Archiv für Mai 2011

Die Zukunft der Anwälte……sieht anders aus als die Gegenwart und sicher noch ganz anders als die Vergangenheit; zugleich ein Votum für QM in der Kanzlei

Samstag, 28. Mai 2011
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Während die Globalisierung immer kleinere Unternehmen (be)trifft, teilen sich trotz geringerer Steigerungsraten  immer mehr Anwälte einen auf Deutschland beschränkten und zudem immer kleiner und immer schwieriger werdenden Markt. Was vor Jahren noch undenkbar war, ist heute die Realität: wer sich einen ersten Überblick zu einer Rechtsfrage verschaffen will, schafft das dank der Suchmaschinen sehr schnell. Auch wenn die Ergebnisse nicht immer die besten sind, allein das rechtliche Know-How ist es schon lange nicht mehr, dass die Mandanten zu einem Anwalt treibt. Und selbst  wenn das Image besser geworden sein soll, einen „Rechtsverdreher“ braucht heute niemand. Und wer als Anwalt seinen Mandanten nicht das Gefühl geben kann, Probleme zu lösen, sondern bei dem Mandanten nachhaltig den Eindruck hinterlässt, den bestehenden Problemen nur weitere hinzugefügt zu haben, der wird künftig am Markt chancenlos sein. Hinzu kommt die Unbeweglichkeit der Anwaltschaft, die noch stark an alten Strukturen hängt. Während Steuerberater und Wirtschaftsprüfer schon lange nicht für jeden Mitarbeiter einen festen Arbeitsplatz haben, tun die Anwälte sich damit schwer. Sie hängen noch stark an der „Residenzpflicht“; und selbst im schon vor längerer Zeit eingeläuteten Zeitalter des EGVP kann man noch immer eine Massierung von Anwälten im Umfeld von Gerichten beocbachten.   

Es klingt banal, aber traurigerweise hat es sich noch nicht sehr weit herumgesprochen: auch eine Kanzlei ist ein Unternehmen, in dem es darum geht, Gewinn zu erzielen. Wäre es anders, wäre eine Kanzlei ein Unternehmen der Wohlfahrt. Das aber ist nicht nur in der Köpfen vieler Anwälte noch nicht angekommen, auch bei den Mitarbeitern machen sich nicht viele von ihnen Gedanken darüber, dass das Gehalt nicht vom Himmel fällt. Die Identifikation mit dem eigenen Unternehmen ist daher oft nicht sehr weit ausgeprägt. An dieser Aussage ändert es auch nichts, dass Anwälte Organe der Rechtspflege sind.  Denn wer am Markt bestehen möchte, der muss erkennen, dass er ein Unternehmen hat, das am Markt um Kunden kämpft, auch wenn diese Mandante heißen. Hier geht es u.a. einmal darum, seinen Kunden Mehrwerte gegenüber der Konkurrenz zu bieten. Das Modell des Anwalts, der meint, er habe „Stammkunden“ (um der sich nicht mehr kümmern müsse, weil er sie ja schon hat), der ist unrettbar ein Auslaufmodell. Denn jeder Mandant kann den Auftrag  jederzeit kündigen.  Und die Mandanten sind heute kritischer denn je. Wer hier gutes Geld fordert, der muss auch sehr gute Arbeit liefern. Nicht (nur) in der Akquisition neuer Mandanten liegt das Heil, einen ebenso hohen Stellenwert hat die Betreuung der bereits betreuten Mandanten.

Das alles macht nur Sinn in einem top durchorganisierten Unternehmen. Dabei ist der Stand der Technik das eine;  an erster Stelle aber steht die für das Anwaltsunternehmen optimale Organisation. Denn die verkürzt Wege, vermeidet Fehler, strafft die Abläufe und verbessert so auch die fachlichen Ergebnisse, Wer sich ständig darüber ärgert, dass seine Akten (physisch oder virtuell) nicht sauber geführt werden, dem fehlt diese Zeit bei seiner fachlichen Arbeit, und die fehlende Lebensfreude merkt er bei der Arbeit, aber auch in der Freizeit.

Viele Anwälte erkennen das Thema oder ahnen, dass die Perpetuierung übernommener Strukturen der falsche Weg ist. Sie schaffen es aber nicht, aus diesem Kreis auszubrechen und einen relaunch  ihres Unternehmens zu starten. Wer aber das Thema und seine Brinsaz erkennt und es anpackt, der wird trotz des enormen Zeitaufwandes, der für eine Retrukturierung notwendig ist, erhebliche Erfolge haben.

