Archiv für Juni 2012

Befristung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen / ein Dauerbrenner

Montag, 25. Juni 2012
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Und wieder einmal gibt es eine Entscheidung zum Dauerbrenner im Arbeitsrecht: Der Befristung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen. Diesmal hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) darüber zu entscheiden, ob und wann die Befristung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs eines arbeitsfähigen Mitarbeiters zulässig ist (BAG- Urteil vom 19.06.2012 – 9 AZR 652/10).

Im Fall des BAG ging es um Folgendes: Der Kläger war beim Beklagten seit Anfang 2008 beschäftigt. Dem Kläger wurde wirksam zum 31.07.2008 gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt standen dem Kläger noch 16 Tage Urlaub zu. Mit Schreiben vom 06.01.2009 verlangte er vom Beklagten die Ausbezahlung des Urlaubs. Der Beklagte meinte, dass der Anspruch nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) entfallen sei, weil der Kläger den Anspruch nicht bis zum Ende des Jahres 2008 geltend gemacht habe. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG). Diese Befristung galt nach bisheriger BAG-Rechtsprechung grundsätzlich auch für den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs, weil der Abgeltungsanspruch als Ersatz (Surrogat) für den wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr realisierbaren Urlaubsanspruchs verstanden wurde. Diese Auffassung hat das BAG jetzt aufgegeben.

Seine geänderte Auffassung begründete das BAG damit, dass der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch als reiner Geldanspruch nicht dem „Fristenregime“ des § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG unterfalle und ein arbeitsfähiger Mitarbeiter nicht anders behandelt werden dürfe als ein arbeitsunfähiger Mitarbeiter. Und bei arbeitsunfähigen Mitarbeitern ist durch Entscheidungen des EuGH und des BAG anerkannt, dass die Fristen des § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG nicht gelten. Ein gekündigter Mitarbeiter muss deshalb die Abgeltung seines Urlaubs nicht im laufenden Kalenderjahr verlangen, sondern kann diesen auch im nachfolgenden Kalenderjahr noch geltend machen. Für den BAG-Fall bedeutet dies, dass der Gekündigte seinen Urlaubsabgeltungsanspruch für die 16 Tage des Jahres 2008 am 06.01.2006 wirksam geltend gemacht hat.

Vertrauen ist gut, (gute) Verträge sind besser – Geschichten aus dem wahren Leben – die junge Witwe, der Bierkönig, die Stiftung und die (nicht lege artis erfolgte?) Anfechtung

Samstag, 16. Juni 2012
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Das wahre Leben spielt sich nicht in der Welt der Juristen ab, sondern in der Welt ihrer Mandanten. Und die ist nicht so, wie Juristen das in ihrer Ausbildung gelernt haben. Wer das als Berater nicht verstanden hat, hat den Beruf verfehlt. Daher sind Rechtsanwälte gut beraten, das, was sie in der Ausbildung gelernt  haben, nicht als Heiligtum, sondern als Werkzeugkasten („tool-kit“) zu betrachten, den es einzusetzen gilt, um die Mandate und die mit ihnen verbundenen häufig komplexen Probleme bestmöglich zu lösen.

Wer seinen Beruf so versteht und sich engagiert und ohne Rücksicht auf Zeiten mit den Problemen seiner Mandaten, auch mit denen, sich die bei der Bearbeitung erschließen und an die der Mandant gar nicht gedacht hat, befasst, der trifft immer häufiger auf ein „Geiz ist geil“ Phänomen. Die Bereitschaft, individuelle gute Lösungen besser zu bezahlen als den „Anzug von der Stange“, nimmt immer mehr ab. Das ist erstaunlich, weil für Produkte wie das iphone ohne mit der Wimper zu zucken sogar uangemessene Preise gezahlt werden.   

Nehmen wir einmal als Beispiel die Patientenverfügung: die Bereitschaft, dafür einem Anwalt eine Vergütung zu zahlen, ist angesichts der Massen an „Mustern“ im Internet sehr gering. Eines aber ist sicher: das bloße Ausfüllen von Mustern und das Ankreuzen nach „mutliple choice“ ersetzen keine (wohlgemerkt) qualifizierte Beratung. Wenn der Anwalt aber auch nicht mehr macht, als das Muster mit Namen usw. zu versehen, ist die Einstellung, dafür kein nennenswertes Honorar zu zahlen, auch für uns verständlich.

