Person, die ohne Ausbildung zum Rechtsanwalt Rechtsrat erteilt. Heute versteht man nach dem LG unter dem Begriff eine Person, die entweder intellektuell unfähig ist, ihren Beruf zuverlässig und den Regeln des juristischen Handwerks entsprechend auszuüben, oder die diesen in einer Art und Weise ausführt, die mit Moral und Gesetz in Konflikt steht. Zwar räumt das Landgericht Köln ein, dass dem Begriff kein einheitlicher Bedeutungsinhalt mehr zukommt. Jedenfalls sei der Begriff negativ besetzt. Das gilt in gleicher Weise für den von dem Beklagten verwendeten Begriff der „Winkeladvokatur“.

Vermutlich haben nicht nur wir die Erfahrung machen müssen, auf der Gegenseite auf Kollegen getroffen zu sein, deren Art der Prozessführung man als „grenzwertig“ bezeichnen könnte. Der Begriff des  Winkeladvokaten ist sicherlich kein positiv besetzter. Das Verhalten so manches Berufskollegen führt aber in der Tat auch nicht dazu, den Ruf der Anwaltschaft insgesamt deutlich zu verbessern, sondern Wasser auf die Mühlen derart zu geben, Juristen generell als „Spitzbuben“, „Rechtsverdreher“, oder generell als Berufsgruppe einstuft, die nicht an Lösungen, sondern an Problemen oder daran interessiert ist, bestehenden Problemen noch weitere hinzuzufügen. Auch das ist nicht sehr charmant.

Ich persönlich finde den Begriff des Winkeladvokaten nicht schmeichelhaft, es gibt aber deutlich schlimmere Ausdrücke. Eine genaue Betrachtung des Urteils des Landgerichts Köln zeigt auch, dass man nicht mit einem auf Aussicht ausgestatteten, gegen sich gerichteten Klageverfahren rechnen muss, wenn man den Begriff des Winkeladvokaten unter Berücksichtigung der Ausführungen des Landgerichts Köln einsetzt. Dazu dürfte es ausreichen, einen entsprechenden Sachbezug zu haben und berechtigte Interessen wahrzunehmen. Diese Voraussetzungen dürfte das Verhalten einiger weniger Kollegen durchaus erfüllen. Wir sind jedenfalls gespannt, wie sich diese Rechtsprechung weiter entwickeln wird.

Vielleicht aber ist es angezeigt, Kollegen künftig lieber  als „Rabulisten“ zu bezeichnen; wikipedia dazu:
„Rabulistik
(von lateinisch rabere „toben“ bzw. rabula „marktschreierischer Advokat“) ist ein veralteter Name für die Kunst, in einem Wortstreit durch rhetorische Tricks Recht zu bekommen, unabhängig oder sogar entgegen der Sachlage, z. B. mittels „Wortverdreherei“ und „Haarspalterei“, insbesondere durch das Anhäufen immer neuer Argumente. Auch in der älteren Literatur der Rechtswissenschaft ist Rabulistik für Spitzfindigkeiten oder eine abwegige oder dem Buchstaben, aber nicht dem Geist des Gesetzes folgende Argumentation gebräuchlich. Rabulistik ist heute ein Teil der Rhetorik und kann als Nebenthema der Kommunikationsstrategie auftauchen. Ein alternativer Name ist Eristik oder Eristische Dialektik.“

Recht kurios: die Hundesteuerpflicht bei Menschen und Hunden – eine juristische Betrachtung

Samstag, 17. März 2012
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In unserem stark durchnormierten Land („von der Wiege bis zur Bahre, Formulare, Formulare“) gibt es immer wieder kuriose Rechtsgebiete, die selbst den Juristen schmunzeln lassen; so auch die Hundesteuersatzung der Stadt Bad Salzuflen: http://62.153.231.121/ortsrecht/fin_steu/hund.htm

Danach ist nicht der Hund, sondern der Hundehalter steuerpflichtig (§ 1 Abs. 2 S. 1). Das ist mangels Rechtsfähigkeit des Hundes (§ 1 BGB) kein großes Wunder. Dennoch klingt es merkwürdig, als Mensch hundesteuerpflichtig zu sein. Denn im Regelfall ist der Mensch kein Hund. Der Hund dagegen ist nur Gegenstand der Steuer, wobei das unpräzise formuliert ist. Korrekt heißt es in der Satzung: „Gegenstand der Steuer ist das Halten von Hunden im Stadtgebiet“ (§ 1 Abs. 1).

Auch wer Hundehalter ist, definiert das Gesetz in einer Weise, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss: „Hundehalter ist, wer einen Hund im eigenen Interesse oder im Interesse seines Haushaltsangehörigen in seinem Haushalt aufgenommen hat. Alle in einem Haushalt aufgenommenen Hunde gelten als von ihren Haltern gemeinsam gehalten.“ (§ 1 Abs. 2 S. 2). Der Wortlaut ist klar, was aber ist die Aufnahme eines Hundes  in einen Haushalt im eigenen Interesse? Der letzte Satz wird verständlich, wenn man weiterliest: „Halten mehrere Personen gemeinsam einen oder mehrere Hunde, so sind sie Gesamtschuldner.“ (§ 1 Abs. 2 letzter Satz). Es geht also nur ums Geld.