Wer sich aber diesen durchaus schwierigen Prozess nicht zutraut oder die Zeit dafür nicht hat, der sollte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, die die guten Ratschläge aber auch in die Praxis umsetzt. Ein nur theoretisches Konzept, das der Anwalt selbst umsetzen soll, kann man sich sparen. Es wird in der Schublade verschwinden und dort verschimmeln.

Quintessenz: die Frage für die Anwälte ist nicht, ob man sich den beschriebenen Anforderungen stellt, sondern, wie schnell man das machen kann. Denn eins steht fest: wer nichts unternimmt, wird zur großen Masse der Verlierer gehören.  Denn die Zeit wird an ihm vorbeigehen, und zwar gnadenlos.

Der Metzger muss das Wasser schnittfest machen….und die Rechtsschutzversicherung den Anwalt mit unsinnigen Fragen von der Arbeit abhalten; zugleich ein Beitrag zum (Un)Sinn einer Rechtsschutzversicherung

Donnerstag, 26. Mai 2011
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Hätten wir im Büro nicht schon genug zu lachen, würden wir die Korrespondenz mit mancher Rechtsschutzversicherung vielleicht vermissen. So aber fehlt sie und nicht wirklich. Auch heute waren wir erstaunt, auf welche Ideen (manche Kollegen ?) kommen. Wir hatten vor ca. zwei Jahren für einen Mandanten die Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung für ein Klageverfahren eingeholt. Der Mandant hatte uns kurz nach Klageerhebung die von uns verauslagten Gerichtskosten erstattet und später unsere Gebühren – nach Zeitaufwand auf Basis einer Vergütungsvereinbarung berechnet und höher als das Honorar nach RVG, gezahlt. Jetzt rechnen wir als Service mit der Rechtsschutzversicherung ab, da erhalten wir nach einigen mehr oder weniger berechtigten Schreiben der Versicherung ernsthaft die Frage, warum Gerichtskosten und Gebühren entstanden seien. Der Mandant habe doch gar nicht klagen wollen. Wäre man jünger, würde man jetzt wahrscheinlich „Hallo?“ oder so etwas ähnliches ausrufen. Wir sind bis jetzt noch nie auf die Idee gekommen, ohne Auftrag Klage zu erheben. Wir haben heute einmal nach dem Lachanfall geschaut, was man denn daraus alles machen könnte: Auftreten als vollmachtloser Vertreter (wäre wegen der Kostentragungspflicht sicher bitter); GoA (wer weiß, in der von uns betreuten Sache drohte Verjährung). Aber lassen wir einmal die Phantasie. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir lieber für Mandanten arbeiten, die uns aus eigener Tasche zahlen. Denn der Zeitaufwand für die Kommunikation mit der Rechtsschutzversicherung übersteigt (sicher nicht bei allen !) häufig den für die Mandatsbearbeitung notwendigen Aufwand. Und wer als Anwalt – und als Mandant – kalkuliert, der wird schnell verstehen, dass dies für das Mandat kontraproduktiv ist.

Wie gesagt: der Metzger muss das Wasser schnittfest machen…..

Ach ja, auf das Schreiben der Rechtsschutz von heute sollte schon der Stempel („Gelesen und Gelacht“) drauf….

Recht kurios: BFH entscheidet über Norm, die er selbst nicht versteht ….und das BVerfG vergibt die Chance, klare Worte zu unverständlichen Gesetzen zu finden – BFH legt aus – zur Mindestbesteuerung

Donnerstag, 26. Mai 2011
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In zwei Entscheidungen vom 9. März 2011 (IX R 72/04 und R 56/05) hatte der BFH über die sog. Mindestbesteuerung zu entscheiden. Der BFH hielt die gesetzliche Regelung für unverständlich und damit für verfassungswidrig. Schließlich müsse der Bürger verstehen, was das Gesetz von ihm verlange. Die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) blieb aber ohne Erfolg;  das BVerfG sah die Vorlage als unzulässig an. Es entstand dadurch die kuriose Situation, dass ein Gericht über die Anwendung einer Norm zu entscheiden hatte, die es selbst für unverständlich hielt. Zu recht ist hier zu fragen, wie das gehen soll. Wie kann ich etwas anwenden ,das ich nicht verstanden habe ?