Wenn aber der Mandant verstanden hat,dass die Patientenverfügung ein komplexes Instrument mit vielen Haken und Ösen, und zudem nur ein Baustein in einem ganzen Strauß von Regelungen ist, und dass er ohne eine gute Lösung anderen Menschen in Situationen, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit bis hin zur Sicherheit eintreten werden, im schlimmsten Fall ausgeliefert ist, dann ändert sich die Situation und es wird schnell klar, welchen Wert gute Beratung hat.

Diese Erkenntnis gilt auch für den Fall des „Bierkönigs“ aus Frankfurt, Dessen junge Witwe ließ jetzt vom OLG Frankfurt am 15.06.2012 (7 U 221/11) feststellen, dass sie Alleinerin nach dem „Bierkönig“ geworden ist. Streitig war dies, weil die junge attraktive Witwe erst Erbin geworden war, nachdem der Erblasser einen Erbvertrag, nach dem eine Stiftung statt der Witwe Erbin geworden wäre, angefochten hatte.

Auch hier sieht man, dass gute Beratung teure Verfahren verhindern kann. In dem Fall des „Bierkönigs“ hatte nämlich die Stiftung Morgenluft „gewittert“, weil die notariell beurkundete Anfechtung des Erbvertrages, vereinfacht gesagt, nicht zu 100% lege artis war, und die Stiftung diesen „Hebel“ nutzen wollte, um die Witwe aus dem Rennen zu werfen.  

Das Thema ist durch das OLG noch nicht rechtskräftig entschieden, der BGH wird das letzte Wort haben. Wir lernen daraus, dass gute Beratung extrem wichtig ist. Weil sie aber mehr Zeit in Anspruch nimmt als ein bloßer „Standard“, ist ein dafür geschuldetes Honorar zwangsläufig höher. Gute Mandanten wissen und honorieren das. Sie erwarten aber zu Recht eine Top-Beratung.

Die Steinzeit-Justiz – Das EGVP verkommt zur Lachnummer, die Videokonferenz ist tot

Freitag, 15. Juni 2012
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Am 13./14. Juni 2012 fand eine Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister in Wiesbaden statt. Dort wurden unter anderem auch Entwürfe eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs bei den Gerichten diskutiert. Nach wahrscheinlich langer Diskussion sind die Minister zu dem Schluss gekommen, dass die Justiz wieder einmal dem technischen Stand hinterherhinkt. Denn nach der der Pressemitteilung des Bundesministerium der Justiz vom 13. Juni 2012 haben die Minister bei der Konferenz erkannt, dass der Rechtsverkehr auf elektronischem Weg bereits für die meisten Behörden, Unternehmen und Privatpersonen eine Selbstverständlichkeit ist, im Justizwesen, insbesondere bei den Gerichten, noch „Aufholbedarf“ besteht. Applaus für eine solche Erkenntnis werden die Minister nicht bekommen.

Die Rückständigkeit der Justiz wird mit rein praktischen Gründen sowie unterschiedlichen Standards in den einzelnen Bundesländern begründet. Fakt ist, dass man im Justizwesen jeder Neuerung skeptisch gegenübersteht und bei der Umsetzung immer Jahr(zehnt)e ins Land gehen. Bestes Beispiel dafür ist das EGVP (= Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach). Dies gibt es in NRW bereits seit 2004. Die meisten Gerichte nutzen es aber nicht. Wie lange wir auf die Modernisierung übrigens warten können, macht die Pressemitteilung des BMJ auch deutlich. Darin heißt es:

In einigen Jahren sollen deshalb alle Gerichte bundesweit für elektronische Eingänge geöffnet werden“

Wer einmal die Liste der Zivilgerichte, die in Nordrhein-Westfalen am EGVP-Verfahren teilnehmen, durchsieht, wird erschreckt feststellen, dass es sich um ein außerordentlich kümmerliches kleines Häuflein von Zivilgerichten handelt.