Auch wenn es nicht expressis verbis geregelt ist, der Hund ist nur „Steuermaßstab“ (§ 2 Abs. 1). Der Steuersatz ist degressiv. Je mehr Hunde, desto günstiger wird jeder weitere.

„Wörterbuch für Ihren Anwaltsbesuch“: ein verblüffendes Beispiel der BRAK für die verquere Welt der Rechtsanwälte

Mittwoch, 14. März 2012
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Was würden Sie denken, wenn Ihr Klempner Ihnen ein Buch geben würde, in dem Sie folgendes lesen:

Mit diesem kleinen Wörterbuch wollen wir versuchen, häufig verwandte Begriffe zu erläutern, um Ihnen die Vorbereitung auf Ihren nächsten Besuch bei Ihrem Klempner zu erleichtern.“

Wir würden spontan kopfschüttelnd denken: verkehrte Welt. Wenn mein Klempner mir etwas verkaufen will, soll er so reden, dass ich kapiere, was er meint. Ohne jetzt Klempnern zu nahe treten zu wollen: sie werden nicht dazu ausgebildet, ihre Kunden rhetorisch zu überzeugen. Dennoch werden auch sie daran interessiert sein möglichst so zu sprechen, dass andere sie verstehen. Das aber ist bei Anwälten anders. Neben der Schrift ist die Sprache ihre „Waffe“. Ihr Erfolg hängt nicht ganz unwesentlich davon ab, auch mündlich strukturiert und überzeugend vorzutragen. Überzeugen kann als Anwalt aber nur, wer auch verständlich spricht. Es ist also eine Banalität, dass Mandanten zu Recht erwarten, dass der Anwalt so intelligent ist, seinen Rat so zu formulieren, dass der Adressat ihn versteht.

Damit Anwälte sich aber gar nicht erst auf die Mandanten einstellen müssen, gibt es von der BRAK und Langenscheidt dankenswerterweise das „Wörterbuch für den Anwaltsbesuch“. Das ist kein Witz, das Buch gibt es wirklich. Dort kann der Mandant lernen, was „Präklusion“ und „Anwartschaft“ bedeutet. Der Anwalt braucht, so die Vorstellung der Autoren, die Begriffe nicht mehr zu erläutern. Und im Vorwort des Buches findet man wörtlich das Beginn dieses Beitrags angeführte Zitat, nur das dort „Anwaltsbesuch“ statt „Besuch bei Ihrem Klempner“ steht.

Fazit für den Anwalt: nicht ich bin für den Mandanten da, der Mandant ist für mich da. Das habe ich doch schon immer gewusst, das bestätigt mir jetzt auch die Kammer. Ab sofort gilt also: bloß nicht verständlich sprechen. Wenn der Mandant das Buch nicht auswendig gebüffelt hat und daher nicht versteht, was ich sage, ist er doch selbst schuld.

Die Zeiten, da das verquaste Anwaltsdeutsch ehrwürdig bestaunt wurde, und Bandwurmsätze als Ausdruck von Intellektualität galten, sind vorbei. Kanzleistil möchte niemand hören oder lesen. Wer das noch nicht bemerkt hat, an dem sind wohl auch andere wichtige Dinge vorbeigegangen. Er ist wie der berühmte Geisterfahrer, der im Auto auf der falschen Fahrbahn die Durchsage im Radio nur mit der Bemerkung kommentiert: „wieso nur ein Geisterfahrer? Ich sehe Hunderte !

Benehmen ist Gücksache II: wer im Glashaus sitzt, sollte sich mit Belehrungen zurückhalten; oder: wer zu starken Tönen neigt, der muss auch das Echo vertragen können

Dienstag, 13. März 2012
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Wir werden wohl nie verstehen, warum viele Kollegen meinen, durch ihren aggressiven Ton beeindrucken zu müssen, oder besser gesagt, beeindrucken zu können. Ein bisschen Schauspiel ist ja ok, aber auch dabei sollte man bedenken, dass die Stärke des Ausdrucks die Schwäche der Argumente nicht ersetzen kann.

In einer Schadensersatzsache gegen einen Steuerberater vertritt ein Kollege eine namhafte Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Der Kollege ist forsch und nicht zimperlich, im Tonfall zeigt er eine deutliche Neigung zur Unsachlichkeit. Man merkt, er hat die große Versicherung im Hintergrund und ist stark (im Ausdruck). Unser Hinweis, er könne mit uns auch sachlich kommunizieren, hat bislang keine Änderung bewirkt. Auf unsere Frage, ob der Kollege nicht nur die Versicherung, sondern auch den in Anspruch Genommenen vertritt, erhielten wir die schriftliche Info, das sei nicht der Fall. Wir sollten mit diesem direkt kommunizieren.

Nur kurze Zeit später „herrscht“ der Kollege uns unter Hinweis auf das Berufsrecht an, Schriftwechsel nicht mit dem in Anspruch Genommenen, sondern nur mit ihm als dessen Anwalt zu führen.

Unsere Antwort war kurz: „wir kennen das Berufsrecht, und hätten auch gerne nur mit Ihnen kommuniziert; Sie  hingegen kennen offenbar Ihre eigenen Schreiben nicht ….“

Fazit: wer zu starken Tönen neigt, der muss auch das Echo vertragen können.