Das BVerfG hat damit leider die Chance vertan, einmal klare Worte zu steuerrechtlichen Regelungen zu finden, die niemand mehr verstehen kann, während ein Verstoß dagegen solche unverständliche Regelungen erhebliche Konsequenzen haben kann. Das einzig Positive an den Entscheidungen des BFH: die Kläger obsiegten in beiden Verfahren und der BFH hat größere Klarheit in die „Mindestbesteuerung“ gebracht.

„Gelesen und gelacht“ – der neue praktische Stempel für den Posteingang spart viel Papier….

Mittwoch, 25. Mai 2011
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Jetzt mache ich es wahr und werde ihn mir kaufen: den Stempel mit dem Aufdruck „Gelesen und Gelacht„, am besten in leuchtrot. Ihn können wir auf einen nicht unerheblichen Teil unserer Eingangspost aufbringen und die so gekennzeichnete Post ohne weiteren Kommentar an den Absender zurückschicken, wenngleich verbunden mit der Gefahr eines „Rüffels“ durch die zuständige Anwaltskammer. Aber mal ernsthaft, es ist doch nicht selten eine Zumutung, was an haarsträubender Post so ins Haus gelangt. Da fragt man sich, warum es einige Menschen nicht geschafft haben, im Rahmen ihres Studiums wenigstens nur die Grundregeln von Benehmen und Anstand gelernt zu haben. Die inhaltslose verbale Kraftmeierei (notabene: „die Stärke des Ausdrucks kompensiert die Schwäche des Arguments“ – nach Meinung der Urheber von Schriftsätzen ohne Argumente) ist gegen das mit Händen greifbare Unwissen sogar noch die harmlosere Variante. Wenn man aber einen Schriftsatz lesen muss, in dem auf abenteuerlichste Weise versucht wird, aus schwarz weiß zu machen und der Verfasser kein Problem damit hat, sich in ein und demselben Schriftsatz mehrfach zu widersprechen, dann ist es Zeit, den neu erworbenen Stempel zu verwenden: schnell auf den Schriftsatz an exponierter deutlich aufgetragen und an den Absender zurückgeschickt, sollte der Stempel seine Wirkung nicht verfehlen. Aber Vorsicht: Bumerang möglich !!

Die Videokonferenz mit Gerichten in der anwaltlichen Praxis – ein Trauerspiel – zugleich ein Nachruf auf eine gescheiterte Idee

Samstag, 21. Mai 2011
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Die Videokonferenz (§ 128 a ZPO und andere Prozessordnungen, z.B. § 91 a FGO) ist eine der wenigen guten Ideen, mit denen die Justiz und die Anwaltschaft hätten dokumentieren können, dass sie (endlich) anfangen, den Rückstand in der Entwicklung, der Technik und im Denken aufzuholen. Dieser Versuch muss leider als grandios gescheitert angesehen werden. Uns ist auch nicht bekannt, dass die Anwaltskammern sich zu diesem Thema nennenswert engagiert hätten.  

Aber auch die Gerichte tragen dazu bei, die Videokonferenz zu Grabe zu tragen. Das Landgericht Freiburg (Entfernung für uns rd. 650 km) hatte i in einem von uns betreuten Verfahren zunächst unserem Antrag, an der Verhandlung per Videokonferenz teilzunehmen, stattgegeben. In der letzten Woche rieben wir uns dann verwundert die Augen, als das Landgericht uns lapidar mitteilte, dass „wegen des Prozesstoffes“ eine Videokonferenz nicht mehr in Betracht käme. Möchte das Gericht uns damit sagen, dass es nicht in der Lage ist, eine Verhandlung über einen umfangreichen Prozessstoff per Videokonferenz zu führen und wenn ja, woran liegt das ? 

Ungeachtet der Tatsache, dass das Gericht uns jetzt zumuten möchte, 1.300 km zu fahren und einen unvertretbar großen Zeitaufwand auf uns zu nehmen, ist es kein katastrophales Signal nach außen hin, weil der Schluß nahe liegt, dass das Landgericht technikfeindlich ist.

Und da schließt sich der Kreis: Anwälte und Gerichte scheinen immer noch nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, dass sich unsere Umwelt und die Arbeitsmethoden in den letzten 20 Jahren massiv geändert haben und sich weiter immer rasanter und in immer kürzeren Abständen ändern wird. Was für andere Berufsgruppen schon lange selbstverständlich ist (z.B. im Büro keinen festen Arbeitsplatz zu haben, sondern mit einem notebook ungebunden zu arbeiten, oder als freelancer nur projektbezogen und für mehrere Auftraggeber tätig zu werden) ist für die meisten Anwälte jenseits des Vorstellungsvermögens.