Die Finanzgerichtsbarkeit ist in diesem Bereich eine rühmliche Ausnahme. Alle Finanzgerichte in NRW kommunizieren per EGVP oder besser gesagt sind darauf technisch eingerichtet. Eine Kapitulationserklärung erster Güte gab vor kurzem das Finanzgericht Münster in einer Pressemitteilung bekannt. In dieser Pressemitteilung wurde als bahnbrechende Neuerung gefeiert, dass man mit dem Finanzgericht Münster per Computerfax kommunizieren könne. Das ist sicherlich eine Erleichterung, genau gesehen aber ein Schritt zurück in die Steinzeit, wenn man das EGVP als das bessere, papierlose System ansieht. Auf unsere Nachfrage, warum das Finanzgericht die Steinzeit-Technik des Telefaxes propagiere, erhielten wir die Antwort, dass das EGVP unter Rechtsanwälten und vor den Finanzgerichten vertretungsberechtigten Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern praktisch nicht genutzt werde. Der Grund liege in der nicht sehr bedienerfreundlichen Anwendung des EGVP. Das können wir auch bestätigen. Der Versand eines Schriftsatzes per EGVP nimmt nach unseren Erfahrungen im Regelfall mehr Zeit in Anspruch als der Versand per Telefax. Wenn aber Schriftsätzen umfangreiche Anlagen beigefügt werden, ist das EGVP aber konkurrenzlos.

Ein weiterer Schildbürgerstreich: Nach dem eingangs erwähnten Diskussionsentwurf soll für Rechtsanwälte die Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtend sein. Von einer Verpflichtung von Behörden oder Gerichten findet man in dem Diskussionsentwurf nichts. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Reaktion der Rechtsanwaltskammer. Dieser scheint das Recht auf Selbstverwaltung so wichtig zu sein, dass man sich selbstverständlich nicht auf dieses neue System festlegen lassen wollte. Wir würden uns freuen, wenn sich die Rechtsanwaltskammern nicht zu sehr mit ihrem Recht auf Selbstverwaltung, sondern mehr damit befassen würden, wie moderne Kommunikationsmittel in der Justiz Einzug halten können.

Wenn schon das EGVP keinen Einzug in die Justiz findet, und so zur Lachnummer verkommt, dann muss man für die Videokonferenz leider feststellen, dass diese Art der Kommunikation völlig tot ist. Während heutzutage die Kommunikation über Skype oder ähnliche Plattformen mit ganz einfachen technischen Hilfsmitteln machbar ist, kommunizieren Gerichte, wenn überhaupt, nur über die gute alte Telefonleitung. Wir haben für unsere Kanzlei einmal ausrechnen lassen, wie viele Leitungen wir für ein einigermaßen akzeptables Bild zahlen müssten. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir allein für das Vorhalten der Telefonleitungen, ohne überhaupt eine einzige Videokonferenz geführt zu haben, pro Monat mit festen Kosten nur für den Telefonanbieter von 200,00 EUR rechnen müssen. Es liegt auf der Hand, dass ein solches System sich nicht durchsetzt. Es ist überhaupt nicht verständlich, warum die Gerichte auf solche Mittel wie Videokommunikation verzichten. Eine Ursache liegt sicherlich auch in der großen Beharrlichkeit der Richterschaft. Der Richter ist ohnehin im Gericht. Ob die Parteien teilweise quer durch die Republik reisen müssen, um eine im Ergebnis unsinnigen Termin hinter sich zu bringen, kann einem Richter herzhaft gleichgültig sein. Interessanterweise spielen offensichtlich Gründe des Umweltschutzes (Vermeiden unnötiger Fahrten) in dieser Diskussion keine Rolle.

All das ist bedauerlich, angesichts des Schneckentempos aber wohl auch kaum zu ändern.

Weitere Auskunftsrechte für Rechteinhaber bei Urheberrechtsverletzungen im Internet?

Freitag, 15. Juni 2012
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Geht es nach unserer Bundesjustizministerin Frau Leutheusser-Schnarrenberger, werden die Auskunftsrechte der Inhaber von Urheberrechten in Zukunft noch erweitert, jedenfalls bei Rechtsverletzungen im Internet. Bisher hat der Rechteinhaber, wie wir in unserem BLOG-Beitrag vom  4. Juni 2012 berichteten, bei einer im Internet begangenen Urheberrechtsverletzung „nur“ die Möglichkeit, Namen und Adresse des möglichen Rechteverletzers zu erhalten. Dazu muss er zuvor die von ihm ermittelte IP-Adresse, über die die Rechtsverletzung begangen wurde, dem Provider mitteilen und diesen gerichtlich zur Herausgabe von Namen und Adresse des Rechteverletzers verpflichten.