Wir werden uns davon nicht beirren lassen und den von uns eingeschlagenen Weg, zur bestmöglichen Betreuung unserer Mandanten moderne Technologie einzusetzen und neue, manchmal ungewöhnliche Arbeitsmethoden zu verwenden, zielgerichtet weitergehen. Das Landgericht werden wir bitten, über die getroffen Entscheidung nachzudenken.

Rechtsanwälte als schwarze Schafe II – der Anwalt als Vollstreckungsschuldner – die Abgabe der e.V.

Samstag, 21. Mai 2011
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Nach Umfragen soll das Image der Rechtsanwälte in der Wahrnehmung besser geworden sein. Im Alltag ist davon wenig zu spüren, wie das folgende Beispiel eines Kollegen zeigt: Der als Testamentsvollstrecker tätig gewesene Kollege wurde verurteilt, an unseren Mandanten rd. 60 TEUR, die er rechtswidrig und in strafrechtlich relevanter Weise dem Nachlass entnommen hatte, zu zahlen. Das Urteil ist seit einem Jahr rechtskräftig, nachdem das OLG mit deutlichen Worten die Berufung durch Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen hatte.

Seitdem ergangene Aufforderungen, die titulierte Forderung zu zahlen, ignorierte der Kollege konsequent. Pfändungen blieben im Wesentlichen erfolglos, ausgenommen die Pfändung der Ansprüche des Kollegen gegen das Versorgungswerk. Substantiierte Auskünfte zu Vermögen und Einkünften gab der Kollege nicht, er bot nur 25 TEUR zur Abgeltung auf die Forderung an. Zur Begründung führte er u.a. an, dass er praktisch nicht mehr arbeite.   

Gegen die Aufforderung zur Abgabe der e.V. legte der Kollege Rechtsmitel ein und wandte im Wesentlichen ein, dass man ihn nicht zur Abgabe der e.V. auffordern dürfte, weil er dann ja seine Zulassung als Anwalt verlöre. Im Übrigen trug der Kollege wahrheitswidirg vor, er stünde mit uns in außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen. Dass der Kollege auch hier wiederholt Fristen vom Gericht  wegen seiner Arbeitsbelastung verlängern ließ (hatte er nicht geschrieben, er hätte keine Arbeit mehr ?), wundert schon gar nicht mehr. Wir erwarten die Entscheidung des Gerichts in der Woche ab dem 23. Mai 2011.     

Man kann nur hoffen, dass die Anwaltskammer dem Kollegen seine Zulassung entziehen wird. Bislang hat sich die Kammer in dieser Sache erstaunlich ruhig verhalten.

Jeder ist zu etwas nutze, und wenn er nur als schlechtes Beispiel dient….zugleich ein Beitrag zum Umgangston unter Anwälten

Samstag, 21. Mai 2011
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„Höflichkeit ist eine Zier, doch besser geht es ohne ihr“,

dachte sich wohl ein Kollege, der uns in dieser Woche schrieb. Er hatte in seinem Zorn aber offenbar vergessen, dass er die Interessen seines Mandanten vertritt und nicht damit beauftragt ist, seinen Emotionen freien Lauf zu lassen und sich in Verbalinjurieren zu ergehen (oder etwa doch ?). Hätten ihn nicht schon diese Entgleisungen disqualifiziert, dann sicher der Versuch, seinen Schriftsatz um die Androhung strafrechtlicher Verfolgung zu ergänzen. Sic tacuisses, möchte man da dem Kollegen am liebsten zurufen, denn seine Ausführungen zeigen, dass er während des Studiums die Vorlesungen im Strafrecht entweder nicht besucht oder aber nicht einmal in den Grundzügen verstanden hat.  

Im Ergebnis hat er damit seinem Mandanten eine Bärendienst erwiesen. Denn wenn die Stärke des Ausdrucks der reziproke Gradmesser für die Schwäche der Argumente ist, dass ist es um die Argumente des Mandanten, den der Kollege vertritt, denkbar schlecht bestellt.

Er hat sich aber auch selbst einen Bärendienst, und zwar gleich in zweierlei Hinsicht erwiesen: zum einen wird der Mandant früher oder später merken, dass die verbale Kraftmeierei nichts bringt und wird den Kollegen icht mehr mandatieren. Zum anderen kann man Kollegen, die einen derartigen Ton anschlagen, selbst mit gutem Willen nicht mehr ernst nehmen.

Der einizge positive Aspekt: es gibt etwas zu lachen.

Und die Moral von der Geschicht: verfasse Schriftsätze im Zorne nicht   

BGH hat am 13. April 2011 erneut zum Erfüllungsort der Nacherfüllung im Kaufrecht für Recht erkannt

Freitag, 20. Mai 2011
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Der Bundesgerichtshof (BGH; Az: VIII ZR 220/10) hatte am 13. April 2011 erneut darüber zu entscheiden, an welchem Ort der Verkäufer einer mangelhaften Sache die zur Mangelbeseitigung geschuldete Nacherfüllung vornehmen muss. Diese Entscheidung bringt weitere Klarheit für die kaufvertraglichen Nacherfüllung.

 In dem vom BGH entschiedenen Verfahren bestellten die in Frankreich wohnenden Kläger in Deutschland (Polch) einen neuen Campinganhänger. In der Auftragsbestätigung hieß es „Lieferung: ab Polch, Selbstabholer“. Die Beklagte lieferte den Anhänger trotzdem an den Wohnort der Kläger. In der Folgezeit rügten die Kläger verschiedene Mängel und forderten die Beklagte erfolgslos unter Fristsetzung auf, den Anhänger abzuholen und die Mängel zu beseitigen. Darauf erklärten die Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. Streitig in diesem Verfahren war, wo die Beklage die Mängelbeseitigung vornehmen musste: am Geschäftssitz der Beklagten oder am Wohnort der Kläger.  

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 13.4.2011 entschieden, dass sich der Nacherfüllungsort, also der Ort, an dem der Verkäufer die von ihm geschuldete Nacherfüllung zu erbringen hat, mangels spezieller Regelung im Kaufrecht den jeweiligen Umständen des Einzelfalls bestimmt (§ 269 BGB), wenn, wie hier, vorrangige Parteivereinbarungen nicht getroffen worden sind. Zu diesen Umständen gehören z.B. die Ortsgebundenheit und die Art der vorzunehmenden Leistung sowie das Ausmaß der Unannehmlichkeiten, welche die Nacherfüllung für den Käufer mit sich bringe. Letzteres folge aus den Vorgaben der europäischen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Danach muss die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen. Da die Beseitigung der von den Klägern gerügten Mängel den Einsatz von geschultem Personal und Werkstatttechnik erfordere und ein Transport des Anhängers nach Polch oder dessen Organisation für die Kläger zumutbar erscheine, liege der Erfüllungsort der Nachbesserung am Firmensitz der Beklagten. Die Kläger mussten danach den Anhänger zur Durchführung der Nacherfüllung zum Verkäufer bringen. Solange dies nicht passiert, besteht kein Recht der Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag.

Die Kläger müssen sich also aus dem sonnigen Frankreich zur Mängelbehebung mit Ihrem Anhänger nach Polch in Deutschland begeben. Wenigstens brauchen Sie für die Reise keine Hotelkosten zu zahlen, denn sie können im (mangelhaften) Anhänger schlafen.

Keine Haftung des Großmarkt-Betreibers für Parkplatzunfälle

Freitag, 20. Mai 2011
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Immer wieder kommt es vor, dass sich Unfälle auf privaten Kundenparkplätzen ereignen und der Schadenverursacher sich aus dem „Staub“ macht. Der Geschädigte kommt dann oftmals auf die (glorreiche) Idee, denjenigen in die Haftung zu nehmen, der den Parkplatz betreibt. Dem hat das Amtsgericht München („AG“) mit Urteil vom 28. Juli 2010 (Aktenzeichen: 343 C 6867/10) einen Riegel vorgeschoben. Das AG hat entschieden, dass weder Betreiber noch Mitarbeiter eines Großmarktes für die Ermittlung des Unfallverursachers, der einen Schaden an einem auf dem Parkplatz des Marktes geparkten Auto verursacht hat, verantwortlich sind.

 Der Entscheidung des AG lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Vormittag stellte ein Fahrer seinen PKW auf dem Parkplatz eines Großmarktes ab. Als er nach seinem Einkauf zurückkam, stellte er fest, dass sein PKW beschädigt (Schaden 1.686,00 €) war. Er selbst konnte Schädiger nicht ausfindig machen. Zuvor hatte sich aber ein Unbekannter an der Information des Großmarkts gemeldet und erklärt, dass er einen PKW angefahren habe. Er bat darum, das Kennzeichen des beschädigten Fahrzeugs ausrufen zu lassen. Erfolglos wurde dann das Kennzeichen ausgerufen, woraufhin sich nur der Schädiger noch einmal meldete. Die Mitarbeiterin des Großmarktes vergaß, die Personalien des Unbekannten aufzunehmen. Der Geschädigte verlangte Ersatz seines Schadens vom Betreiber des Großmarktes und behauptete, die Mitarbeiterin sei verpflichtet gewesen, sich den Namen zu notieren.