Wenn es nach Frau Leutheusser-Schnarrenberger geht, soll der Rechteinhabers in Zukunft auch die E-Mail-Adresse des Rechteverletzers verlangen dürfen (Quelle: spiegel.de). Fraglich aber ist, welchen Wert die E-Mail-Adresse für den Rechteinhaber hat. Fraglich ist weiter, wie der Rechteinhaber die E-Mail-Adresse des Rechteverletzers erfahren will? Über die IP-Adresse dürfte diese nicht zu ermitteln sein. Man darf also gespannt sein wie Frau Leutheusser-Schnarrenberger weitere Auskunftsrechte umsetzen wird.

Minister spielen Sudoku, Richter Solitaire, ja daddeln denn alle?

Donnerstag, 14. Juni 2012
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Herr Schäuble wurde im Bundestag mit ipad und Sudoku erwischt, offenbar war es eine unspannende Sitzung.

Im Prozess in Norwegen gegen Anders Breivik, spielte ein Schöffe während des laufenden Verfahrens ungeniert Solitaire auf seinem Computer. Das ist ein unprofessionelles Verhalten, mit dem man zeigt,  dass man des Amtes eines Schöffen nicht würdig ist.

Die Arbeitszeit mit Spielen am PC auszufüllen, scheint aber auch für Mitarbeiter reizvoll zu sein. In Erinnerung ist uns da auch noch einer der hochbezahlten New Yorker Börsenhändler, der, festgehalten von einer Videokamera, während der Finanzkrise 2009 lieber ein Online-Computerspiel „zockte“, als sich auf die abstürzenden Finanzmärkte zu konzentrieren.

Ehegatten auf Abwegen – wenn der Ehemann das WLAN nutzt / OLG Köln: Ehegatten trifft keine wechselseitige Aufsichtspflicht

Mittwoch, 13. Juni 2012
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Fälle von Abmahnungen sind auch vor Gerichten ein Dauerbrenner. So hatte das Oberlandesgericht Köln (OLG) am 16. Mai 2012 über einen Fall zu entscheiden (Az.: 6 U 239/11), in dem eine Ehefrau abgemahnt wurde, weil über ihren Internetanschluss ein Computerspiel zum illegalen Download angeboten wurde. Die Ehefrau ging gegen die Abmahnung vor und meinte, dass ihr Ehegatte das Spiel angeboten habe, die Abmahnung deswegen unberechtigt sei.

Das OLG gab der Frau Recht. Es verwies in seiner Begründung zwar auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, nach es eine Vermutung dafür gebe, dass der Anschlussinhaber selbst der Täter sei. Das OLG stellte aber klar: Wenn die Möglichkeit gegeben ist, dass ein anderer Geschehensablauf besteht, ist der Urheberrechtsinhaber am Zug und muss beweisen, dass der Anschlussinhaber der Täter war. Dass OLG sah es als wahrscheinlich an, dass der Ehemann das Spiel angeboten haben könnte, und nicht die Ehefrau. Den Gegenbeweis konnte der Rechtsinhaber nicht führen.

Außerdem stellte das OLG die Frage der Haftung zwischen Ehegatten in diese Fällen dar. Nach Auffassung des OLG löst die bloße Überlassung der Mitnutzungsmöglichkeit des Internetanschlusses an den Ehegatten noch keine Haftung aus. Diese komme nur dann in Betracht, wenn der Anschlussinhaber Kenntnis davon hat, dass der Ehepartner den Anschluss für illegale Aktivitäten nutzt oder wenn eine Überwachungspflicht besteht. Allein die Überlassung des Internetanschluss an den Ehemann löse noch keine Haftung aus. Ausdrücklich stellte das OLG klar, dass keine Aufsichtspflicht der Ehepartner untereinander besteht, wie das z.B. bei Kindern der Fall ist. Denn wenn ein Kind der eigentliche Täter ist, haften die Eltern als Anschlussinhaber meist wegen Verletzung einer Überwachungsflicht.

Neue EU – Verordnung vereinfacht das Erbrecht mit internationalem Bezug deutlich, erfordert aber gute Beratung

Dienstag, 12. Juni 2012
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Nachdem das EU-Parlament bereits am 19. März 2012 die neue EU-Erbrechtsverordnung verabschiedet hatte, hat am 8. Juni 2012 auch der Rat der EU-Justizminister der Verordnung zugestimmt. Das ist erfreulich, bringt die Verordnung doch eine wesentliche Vereinfachung. Denn die Verordnung gibt klar vor, welches Erbrecht auf einen internationalen Erbfall anzuwenden ist. Die derzeitigen Schwierigkeiten bei den grenzüberschreitenden Erbsachen werden also künftig beseitigt.