Das Amtsgericht ist der Auffassung, dass die Mitarbeiterin des Großmarktes nicht verpflichtet ist, sich die Personalien des Unfallverursachers geben zu lassen, wenn sie das Kennzeichen des Geschädigten ausgerufen hat. Der Betreiber des Großmarktes hafte daher auch nicht, wenn der Geschädigte den Ausruf nicht hört und sich der Unfallverursacher nachher nicht mehr ermitteln lässt. Grundsätzlich habe der Betreiber des Großmarktes zwar verschiedene Schutz-, Obhut- und Fürsorgepflichten gegenüber seinen Kunden.

Im vorliegenden Fall sei eine solche Pflicht jedoch nicht verletzt. Der Unfall habe sich rein zufällig auf dem Gelände des Beklagten ereignet. Eine nähere Beziehung des Schädigers zu dem Großmarkt habe nicht bestanden. Die Person habe sich damit nicht im Einflussbereich des Beklagten befunden. Zu dem Zeitpunkt, als die Person zum Empfang kam, sei zudem noch gar nicht bekannt gewesen, dass sich der Schädiger nachher vom Unfallort entfernen würde. Die Mitarbeiterin des Beklagten habe damit auch nicht rechnen müssen, da sich dieser zweimal bei ihr meldete. Die Mitarbeiterin hätte zu diesem Zeitpunkt auch nicht einmal einen Anspruch auf die Mitteilung von Name und Adresse gegenüber dem Unfallverursacher gehabt. Aus diesem Grunde könne sie auch keine Pflicht verletzt haben.

SZ vom 4. März 2011: was ist denn da durcheinandergeraten ? so einfach ist die Welt: wer Geld hat, ist ein Steuerhinterzieher, und wer Arbeitnehmer ist, der ist der Dumme, denn er hat keine Möglichkeit, steuerunehrlich zu sein

Donnerstag, 05. Mai 2011
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Es steht wirklich in der SZ, und wenn man es nicht selbst gelesen hätte, würde man es für einen schlechten Scherz halten. Hier ein Auszug aus dem Artikel aus der SZ vom 4. März 2011. Interviewt wird Herr Ondracek, der Chef der deutschen Steuergewerkschaft:

SZ: Zurückhaltung bei der Steuerfahndung dient dem Werben um Unternehmen und Reiche?

Ondracek: Unter wohlhabenden Deutschen hat sich jedenfalls längst herumgesprochen, dass das Entdeckungsrisiko in Teilen Deutschlands nicht sonderlich groß ist. Es würde mich nicht wundern, wenn die Zurückhaltung bei Betriebsprüfungen und der Steuerfahndung letztlich dem Standort nutzt. Das eine oder andere Unternehmen könnte sich entscheiden, diese Vorzüge dauerhaft zu genießen.

SZ: So würden die konsequenten Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz bestraft. Was muss sich ändern, um keine Steuerspirale nach unten in Gang zu setzen?

Ondracek: Die Bundesregierung muss von allen Ländern per Gesetz harte Kontrollen einfordern. Eine Bund-Länder-Kommission legt Jahr für Jahr den Bedarf der Bundesländer für Stellen in der Finanzverwaltung fest. Bayern unterbietet die Empfehlung derzeit um 15 Prozent. Hier könnte der Bund Sanktionen einführen und Länder notfalls dazu zwingen, aktiver zu werden.

SZ: Arbeitnehmer werden viel strenger überwacht als Firmen und Selbständige. Erleben wir den Einstieg in eine Zweiklassengesellschaft?

Ondracek: Die gibt es im deutschen Steuerrecht doch schon. Bei Arbeitnehmern wird die Steuer automatisch einbehalten. Bei Selbständigen, Gewerbetreibenden oder auch Landwirten verlässt sich die Finanzverwaltung meist auf deren eigene Angaben. Im Durchschnitt werden kleine Unternehmen nur gut alle 30 Jahre geprüft. Millionäre in manchen Bundesländern nur alle 20. Die Dummen sind letztlich die Arbeitnehmer. Denn sie haben gar keine Möglichkeit, steuerunehrlich zu sein.