Nach dem neuen, ab 2015 geltenden Recht, gilt Folgendes:

Es wird das Erbrecht des Staates angewendet, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Für alle Menschen, die auf Dauer in Deutschland leben und dann versterben, gilt also künftig deutsches Erbrecht, gleichgültig, welche Staatsangehörigkeit sie besitzen. Durch Testament oder Erbvertrag kann der Erblasser aber stattdessen auch das Erbrecht des Staates wählen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Künftige Erblasser, die im Ausland leben, sollten diese Möglichkeit auch nutzen, denn dass ausländische Erbrecht kann sehr stark vom deutschen Erbrecht abweichen.

Die Verordnung bringt aber auch weitere Vorteile. Es soll ein europäisches Nachlassverzeichnis eingerichtet werden. Dadurch soll ein Erbe seine Erbenstellung leichter nachweisen können. Außerdem wird mit Inkrafttreten der Verordnung ein nationaler Erbnachweis, zum Beispiel der deutsche Erbschein, in anderen Mitgliedstaaten nach den Regeln der Verordnung anerkannt. Künftig muss man also nicht mehr in jedem Mitgliedstaat einen neuen Erbnachweis beantragen.

Allerdings gilt es, auf der Hut zu sein. Hatte der Erblasser seinen Lebensabend auf Mallorca verbracht und die Anwendung deutschen Rechts nicht geregelt, sehen sich die Erben unerwartet mit spanischem Erbrecht konfrontiert. Und: das Erbschaftsteuerrecht bleibt weiterhin national.

„Und seh‘n wir uns nicht in dieser Welt, dann sehen wir uns in Bielefeld“. Kann eine Stadt gar nicht existieren?

Montag, 11. Juni 2012
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Den etwas holprigen Reim aus der Überschrift kennen viele. Und jeder in dem beschaulichen Westfalen kennt auch die sog. „Bielefeldverschwörung“. Dabei ist Bielefeld eine gar nicht so kleine Stadt in NRW, genauer: in Ostwestfalen-Lippe. Nach der „Verschwörungstheorie“ gibt es Bielefeld aber gar nicht. Diese Verschwörung geht zurück auf eine Satire, die erstmals 1994 im Internet veröffentlicht wurde und seitdem dort als Dauerwitz kursiert.

Seit einigen Tagen gibt es jetzt Teil II der „Bielefeldverschwörung“. Nach Medienberichten erwähnen nur zwei von sechzig Schulbüchern (Fach Erdkunde) Bielefeld als Stadt. Dabei ist Bielefeld nicht nur untern den 20 größten Städten Deutschlands, Bielefeld ist unangefochten die größte Stadt in Ostwestfalen-Lippe. Bielefeld müsste also in mehr als nur 2 dieser Bücher auftauchen, so jedenfalls die Meinung der Westfalen.

Ob dies alles nur purer Zufall ist,  oder der Initiator der Bielefeldverschwörung aus dem Jahr 1994  mittlerweile in der für die Erdkundebücher zuständigen Behörde oder in einer der Druckereien arbeitet und gezielt Bielefeld sprichwörtlich von der Landkarte fegen möchte,  wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass die Lebensqualität in Bielefeld und in Ostwestfalen-Lippe sehr gut ist. Also vielleicht doch ganz gut, dass viele Menschen meinen, dass es Bielefeld gar nicht gibt.

Sollte es einen dritten Teil der Bielefeldverschwörung geben, werden wir berichten.

Dewey & LeBoeuf – Glanz und Elend einer Großkanzlei

Sonntag, 10. Juni 2012
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Eine Anwaltskanzlei insolvent, so etwas gab es noch nie. Wörtlich genommen ist das richtig, genau betrachtet dann aber auch wieder nicht. In Deutschland ereilte die renommierte Kanzlei Haarmann Hemmelrath das gleiche Schicksal. Wie aus der Presse bekannt ist, lag es auch hier an den Finanzen, die das Desaster auslösten. Hinzu kam ein Schadensersatzprozess, an dem zwar nichts dran war, der aber für negative Publizität sorgte. Die Kanzlei ging zwar nicht in die Insolvenz, sie wurde aber liquidiert. Die Partner zerstreuten sich in alle Winde. Weil die Kanzlei aber in der Rechtsform der GbR betrieben wurde, war die Insolvenz keine Lösung. Faktisch aber dürfte die Kanzlei auch pleite gewesen sein.

In der FAZ vom 09.06.2012 war jetzt nachzulesen, woran es bei Dewey lag: zuviel Schulden, u.a. gemacht, um erfolgsunabhängige Zahlungen an Partner, die man unbedingt an Bord holen wollte, leisten zu können. Wer jetzt aber meint, das Schicksal von Dewey sei in Deutschland nicht möglich, der irrt. Aus der FAZ vom 09.06.2012 war zu ersehen, dass auch in Deutschland tätige große Kanzleien mit Bankkredit arbeiten, eine namentlich geenannte Kanzlei hat die Einführung der SAP-Software mit Bankkredit gezahlt; Hoppla! Das ist angesichts der Tatsache, dass der größte Kostenblock einer Kanzlei die Pesonalkosten sind, und dass diese durch die Einnahmen zu finanzieren sein müssen (sonst passt etwas nicht), doch erstaunlich. Also doch zuviel Verwaltung oder zuviele Kosten, die nicht den erhofften Zweck erreichen?

Fest steht jedenfalls, dass auch die Großkanzleien nicht auf der Insel der Seligen leben. Die Rechnungen werden zunehmend kritisch beäugt, die Honorare gedrückt wo es geht. Das „Delegieren“ der Arbeiten in die zweite oder dritte Reihe wollen die Mandanten nicht mehr. Die Arbeit des Partners ist gefragt. Der leverage-effekt stellt sich so nicht mehr ein. Nicht nur bei den Kleinen, auch bei den Großen ist der Wettbewerb groß.  

Hinzu kommt, dass es bei den Großen immer wieder spin-offs gibt, die die gleiche Leistung bei viel kleinerem Kostenapparat den Mandanten viel individueller anbieten können. Was soll man auch auf einem Dickschiff, wenn man auf einem Schnellboot besser aufgehoben ist? Und ob man als Anwalt in einer für den Einzelnen intransparenten Großkanzlei, auch wenn sie nach außen hin eine noch so große Strahlkraft zu haben scheint, gut aufgehoben ist, sollte man sich gut überlegen. Ein perfekter Auftritt in dunkelgrauem oder schwarzem Anzug und auf Hochglanz gebürsteten Schuhen steht jedem Anwalt gut, über die Qualität der Arbeit sagt das nicht.  

Am Beispiel Dewey sieht man aber auch, dass das Wort „Partnerschaft“ in den meisten Fällen eine hohle Phrase ist. Eine echte Partnerschaft würde in der Krise zusammenstehen. Was aber passiert: die Kanzlei zerlegt sich selbst, alle verlassen das sinkende Schiff.

Erstaunlich ist dann aber doch, welche Rasanz ein solcher Prozess annimmt, und wie schnell dann das Ende kommt.

Eingabe „der teppich dirk niebel“ ergibt ca. 272.000 Ergebnisse in google am 09.06.2012 um 17:35 Uhr

Samstag, 09. Juni 2012
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Viele wissen vermutlich erst jetzt, dass der freundliche unscheinbare Herr Niebel einer unserer Minister ist. Nein, er ist kein Teppichändler, Teppichluder wäre auch der falsche Begriff. Aber ein faible für Teppiche muss er schon haben. Sonst hätte er nicht so einen Aufwand mit dem Teppich betrieben (wenn man den Berichten Glauben schenken darf. Ein Teppich und kein Zoll, was soll die Aufregung? ich würde mal die Prognose wagen, dass nicht wenige Bürger unseres Landes aus dem im Ausland verbrachten Urlaub illegal Plagiate, zuviele Zigaretten und andere verbotene Mitbringsel einführen, und sich so ebenso strafwürdig verhalten haben wie unser Herr Minister. Soweit also nicht so ein Drama, dass man die Gazetten füllen müsste. Ich gehe auch davon aus, dass der Teppich nocht so ein edles Stück ist, dass der Minister einen ansehnlichen Betrag Zoll hinterzogen hätte. Monetär also sicher kein Problem. Für viel becdenklicher halte ich es aber, dass ein im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehender Poltiker und Minister, der unser Land und damit uns regiert, wegen einer solchen Sache ein so schlechtes Beispiel abgibt. Da haben wir es wirklich besser verdient. In einem blog mit dem Namen „Volkszorn“ hieß es dann auch, nicht der Teppich, sondern Niebel müsse fliegen.